Heute endet 2018 − ein Jahr, von dem ich wusste, dass es ein Jahr der Veränderungen und Entscheidungen, der Unsicherheiten und Unwägbarkeiten sein würde. Wann würde meine Teilzeitstelle enden, und würde ich einen Anschlussjob finden? Wie würde es mit meinem Buch vorangehen? Würde ich einen Verlag finden? Viele Fragen haben sich geklärt, und an diesem Silvester bin ich dankbar für alles, was ich dieses Jahr empfangen durfte: dank harter Arbeit, einem Quentchen Glück und immer auch dank der Ermutigung und Unterstützung anderer.

Mein Buch hat eine Heimat gefunden!

Das grösste Highlight dieses Jahres war der Tag, an dem ich wusste, dass der Verlagsdeal für mein Buch in trockenen Tüchern ist. Aber fangen wir etwas früher an: Diesen Sommer habe ich die letzten Überarbeitungen am Text vorgenommen, und danach war meine Agentin am Zug: Buchmesse in Frankfurt, Treffen mit Verlagslektoren. Ich zuhause, bang und hoffnungsvoll zugleich. Was, wenn niemand einen historischen Krimi mit Setting in der Schweizer Provinz verlegen wollte? Dann erste gute Nachrichten: die meisten angesprochenen Lektoren wollten Exposé und Leseprobe haben. Ein Verlag wollte rasch mehr lesen, und eine Woche nach der Messe kam der erste atemberaubende Augenblick: Das Telefonat meiner Lektorin, der Verlag wolle das Buch machen. Hosianna in der Höhe! Überwältigt setzte ich mich auf unsere Gartenbank und genoss diesen tollen Moment. Jemand will mein Buch! Noch am gleichen Abend legte meine Agentin nach: ein anderer Verlag war auch interessiert! Ich war völlig von den Socken.

Es folgten ein paar nervenaufreibende Wochen. Die Angebote kamen herein, und zwei grosse Publikumsverlage signalisierten, dass sie ebenfalls Angebote vorlegen wollten. Wo würde es hingehen? Was war am sinnvollsten für mich und mein Buch? Am 30. November fiel die Entscheidung, am 3. Dezember war der Deal gemacht, und mit Penguin wurde es der Verlag, zu dem es mich innerlich am meisten gezogen hatte.

Die Bundesräte sind in Druck!

Quelle: Verlag Schwabe / NZZ Libro

Ganz «Providentia Dei», wie mein Chef zu sagen pflegt, endet mein Teilzeitjob im Buchprojekt «Neuedition Bundesratslexikon» auf Ende Januar 2019. Da am 5. Dezember 2018 noch Ersatzwahlen stattfanden, konnte das Buch erst vor Weihnachten in den Druck und erscheint gemäss Angaben des Verlags Schwabe / NZZ Libro am 23. Januar 2019; einen Tag nach meinem Geburtstag. Damit endet eine fünfjährige, spannende und lehrreiche Anstellung bei meinem vormaligen Professor der Zeitgeschichte, Urs Altermatt, seinerseits profunder Kenner der Bundesratsgeschichte. Neben administrativen und redaktionellen Arbeiten konnte ich auch historische Recherchen durchführen und tief ins 19. Jahrhundert eintauchen, was mir viel Freude bereitet und Synergien erzeugt hat, die meinem eigenen Buch zugutegekommen sind. Auch eine Anschlussanstelle zu 20% ist schon gewährleistet; das spült etwas Geld ins heimische Budget und lässt mir daneben viel Zeit für mein Buch.

Musik und der «Ruf des Alters»

Neben diesen Meilensteinen durfte ich auch wieder musikalisch tätig sein, sei es am Weltgebetstag in der reformierten Kirche Signau oder am Firmgottesdienst des Patensohnes meines Mannes, zuletzt auf dem Grenchner Weihnachtsmarkt. Ich durfte und musste dieses Jahr aber auch einsehen, dass ich nicht mehr dreissig bin und dass ich meinem Jahresmotto der Balance noch mehr Gewicht geben sollte. Neben Ausbrüchen von Hautreizungen habe ich zeitweise gegen Erschöpfung angekämpft, und dass ich in der zweiten Jahreshälfte keine Ferien hatte, war nicht besonders weise. Gerettet und geerdet hat mich dann eine Auszeit mit meinem Mann im Ostallgäu – Begegnungen mit tollen Menschen, spannende Inputs vom Auszeitleiter Christof Lenzen, Zeit zu zweit und endlich mal wieder woanders sein.

An diesem Silvestertag blicke ich in ein Jahr voller Neuanfänge: Die Arbeit mit der Verlagslektorin an meinem Buch, das voraussichtlich im Herbst 2020 erscheinen wird; Abschluss meiner Anstellung und Neubeginn. Vieles, auf das ich mich enorm freue, das mich aber auch herausfordert. Aber die Freude überwiegt bei weitem. Und in all dem will ich nicht vergessen, Momente der Ruhe einzuplanen, mir Wind um die Nase wehen zu lassen, Vertrauen zu haben. Neugierig zu bleiben, immer mich selbst zu sein und auch andere anzunehmen, wie sie sind.

Und Ihr?

Wie war Euer 2018? Ekstatisch oder durchzogen, spannungsreich oder ruhig? Ich wünsche Euch in jedem Fall, dass auch Ihr heute zuversichtlich ins neue Jahr blickt und Euch auf das freuen dürft, was kommt. Und wenn es nach einer kurvigen Strasse aussieht, dann schicke ich Euch ein Licht auf diesen Weg, der Eure nächsten Schritte einfacher macht. Ich hoffe, wir lesen uns auch im neuen Jahr wieder!

Herzlich alles Gute, Claudia

Vor 104 Jahren, kurz nach Beginn des Ersten Weltkrieges, geschah an der Front Unglaubliches: es wurde Weihnachten.

Die Geschichte erscheint in diesen Tagen regelmässig in den Medien, aber sie berührt mich immer wieder neu. Die schriftlichen Zeugnisse darüber, so lese ich in einem Bericht meiner Zeitung, sind spärlich, aber einige blieben erhalten – unter anderen einer von Walter Imlah, Obergefreiter der britischen Armee, der mit seinem Kameraden vom ersten Bataillon der schottischen Gordon Highlanders im Graben lag. Und das ist damals geschehen:

Am Weihnachtstag erhoben sich urplötzlich deutsche Soldaten aus ihren Schützengräben und traten unbewaffnet hinaus ins Niemandsland zwischen den beiden Lagern; eine Aktion, die normalerweise den sofortigen Tod bedeutet hätte. Auf der gegnerischen Seite brach Unruhe aus, doch schliesslich machten sich schottische Offiziere auf den Weg zu den Gräben, um herauszufinden, was die Deutschen wollten. Diese erklärten, sie wollten einen Waffenstillstand, um ihre Toten aus dem Niemandsland zu bergen und zu begraben. Die Schotten gingen auf das Angebot ein, und in der Folge brachten sie die toten deutschen Soldaten zu den deutschen Gräbern; die Deutschen erwiderten den Dienst auf ihrer Seite. Glück oder Vorsehung wollte es, dass am selben Tag ein britischer Pfarrer an die Front versetzt worden war. Nachdem die Gräber zugeschüttet waren, wurde eine gemeinsame Messe organisiert, und die Männer, einen Tag zuvor noch erbitterte Feinde, hörten gemeinsam den 23. Psalm der Bibel. Nach der Messe verbrüderten sich die Soldaten, tauschten Adressen, Tabak und andere Kleinigkeiten aus.

Der Krieg ging danach weiter − nicht ein paar Wochen, wie die Soldaten wahrscheinlich hofften, sondern vielen blutige Jahre. Dennoch bleibt dieser winzige Augenblick im Weltenlauf, in dem die Soldaten innehielten und sich fragten, warum sie eigentlich gegeneinander kämpften, und erkannten, dass ihr Gegner ein Mensch war wie sie selbst – kein Kriegsmonster, sondern ein Mensch, der lieber bei seiner Familie gewesen wäre, ein Individuum mit Träumen, Hoffnungen und Gefühlen. Der Obergefreite Imlah schrieb später an seinen Vater, dass der Wunsch der Deutschen, die Toten zu begraben, seiner Meinung nach nur ein Vorwand war. Viel wahrscheinlicher schien ihm, dass der Grund dafür der Weihnachtstag war, Tag des Friedens und der Liebe zwischen den Menschen.

Weihnachten ist eine schmerzvolle Zeit, wenn wir mit denen, die wir lieben, in Konflikt stehen. Das Fest der Liebe löst eine unerträgliche Spannung aus. Der Wunsch nach Versöhnung reibt sich mit unseren Verletzungen, unserer Wut und Trauer, und dies um so intensiver, je näher uns Menschen stehen. Niemand kann uns tiefer verletzen als die, die wir lieben.

Ich wünsche allen, die in einem schmerzvollen Konflikt stehen, dass Weihnachten ein göttliches Licht auf Eure Situation wirft; ein Licht, das Euch die Menschen, mit denen Ihr im Streit steht, als das erscheinen lässt, was sie sind: Menschen mit guten und schlechten Eigenschaften; Menschen, die Fehler gemacht haben, aber dennoch die Menschen, die Ihr liebt. Möge Weihnachten die Front aufweichen und Euch Hoffnung auf einen Durch- und Aufbruch schenken.

Letzten Freitag hat unsere Kirche ein Konzert mit einem befreundeten Musiker organisiert, und als ich mich in der Pause zwischen den Sets im Publikum umsah, fiel mein Blick auf ein Gesicht, das mir bekannt vorkam. Konnte das wirklich meine Kindergärtnerin sein? Ich ging zu ihr und fragte sie ganz frech, und es stellte sich heraus, das sie es war.

Ich habe die Kindergartenzeit und meine Kindergärtnerin in guter Erinnerung : Sie war eine fröhliche und liebevolle Frau, die auf uns eingegangen ist und bei unseren Streichen mitgespielt hat. Meine Spezialität bestand darin, ihr kleine Zettel zu schreiben, dass wir sie töten, braten und essen würden (fragt mich nicht, wie ich daruf kam; das ist mir heute selbst etwas unheimlich). Und sie hatte eine grosse Anzahl Kinderbücher, die ich meiner besten Freundin dann vorgelesen habe, was mich auf das bringt, was mich in frühester Jugend so stark geprägt hat: Bücher.

Ich habe schon früh mit dem Lesen angefangen – erst waren es die Buchstaben auf der Schreibmaschine meiner Mutter, die meine Neugier weckten und die sie mir geduldig erklärt hat. „Das ist ein Mami-M“, das ist ein Papi-P.“ Der Durchbruch kam im Kafitreff meiner Ma mit ihren Schwägerinnen im „Monbijou“, unserer Quartierbeiz, als ich (so die Legende) auf einen Plastiksack einer bekannten Senfmarke zeigte und triumphierend „Thomy!“ in die Welt posaunte.

Nach diesem Einstieg war kein Halten mehr; ich verschlang SJW-Hefte (Schweizer Jugendschriftenwerke), irgendwann mein erstes Buch (ich glaube, es war „Dominik Dachs“) und noch unzählige weitere. Zu den aufregendsten Momenten meiner Kindheit gehörte der Tag vor den Sommerferien, wenn wir in unserer Stadtbibliothek bei der Bibliothekarin nicht nur die üblichen zwei Bücher mitnehmen durften, sondern so viele, wie wir tragen konnten. Was gibt es Schöneres?

In der letzten Zeit ist  mir aufgefallen, dass unter diesen hunderten von Kinderbüchern ein paar wenige herausstechen, die einen so tiefen Eindruck hinterlassen haben, dass ich mich noch heute an sie erinnere. Natürlich habe ich viele über alles geliebt: Die Reihen um die Drei Fragezeichen, die Fünf Freunde, die Schwarze Sieben, Hanni und Nanni, Dolly und eine Weile alle möglichen Pferdestories. Aber mir fallen gerade drei ein, die mich besonders geprägt haben, und kürzlich habe ich mich im Internet auf die Suche nach ihnen gemacht. Es war nicht bei allen einfach, aber am Ende wurde ich fündig. And so I proudly present: Die Bücher, die mich in meiner Jugend beeindruckt haben:

Der Spuk im alten Schrank (Barbara Sleigh, Originaltitel: Jessamy)
Das Buch handelt von einem kleinen Waisenmädchen, das 1964 in den Ferien bei einer Tante in einen Schrank steigt und plötzlich 50 Jahre in der Vergangenheit herauskommt, kurz vor dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges. Ich kann mich nicht mehr an die Details erinnern, aber ich glaube, es war auch ein Geheimnis im Spiel und ein Brief in einem alten Baum; jedenfalls habe ich es mit Feuereifer gelesen.

Das Haus der Treppen (William Sleaton, Orignaltitel: House of Stairs)
Dieses beklemmende dystopische Buch hat mich damals tief beeindruckt. Es handelt von fünf Teenagern, alle Waisen, die sich, ohne zu wissen wie, plötzlich an einem seltsamen Ort befinden: im Innern eines Hauses, das nur aus Treppen und Podesten besteht. Keine Decke, kein Boden. Es gibt einen Nahrungsautomaten, der Fleischbällchen ausspuckt, aber nur, wenn die Kinder das Richtige tun, und was das ist, ändert sich ständig. Die Sache wird gefährlich, als sie erkennen, dass die Maschine es mag, wenn sie sich streiten oder gewalttätig werden. Das Ende sei nicht verraten., aber als ich zu diesem Buch die Rezensionen bei Amazon las, hat es mich fasziniert, wie unterschiedlich Menschen ein Buch wahrnehmen: Es gab viele begeisterte, aber auch viele total „abgetörnte“ Leser, die das Buch mit  Worte wie „soo langweilig, alles spielt am gleichen Ort“ oder „das ist doch total unrealistisch, so ein Haus kann es ja nicht geben“ kommentierten. Mich hat damals nichts davon gestört, aber daran sieht man, wie unterschiedlich Geschmäcker sind.

„Die unendliche Geschichte“ von Michael Ende
Endlich ein deutsches Buch! Der dicke Wälzer über die Erlebnisse von Bastian Bux in der geheimnisvollen Parallelwelt Phantasien hat mich damals begeistert. Ich habe mich gefragt, ob Kenny Morrison als Atrjeu mein erster Filmschwarm gewesen ist, aber das war er definitiv nicht: das war Patrick Bach als „Silas“ und als „Jack Holborn“. Aber ich schweife ab: Ich habe die unendliche Geschichte viele Male gelesen und bin in die Welt von Bastian, Atreju, Fuchur und der Kindlichen Kaiserin verschwunden, und ich mag das Buch noch heute.

„Mio, mein Mio“ von Astrid Lindgren (Originatitel: Mio, min Mio)
Sind das nicht vier? Tatsächlich. Aber plötzlich ist mir noch „Mio, mein Mio“ von Astrid Lindgren eingefallen. Von ihr habe ich auch dutzende Bücher gelesen wie die „Bullerbü“-Reihe oder „Karlsson vom Dach“, aber dieses hier hat mich verzaubert. Es handelt vom Waisenknaben Mio, der sich plötzlich in einem anderen Land findet, wo sein Vater der König ist. Mit seinem Freund Jum-Jum schafft es Mio, das Land vom bösen Ritter Kato zu befreien. An viel mehr kann ich mich nicht erinnern, aber an die mythische Atmosphäre das Landes, das etwas vom „Gelobten Land“ hatte.

Was ist das Gemeinsame an diesen Büchern? Was hat mich so gepackt? Da sind zum einen die stillen, einsamen Anti-Helden. Ich habe auch „Die rote Zora“ und „Pippi Langstrumpf“ gelesen, aber mit den beiden konnte ich mich weit weniger identifizieren. Dann ist in allen Büchern eine „andere Welt“ enthalten: einmal ist es die Vergangenheit, einmal die Zukunft, zweimal eine ganz andere, fantastische Welt. Dann natürlich ein Spannungselement: ein Geheimnis, eine Mission, etwas, das es zu erreichen gibt. Und in allen Büchern erkenne ich eine Art „Gute Botschaft“, die mich begeistert hat: im Haus der Treppen zum Beispiel der Aufruf, sich nicht allem anzupassen und Mut zu haben, sich gegen ein „System“ zu stellen, und in allen auch der gute Ausgang für die kleinen Helden  aus einer nicht einfachen Situation.

Ich habe selbst keine Kinder und weiss nicht, was heute auf dem Jugendliteraturmarkt so angeboten wird. Ich hoffe aber, dass es auch solche Geschichten sind: die mitreissen, die die Fantasie anregen und die gleichzeitig, ohne moralisierend zu sein, eine ermutigende Botschaft vermitteln; einen Blick in ein (wenn man unsere Welt betrachtet) alternatives, aber zumindest für mich wahrhaftiges Universum, wo unveräusserliche Werte gelten und jeder Mensch diesen unveräusserlichen Wert hat.

Ich glaube, solche Bücher braucht es heute mehr denn je, nicht nur für Kinder, sondern auch für Erwachsene. Und darum schreibe ich.

Was habt Ihr in Eurer Jugend gelesen? Was hat Euch gepackt und mitgerissen? Vielleicht finde ich noch ein unentdecktes Juwel, also nur her mit Euren Büchern!

Heute starten wir ins letzte Drittel des Jahres. Kommt es Euch auch so vor, als rase die Zeit an Euch vorbei? Die vergangenen Monate waren wieder höchst bepackt. Was war, und was wird? Gern liefere ich Euch das Wichtigste in Kürze.

Narrativa 2018 – eine tolle Erfahrung!

Dass mein letztes Newspost eine Weile her ist, sehe ich schon daran, dass die Narrativa von Anfang Juni am Ammersee bereits ein Vierteljahr Geschichte ist. Eine gute Geschichte! Die Vorträge und Workshops mit Agenten und Lektoren waren sehr spannend und lehrreich, und ich habe nette Kontakte knüpfen können (was ja nicht meine Spezialität ist). Ein wirklich lohnenswerter Anlass, den die Textmanufaktur Leipzig da ins Leben gerufen hat, und ich habe fest vor, nächstes Jahr wieder dabei zu sein, wenn er in Berlin stattfindet!

Der „Seelensnack“ ist umgezogen

Im Juli habe ich den lang gehegten Plan umgesetzt, meinen Blog auf meine Website zu zügeln. Dank professioneller Hilfe von Jonathan Schneider hat alles geklappt, so dass nun alle meine „Schreibsachen“ unter einem Dach vereint sind. Falls Ihr den Blog bisher nicht kanntet, stöbert doch ein bisschen herum; unter Blog finden sich alle Posts, die ich seit 2013 geschrieben habe. Und falls Ihr zu denen gehört, die normalerweise meine Posts lesen und jetzt hier gelandet sind: Herzlich Willkommen! Schaut Euch um, was ich sonst so treibe, und fühlt Euch wie Zuhause. Und seid versichert: Ein neuer „Seelensnack“ ist auch schon in Arbeit!

Mein historischer Kriminalroman: Final Draft in Arbeit!

Die Endfassung meines historischen Kriminalromans geht gut voran; drei Viertel sind geschafft. Gleichzeitig geht die Verlagssuche in die entscheidende Phase: An der Buchmesse in Frankfurt wird meine Agentin, bewaffnet mit einem Exposé und einer Leseprobe, die Verlagsgewässer testen. Die Zeit für historische Romane ist nicht die einfachste, der Markt ist übersättigt und schreit nach neuen und frischen Ansätzen. Ich hoffe natürlich, dass wir mein Projekt als genau diesen frischen Ansatz unter Dach und Fach bringen. Daumendrücken ist angesagt!

Konzertlesung in Grenchen am 4.9.18

Nächsten Dienstag habe ich wieder einmal die Gelegenheit, Lieder und Texte aus meinen Büchern und meiner CD zu präsentieren: am kommenden Dienstag eröffne ich die Saison der Erwachsenenbildungsanlässe der Römisch-katholischen Pfarrei „St. Eusebius“ in Grenchen mit einer Konzertlesung. Wer Lust auf eine musikalisch-literarische Wellnesspackung hat, kommt um 19:30 in den Eusebiushof. Ich würde mich freuen!

Soweit meine News in Kürze. Ich bin schon fast wieder auf dem Sprung an den nächsten Event, einmal in ehrenamtlicher Funktion: Dieses Wochenende feiert meine Stadt das „Grenchner Fest“, und das Kleintheater Grenchen ist mit einer FahrBAR und dem Trio „Mattermania“ unterwegs. Das mein kleiner Ausgehtipp für alle, die in der Nähe sind. Ansonsten bis bald, hoffentlich mit guten Neuigkeiten meinerseits!

Herzlich, Claudia

Das halbe Jahr ist um! Das bringt mich zur Frage, wie ich es bisher mit der Balance gehalten habe. Balance zwischen Gesundheit und Genuss, Arbeit und Ausspannen, Balance zwischen Anspruch und Zuspruch im Christenleben – und zwischen klarer Doktrin und Einheit der Christen. Wann sollten wir uns abgrenzen, wann mit anderen zusammenarbeiten, auch wenn wir nicht in allen Punkten übereinstimmen?

Heute jährt sich zum 130. Mal der Todestag eines Mannes, den ich für seinen Umgang mit solchen Konflikten bewundere und dessen Scharfsinn, Humor und Gottesfürchtigkeit mich beeindrucken. Philipp Anton von Segesser, geboren 1817 als ältester Sohn einer Luzerner Patrizierfamilie, durchlief die klassische Laufbahn eines Mannes seiner Klasse und Konfession –  Gymnasium, dann Studien des Rechts und der Geschichte an deutschen Universitäten, weil die Schweiz noch keine katholische Lehranstalt hatte. Er kehrte zurück, heiratete, wurde Ratsschreiber. Doch dann wurde seine Welt auf den Kopf gestellt: Die liberalen Kräfte im Land siegten, und nach dem Sonderbundskrieg stand Luzern auf der Verliererseite und wurde von eidgenössischen Truppen besetzt.

Trotz grosser Verbitterung über die Kriegsniederlage und trotz des teilweise harten Umgangs der neuen Eidgenossenschaft mit den Verlierern setzte sich Segesser im neu geschaffenen Nationalrat als einer der wenigen katholisch-konservativen Politiker für die Interessen seines Kantons ein. 1863 bis 1867 war er Regierungsrat, aber seine grosse Stunde schlug 1871, als die Konservativen in Luzern die Macht zurückerlangten und man ihn erneut in dieses Amt wählte. Er war nicht sonderlich erpicht auf diesen Posten, aber er nahm an und durfte sich gleich einer grösseren Krise widmen – den Geburtswehen des Kulturkampfs.

Nachdem die Kurie im Sommer 1870 das Unfehlbarkeitsdogma verkündigt hatte, formierte sich in Deutschland, Österreich und der Schweiz Opposition. Viele Katholiken im Land forderten eine Nationalkirche. In der Schweiz vermischten sich die Konflikte mit dem Kampf um die Verfassungsrevision, die eine starke Zentralisierung vorsah und den Einfluss der Kirche im Staat nicht nur minimieren, sondern die Vorzeichen umkehren sollte. Segesser, obwohl frommer Katholik, stand dem Dogma kritisch gegenüber, war aber überzeugt, dass die theologischen Konflikte innerkirchlich und nicht durch Abspaltung gelöst werden sollten. Damit stand er in Opposition zu einflussreichen Kreisen in seinem Kanton und im Bistum Basel, in dem sich intensive Kämpfe abspielten. Die liberale Solothurner Regierung setzte ihren Bischof Eugène Lachat ab, weil er einen Pfarrer exkommuniziert hatte, der öffentlich gegen das Dogma Stellung bezogen hatte. Lachat wurde mit Polizeigewalt aus seinem Bischofssitz vertrieben und begab sich unter Segessers Fittiche nach Luzern.

Segesser war bewusst, dass Luzern in dieser explosiven Situation besonnen vorgehen musste, um von den tonangebenden liberalen Kantonen nicht des katholischen Fanatismus bezichtigt zu werden. Seine Überlegungen können wir seiner umfangreiche Korrespondenz entnehmen, in der sein kluger Sinn für Mässigung und sein starker Glaube zum Ausdruck kommen. Doch was ich an am meisten bewundere, ist Segessers Blick über die konfessionellen Mauern. Zu seinen engsten Freunden zählten die Protestanten Eduard von Wattenwyl und Johannes Schnell, und in ihrem Briefwechsel wird deutlich, dass sie sich bewusst sind, auf den gleichen Gott zu vertrauen, und dass sie sich von den Scharmützeln zwischen den Konfessionen in ihrer Freundschaft nicht beirren lassen. Wie es Segesser nach dem Tod Wattenwyls in einem Brief an Schnell ausdrückte:

«Wir haben so viel Gemeinsames im Glauben und in der Liebe,
dass wir uns von dem, was wir nicht gemeinsam haben,
nicht stören lassen dürfen.»

Überhaupt fühle ich eine Nähe zu diesem Mann, der seine Freundschaften offenbar ganz ähnlich lebte wie ich. Freund Schnell schrieb ihm nach dem Tod Wattenwyls:

«Sonst kann ich zu meiner Gemeinschaft [mit Segesser] nichts hinzufügen,
sie enger nicht schliessen, als es innerlich schon ist.
Zeichen davon sehen Sie wenig.
Ich lege es auch nicht darauf an, sowenig als Sie.
Wir sind Einer des Andern sicher.»

Natürlich hatte auch Segesser seine Schattenseiten. Er konnte giftig und herablassend sein und war schnell mit Begriffen wie «flottanter Pöbel» zur Hand. Den Patrizier streifte er nie ab, aber er interpretierte in diese Stellung auch eine grosse Verantwortung für «sein Volk». Die Industrialisierung mit ihren Eisenbahnen und mit dem Tourismus, der in Luzern zu florieren begann, beargwöhnte er; ihm war die alte Zeit lieber. Als der Schweizer Bundespräsident und der Vizepräsident eine Sondermission der Japaner mit fünf Botschaftern in der Schweiz begrüssten – vor allem, um den gegenseitigen Handel zu fördern – und auf der Rigi die Eröffnung der Bahnstrecke Staffelhöhe-Rigikulm feierten, war Segesser nicht dabei. In einem Brief schrieb er:

«Die Ovationen für die Japaner kommen mir ohnehin lächerlich und ekelhaft vor.
Wofür sollen wir Leute feiern, die nicht einmal die Proskription des Christentums aufheben! Sie müssen uns als bettelhafte Krämer ohne Charakter betrachten.»

Segessers Welt gibt es nicht mehr, aber wenn ich seine Korrespondenz lese, berührt es mich, wie sich die Konflikte zwischen den Menschen über die Jahrhunderte in den gleichen Bahnen bewegen. Streitereien wegen Glaubensfragen, politische Scharmützel, aber auch ganz persönliche Nöte, wenn Segesser über die schwankende geistige Gesundheit seiner Frau schreibt oder über die jungen Hunde, die seine Tochter wollte und die sich im ganzen Haus breitmachen, ihm überallhin nachlaufen und sogar sein «Refugium» bedrohen.

Und in Segessers Haltung in Glaubensfragen finde ich die «Balance», die ich praktizieren möchte: in der Glaubensgemeinschaft, der ich angehöre, für gesunde Doktrin einstehen, in der Zusammenarbeit mit anderen nach Menschen suchen, die den gemeinsamen Nenner teilen. Und Freundschaften? Die gehen ohnehin über alle Glaubensgrenzen hinweg. Das hat Segesser vorgemacht, und wie er «Mann zwischen den Fronten» war, sind es wir Christen in einer säkularen Welt. Auch wir stehen immer wieder vor der Frage, wann und wie wir für unsere Werte Stellung beziehen und dennoch mit Liebe sprechen.

Eine «Balance», die uns mehr abverlangt als bequemes Schweigen oder selbstgerechtes Moralisieren – die sich aber lohnt.

…ist als Posttitel vielleicht etwas übertrieben, aber nachdem das erste Jahresdrittel so rasch verflogen ist, passt es nicht schlecht. Ich habe lange nicht mehr gepostet, weil ich bis über die Ohren in der Überarbeitung meines Manuskripts steckte und auch sonst viel zu tun war. What’s up and wohin geht die Reise also?

Mein Buch nimmt fahrt auf – Einsatz der Testleser, Narrativa und Leseprobe!

Tatsächlich bin ich in diesen Monaten ein gutes Stück weitergekommen: Meine Agentin hat kundgetan, dass die Zeit reif ist für den Einsatz von Testlesern oder besser: Testleserinnen. Der historische Roman – auch der Krimi – ist bezüglich Lesepublikum stark in Frauenhand. Letztes Wochenende habe ich also Manuskripte in allen Formen verschickt und harre nun der Feedbacks. Es war ein besonderer Moment, das Dokument vorzubereiten und dann abzuschicken: das erste Mal wird das, woran ich seit zwei Jahren sitze, jemand anderes als meine Agentin und ich zu Gesicht bekommen! Aber ich freue mich – mit einer Portion Bammel im Herzen – auf die Rückmeldungen und die Chance, mein Buch noch zu verbessern.

Anfang Juni werde ich auf Kloster Andechs an der Narrativa 2 teilnehmen, einer Autorenkonferenz, die durch die Textmanufaktur Leipzig gehostet wird. Ich freue mich schon auf den Austausch und auf die Workshops und Vorträge, die teilweise auch Feedbacks für mein Projekt ergeben sollten. Bis Anfang Juni sollten auch die Feedbacks der Testleserinnen eingegangen sein, und ich werde mich an Exposé und Leseprobe machen, mit denen meine Agentin dann an die Verlage gelangt. Das wird mit Sicherheit eine spannende Zeit!

What about Music?

Den musikalischen Bereich habe ich in den vergangenen Monaten etwas stiefmütterlich behandelt, wenn man von zwei Konzerten als Chorsängerin im Konzertchor Leberberg absieht. Wir haben die Cäcilienmesse von Gounod aufgeführt – in Originalbesetzung mit sechs Harfen! – ein tolles Klangerlebnis. Bereits haben die Proben für Bachs Weihnachtsoratorium begonnen (Teile I-III). Aber bevor wir damit die Adventszeit einläuten, werde ich andere Gelegenheiten zum Musizieren haben. Am 9. Juni trage ich mit ein oder zwei Liedern zur Gestaltung eines Firmgottesdienstes in Fribourg teil, und am 4. September gestalte ich einen Erwachsenenbildungs-Anlass der römisch-katholischen Kirchgemeinde in Grenchen. Es werden Songs, Texte und persönlich Geschichten zu hören sein. Details folgen!

Und sonst so?

„Sonst“ läuft auch genug – alle sechs Wochen liefere ich im Grenchner „Stadtbummel“ ein paar persönliche Gedanken zu den Geschehnissen rund um Grenchen, und als Mitglied des Vorstands im Grenchner Kleintheater bastle ich gerade an der nächsten Saison. Auch unsere Kirche beansprucht einen guten Teil meiner Zeit, und dann wäre es ja auch schön, wenn man für Familie, Freunde und sich selbst noch etwas Energie übrig hat. Die Balance zu finden – etwas, das ich mir als Jahresmotto gesetzt habe – fällt mir nicht immer leicht, aber man lernt ja nie aus! Zur Balance sollte beitragen, dass ich bald etwas Urlaub habe. Luftveränderung, Abschalten, was anderes machen wird gut tun.

Soviel für den Moment – ich verspreche, dass das nächste Post weniger lang auf sich warten lassen wird!

Herzlich, Eure Claudia

Die letzten beide Tage habe ich mit dem Kleintheatervorstand Grenchen in Thun verbracht und an der Kleinkunstbörse Künstler für unsere neue Saison ausgesucht. Wie immer haben wir spannende, lustige und zum Nachdenken anregende Beiträge gesehen und dabei bei angenehmen Temperaturen die wunderschöne Szenerie mit schneebedeckten Alpen und Thunersee genossen.

Unsere Stadt, die wir dabei immer im Hinterkopf haben (passen diese Künstler zu Grenchen? Gefällt dieses Programm unserem Publikum?) hat sich dieses Jahr allerdings noch in anderer Form bemerkbar gemacht. Die Wellen der Empörung über den Dok-Film «Die schweigende Mehrheit», der am Donnerstag auf SRF 1 ausgestrahlt wurde, hat auch uns erreicht und beschäftigt.

Ist ein «Kern Wahrheit» darin?
Und ist so ein Film journalistisch vertretbar?

Ja und – mit Verlaub – nein.
Was in diesem Film gezeigt wird, ist nicht «mein» Grenchen.

Ja, die Stadt Grenchen hat ihre Probleme, und die darf man auf den Tisch bringen. Aber ich schliesse mich Beitrag und Kommentar des «Grenchner Tagblatts» an: Nach einem Jahr Recherche einen Film zu zeigen, der Grenchen praktisch ausschliesslich negativ darstellt, ist in meinen Augen nicht gerechtfertigt. Da wurde offenbar am Reissbrett beschlossen, was der Film aussagen soll, und auf dieser Grundlage wurden Aufnahmen gemacht, Leute befragt und Sequenzen zusammengeschnitten, bis man genau dieses Bild produziert hatte.

Die Empörung ist gross, der Schaden, so der Tenor, angerichtet. Trotz allem sehe ich das Ganze nicht nur negativ. Die Grenchner haben die Angewohnheit, gern und oft über ihre Stadt zu lästern, aber von aussen angegriffen, vereinigen sie sich. Vielleicht befeuert uns dieses als ungerecht empfundene Porträt, uns noch stärker dafür einzusetzen, die «Problemzonen» anzugehen. Anstatt sich in der heute so verbreiteten Konsumhaltung nur zu beklagen, könnte jeder seinen Frust in positive Energie verwandeln und dazu beitragen, dass Grenchen zu SEINEM Grenchen wird.

Eine Gemeinschaft hat sich immer dadurch weiterentwickelt, dass Menschen Mankos erkennen, die Initiative ergreifen und dazu beitragen, dass es besser wird. So hat in Grenchen die Uhrenindustrie überhaupt erst Fuss gefasst, so sind Kinderspielplätze, Ferienpass, Jugendhaus, «Granges Melanges», «Rock am Märetplatz» und vieles mehr entstanden.

Grenchen ist und bleibt MEINE Stadt,
und ich sehe vieles, was mich freut und mit Stolz erfüllt:

Menschen, die sich in Vereinen für eine lebendige Kultur einsetzen – im Kleintheater, in der neu erweckten Literarischen Gesellschaft, in Musikvereinen und Chören wie dem Leberberger Konzertchor, der bald wieder mit seinen Proben beginnt.

Menschen, die in Vereinigungen und Kirchen unentgeltlich Deutschkurse anbieten, damit Zugewanderte sich hier schneller zuhause fühlen und Anschluss finden.

Menschen, die trotz Politikverdrossenheit Zeit und Herzblut für ein politisches Amt investieren.

Nicht jeder muss alles machen. Ein politisches Amt ist nicht jedermanns Sache, nicht jeder singt gern, nicht jeder macht gern Sport, nicht jeder geht gern in die Kirche. Aber jeder kann in seinem Umfeld dazu beitragen, dass Grenchen sich verändert und zu dem Ort wird, den er sich wünscht.

Was Aussenstehende über Grenchen sagen, ist mir ziemlich egal – wie ich früher schon geschrieben habe, hat es einen gewissen Reiz, eine Stadt zu verteidigen, in der andere nur das Schlechte sehen. Mein Grenchen ist ein Ort, an dem es sich zu leben lohnt; ein Ort, an dem viele Menschen nicht einfach ihren Steuerbeitrag als Berechtigung ansehen, über alles zu lästern, sondern in Ämtern und Vereinen, in Nachbarschaft und Kirche Zeit investieren, weil sie begriffen haben, dass eine Gemeinschaft nur wächst, wenn jeder sich einbringt.

Mein Grenchen ist eine Stadt mit Licht und Schatten, vor allem aber eine Stadt mit viel Potential. In diesem Sinne: «Vo Gränche by Gott, wo suure Wy wachst» – aus dem wir erst recht einen guten Tropfen zaubern!

Eben komme ich vom Osterbrunch unserer Gemeinde zurück; noch erfüllt von den Liedern, die wir gesungen haben, von der Dankbarkeit für das, was wir heute feiern, und von der Freude an der Gemeinschaft. Wir haben den auferstandenen Herrn gefeiert; das Wunder und Geheimnis, das sich vor so langer Zeit ereignet hat – oder wie es der Spruch einer Osteraktion ausdrückt:

„Ostern – der grösste Plot Twist der Menschheitsgeschichte“.

In der Predigt und den Liedern wurden wir erinnert, erinnerten uns selbst an die Revolution, die Gott am Kreuz und in unseren Herzen vollbracht hat. Wir sind frei.

Als ich heute in den Gottesdienst fuhr, war ich tief von dieser Osterfreude, dieser Freiheit durch Christus erfüllt, und das zusammen Feiern hat diese Freude noch verstärkt. In der Gemeinschaft erinnern wir uns gegenseitig an das, was wir glauben; wir werden gestärkt und ausgerichtet – eines der Hauptziele der Gemeinschaft der Gläubigen. Aber wenn das alles ist, dann – provokant ausgedrückt – ist es nichts.

Die Osterfreude muss weitergegeben werden; was wir empfangen haben, fordert eine Antwort. Wie jeder Teil der Schöpfung seinen Namen ruft, so auch wir.

Wir beten Gott an und preisen seinen Namen als natürliche Antwort auf sein Geschenk. Und wer die Osterfreude empfangen hat, in dem weckt sie den tiefen Wunsch, dass auch andere diese Freude erfahren.

Wenn wir Gott bitten, hier sein Reich zu bauen, bitten wir ihn auch, uns dafür zu gebrauchen. Wir bitten ihn, seine Kirche zu entzünden, und seine Kirche sind wir – alle, die seinen Ruf gehört haben und ihm nachfolgen; egal wie und wo.

Ich wünsche mir zu Ostern, dass uns aus dem tiefen Verständnis für das, was wir empfangen haben, eine unbändige Osterfreude packt und hinaustreibt,  dass sie uns mutig macht und wir die Freiheit, die wir haben, auch leben – im schamlosen und freudvollen Bekenntnis zu Jesus.

Ich wünsche mir aber auch, dass wir die Christenheit nicht ständig auseinanderdividieren, sondern uns auf das konzentrieren, was uns eint. „Ecclesia“, die Herausgerufenen, sind Menschen, und jede Gemeinschaft von Menschen – egal, ob sie sich Kirche nennt oder nicht –  hat ihre Schwächen. Manchmal wird aus einer Schwäche ein Irrweg, wird dem Evangelium etwas aufgepfropft, was nicht dazugehört. Wir sind aufgefordert, genau hinzusehen und alles zu prüfen, aber die Schwächen, die jede Gemeinschaft von Menschen in sich birgt, soll uns nicht daran hindern, einander zu erkennen und auf dem Boden des Evangeliums an einem Strick zu ziehen.

„Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind,
da bin ich mitten unter ihnen.“
Matthäus 18,20

Kürzlich jährte sich wieder mal mein Wiegenfest, und die Neugier trieb mich dazu, mich unter meinen Geburtstagsgenossen umzusehen. Neben einigen, die ich kenne, wie Blogkollege Roman Scamoni in Innsbruck oder meine treue Blogleserin Siwi bin ich auch auf ein paar berühmte und/oder berüchtigte Namen gestossen – Bruno Kreisky, ehemaliger österreichischer Bundeskanzler, Gotthold Ephraim Lessing, der Erschaffer des „Nathan der Weise“ oder – da wären wir dann bei den Berüchtigten – der Wanderprediger und Geistheiler Rasputin.

Von diesen Herren hat mich keiner zu einer Hommage animiert, aber die ganze Geburtstagsgeschichte hat mich auf die Idee gebracht, in diesem Jahr ein paar Persönlichkeiten zu beleuchten, die mich inspiriert haben und es noch tun. Ich fange an mit Eva Cassidy, die – würde sie noch leben –  an diesem Tag ihren 55. Geburtstag feiern würde.

Die amerikanische Sängerin hat eine ungewöhnliche Karriere gemacht. Von frühester Kindheit an hat sie gesungen und Gitarre gespielt und dabei viele Songs so einzigartig interpretiert, dass sie zu ihren eigenen wurden. Stings „Fields of Gold“ hat nach seinen eigenen Worten sogar Sting besser gefallen als das Original; „Somewhere over the Rainbow“ hat sie eine neue Melodie verliehen, und aus „Had I a golden Thread“ schuf sie einen kraftvollen, gospeligen Song, in dem sie ihren gewaltigen Stimmrange zur Geltung brachte.

Was war das Besondere an dieser Frau? Zum einen war sie scheu und introvertiert; sie liebte das Singen, war aber das Gegenteil einer „Rampensau“. Leise und unaufdringlich sagte sie sich selbst an, erzählte dem Publikum etwas über den nächsten Song und legte alle Kraft in die Lieder, die sie präsentierte. Zum anderen war sie kompromisslos, was ihre Kunst betraf: Sie war nicht bereit, sich auf ein Genre festzulegen, sondern wollte „Ihre“ Songs machen, die eine breite Spannweite von Jazz, Blues, Rock, Folk, Pop, Soul und Gospel umfassten. Das war einer der Gründe dafür, dass sie lange keinen Plattenvertrag bekam und mit ihrer Band schliesslich selbst eine Live-CD veröffentlichte.

Anfang Dreissig erkrankte sie an Krebs und starb 1996 kurz nach der Veröffentlichung dieses Albums im Alter von nur 33 Jahren. In jenem Herbst schickte eine befreundete Sängerin das Album an ihren Produzenten, der so begeistert war, dass er das Wagnis einging, eine CD mit Studioaufnahmen zu veröffentlichen, obwohl Eva bereits verstorben war. Die CD erschien 1998,  nahm aber nur langsam Fahrt auf, bis im Jahr 2000 ein britischer Produzent auf sie aufmerksam wurde und einen befreundeten Radiomann dazu brachte, zwei Stücke in seiner Morgensendung zu bringen. Die Reaktion der Zuhörer war überwältigend und Eva Cassidys Erfolg nicht mehr zu stoppen.

Wenn ich an ihr kurzes Leben denke, macht es mich traurig, dass sie die verdiente Anerkennung für ihr Talent nicht mehr hat erleben dürfen – ich hätte es ihr gegönnt. Aber ich freue mich auch darüber, dass ihr Talent sich gegen alle Widerstände durchgesetzt hat und heute noch Menschen erfreut und berührt. Und irgendwie glaube ich, dass sie sich aus öffentlichem Ruhm ohnehin nicht viel gemacht hat. Sie hat für sich gesungen und für die Menschen, und angesichts der Songs, die sie gecovert hat, kann ich mir gut vorstellen, dass auch der Glaube für sie eine Rolle gespielt hat. Es ist für mich nicht entscheidend; Eva ist so oder so eine Inspiration. Aber wenn ich mir die alte Hymne „How can I keep from singing“ aus ihrem Mund anhöre, scheint es unmöglich, dass sie diese Worte nicht geglaubt hat.

Rest in peace, Eva. Du bist mir ein Vorbild darin, genau das zu tun, was „Deins“ ist. Ich fühle mich Dir verbunden in der introvertierten Art, in dem gewissen Unwohlsein, das Du in der Öffentlichkeit an Dir hattest. Dennoch hast Du Dich hingestellt und den Menschen Deine Lieder geschenkt, und die Intensität und Echtheit, die in Deinen Liedern strahlt, kommt noch mehr zu Geltung, weil kein Gramm Show darin steckt – nur Herz, Talent und die Essenz Deiner Persönlichkeit. Mögen Deine Lieder ewig währen!

Habt Ihr selbst einen „Geburtstagsgenossen“, der Euch inspiriert? Oder ist Euch gerade jemand anderes eingefallen, dem Ihr ein Kränzlein winden möchtet? Ich freue mich auf Euren Kommentar!

Gestern haben mein Mann und ich einen seiner Göttibuben besucht und ein paar gemütliche Stunden verbracht, und wie meistens haben sich unsere Diskussionen irgendwann auch um Gott gedreht. Thema waren dieses Mal unter anderem „Freikirchenchristen“, die kein Gespräch führen können, ohne die Zuhörer erschöpfend über den „richtigen Glauben“ aufzuklären. Die Reaktion unserer Freunde auf solche Sermone kann ich gut nachvollziehen: „Vielen Dank, das habe ich jetzt oft genug gehört. Jetzt will ich es sehen.“

Ich rede gern über Gott. Mein Herz ist oft voll von dem, was er in meinem Leben getan hat, in welchen Situationen ich schon erleben durfte, dass er mir beisteht, mich stützt und herausfordert. Aber wenn das alles ist, was andere mitbekommen, wird der Effekt meiner Worte rasch verblassen. Ich bin die einzige Bibel, die manche Leute jemals lesen werden. Wie ich mit mir selbst, mit anderen und mit der Schöpfung umgehe, gibt mehr Zeugnis von Gott als alle schönen Worte.

Gott fordert uns auf, den alten Menschen hinter uns zu lassen, uns zu prüfen und auf seine leise Stimme zu hören, die uns sagt, wenn wir unser Verhalten ändern müssen, und den Beweis treten wir im Alltag an. Im Job, im Umgang mit Vorgesetzten und Untergebenen. In der Familie. In der Art, wie wir mit dem umgehen, was uns anvertraut ist: Finanzen und Besitz, Beziehungen. Wie freigiebig bin ich mit meiner Zeit? Mit meinen Geld? Wie achtsam gehe ich mit meinem Besitz um? Wie geduldig bin ich mit anderen?

Wir werden alle an unterschiedlichen Punkten herausgefordert, und wenn wir schon ein paar Jahrzehnte auf dem Buckel haben, kennen wir in der Regel unsere Schwachstellen und können uns einfache Dinge vornehmen. Ich habe ein Problem mit allem, was man unter „Instandhaltung“ zusammenfassen könnte – Ordnung halten, Haushalt und andere Routineaufgaben. Deshalb habe ich mir unter anderem vorgenommen, achtsamer mit meiner Kleidung umzugehen und mich auf Verpflichtungen, egal wie simpel sie sind, gewissenhaft vorzubereiten.

Solche Bemühungen sind wichtig, aber wir können leicht in die falsche Richtung abdriften. Wenn wir uns als Spiegel sehen, durch den Menschen (unter anderem natürlich) Gott erfahren, können wir den Zwang verspüren, perfekt zu sein. Da wir sehr wohl wissen, dass wir dies nicht sind, kommen wir in Versuchung, eine fromme Fassade zu präsentieren – sei es als Einzelpersonen oder als christliche Gemeinde.

Unsere Gemeinde macht gerade eine herausfordernde Zeit durch. Personen in wichtigen Funktionen sind an ihre Grenzen gekommen; es gab zwischenmenschliche Konflikte, und für manche ist das im Hinblick auf diese „Vorbildfunktion“ eine grosse Herausforderung. Was denken andere über uns, wenn so etwas auch bei uns vorkommt? Ist das nicht ein Beweis dafür Reverse Phone Lookup , dass wir „auch nicht besser“ sind?

Vielleicht ist es das, aber vielleicht ist das ganz gut. Denn wir sind tatsächlich nicht besser. Wir kämpfen mit den gleichen Problemen, mit denen jeder kämpft. Wir haben Beziehungsprobleme, verausgaben uns zu sehr im Job, geraten mit anderen in Streit. Was uns ausmacht, ist nicht, dass uns so etwas nicht passiert; es ist, wie wir damit umgehen. Stehen wir dazu? Sind wir bereit, einander zu vergeben, wenn wir in Konflikt geraten sind?

Ich habe kein Problem damit, anderen von unseren Herausforderungen zu erzählen, und ich zweifle deswegen weder an Gott noch an unserer Gemeinde. Ich sehe es als Chance zu mehr Echtheit, zu einer Vertiefung der Beziehungen, dazu, einzugestehen, dass wir auch Schwächen haben und uns nicht scheuen, sie zu zeigen. Und ich bin überzeugt davon, dass wir andere Menschen mit diesem Auftreten weit mehr anziehen, als wenn wir versuchen, ihnen die perfekte Gemeinschaft zu verkaufen.

Heute hatten wir unseren ersten Gottesdienst des Jahres, und er hat mich tief berührt. Trotz der Schwierigkeiten waren viele Menschen da, um gemeinsam das neue Jahr zu beginnen. Niemand, der da war, bildet sich ein, in einer perfekten Gemeinde zu sein; niemand hält es für nötig auszublenden, dass es gerade schwierig ist. Aber alle, die da waren, glauben an unsere Gemeinschaft.

Das hat mir Hoffnung gemacht und mir gezeigt, was uns von weltlichen Vereinen und Gruppierungen unterscheidet: Es sind nicht wir, es ist Gott. Gott kann sich auch in zerbrochenen, beschädigten Spiegeln reflektieren. Er zeigt uns, was er mit uns vorhat, und er ermutigt uns zu einem authentischeren Christsein, dazu, uns selbst und anderen zuzumuten, mit dem zerbrochenen Gefäss, das wir als einzelne und als Gemeinschaft sind, zu leben und uns von ihm heilen zu lassen.

Ich möchte sein Spiegel sein. Ich möchte mich jeden Tag herausfordern lassen, Jesus ähnlicher zu werden. Aber ich will es im Bewusstsein tun, dass Gott mich rückhaltlos annimmt, wie ich bin. Denn nur dann habe ich den Mut, andere auch meine Schwächen sehen zu lassen. Und nur dann bin ich nahbar und glaubwürdig.