WasserherzDie Weihnachtswoche ist vorbei, und das Leben driftet langsam wieder in ruhigere Gefilde. Das ist ganz gut so: nach Tagen ausgiebiger Esserei und geselligen Zusammenkünften sehne ich mich programmgemäß nach Ruhe und danach, Körper und Seele eine Pause zu gönnen.

Bildquelle: Pixabay

 

Die Weihnachtsfeier bei meiner Schwiegerfamilie hat mich netterweise mit den perfekten Utensilien für diesen Zweck ausgestattet: mit einem schönen Bad aus Meersalz und Rosenblüten sowie einem Detox-Tee aus Grüntee, Mate und Grapefruit. Und während ich mich innerlich auf ein paar ruhige und reinigende Tage für meinen Körper freue, spüre ich leise, dass nicht nur er diese Prozedur nötig hat: auch mein Herz verlangt danach.

Doch bis ich seinen Ruf wahrnehme, dauert es immer etwas länger. Gerade wenn in meinem Leben viel läuft und ich von einer zu bewältigenden Aufgabe zur nächsten hetze, realisiere ich manchmal zu spät, wenn ich es schwächenden oder zerstörerischen Gedanken und Gefühlen ausgesetzt habe.

Darum möchte ich diese freien Tage nutzen, um mein Herz wieder einmal Gottes TÜV zu unterziehen. Er soll es prüfen und mir zeigen, „wie ich es meine“, mir meine wahren Motive und Gedanken vor Augen führen, damit ich die Konsequenzen ziehen kann. Ablegen, was abgelegt werden muss. Das Herz mit dem füllen, was Leben bringt.

Etwas sagt mir, dass ein wichtiges Jahr vor mir liegt – eines, in dem Weichen gestellt, Projekte vorbereitet und ausgestaltet werden, vielleicht bereits zum Abschluss kommen. Auf geheimnisvolle Art werfen diese Projekte ihre Schatten voraus, und ich spüre, dass ich das reine Herz mehr brauche als je zuvor.

Meine Pläne können noch so ausgefeilt, meine Projekte noch so sinnreich und richtig sein: wenn ich mein Herz nicht bewahre, wird nichts Gutes entstehen. In den Sprüchen heißt es, dass vom Herz das Leben ausgeht, und bei Matthäus, dass aus dem Mund fließt, was im Herzen ist. Der Schatz in unserem Herzen mündet in unsere Handlungen, und aus einem bösen Schatz kann nichts Gutes entstehen. Aus verunreinigtem Boden wächst keine gute Frucht.

Ich bin darauf angewiesen, dass Gott mir immer wieder liebevoll aufzeigt, wenn mein Herz Reinigung braucht, damit ich das, was er an Werken vorbereitet hat, nicht torpediere. Und ich rufe mir dankbar meinen Tauferneuerungsspruch in Erinnerung: er enthält ein Versprechen und eine Verheißung, in die ich mein Vertrauen setze:

„Dennoch bleibe ich stets an dir; denn du hältst mich bei meiner rechten Hand,
du leitest mich nach deinem Rat und nimmst mich endlich in Ehren an.“
Psalm 73, Verse 23-24

Diese Zeilen ermutigen mich noch mehr, wenn ich die paar davor hinzufüge. In ihnen spricht der Autor davon, dass er sich Gott gegenüber manchmal so störrisch wie ein Maultier benimmt – und dennoch lässt Gott ihn nicht los.

Wenn ich längere Zeit in ruhigen Gewässern dahinschippere und alles wie von selbst zu gehen scheint, vergesse ich gern, dass das neben all meinem guten Willen und meinen Anstrengungen auch Gnade ist. Ich nehme es als selbstverständlich hin, dass ich fokussiert und voller Energie meine Pläne umsetze, das Gute und Richtige tue und gefährliche Strudel meide. Erst, wenn mich unvorbereitet eine Welle trifft, wird mir bewusst, wie schwach mein Gefäss ist und wie sehr ich von Gott abhängig bin.

Wenn ich an meine Pläne denke und mir dieses angreif- und verletzbare Gefäss mit seinen Wunden und Defiziten vor Augen halte, wird mir manchmal angst und bange. Ich kenne mich selbst nur zu gut – ich weiß, wo meine Schwachstellen sind und kann Gefahrenherde mit einer Intuition voraussehen, die mir manchmal selbst unheimlich ist. Dann frage ich mich, wie in aller Welt ich auf Kurs bleiben und mich auf die wichtigen Dinge konzentrieren soll.

Während mich diese Frage umgetrieben hat, bin ich auf folgende Bibelstelle gestoßen:

„Wenn Du versucht wirst, wird er Dir einen Ausweg zeigen,
so dass Du standhalten kannst.“
1. Korinther 10, Vers 13

Ich habe mich daraufhin nicht zum ersten Mal gefragt, ob Versuchung auch von Gott kommen kann – in der obigen Bibelübersetzung kommt das nicht klar heraus. Dann habe ich mein „Konkordantes Neues Testament“ zu Hilfe genommen, das zwar nicht leserfreundlich, dafür aber sehr eng am Originaltext gehalten ist. Hier heißt es wörtlich:

Und Gott ist getreu,
der euch nicht über das hinaus anfechten lassen wird, wozu ihr befähigt seid,
sondern zusammen mit der Anfechtung wird Er auch einen Ausgang schaffen,
so dass ihr sie überstehen könnt.“

Dieser kleine, aber feine Unterschied in der Formulierung bedeutet für mich, dass Gott uns nicht selbst versucht, aber zulässt, dass wir geprüft und wenn nötig geläutert werden. Und er sorgt dafür, dass es in jeder Prüfung einen Ausweg gibt.

Ich weiß, dass Gott mich für meine Schwächen nicht anklagt oder verurteilt – und weil ich das glauben kann, bin ich bereit, die dunklen Stellen meines Herzens vor ihm auszubreiten und ihn um Hilfe zu bitten. In diesen Tagen tue ich das mit meiner Version von Brian Doerksens „To the River“ und vertraue in all meiner Sorge ob meiner Unzulänglichkeiten auf seine Treue.

 

Und so kann das neue Jahr kommen.
Mit all seinem Potential und all dem, was hinter der nächsten Kurve wartet.

Was geht Dir in diesen letzten Altjahrestagen durch Kopf und Herz? Und worauf freust Du Dich?
Ich freue mich auf Deinen Kommentar – und ich wünsche Dir schon jetzt von Herzen ein spannendes, echtes, lebendiges und segensreiches 2015!

Advent PixabayUm die Festtage flimmern bestimmte Schinken obligatorisch über den heimischen Bildschirm – „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“ und „Dinner for One“ sind nur zwei aus dieser Reihe. Einer, den ich mir nach Möglichkeit immer anschaue, ist „Der kleine Lord“.

Bildquelle: Pixabay

Er erzählt die Geschichte des alten Earl of Dorincourt, der verbittert, voller Dünkel und Menschenhass auf seinem großen Anwesen in England lebt. Da seine drei Söhne gestorben sind, muss er sich um seine Nachfolge kümmern. Sehr zu seinem Missfallen ist der einzig übrige Erbe das Kind seines jüngsten Sohnes, der eine Amerikanerin aus einfachen Verhältnissen geheiratet hat. Der alte Earl hat ihn daraufhin verstoßen, und das Paar wanderte nach Amerika aus, wo die junge Frau nach dem Tod ihres Mannes ihr Kind allein aufzog.

Der alte Lord beißt in den sauren Apfel und bietet der jungen Witwe an, ihren Sohn als seinen Erben aufzuziehen. Aus Liebe zu ihrem Sohn, für den sie sich eine bessere Zukunft wünscht, sagt sie zu, stellt allerdings eine Bedingung: der Junge darf niemals erfahren, dass der alte Lord seine Mutter ablehnt. Der Lord ist erstaunt, doch er stimmt zu, und so übersiedeln Mutter und Sohn nach England, wo die Mutter in einem Haus in der Nähe des Schlosses wohnt. Der kleine Cedric muss sich an das neue Umfeld gewöhnen, aber bald zeigt sich, dass die größte Veränderung nicht ihm, sondern dem alten Lord bevorsteht.

Cedric ist überzeugt, dass der Earl ein herzensguter, großzügiger Menschenfreund ist. Als ein Pächter den Earl aufsucht, weil er seine Pacht noch nicht zahlen kann, ist sich Cedric sicher, dass sein Großvater dem armen Mann die nötige Zeit geben wird. Das tut der Alte dann auch. Bei einem Spaziergang durch „Earls Lane“, wo die Pächter wohnen, muss der Earl entsetzt feststellen, wie heruntergekommen dieses Quartier ist. Beschämt, weil sein Enkel dieses Elend gesehen hat,lässt er die Häuser und Straßen wieder instand stellen.

Schritt für Schritt erweicht der Junge das Herz des alten Mannes, der seinen Enkel immer lieber gewinnt. Neues Leben kehrt im Schloss ein. Der alte Lord lädt zu einem Fest, und alle sind überrascht, wie sehr er sich verändert hat. Als plötzlich eine Frau auftaucht und behauptet, mit seinem ältesten Sohn verheiratet gewesen zu sein, ist der Earl schwer getroffen. Doch die nicht sehr feine Dame wird rasch als Lügnerin entlarvt, und endlich kehrt wirklich Friede ein. Der alte Lord versöhnt sich schließlich auch mit seiner Schwiegertochter, und alle feiern gemeinsam Weihnachten.

Es ist rührend und bewegend, wie der alte, verbitterte Mann nach und nach ein neuer Mensch wird. Mir ist heute aber noch ein anderer Grund eingefallen, wieso mir diese Geschichte so nahe geht. Sie erinnert mich daran, wie Gott uns ansieht.

Wenn wir ehrlich sind, fühlen wir uns öfter wie der alte Earl – gefangen in unseren Lebensmustern und ungesunden Verhaltensweisen, sind wir neidisch und missgünstig, kaltherzig, ungeduldig. Kurz gesagt: wir sind nicht die Menschen, die wir gern wären. Doch Gott sieht uns so, wie er uns gemacht hat – ohne Fehl und Tadel. Und wenn wir vor der Entscheidung stehen, richtig oder falsch zu handeln, unseren Freunden mit Ungeduld oder mit Mitgefühl zu begegnen, sieht er uns an wie Cedric den alten Lord. Und tief in unseren Herzen spricht seine Stimme zu uns. „Ich weiß, was Du tun wirst. Du bist ein guter, großzügiger, liebenswerter Mensch – Du kannst nur eine Entscheidung treffen.“ Unter diesem liebevollen Blick Gottes auf unser Herz stellen wir fest, dass wir wirklich nicht anders können. Wir wachsen über uns hinaus, unser Herz weitet sich, und wir tun das Richtige.

Erinnern wir uns so kurz vor Weihnachten an diesen Blick Gottes auf uns und in unser Herz. Er weiß, dass wir es können. Er weiß, was für Menschen wir wirklich sind, und er glaubt an uns. So lange, bis wir es auch tun.

Glühbirne Pix kleinIch weiß noch genau, wann ich das „Heilige Kribbeln“ zum ersten Mal gespürt habe.

Es war vor neun Jahren an einem Freitag Ende Oktober. Einen Monat zuvor war meine Beziehung zerbrochen, und ich fühlte mich wie in der Twilight-Zone – gefangen in einer diffusen Welt, in der ich vor mich hin stolperte wie ein einsamer Wanderer in der Wüste. Ich saß im Büro und sah mir kurz die Gottesdienstinformationen der Vineyard Bern an, als ich die Anzeige für deren Jüngerschaftstraining entdeckte.

Bildquelle: Pixabay

Es hatte mich schon vor einigen Monaten gereizt, das Training zu besuchen. Da ich meinen Partner aber fast nur am Wochenende sah und der Kurs jeden Monat eines dieser Wochenenden beansprucht hätte, ließ ich es sein. Jetzt sah ich die Informationen auf dem Bildschirm und hatte plötzlich das verrückte Gefühl, dass ich da unbedingt hingehen sollte. Doch die Sache hatte einen Haken: der Anmeldetermin war seit drei Wochen abgelaufen, und starten würde das ganze am 29. Oktober.

Also morgen.

Wer mich kennt, weiß, dass es Dinge gibt, die ich unter normalen Umständen niemals tun würde. Mich drei Wochen nach Ablauf einer Frist irgendwo zu melden und zu fragen, ob ich nicht auch noch dabei sein könnte, gehört definitiv dazu – nicht zu reden von „einen Tag vor Kursbeginn“.

Aber die Sache ließ mich nicht los. Ich musste es wenigstens versuchen, selbst wenn ich mich damit lächerlich machte – schließlich konnten sie nur nein sagen. Ich schrieb also eine Mail und tigerte den Rest des Nachmittags im Büro herum, versuchte zu arbeiten und meine Hoffnungen gleichzeitig niedrig zu halten. Die Stunden vergingen, und nichts passierte. Ich war nicht enttäuscht – eigentlich war es klar gewesen. Wenigstens hatte ich es versucht.

Dann klingelte mein Telefon.

Am Apparat war Jeannette von Moos, die Mitorganisatorin des „Desert Training“, wie der Kurs passenderweise hieß. Sie fragte mich, ob ich bereit wäre, heute noch zu einem kurzen Gespräch vorbeizukommen, damit sie mich kennenlernen konnte. Natürlich sagte ich ja, worauf sie in einer Selbstverständlichkeit antwortete: „Dann gehen wir mal davon aus, dass Du dabei bist. Schick mir doch bitte ein Foto…“

Da passierte es, unspektakulär und gleichzeitig überwältigend. Mein Kopf war voller Sterne, und eine tiefe Freude breitete sich in mir aus – ich wusste, dass es „richtig“ war.

Das war es dann auch. Unser Gespräch verlief gut, und am Samstag brach ich nach Rüegsegg ins Startwochenende auf. In den neun Monaten „Desert Training“ habe ich viel über den Glauben und über mich selbst gelernt. Jeannie wurde zu einer guten Freundin, mit der ich mich immer wieder gern treffe, bei einem Mittagessen das Neueste austausche und staune, wie schnell die Zeit vergeht, wenn man sich viel zu erzählen hat.

Seit damals habe ich das Heilige Kribbeln mehrmals gespürt – ein untrügliches Zeichen, dass etwas gut und wichtig und, im Christenjargon ausgedrückt, „dran“ ist. Es kommt nicht im Dutzend vor – ich frage Gott ja auch nicht, ob heute zum Abendessen Spaghetti Napoli oder Bolognese „dran“ sind. Aber es war zuverlässig da, wenn ich eine wegweisende Entscheidung traf.

Als Christin deute ich dieses Kribbeln als Reden des Heiligen Geistes. Es unterscheidet sich für mich von der Intuition, die aufgrund ihrer Auswertung von Fakten und Wahrnehmungen schlussfolgert, wie sich Entscheidungen auf die Zukunft auswirken könnten und mir ein entsprechendes Gefühl vermittelt. Ich schätze sie auch sehr und verlasse mich oft auf sie, aber der Heilige Geist liefert manchmal Hinweise, die sich nicht wirklich zurückverfolgen lassen und die darum umso wertvoller sind.

Diese Hinweise können auch negativer Art sein und mir mitteilen, dass eine Entscheidung in die falsche Richtung führt. Dann spüre ich meistens ein diffuses Unwohlsein, manchmal gerade dann, wenn weder aus sachlicher, noch aus persönlicher oder glaubenstechnischer Sicht etwas dagegen spricht.

Leider neigen wir dazu, die negativen Hinweise zu ignorieren. Wie oft habe ich im Nachhinein festgestellt, dass ich eigentlich gewusst hätte, was zu tun ist – aber ich hatte nicht den Mut dazu, weil es keinen handfesten Grund gab, mich gegen etwas zu entscheiden, oder weil es unpopulär gewesen wäre. Diese Entscheidungen ließen sich meist irgendwann korrigieren, aber es wäre einfacher und weniger schmerzhaft gewesen, wenn ich gleich auf die Stimme gehört hätte.

Ich wünsche mir, dass ich hier noch hellhöriger werde – egal, ob mir die Stimme mit einem heiligen Kribbeln oder mit einem diffusen Unwohlsein den Weg weisen will, und vor allem dann, wenn die Stimme nicht mit dem übereinstimmt, was Pragmatismus und rationales Denken mir mitteilen, denen ich als ausgesprochener Kopfmensch meistens den Vorzug gebe. Ich will mir die Situationen, in denen ich auf sie gehört habe, immer wieder in Erinnerung rufen – als Ermutigung, es das nächste Mal wieder zu tun, und als Ansporn, im Zweifelsfall gleich das erste Mal das Richtige zu wählen.

Kennst Du dieses „Reden“ auch, und in welchen Situationen erlebst Du es? Hast Du auch Erfahrungen mit beiden „Arten“ gemacht, und wie haben sich Deine Entscheidungen ausgewirkt? Ich freue mich auf Deinen Kommentar!

Samwise GamgeeNachdem ich es mir nicht nehmen ließ, den WM-Final in voller Länge zu genießen – bei dieser Gelegenheit herzliche Gratulation an unsere Nachbarn! – habe ich mich inzwischen wieder in mein altes, dem Fußball eher apathisch gegenüberstehendes Ich zurückverwandelt. Und ich habe festgestellt, dass es eine Ewigkeit her ist, seit ich mir das letzte Mal das „Herr der Ringe“-Epos zu Gemüte geführt habe.

Diese Geschichte und die starken Bilder faszinieren mich immer wieder aufs Neue, und ich staune besonders über Tolkiens unerschöpfliche Fantasie bei der Erschaffung seiner Wesen: schon unter Frodos Gefährten finden sich die unterschiedlichsten Charaktere mit ihren eigenen Lebensthemen und ganz besonderen Zügen.

Da gibt es Zwerg Gimli mit seiner Abneigung gegenüber den Elfen, dessen raue Schale ausgerechnet von der Elfenfrau Galadriel geknackt wird. Gimlis grummlige Kommentare tragen viel zum Spaß an Buch und Film bei, und seine sich vertiefende, ungewöhnliche Freundschaft zum Elfenkönig Legolas ist skurril und zauberhaft zugleich.

Dann Legolas selbst, der äußerlich das pure Gegenteil von Gimli markiert: schlank und hochgewachsen, mit glattem Blondhaar, heller Haut und feinen Zügen. Doch trotz dieses Äußeren ist Legolas ein genauso unerschrockener Kämpfer wie sein Zwergenfreund. Ich liebe die Bilder, in denen seine scharfen Elfenaugen das nächste Ziel ausmachen, er geschmeidig einen Pfeil nach dem anderen aus dem Köcher zieht und die Orks reihenweise umnietet.

Schließlich Aragorn, der zukünftige König von Gondor. Er steht Gimli und Legolas bezüglich Kampfesmut in nichts nach, aber er hat eine besondere Bürde zu tragen: als letzter Abkömmling des Geschlechts der Numenòr muss er sich erst dazu durchringen, sein Erbe anzutreten. Er fürchtet sich vor der Verantwortung, und nur das Vertrauen und der Zuspruch seiner Freunde überzeugen ihn, dass er dieser Herausforderung gewachsen ist und nicht aufgrund seiner menschlichen Schwächen scheitern wird.

Im Vergleich zu diesen schillernden und streitbaren Figuren ist Samwise Gamgee unauffällig. Trotzdem berühren mich sein Kampf und sein Weg am meisten. Er ist nicht der beste Kämpfer und nicht der strahlendste der Gefährten, aber ohne ihn hätte Frodo es niemals auf den Schicksalsberg geschafft. Treu steht er Frodo bis zum Ende bei und kämpft dabei vielleicht den härtesten und bittersten Kampf, als seine Loyalität in Frage gestellt wird.

Während des Aufstiegs im Gebirge kommt es zu einem Streit, weil der gesamte Essensvorrat verschwunden ist. Frodo verdächtigt Sam, und obwohl Sam seine Unschuld beteuert, glaubt ihm Frodo nicht. Zu lange war er der Kraft des Rings ausgesetzt, zu lange hatte der intrigante, vom Ring besessene Gollum sein feines Gift versprüht und in Frodo den Verdacht genährt, dass Sam den Ring für sich will. So schickt Frodo Sam fort, und Sam macht sich mit gebrochenem Herzen auf den Heimweg.

Doch auf dem Rückweg entdeckt er an einem Felsvorsprung die Überreste ihrer Vorräte, und ihm wird klar, dass Gollum das Essen mit Absicht weggeworfen hat, um Frodos Misstrauen gegen ihn zu schüren. Sam zögert keine Minute, kehrt um und kann Frodo im letzten Moment vor der Riesenspinne Kankra retten.

Wenn ich mir Sams Geschichte ansehe, staune ich immer wieder über seinen Mut, seine Entschlusskraft und vor allem seine Demut, die ihn dazu gebracht hat, seinen verletzten Stolz zu überwinden und Frodo nachzugehen. Wie konnte er die Zurückweisung hintanstellen und sich wieder auf den beschwerlichen Weg den Berg hinauf machen, wo er doch wusste, dass Frodo ihm nicht glaubte?

Ich glaube, der erste und wichtigste Grund dafür war Sams Versprechen an Gandalf, auf Frodo achtzugeben. Es hatte sich unauslöschlich in Sams loyales Herz gebrannt und ließ ihm keine Ruhe. Dann wusste er auch sehr genau, dass sich sein Freund auf dem Weg zum Schicksalsberg in Lebensgefahr befand. Und schließlich war Sam klar, dass von Frodos Erfolg das Schicksal von ganz Mittelerde abhing.

Was aber wäre, wenn der Fall anders liegen würde? Wenn es dieses Versprechen nicht gegeben hätte, Frodos Leben nicht gefährdet und Frodos Erfolg keine Schicksalsfrage für Mittelerde gewesen wäre? Wäre Sam dennoch umgekehrt? Ich weiß es nicht, aber ich glaube, ich hätte es nicht getan. Ich hätte Frodo ziehen lassen und gehofft, dass er sich irgendwann eines Besseren besinnen würde.

Sam kehrt schließlich mit den anderen Hobbits in sein geliebtes Shire zurück, und die überstandenen Abenteuer verleihen ihm den nötigen Mut, um seiner angebeteten Rosie seine Liebe zu gestehen. Das dürfte ihn mindestens so viel Mut gekostet haben wie all die Momente, in denen er dem Tod ins Auge blickte. Dass er Erfolg hat, gönne ich ihm vom Herzen. Aber ich glaube, sein größter Lohn war der Moment, in dem er Frodo im Berg vor der Spinne retten konnte und ein Blick in Frodos Augen ihm klarmachte, dass er das Vertrauen seines Freundes wieder gewonnen hatte.

Ich tauche immer wieder gern in Tolkiens Welt der schillernden Figuren ein, und ich hoffe, dass ich in den nächsten Wochen wieder einmal Zeit für den epochalen Zehnstünder finde. Ich werde mit einer Schachtel Popcorn gespannt vor dem Bildschirm sitzen und all die schillernden Kämpfer und Streiter bewundern. Aber vor allem wird mein Herz wieder bei Sam sein, und ich werde mich mit ihm freuen, dass sein Mut und seine Treue am Ende mit der Sicherheit für Mittelerde und sein Shire, mit einer liebenden Frau und mit dem wiederhergestellten Vertrauen seines Freundes belohnt werden.

Bist Du auch bekennender LOTR-Freak? Und falls ja: wer ist DEIN Held in dieser Geschichte? Welche Stellen im Buch oder Film berühren Dich am meisten? Ich freue mich auf Deinen Kommentar!

Grenchen Regen 2Meine kürzlich bejammerte Wintermüdigkeit hat mich leider noch nicht ganz verlassen. Dafür hat sie mich letztes Wochenende dazu gebracht, darüber zu sinnieren, welches meine liebste Jahreszeit ist. Und obwohl ich den warmen, sonnigen Sommer liebe (wenn wir ihn denn kriegen) und den Herbst bezaubernd finde, bin ich beim Frühling gelandet.

 

Zum Teil liegt es sicher daran, dass er nach dem Winter kommt – nach dem Motto „Alles, was anders ist, ist gut.“ Ich habe es einfach nicht mit der Kälte, und von den schönen Seiten des Winters haben wir dieses Jahr gar nichts gehabt: es gab nur eiskalten Regen, schneidenden Wind und einen grauen Wolkendeckel. Der Blick aus dem Fenster enthüllt  einen traurigen braunen Teppich und verwelkte Blätter, die es nicht mehr in die Grünabfuhr geschafft haben.

Grenchen Blätter

Nach Wochen und Monaten in diesem Groove sind die ersten Frühlingsboten ein überraschendes und belebendes Fest für die Sinne. Kleine Krokusse und Schneeglöckchen wagen sich aus dem Boden, zarte Halme stossen durch braunes Gras, und plötzlich ist die Wiese hinter unserem Haus mit Primeln übersät – gelbe, pinke und lila Blümchen breiten sich zwischen Grashalmen und Moos aus, Bäume und Büsche tragen wieder grün…was gibt es Schöneres?

Grenchen SteineNoch ist es nicht soweit – aber die ersten Anzeichen sind da. Am letzten Sonntag habe ich trotz entmutigender Wetterprognosen einen Spaziergang gemacht. Nach kurzer Zeit begann es zu tröpfeln, und auf dem Rückweg schneeregnete es  waagrecht  und wurde richtig ungemütlich. Dann brach der graue Deckel plötzlich auf, und ein Stück blauer Himmel machte sich breit. Mit einem Schlag war es 5 Grad wärmer, alles funkelte und strahlte, und ich machte mich beschwingt auf den Weg nach Hause.

Ermutigt von diesen Wetterkapriolen machte ich einen Rundgang durch den Garten – und wurde fündig. Eine samtige, tiefviolette Primel streckte sich als erster Frühjahrsbote der Sonne entgegen.

Grenchen BlümliIch weiss, es ist noch zu früh ist für den Frühling – aber das ist mir egal. Ich halte weiter Ausschau nach den Vorboten dieser ermutigenden Jahreszeit. Frühling heisst Neubeginn, Hoffnung, Leben, und egal, ob wir gerade auf einem Hoch fliegen oder uns durch ein Tief schleppen: wir brauchen immer wieder dieses Fest der neu erwachten Sinne – dieses Zeichen des „Circle of Life“.

 

In diesem Sinne: Herr, lass Frühling werden!

Bist Du mit mir einig, oder kann der Winter für Dich ruhig noch etwas dauern? Was ist Deine liebste Jahreszeit? Ich freue mich auf Dein Feedback!

Lange bevor es „Schni Schna Schnappi“ zu Hitparadenehren brachte, sangen wir als Kinder das Intro vom „rosaroten Panter“ nach und liebten den „Captain Future“-Soundtrack. Der Song, der mir gerade am häufigsten einfällt, stammt aus einem Trickfilm, den ich selber nie gesehen habe, weil er erst in den Neunzigern lief. Jeden Morgen singe ich innerlich das Lied von Alfred E. Kwak in leicht abgewandelter Version: Warum bin ich so müde, so müde, so müde, so ausgesprochen müde…so müde war ich nie!

Mehr als das: es ist eine knochentiefe Schlappheit. In diesem Zustand kostete es mich schon Energie, meine Gesichtszüge zusammenzuhalten – ich bin überzeugt, dass ohne meine Anstrengungen die ganze Haut herunterfällt und am Kinn hängt. Falls dieses Bild etwas gewöhnungsbedürftig ist, tut es auch das des kleinen Ausserirdischen aus „Men in Black“, kurz bevor er das Zeitliche segnet.

müde 2 grösser

Ende letzter Woche war es besonders schlimm, und ich begann ernsthaft mit einer Vitaminkur zu liebäugeln – schliesslich springt einen momentan aus jedem Drogerieschaufenster Werbung für  Guaranaextrakte, Vitaminbooster und Zinktabletten zum Discounterpreis an.

Obwohl ich auch schon zu diesem Mittel gegriffen habe, habe ich mich vorerst dagegen entschieden. Stattdessen habe ich mir ein paar Rezepte gegen die Winterschlappheit überlegt. Zum Teil sind es lächerliche Basics – trotzdem musste ich sie mir mal wieder in Erinnerung rufen.

Es lebe der Schlaf!

Gehört jemand von Euch zu den legendären Gestalten, die mit 4-5 Stunden Schlaf auskommen? Ich leider nicht. Wenn ich also früh aus den Federn will, muss ich mir angewöhnen, rechtzeitig schlafen zu gehen. Ich glaube, genug Schlaf kann gar nicht überschätzt werden – nicht umsonst wurde Schlafentzug als Folter verwendet.

Gemüse ist King

Vitamine kann man ja auch auf natürliche Weise zu sich nehmen. Mein Mann und ich haben deshalb eine Gemüse- und Fruchtoffensive gestartet, um den Vitaminhaushalt etwas aufzubessern – und in der Hoffnung, dass wir von allem anderen etwas weniger essen. Bisher hat es mit dem Gemüse nicht schlecht geklappt; der zweite Teil ist noch ausbaufähig.

Get some fresh air!

Letzten Freitag war ich so müde, dass ich mich am liebsten in eine Ecke verkrochen und das ganze Wochenende dort verbracht hätte. Das ging leider nicht. Dafür konnte ich am Nachmittag mit meiner Schwester bei ausnahmsweise schönem Jura-Südfuss-Wetter einen Spaziergang machen. Die Stunde an der frischen Luft hat mich nicht topfit gemacht, aber ich fühlte mich neu belebt und wieder in der Lage, die Erfordernisse des Weekends zu überstehen.

Meine Tankstelle kennen

In „Life of Brian“ predigt Brian seinen Zuhörern: „Wir sind alle total verschieden!“ (und ein besonders Begnadeter antwortet: „Ich nicht!“) Das gilt auch fürs Energietanken: was den einen auslaugt, verschafft dem anderen Energie ohne Ende. Ich weiss, dass ich am besten auftanke, wenn ich allein sein kann, und dass mehrere Tage ohne Rückzugsmöglichkeit mich unausstehlich machen. Andere geniessen nichts mehr als einen Abend mit Freunden. Wenn ich mich selbst gut genug kenne, kann ich bei der Terminplanung dafür sorgen, dass solche Auftankmöglichkeiten Platz haben.

KörperSeeleGeist

Gerade beim Auftanken wird mir klar, dass ich eine Einheit aus Körper, Seele und Geist bin. Körperliche, geistige und seelische Belastungen beeinflussen sich gegenseitig. Wenn ich Auftankmöglichkeiten suche, will ich diese drei Aspekte einbeziehen. Was tut meinem Körper gut – ein ausgiebiges Bad, ein Spaziergang? Was tut meiner Seele gut – schöne Musik, ein herzerwärmender Film, ein Kaffeeplausch mit der Freundin? Was meinem Geist – ein gutes Buch oder eine Stunde Sport, bei der ich mal an nichts anderes denken kann? Genialerweise wirken die richtigen Massnahmen oft in mehrere Richtungen.

Anderen nichts vormachen

Ich sage schnell, dass es mir gut geht, wenn jemand fragt – man soll ja nicht überall zu einem ausführlichen medizinisch-psychologischen Bericht ansetzen. Aber manchmal darf ich auch gestehen, dass ich groggy bin. Andere sind es auch, und wenn wir ständig damit angeben, dass uns nichts etwas anhaben kann, erhöhen wir nur den Druck.

Die Notbremse ziehen

Niemand ist unentbehrlich. Wenn ich merke, dass ich an meine Grenzen komme, fasse ich mir lieber ein Herz und versuche, jemanden zu finden, der mir etwas abnehmen kann. Das geht nicht in allen Fällen, aber es ist den Versuch wert. Wenn ich nichts sage und – siehe oben – den Eindruck erwecke, das sei alles kein Problem, muss ich mich nicht wundern, wenn niemand merkt, dass ich auf dem Zahnfleisch gehe.

Soweit bin ich mit meinen Rezepten gekommen – und wunderbarerweise fühle ich mich schon nach dem Auflisten dieser Punkte viel besser. Sie zeigt mir, dass ich auch etwas unternehmen kann, damit es etwas besser geht.

Und wenn gar nichts hilft, denke ich daran, dass Seine Kraft dann am stärksten ist, wenn ich schwach bin. Und ich versuche, mich einfach auf die nächsten Aufgaben zu konzentrieren. Kleines Edit an dieser Stelle: hier habe ich bisher einen Satz von mysteriöser Herkunft zitiert, denn ich seit Jahren verwende, obwohl mir seine Bedeutung nicht ganz klar war. Nun hat mir ein hilfreicher Blogleser mitgeteilt, dass das Zitat etwas anders ging und einen eher zwielichtigen Ursprung hat. Darum sagen wir es einfach so:

„Eins nach dem andern!“

Wie hast Du es mit der Wintermüdigkeit? Kennst Du das, oder bist Du immer topfit? Und was für Rezepte hast Du, um wieder auf Touren zu kommen? Ich freue mich auf Deinen Kommentar!

Kappeli TurmAls ich die Mittelschule besuchte, bestand mein politisches Feindbild aus einem Aufkleber. Er prangte vor allem auf den Ledermappen der Mitglieder einer bestimmten Mittelschulverbindung. Der Kleber zeigte ein hehres Schweizer Kreuz auf rotem Grund und den sagenhaften Satz: „Ich bin stolz, ein Schweizer zu sein.“

Mir ist heute noch schleierhaft, wie man auf etwas stolz sein kann, auf das man erwiesenermassen überhaupt keinen Einfluss gehabt hat. Aber immerhin: es gab Menschen, die so etwas kauften und öffentlich sichtbar herumtrugen, und es gab die Kleber. Einen entsprechenden Kleber für meinen Wohnort Grenchen habe ich bisher erfolglos gesucht.

Das liegt sicher an der öffentlichen Wahrnehmung. Als mein Mann und ich vor etwa vier Jahren in meine alte Heimat zurückgezogen sind, musste er mehrere Gespräche wie dieses führen:

„Ich werde im März umziehen.“
„Wohin zieht Ihr?“
„Nach Grenchen.“
„Wieso DAS denn?!“
„Meine Frau ist dort aufgewachsen.“
„Ach so! Aber trotzdem…“

Nach Grenchen zieht man einfach nicht. Der Steuerfuss ist hoch, und die schöne Barock-Altstadt liegt 15 Kilometer ausserhalb – nach dem blauen Schild mit der Aufschrift „Solothurn“. Und obwohl Grenchen 2008 den Wakker-Preis „für beispielhaften Ortsbildschutz“ gewonnen hat, werden wir das Etikett der „hässlichsten Stadt der Schweiz“ einfach nicht los.

Trotzdem lebe ich gern hier. Grenchen ist Teil meiner DNA, und ich passe hierher. Hier begegnen mir auf Schritt und Tritt meine Wurzeln und die Erinnerungen an meine ersten zwanzig Lebensjahre. Die Kellerdisco, in der ich zum ersten Mal „im Ausgang“  war (liebe Nicht-Schweizer: das hat nichts mit Gefängnis oder Militärdienst zu tun). Das Kino, in dem ich meinen ersten Film gesehen habe (ich glaube, es war „Beverly Hills Cop 1“). All die Schulhäuser, in denen ich ein- und ausgegangen bin. Das riesige Steindenkmal von Hermann Obrecht, dem bisher einzigen Grenchner Bundesrat.

GrenchenMeine Stadt braucht keine alten, schmucken Gebäude, um mein Herz zu gewinnen. Sie war einst ein Bauerndorf, wurde zur Arbeiterstadt und hat sich zu einem Ort entwickelt, an dem es sich gut leben lässt. Und dass andere das fast nicht glauben können, macht es noch lustiger. Gern in Grenchen zu leben ist wider den Zeitgeist – und darin ähnelt es dem Bekenntnis, ein Fundi-Christ zu sein.

Reaktionen auf ein „Bekenntnis der brennenden Nachfolge“ reichen vom erwähnten „Wieso DAS denn?!“ über ein verlegenes Schweigen bis hin zu Sätzen wie: „Zum Glück ist Dein Mann ja vernünftig, dann gleicht sich das aus.“ Oder „Ist ja ok, für Gott zu sein, aber man kann auch völlig abheben und zu viel…“

Kann man nicht.

Natürlich kann ich Fehler machen. Wenn ich etwas mit Leidenschaft tue, kann ich übers Ziel hinaus schiessen oder mich verrennen – solche Beispiele finden sich auch in der Nachfolge in rauen Mengen. Aber Gott zu sehr lieben – das geht nicht. Und mein Massstab, ob ich noch auf Kurs bin, ist neben der Bibel die Liebe, die ich für andere Menschen mitbringe. Solange diese Liebe wächst, ist alles in Butter.

Ich werde nie genug von Gott haben. Und ich möchte noch viel verrückter werden, wenn es um ihn geht – getreu nach dem Motto von John Wimber:

„I’m a fool for Christ – who’s fool are you?”

Und ich hoffe, dass auch in meiner Stadt noch mehr von der verrückten Freiheit sichtbar wird, die das Leben mit Gott bietet. Mein Beitrag dazu ist, dass ich so gut ich kann seine Werte lebe, seine Liebe weitertrage und ihn schamlos bekenne.

Womit ich letzteres getan habe.

Bild Song-Treats kling 3Im Herbst 2000 saß ich das erste Mal in meinem Leben in einem Flugzeug und erblickte nach zehn Stunden Flug die Skyline von Manhattan. Eine Woche lang streifte ich begeistert durch diese neongrelle, lebendige Stadt voller bunter Eindrücke und machte auch einen Abstecher an den Broadway – in ein brandneues Musical, von dem ich noch nie gehört hatte. Der Vorhang öffnete sich, und ich war innert Kürze völlig hingerissen.

Ich hatte „Aida“ nie in der klassischen Version gesehen und begegnete dem Stoff das erste Mal. Erzählt wird die fiktive Liebesgeschichte zwischen Radames, Feldherr des ägyptischen Pharao und Verlobter der Pharaotochter Amneris, und Aida, Tochter des Königs von Nubien, das von den Ägyptern besetzt wurde. Die beiden lernen sich kennen, als Radames Aida gefangen nimmt und sie als Dienstmädchen zu seiner Verlobten Amneris bringt. Während Amneris in Aida eine Vertraute findet, entdecken Radames und Aida ihre Seelenverwandtschaft und ihre Liebe füreinander, die sie vor schwere Entscheidungen stellt.

Das Musical lebt natürlich von der spannenden Geschichte, die Elton John und Tim Rice für den Broadway genial umgesetzt haben. Doch das ganz große Erlebnis war für mich Heather Headley als Aida. Ihr Spiel hatte eine besondere Tiefe, und am meisten berührte mich ihr Gesang im Stück „The Gods love Nubia“. In diesem Song richtet Aida ihr niedergeschlagenes Volk auf, macht ihm Mut und bringt es dazu, wieder an eine Zukunft in Freiheit zu glauben. Ich hatte damals mit Gott nicht viel am Hut, aber dieser Song ging mir durch Mark und Bein.

Ich staune immer wieder über die Kraft, die in der Musik steckt. Feldherren nutzten sie, um ihren Kriegern Kampfeslust einzuimpfen. Als ein böser Geist König Saul in Beschlag nahm, spielte David auf seiner Harfe, und der Geist musste weichen.

Musik weckt die unterschiedlichsten Emotionen in uns. Manche Songs lassen mich tanzen, manche bringen mich zum Lachen oder zum Weinen, andere machen mir Mut oder beruhigen mich. Und während es jedes Jahr hunderte von Songs gibt, die kurz aufleuchten und am Horizont verglühen, entstehen auch immer wieder Kostbarkeiten, die Jahrzehnte und Jahrhunderte überdauern.

Ich denke dabei  – neben den Altmeistern der Klassik – an Stücke wie „Bohemian Rhapsody“ von Queen oder wunderschöne Melodien wie die von Vladimir Cosma. Er komponierte die Titelmusik mehrerer Louis de Funès Filme, den Soundtrack der Romantik-Serie „Die Rosen von Dublin“ und die Titelmusik zu „La Boum – Die Fete“. Eines seiner berührendsten Stücke, das mich immer wieder zum Sehnen und Träumen bringt, ist das Titelstück „David’s Song“ zur Serie „Die Abenteuer des David Balfour“  – hier besonders schön umgesetzt mit Bildern aus Irland (ich könnte schwören, dass ich dieses Schaf letzten Mai auch gesehen habe!)

Woher kommt die Kraft dieser Stücke? Was passiert in unserem Hirn, Herzen, wo auch immer, und fabriziert aus ein paar Tönen eine Emotion – ermutigt, erfreut und berührt uns? Das wissenschaftliche Rätsel der Kraft der Musik bleibt wohl ungelöst – wir können dieses Geschenk einfach geniessen und uns freuen, dass Menschen immer wieder zu neuen Liedern inspiriert werden.

Mich inspiriert es dazu, mir ein musikalisches Notfallpaket für alle Lebenslagen zusammen zu stellen. Unbedingt ins Arsenal gehören sicher:

  • Ein „Da kann ich nicht sitzen bleiben“ Song
  • Ein „Da bleibt kein Auge trocken“ Song
  • Ein „Da werd‘ ich zahm und friedlich“ Song
  • Ein „Das gibt mir neuen Mut“ Song
  • Ein „Da werd‘ ich wieder fröhlich“ Song
  • …to be continued!

Nicht zu vergessen der „Da wird der Atheist zum Christ“-Song – an dem arbeite ich noch ;-). Eine schöne Version hat Heather Headley 2009 auf einer Gospel-CD herausgebracht – so entdeckte ich, dass ihre berührende Performance in „Aida“ einen tieferen Hintergrund hat. Der Titelsong heisst „Redeemed“ – ein wunderschönes Statement.

Damit mache mich an meine Liste, bin aber gespannt auf Eure Songfavoriten für alle Lebenslagen. Wenn Ihr also welche habt – nur her damit!

Hoffnungsstrahl linksNeujahrsvorsätze haben etwas Neurotisierendes. Macht man keine, fragt man sich, ob man zu wenig Antrieb hat und sich nicht genug Ziele setzt. Macht man welche, fühlt man sich unter Druck und hat Angst zu versagen. Mit dem Versagen kenne ich mich aus – aber auch mit dem Hoffnungsschimmer, der uns manchmal am dunkelsten Punkt überrascht.

Vor etwa drei Jahren war ich mit meinen guten Vorsätzen wieder einmal gescheitert und fühlte mich wie ein Monopoly-Spieler, der die Karte „Zurück auf Start“ gezogen hat. Um auf andere Gedanken zu kommen, startete ich zu einer kleinen Wanderung.

Es war Anfang März, aber von Frühling keine Spur. Nichts hatte Farbe –  ein grauer Himmel hing über dürren, schwarzen Bäumen, die Luft tot und leer. Nach einer halben Stunde in dieser stummen Vorfrühlingswelt machte ich mich über einen steilen Hang auf den Heimweg. Hellbraune, trockene Büschel knirschten unter meinen Füssen. Ich setzte mich für eine kurze Pause an den Abhang und betrachtete das leblose Vorjahresgras.

Plötzlich fielen mir hellgrüne Blitze in der blassen Dürre auf. Von weitem unsichtbar, zeigte sich unter den Büscheln die ersten zarten Grashalme.

Mit einem Mal sah ich meine Kämpfe aus einer neuen Perspektive. Ich konnte keine Entwicklung wahrnehmen, doch das musste nichts heissen. Vielleicht veränderte ich mich doch – unmerklich und unter der Oberfläche  – und irgendwann würde diese Veränderung sichtbar sein.

Ich konnte in diesem Moment nicht sehen, wann und wie ich mein Problem lösen würde. Aber ich vertraute neu darauf, dass ich es schaffen konnte,  dass das Neue bereits angebrochen war und zum Durchbruch kommen würde. Einige Monate danach hat sich diese Hoffnung erfüllt – ich traf eine Entscheidung, die mein Leben umgekrempelt hat. Sie hat Energien freigesetzt und es mir ermöglicht, verschüttete Träume zu neuem Leben zu erwecken.

Unsere tiefsten Wünsche und Träume sterben nicht. Sie schlummern in uns und entwickeln sich, während wir uns mit anderen Dingen beschäftigen und diesen Traum ad acta gelegt haben.

Hoffnungsstrahl 2Am letzten Sonntag wurden wir in der Predigt ermutigt, auf einen Neubeginn und das Wiederentdecken alter Träume zu vertrauen. Diese Ermutigungen gefallen mir besser als ein liebloser Vorsatz, der mich im neuen Jahr in eine Erfüllungszwangsjacke steckt. Deshalb  gebe ich heute keine mühseligen Vorsätze weiter, sondern meine Wünsche und Verheissungen für Dein persönliches 2014. Ich wünsche Dir hiermit:

…ein Déja-vu

Ich wünsche Dir, dass Du etwa wieder entdeckst: eine Freude Deiner Kindheit, ein Hobby oder einen Traum, den Du einmal hattest und an den Du seit Ewigkeiten nicht mehr gedacht hast. Ich wünsche Dir, dass Dich diese Wiederentdeckung beflügelt und motiviert, Neues zu wagen und Deine Grenzen zu testen.

…eine neue Sicht

Oft sind wir in unseren Haltungen so festgefahren, dass wir mit einem Hirn- und Herzfilter durch den Tag stolpern und die Welt nicht wahrnehmen, wie sie wirklich ist. Ich wünsche Dir in einem Bereich Deines Lebens eine brandneue Einsicht, die Dich zum Nachdenken bringt oder Dich motiviert, Deine Haltungen und Glaubenssätze zu hinterfragen.

…das rechte Mass Zufriedenheit

Ich wünsche Dir, dass Du mit Deinem Leben zufrieden bist, ohne Dich mit allem zufrieden zu geben. Dass Du das, was ist, geniessen kannst, ohne Deine Träume zu vergessen. Dass Du schwierige Situationen  ertragen kannst, ohne die Hoffnung auf Veränderung aufzugeben.

…eine gute Portion Jahreslosung 2014

Die Jahreslosung 2014 ist einfach, kurz und prägnant: „Gott nahe zu sein ist mein Glück.“ (Psalm 73, 28) . Sie  motiviert mich, neben all meinen Plänen und Zielen nicht zu vergessen, dass nichts das Glück ersetzen kann, mit Gott Gemeinschaft zu haben. Ich wünsche Dir persönliche Erfahrungen mit dieser Losung – Begegnungen mit Gott, die Dich bereichern, verändern und befreien.

Ich wünsche Dir ein wunderbares 2014!

Wie hältst Du es mit Vorsätzen – hast Du Dir welche gemacht? Und was sind Deine Herzenswünsche für das neue Jahr? Ich freue mich auf Deinen Kommentar!

Warum bloggenManchmal frage ich mich, warum ich überhaupt schreibe und warum das jemand lesen sollte. Und weil so eine Frage die Giftspritze jeglicher Kreativität ist, bin ich jeweils versucht, diese Zweifel beiseite zu wischen. Aber im Vertrauen darauf, dass sich hinter jedem Zweifel eine tiefere Erkenntnis verbirgt, lasse ich dieser Frage Raum und lade Euch ein in das Hinterzimmer eines Schreiberhirns.

So ein Schreiberhirn beschäftigt sich rund um die Uhr mit Wichtigem und Unwichtigem und immer mal wieder mit Fragen wie diesen:

  • Warum glaube ich, dass ich etwas zu sagen habe?
  • Will ich mich wichtig machen, oder halte ich mich für gescheiter als den Rest der Welt?
  • Und eben – warum schreibe ich überhaupt?

Wenn ich den Menschen in meinem nächsten Umfeld Glauben schenken kann, verfüge ich über einen ansehnlichen Klugschwätzer- und Besserwisseranteil. Ausserdem soll ich meiner Mutter nach der Schule jeweils einen minutiösen mündlichen Bericht über meine täglichen Aktivitäten abgegeben haben, was auf ein ausgeprägtes Mitteilungsbedürfnis hinweist.

Lange hat sich dieses Mitteilungsbedürfnis nicht schriftlich manifestiert, abgesehen von zahlreichen Tagebucheinträgen, in denen ich mein elendes Leben beweinte – aber diese jammervollen Elaborate würde ich niemandem zumuten. Dann habe ich meine Schreibkünste während Jahrzehnten in verschiedenen Formen einsetzt und dafür gute Feedbacks bekommen – aber ich hatte schlicht keinen Schimmer, was ich der Menschheit mitteilen könnte.

Nach meiner Hinwendung zum Glauben hatte ich plötzlich etwas in meinen Augen Mitteilungswürdiges – aber weder die Tatkraft noch das Selbstverständnis, um damit mein Kämmerlein zu verlassen. Nach Jahren, in denen ich blockierende Gedanken über mich selbst und ein paar schlechte Angewohnheiten loswerden konnte, wurde die schlummernde Schreiberei wieder zum Leben erweckt – und das hat schliesslich unter anderem zu diesem kleinen Blog geführt, mit dem ich Euch erheitern, herausfordern und inspirieren will.

So here we are again.

Ich weiss, warum ich blogge, warum es mir Spass macht und was ich damit erreichen will. Ich weiss immer noch nicht genau, warum jemand lesen sollte, was ich über schöne Filme und Lieder, das Leben an sich, Gott und die menschliche Gemeinschaft zu sagen habe. Aber das  macht nichts – ich setze mich einfach hin und lasse die Worte rollen. Und wenn – was immer mal vorkommen kann – jemand an meiner Themenwahl oder an meiner Art zu schreiben Anstoss nimmt, denke ich an dieses tolle Zitat, das ich kürzlich entdeckt habe und das sich auf das ganze Leben anwenden lässt:

If you can’t be criticized for it, it’s probably not remarkable.
Are you devoting yourself to something devoid of criticism? — Unknown

Wenn Du dafür nicht kritisiert werden kannst, ist es wahrscheinlich nicht bemerkenswert. Verschreibst Du Dich einer Sache, die „bar jeder Kritisisierbarkeit“ ist?

Die Übersetzung dieses schönen Zitates von unbekannt hat mich an der deutschen Sprache scheitern lassen, aber die Bedeutung ist klar:

Wenn Du Dich in Deinem Leben darauf beschränkst, Dinge zu tun und zu äussern, die niemanden stören, gegen die keiner etwas hat und für die Du  niemals Kritik oder ein schlechtes Wort einfängst, wirst Du nichts Bemerkenswertes auf die Beine stellen.

Die Angst vor den Reaktionen anderer und der Zwang, bei allem, was Du tust und sagst, von anderen Zustimmung oder Applaus zu bekommen, engt Deinen Handlungsspielraum ein, bis Du am Ende nur noch Spielball und Projektionsfläche für die Wünsche anderer bist.
Lass nicht zu, dass das passiert.

Wir kommen fast jeden Tag an eine Kreuzung: wir vertreten eine Meinung, die nicht mehrheits- oder zeitgeistfähig ist; wir widersetzen uns dem, was man von uns erwartet. Wir fällen schwere Entscheidungen, weil wir unsere Integrität erhalten und unsere Wertvorstellungen nicht billig verkaufen wollen.

Ich schreibe, was mich bewegt, ich benutze die Sprache, die mir entspricht. Ich akzeptiere, wenn mein Stil nicht jeden Geschmack trifft, und freue mich, wenn jemand auf seinem Weg durch Web vorbeikommt und etwas aus meinen Posts mitnimmt. Und Ihr, liebe Leser, habt schon viel dazu beigetragen, dass es mir jeden Tag aufs Neue Spass macht.

Dafür habt Dank. Und mit diesem Post wäre bewiesen, dass ich auch viel schreiben kann, ohne viel Neues herauszufinden (ich hätte Ghostwriter für gewisse Politiker werden können).