away-542479_1280 kleinerIm Herbst vor neun Jahren stand ich vor  wichtigen Entscheidungen: Ich hatte die Möglichkeit, eine neue Arbeitsstelle anzutreten, wusste nicht, ob ich aus einem Verein austreten sollte und fragte mich allgemein, wohin mein Weg führte. Da ich solche Dinge am liebsten in Ruhe und mit mir allein ausmache, entschied ich mich für eine Self-Made-Retraite auf einer Alp.

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Am Freitag packte ich einen Koffer mit Freizeitklamotten, legte Bibel, Notizblock und Schreibzeug dazu, schulterte meine Gitarre und reiste mit dem Zug ins Berner Oberland. Kurz vor fünf erreichte ich die Talstation der Gondelbahn, die von Adelboden auf die Engstligenalp führt, und hob mit einer der letzten Gondeln ab.

Es war eine gespenstische Fahrt. Wie meistens um diese Tageszeit kroch der Nebel in Richtung Tal, und die Drahtseile der Gondel schienen in einem grauen Niemandsland zu verschwinden. Oben war es noch schlimmer: die Hochebene war dick in Watte gepackt, und nur der begrenzte Blick auf drei Meter Schotterweg zeigte mir, in welcher Richtung das Berghaus liegen musste. Ich zog den Koffer hinter mir her und kam schließlich heil im Hotel an.

Nach einem einfachen Abendessen beschloss ich, noch etwas spazieren zu gehen. Ich schritt in meiner winddichten Jacke über die Ebene und sah dabei wieder nichts außer ein paar Metern Boden vor meinen Füssen. Ab und zu machte ich eine Wegkreuzung aus und entschied mich aufs Geratewohl für eine Richtung, während ich mir zu merken versuchte, wie oft ich in etwa rechts und links abgebogen war.

Irgendwie gelangte ich so wieder ins Hotel zurück und machte mich daran, mich auf meine zwei Tage in der Stille vorzubereiten. Das war nötig, denn obwohl ich wusste, worum es mir dieses Wochenende ging, hatte ich keinen blassen Schimmer, wie ich das erreichen sollte. Meine Vorstellungen entsprachen der Witterung auf der Engstligenalp: dicker, weißer Nebel umhüllte alle klaren Konturen, und mittendrin tappte ich unsicher herum.

Ich setzte mich in meinem Zimmer an den einfachen Holztisch, holte Stift und Notizblock hervor, betrachtete die groben, karierten Stoffvorhänge am Fenster und ließ meine Gedanken wandern. Langsam formte sich eine Idee; ich notierte, was mir in den Sinn kam, ließ mich von der Inspiration leiten, strich zusammen, strukturierte. Am Ende hatte ich ein Wochenendprogramm, das alle Fragen behandelte, die mich beschäftigten.

Staunend blickte ich auf dieses Werk, das sich scheinbar aus dem Nichts geformt hatte. Ich wusste nicht, wie ich darauf gekommen war, aber ich war mir sicher, dass die Idee Hand und Fuß hatte. Und als ich am nächsten Morgen aufstand und die groben Vorhänge am Fenster zurückschob, sah ich, dass sich auch das Wetter angepasst hatte: ein strahlend blauer Himmel erhob sich über den grünen Hügeln und grauen Felswänden, die Sonne schien – die Welt war aus den Nebelschleiern wiederauferstanden.

Nach dem Frühstück schulterte ich meinen Rucksack, nahm die Gitarre unter den Arm und wanderte los. Ohne mich an den belustigten Blicken und Bemerkungen der Leute zu stören, suchte ich mir ein stilles, abgeschiedenes Plätzchen und begann mit meinem Programm, das ich „Licht in den Nebel“ nannte. An diesem Vormittag dachte ich über die Werte nach, die mir wichtig waren, und definierte die „Top Three“ meiner Gaben, und am Nachmittag legte ich diese Werte und Gaben wie ein Raster über meine Arbeit, meinen Dienst in der Kirche, meine Beziehungen und meine übrigen Freizeitaktivitäten, um  herauszufinden, wo ich diese Werte leben und die Gaben pflegen und fördern konnte. Und wo nicht.

Am Sonntag definierte ich aus diesen Einsichten einige Entscheidungen. Ich beschloss, das Jobangebot anzunehmen und aus meinem Verein auszutreten. Dabei spürte ich deutlich, dass ich für die Entscheidung mit dem Verein momentan noch nicht bereit war. Ich gab mir Zeit bis Ende Jahr und vertraute darauf, dass ich bis dahin die nötige Kraft haben würde.

Wenn ich über dieses Weekend nachdenke, bin ich immer wieder erstaunt und begeistert, wie Gott unverhofft den grauen Nebel verdampfen lässt und einen Weg vor meine Füße legt. Das bestärkt mich darin, dass ich ihm vertrauen kann. Zu wissen, dass ich eine Entscheidung treffen musste, zu der ich noch gar nicht bereit war, war herausfordernd; die innere Spannung war schwer zu ertragen. Aber Gott arbeitete in diesen drei Monaten an meinem Inneren, bis ich Ende Jahr mit Überzeugung und einem ruhigen Herzen meine Entscheidung fällen, mitteilen und leben konnte.

Mit dem heutigen Palmsonntag beginnt die Karwoche. Sie findet ihren ersten Höhe- oder besser Tiefpunkt am Karfreitag, dem „Darkest Day“, dem ultimativen Ausdruck des Nirgendwo: Jesu Tod am Kreuz. Ihm folgt Ostersamstag, und danach dürfen wir die Auferstehung feiern. Ich freue mich dieses Jahr besonders darauf, weil ich ab und an Nebelerfahrungen mache und mehr als sonst auf Gott vertrauen muss. Doch darin liegt zugleich ein Segen – der Segen der Nähe zu Gott, die nie grösser ist als dann, wenn wir akzeptieren, dass wir aus uns heraus nicht viel zustande bringen und uns mit offenem, bereitem Herzen auf ihn ausrichten.

Eines der Dinge, die ich in letzter Zeit zustande gebracht habe, ist ein Gedicht, das ich Euch gern in diese Karwoche mitgebe. Vor allem der letzte Satz hat es mir angetan, und ich will ihn mir für alle weiteren Dürre-, Nebel- oder Notzeiten in mein Herz schreiben.

Gott vertrauen
So einfach, wenn der Weg gerade, die Sicht so gut, die Sonne mild

Doch trügerisch
Denn nach und nach vertrau ich mir – es geht ja gut.

Gott vertrauen
Wenn Nebel mir die Sicht verschleiert
Der Weg sich krümmt und Falten wirft, es waagrecht schneit

So hart und schmerzlich
und doch so schön.

Denn wenn ich keinen Schimmer habe, leuchtet Er.

 Gott vertrauenBildquelle: Pixabay

20150311_172506Vor ziemlich genau vier Jahren hat Gott mir auf einem Spaziergang seine Liebe offenbart. Vor mir lag der Rand des Lengnauer Wäldchens, als die Spätnachmittagssonne durch die Tannenwipfel brach und mit ihren sanften Strahlen ein wunderbar überirdisches Licht auf die Hügel legte. Ich hob das Gesicht in die Sonne, und es war, als ob Gottes Liebe mich mit diesen wärmenden Strahlen bis ins Mark durchdringen würde.

Dieser Moment war der Auftakt zu einem wichtigen Prozess. Ich konnte Entscheidungen treffen, die auch meine kreative Berufung freisetzten. Was ich nicht wusste, war, dass dieses Bewusstsein für seine Liebe noch viel tiefer in mein Herz dringen musste.

Mitte dieser Woche nahm ich mir wieder einmal Zeit, um spazieren zu gehen. Ich war auf dem Weg nach Hause, als ich wie vor vier Jahren die warme Sonne auf der Haut spürte und an mein Erlebnis erinnert wurde. Erneut spürte ich die Sehnsucht nach Gottes Liebe. Als ich ihn bat, mich seine Liebe erfahren zu lassen, beschenkte er mich weit darüber hinaus. Ich begann zu verstehen, WIE seine Liebe ist, und was sie NICHT ist – und wie befreiend dieses Wissen sein kann.

Sie ist konstant und unveränderlich
Gottes Liebe für uns verhält sich nicht wie eine Aktie an der Börse. Sie schnellt nicht nach oben, wenn wir es „gut machen“, und sie sackt nicht ins Bodenlose, wenn wir Schlechtes denken, uns lieblos verhalten oder das Falsche tun. Sie ist immer gleich groß – wirklich und wahrhaftig immer.

glass-184442_1280Sie kennt kein Maß
Gottes Liebe lässt sich nicht mit einem Wert auf einer Skala bemessen, weil sie jede Skala sprengt. Sie ist maßlos, unendlich und überfließend. Sie ist wie Wasser, das aus einem sprudelnden, niemals versiegenden Bach in einem Kelch läuft, der ständig überfließt, weil so viel gar nicht hineingeht. Wir müssen keine Angst haben, diese Liebe aufzubrauchen, wenn wir uns bedürftig fühlen: dieses Fass wird niemals leer.

 

 

Sie ist zuallererst zweckfrei
Gottes Liebe ist kein zweckgebundener Budgetposten. Liebe ist Gottes Wesen, und wir sind unter anderem dazu bestimmt, von ihm geliebt zu werden. Natürlich bewirkt seine Liebe etwas in uns: Sie heilt unsere Herzen, bewegt uns dazu, anderen Liebe zu schenken, befeuert uns, für Gott einzustehen, ihm zu folgen und seinen Geboten zu gehorchen. Aber das ist nicht ihr erster Zweck, denn der liegt in der Liebe selbst.

Ich musste vor allem diesen letzten Punkt hören, und das hat Gott mir auf überraschende Art gezeigt. Als ich ihn bat, mich seine Liebe spüren zu lassen, war gerade niemand in der Nähe, und so fühlte ich mich frei, die Worte laut auszusprechen. Aber ich konnte meinen Satz nicht beenden. Ich begann mein Gebet in etwa so:

„Mein Gott, bitte übergieß mich mit Deiner unendlichen, bedingungslosen Liebe. Lass sie mich bis ins Innerste meines Herzens spüren, damit…“

Hier hat Gott sich eingemischt und salopp ausgedrückt in etwa folgendes gesagt:

„Hör endlich mit Deinem „damit“ auf.
Verstehst Du nicht, dass ich Dir meine Liebe einfach so schenke?
Wenn Du sie nur als Mittel ansiehst, um ein besserer Mensch zu werden, der das Richtige tut, oder um Heilung zu erfahren, dann hast Du mein Wesen und das Wesen meiner Liebe für Dich nur zu einem Bruchteil begriffen.
Vergiss für den Moment Deine aktuellen Kämpfe, denn darum geht es heute nicht.
Es geht um Dich und um mich.“

Gottes „Selfie“
Gott hat mir klar gemacht, dass es für unsere Beziehung wichtig ist, dass ich seiner Liebe für mich wirklich vertraue und sie verstehe. Sie ist zuerst einmal weder ein Medikament noch ein geistliches Aufputschmittel, sondern das Abbild seines Wesens. Ein modernes Gleichnis bezeichnet Jesus als Gottes „Selfie“ – das Bild, das er von sich gemacht und in unsere Herzen gelegt hat. Und auch die konstante, unwandelbare, bedingungslose, überfließende und zweckfreie Liebe ist ein solches Selfie.

In letzter Zeit sehe ich mich oft mit den Begrenzungen meines Herzens konfrontiert. Mein Unvermögen, manchmal sogar Unwillen, das Richtige zu tun, lastet auf mir, und manchmal bin ich voller Angst, dass ich Gottes Pläne torpediere. Dieser Prozess ist noch im Gang, aber auf diesem Spaziergang hat Gott mir klar gemacht, dass er die Stürme in unserem Leben aus verschiedenen Gründen zulässt und uns manchmal etwas anderes damit offenbaren will, als wir erwartet haben.

Ich dachte, dass ich schon alles über Gottes Liebe weiß. Aber ich musste einsehen, dass ich in den Zeiten, in denen alles läuft, schnell auf den Pfad des Sich-Liebe-Verdienens und der Self-Made-Erlösung zurückkehre. Erst die Erkenntnis, dass ich es allein doch nicht schaffe, lässt mich begreifen, dass Gott das längst weiß und mich dennoch liebt, weil er Liebe IST.

Er schenkt uns diese Liebe, ohne dafür etwas zu erwarten, weil er uns zuerst einmal einfach lieben will. Und er hat durch Jesus alles Nötige unternommen, damit wir in Beziehung zu ihm leben können, obwohl wir mit unseren Unzulänglichkeiten kämpfen. Wir können jederzeit zu ihm kommen und uns von seiner Liebe berühren lassen.

Und wenn wir das tun und seine Nähe suchen, müssen Angst und Furcht weichen. Sie können nicht an einem Ort überleben, der von seiner Liebe erfüllt ist.

„Furcht ist nicht in der Liebe, sondern die völlige Liebe treibt die Furcht aus; denn die Furcht hat Pein. Wer sich aber fürchtet, der ist nicht völlig in der Liebe.“
1. Johannes 4, 18


Fällt es Dir leicht, Gottes Liebe anzunehmen? Oder überlegst Du auch oft, was für einen Output Du jetzt produzieren solltest, und bist versucht, sie nur als geistliches Aufputschmittel anzusehen, das Dir eine Motivationsspritze verleiht? Ich freue mich auf Deinen Kommentar!

chain-65243_1280Unsere Gemeinde hat gerade einen Kurs namens „Leben in Freiheit“ gestartet, an dem viele Gemeindemitglieder teilnehmen. In der Vorbereitung auf diesen Kurs fanden einige Predigten statt. Wir erfuhren, dass wir im Kurs unser „Originaldesign“ neu entdecken und uns bewusst werden sollen, welche negativen Verhaltensweisen und dahinter verborgenen Prägungen und „Festungen“ uns hindern, es zu leben.

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Von kranken Wurzeln

Diesen Festungen und Prägungen liegen kranke Wurzeln wie erlebte Ungerechtigkeit oder Liebesdefizit zugrunde, und aus ihnen resultieren faule Früchte, die sich in falschen, zerstörerischen Verhaltensweisen offenbaren. Und wie ein Baum nur gute Früchte tragen kann, wenn die Wurzel gesund ist, nützt es nichts, wenn wir nur an unserem Verhalten herumdoktern: das, was unserem Verhalten zugrunde liegt, muss ans Tageslicht gebracht werden.

Nach einer dieser Vorbereitungspredigten war ich hochmotiviert in Vorfreude auf den Kurs und darauf, endlich auszumerzen, was mir das Leben schwer macht. Wir nahmen das Abendmahl und sangen im Anschluss einige Lieder. Eines davon war „Amazing Grace“ in der Version von Chris Tomlin, und ich sang bewegt mit – bis dieser besondere Teil des Liedes an der Reihe war:

My chains are gone, I’ve been set free

Quelle: Youtube

Nach diesem Satz habe ich mich statt zu singen aufs Weinen verlegt.

Nicht, weil ich mir der Ketten bewusst wurde, die noch vorhanden sind – die kannte ich bereits. Auch nicht, weil ich Gott nicht zutraue, diese Ketten zu lösen – denn das tue ich. Sondern weil ich realisiert habe, dass ein Teil von mir die Ketten gar nicht loswerden will.

Ketten können süß sein und sich schmeichelnd und fast angenehm an uns schmiegen. Sie wirken weich und bekannt und reden uns ein, dass wir mit unseren falschen Verhaltensweisen etwas bekommen, das Gott uns nicht geben kann oder geben will. Aber diese Verheißungen sind eine Lüge, und wenn wir dem Übel nicht auf den Grund gehen und an diesen Lügen festhalten, sind wir dazu verdammt, immer wieder am selben Punkt festzustecken. Wir laufen Gefahr, uns selber zu torpedieren und unser wahres Potential nicht leben zu können.

Meine Ketten, Deine Ketten

Diese Ketten und Festungen können ganz verschieden aussehen. Vielleicht fühlten wir uns als Kind unbeachtet und hatten das Gefühl, nicht so geliebt zu werden wie unsere Geschwister und versuchen heute, uns auf andere Weise abzuheben oder andere durch Manipulation zu zwingen, uns Zuneigung und Wertschätzung zu schenken. Vielleicht hat uns ein Elternteil mit Gefühlen und Problemen belastet, die wir nicht wirklich verdauen und tragen konnten, und wir haben das Gefühl, für das Wohlergehen aller zuständig zu sein. Vielleicht wurden wir auch so schwer verletzt, dass wir jedes Vertrauen verloren haben und versuchen, die Menschen um uns herum zu kontrollieren und zu beherrschen, damit uns nie mehr jemand verletzen kann.

Es scheint undenkbar, dass wir freiwillig in so einem Käfig bleiben – und doch ist es oft so. Wir haben Angst, weil die Welt außerhalb der Gitterstäbe neu und unbekannt ist. Weil wir eine Vorstellung oder eine Gewohnheit aufgeben müssen, die uns getröstet hat – einen sicheren und bewährten Umgang mit unserem verborgenen Schmerz. Aber dieser Weg ist gefährlich. Denn je näher wir dem kommen, was Gott für uns geplant hat, desto katastrophaler kann sich eine solche Festung auswirken.

„Widerborst“ in Gottes Hand

Wenn Gott seine Pläne mit uns vorantreibt und wir uns dem Punkt nähern, an dem wir für sein Reich den größten Segen und Nutzen bringen können, wird sein Gegenspieler alles unternehmen, um zu verhindern, dass wir dort ankommen. Wenn wir diese Festungen in unserem Leben nicht angehen, geben wir ihm ein wunderbares Werkzeug in die Hand, um das, was Gott so sorgfältig vorbereitet hat, zu zerstören.

Ich kenne meine zerstörerischen Verhaltensweisen und teilweise auch meine Festungen, und ich habe eine vage Vorstellung, was sie verursacht haben könnte. Manchmal finde ich es fast unmöglich, nicht zu verzweifeln oder mich zu Hause in einer Ecke zu verkriechen, damit ich keinen Schaden anrichten kann. Und wenn ich realisiere, dass ein Teil von mir sich hartnäckig weigert, frei zu werden, frage ich mich, wie es jemals gut kommen soll.
Genau dann denke ich daran, dass unser Gott grösser ist als alles, was mich behindern will, dass er den Tod überwunden und damit die Niederlage des Feindes längst besiegelt hat. Die unglaubliche Auferstehungskraft, die an Ostern offenbar wurde, schlummert in jedem, der sein Leben Christus anvertraut hat. Und Gott wird nicht ruhen, bis alles ausgerottet ist, was uns an einem freien Leben hindert.

Er kann!

Unter alldem, was mir an mir noch nicht gefällt, finde ich die eine Eigenschaft, für die ich Gott so dankbar bin: dass ich ihn selbst in meinen rebellischsten Momenten niemals bitte, mir die Qual der Zerrissenheit zu ersparen oder mich in Ruhe zu lassen. Dass ich immer wieder bete, dass er mich eben NICHT lässt – dass er nicht aufgibt, mir die Wahrheit ins Gesicht schleudert, mir meine niedrigen Motive vor Augen hält und mir die Abgründe meiner Seele präsentiert. Es ist ein erlesener Schmerz, aber ich begrüße ihn, weil ich mich nur angesichts eines solchen Schmerzes wirklich verändern will. Und dank Gott kann ich es auch.

Quelle: Youtube

Im Gegensatz zum Song von Chris Tomlin ist das obige Lied nicht ganz auf der Höhe aktueller Worshipsongs – es ist eine Vineyard-Kamelle aus den Achtzigern. Aber es ist eines der Lieder, das mich sehr berührt hat, als ich frisch zum Glauben kam. Ich habe es damals mit Inbrunst und aus gutem Grund gesungen, und obwohl ich ein „Widerborst“ war, hat Gott nicht losgelassen. So singe ich diesen Song auch heute im Wissen, dass er nicht loslässt und mein Herz verändern kann – und wird.

Bist Du auch manchmal ein „Schelm“ und „Widerborst“ vor Gott? Was hilft Dir immer wieder unter seine Flügel und vor sein Angesicht zu treten? Und zur allgemeinen Erheiterung trotz Fastenzeit: Wer als erster in die Kommentare schreibt, aus welchem Film ich „Schelm“ und „Widerborst“ zitiert habe, bekommt eine Gratis-MP3 nach Wahl aus meiner CD!

woman-82288_1280 kleinerKürzlich habe ich auf Facebook ein berührendes Video entdeckt. Es porträtiert einen tauben 15jährigen Jungen aus Uganda, der die Zeichensprache erlernt und dadurch erstmals mit anderen Menschen kommunizieren kann.

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Die Verwandlung eines „Incommunicado“

Am Anfang sitzt Patrick apathisch und mit abwesendem Blick zuhause. Die einzige Art, auf die sein Vater mit ihm kommuniziert, ist ein Handzeichen, wenn Patrick mit der Heugabel auf dem Feld arbeiten soll. Sonst sitzt er herum und nimmt an nichts Anteil. Wie sollte er auch? Er ist, wie Stephen King Nick Andros im Buch „Das letzte Gefecht“ beschreibt, „incommunicado“: er kann sich nicht mitteilen.

Dann besucht Patrick seine erste Lektion in Zeichensprache. Der Lehrer zeigt der Klasse Bilder von Tieren und gibt jedem ein Zeichen. Die Dinge erhalten einen Namen, und die Welt um Patrick erhält Sinn und Bedeutung. Am Ende der Lektion erhält Patrick einen besonderen Namen, den er mit seinen Klassenkameraden teilt.

Während Patrick die Bilder betrachtet und die Namen der Dinge „hört“, verwandelt er sich auf ergreifende und berührende Art. Sein Gesicht, erst staunend, dann voller Verständnis, beginnt zu leuchten und zu strahlen, als er begreift, dass jemand zu ihm spricht und er ihn verstehen kann.

Wenn ich die Ergriffenheit und Freude auf Patricks Gesicht sehe, wird mir bewusst, was für ein Geschenk es ist, dass wir mit der Welt um uns herum in Verbindung treten können – und wie einsam und verloren man sich fühlen muss, wenn man diese Möglichkeit nicht hat.

Der Schmerz, nicht verstanden zu werden

Wir können uns nicht vorstellen, wie es in dieser Welt des „incommunicado“ aussieht. Es ist eine Welt, in der die Dinge keine Namen haben, weil niemand sie uns sagt. Eine Welt, in der wir uns nicht mitteilen können, weil wir nicht wissen, wie man sich anderen verständlich macht. Wo wir keine Fragen stellen und anderen unsere Gefühle nicht begreiflich machen können, weil wir keine gemeinsame Sprache haben.

Wir können Patricks Elend nicht wirklich nachvollziehen. Trotzdem kennen wir  das Problem.

Wie oft wollten wir jemanden an unserer Freude teilhaben lassen, und unser ganzer Enthusiasmus fiel in sich zusammen, weil unser Gegenüber uns nur verständnislos angesehen und dann ein lauwarmes „ach ja, schön“ von sich gegeben hat? Wie oft wollten wir unseren Schmerz ausdrücken und mussten feststellen, dass unsere Worte nicht wirklich ankamen, weil unser Gegenüber so einen Schmerz vielleicht gar nicht kennt?

Und es tat weh.

Oft stehen wir auch auf der anderen Seite, wenn wir es verpassen, auf andere einzugehen. Vielleicht hat uns ein Freund etwas Schönes erzählt, und wir haben nur einen witzigen Spruch gemacht, anstatt uns richtig mit ihm zu freuen. Oder wir haben uns den Schmerz eines Menschen angehört und lauter weise Ratschläge formuliert, anstatt den anderen einfach zu umarmen.

„Wir sind alle total verschieden!“

Wer schuld am Missverständnis ist, lässt sich nicht so einfach beantworten. Oft sind wir einfach verschieden gestrickt: ein anderer, der uns sein Problem schildert, wünscht sich wirklich eine praktische Antwort und würde irritiert zurückzucken, wenn wir ihn in den Arm nehmen wollten. Für den einen ist „coole Sache“ eine vollständig akzeptable Reaktion auf eine Freudenbotschaft, während ein anderer mindestens einen Luftsprung von einem halben Meter und einen Indianertanz erwartet.

Ich gehöre zu den reservierteren Naturen, und meine persönliche Rettung ist oft das geschriebene Wort – eine Eigenschaft, die ich sowohl mit meinem Vater als auch mit meiner Schwester teile (obwohl Schwester etwas emotionaler geprägt ist). Im persönlichen Umgang sind wir alle eher zurückhaltend, und wenn wir sicher sein wollen, dass jemand den vollen Gehalt unserer Wertschätzung und Freude erfasst, greifen wir zum Stift oder zur Tastatur.

Das hilft, aber es ist nicht immer die beste Lösung. Wenn etwas im Argen liegt, können geschriebene Worte den Schaden vervielfachen, weil das Gegenüber oft nur das wahrnimmt, was es sowieso schon denkt. Ich kenne das, weil ich selbst ein Meister in der Kunst des paranoiden Hineinlesens bin. „Wie könnte xy diesen banalen Satz auch noch gemeint haben, wenn ich dazu Vorfall und Aussage a, b und c nehme und versuche, daraus einen Sinn zu basteln?“ In Konfliktsituationen ist es besser, sich Auge in Auge gegenüberzustehen und sich das, was man loswerden will, ins Gesicht zu sagen.

Geteilte Verantwortung

Ich glaube, die Verantwortung bei der Kommunikation tragen Sender und Empfänger zu gleichen Teilen, was uns gleichzeitig entlastet und verpflichtet. Wenn ich will, dass andere mich verstehen, muss ich mich auf sie einstellen. Ich spreche oder schreibe selten zum ganzen Globus, sondern zu einer ausgesuchten Gruppe oder einer einzelnen Person. Wenn ich berücksichtige, was ich über eine Gruppe oder einen Menschen weiß, kann ich mich eher so auszudrücken, dass ich verstanden werde. Wenn jemand ellenlange Monologe nicht schätzt, kann ich ihm das, was mir wichtig ist, in etwas kürzerer Form mitteilen. Wenn mein Gegenüber emotionaler ist als ich, wird er meinen Schmerz nicht verstehen, wenn ich ihn zu trocken rüberbringe. Das habe ich im übrigen vom Lektor meines Buchs gelernt: ich hatte einige schmerzhafte Stationen meines Lebens in meiner üblichen sachlichen Art beschrieben und wurde angehalten, meine Gefühle etwas direkter zum Ausdruck zu bringen, damit sie auch bei den Lesern ankommen.

Irgendwo hört aber sowohl unsere Verantwortung als auch unsere Macht auf. Wir können nicht mehr tun, als zu versuchen, auf unser Gegenüber einzugehen und Worte zu wählen, die er oder sie verstehen kann. Was er oder sie dann am Ende daraus macht, liegt nicht mehr in unserer Hand. Und das gilt auch umgekehrt: wenn jemand uns etwas mitteilt, das uns auf 180 bringt, können wir, bevor wir eine wutentbrannte Replik formulieren, vom Grundsatz des Wohlwollens ausgehen und überlegen, ob es vielleicht gar nicht „so“ gemeint war. Wir können uns fragen, wie dieser Mensch normalerweise kommuniziert, oder wir können zurückfragen, was er uns wirklich sagen will.

Mit Patricks Geschichte im Kopf will ich es nicht mehr als selbstverständlich ansehen, dass ich mich anderen mitteilen kann, dass ich gehört und verstanden werde. Und ich will das meinige tun, um Menschen in meinem Umfeld den Schmerz zu ersparen, wenn sie das Gefühl haben, mich nicht zu erreichen oder sich mir nicht verständlich machen zu können.

Wie geht es Dir so mit der Kommunikation? Kennst Du das Gefühl, wenn Du Dich fragst, ob Du vielleicht eine unbekannte Sprache sprichst, weil Dein Gegenüber Dich verständnislos ansieht? Oder hast Du mehr Mühe, die kryptische Sprache anderer zu entziffern? Ich freue mich auf Deinen Kommentar – und daran, dass wir miteinander kommunizieren können!

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„Power of Hope“, Katja Reinhard

Vor einiger Zeit habe ich ein Post über Veränderung geschrieben. Dabei habe ich den klemmenden Panzer erwähnt, der uns in solchen Zeiten auch Schmerzen bereiten kann. Inzwischen glaube ich, dass große, bahnbrechende Veränderungen in unserem Leben oft von Krisen und Schmerzen begleitet werden. Das Wissen, dass diese Phase auch ein Ende haben wird, geht dabei schon mal verloren.

 

Letzte Woche habe ich an ein und demselben Tag in zwei Posts befreiende, tröstende Gedanken von insgesamt drei Frauen gelesen. Es sind kostbare Erkenntnisse für dunkle Stunden, die ich heute mit Euch teilen möchte.

Wir dürfen dem Steuermann vertrauen
Der Steuermann weiß, in welche Gewässer er uns führt. Andrea Lucado erinnert in ihrem Post an die bekannte Szene im Neuen Testament, in der Jesus und die Jünger mit dem Boot auf dem See sind und in ein Unwetter geraten. Die Jünger haben Todesangst und wecken Jesus, der das Unwetter mit einem Winken seiner Hand besänftigt und sie daraufhin für ihren kleinen Glauben scheltet. Doch Andrea Lucado weist auf das hin, was vorher passiert: darauf, dass es Jesus war, der vorgeschlagen hatte, im Boot über den See zu fahren.

Jesus war Mensch, aber auch Gott. Genau so wie er wusste, wie sein Auftrag auf Erden lautete und wohin er führen würde, wusste er auch, dass ein Sturm aufziehen würde. Er hat seine Jünger bewusst auf das Boot und in diesen Sturm geführt.

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„Tiefe Ruhe“, Katja Reinhard

Wenn wir in stürmische Gewässer kommen, neigen manche von uns dazu, sich zu fragen, wo sie „den Fehler gemacht haben“. Als Christen fragen wir uns vielleicht, ob wir unbewusst gesündigt oder nicht richtig auf die Stimme des heiligen Geistes gehört haben. Beides kann vorkommen – aber manchmal ist der Sturm nicht unsere Schuld. Wir dürfen darauf vertrauen, dass Jesus das Steuer in der Hand hält und den Sturm beruhigen wird, bevor wir über Bord gehen.

Transformation heißt, den Schmerz zu begrüßen
Die Schmerzen, die große Veränderungen mit sich bringen können, sind manchmal genau so unangenehm wie körperlicher Schmerz. Deshalb versuchen wir, diesem Schmerz ausweichen. Sarah Bessey erinnert daran, dass der Zyklus aus Angst, Anspannung und Schmerz bei der Geburt den Zyklus aus Angst, Anspannung und Schmerz wiederspiegelt, den wir inmitten solcher Veränderungen erleben. So sehr es gegen unsere Intuition gehen mag: wir müssen uns in den Schmerz hineinlehnen und ihm vertrauen. Denn der Schmerz lehrt uns, dass dahinter das Leben auf uns wartet und dieser Gang durch den Schmerz ein vertrauenswürdiger Pfad zur Befreiung ist.

Wenn wir glauben, wir können nicht weiter, ist es fast geschafft
Bei der Geburt, so schreibt Sarah, kommt ein Moment, in dem du nicht mehr weiter kannst. Diesen Moment kennen wir aus größeren Projekten, aber auch in persönlichen Veränderungen und Krisen. Und genau dieser Moment, wenn wir aufgeben und die Niederlage akzeptieren wollen, markiert die Wende. Unser Wunsch und Verlangen, aufzugeben, ist das Zeichen, nachdem wir uns sehnen – das Zeichen, dass es fast vorbei, dass es fast geschafft ist.

Wir brauchen Stille und Ruhe in Zeiten der Verwandlung
Sarah schreibt, dass sie sich in den Wochen vor der Geburt oft zurückzieht von allem, was „stört“. Wenn wir um unsere „Neugeburten“ kämpfen, können wir auch das Bedürfnis haben, uns vor Fremden, vor dem grellen Licht und dem Lärm, vor dem Ungewohnten und Unvertrauten zurückzuziehen. Vielleicht sollten wir diesem Bedürfnis dann so gut wie möglich nachgeben. Dann – wie Sarah schreibt – schwebt der Geist über unserer Dunkelheit und bringt neues Leben dazu, sich von diesem Platz der Stille zu erheben. Unaufhaltsam, unerbittlich, heilig.

Der Glaube ist eine Hebamme und keine Rückenmarkspritze
Gerade in schwierigen Zeiten wünschen wir uns, dass der Glaube wie eine Rückenmarkspritze wirkt, unseren Schmerz wegnimmt und die ganze Prozedur an Veränderung zu einer leichten Angelegenheit macht. Aber so ist Glaube nicht. Glaube ist, so sagt es Brené Brown, wie eine Hebamme, die uns ins Ohr flüstert: „Presse! Es wird ein bisschen wehtun, aber du hast es fast geschafft.“

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„Er durchbricht die Dunkelheit“, Katja Reinhard

Heute beginnt die Fastenzeit. Es ist die Zeit des metaphorischen Dunkels, die Zeit der Grabkammer und des Leichentuchs. Aber an ihrem Ende steht der Triumph neuen Lebens, der Auferstehung, der neuen Schöpfung. Ich spreche Dir und mir daher für diese Fastenzeit – egal, in welcher Form Du sie gerade persönlich erlebst – diese Zusagen aus, die ich dem bunten Strauß aus wertvollen Gedanken entnehme:

 

Dass ich im Unwetter stehe, heißt, nicht, dass ich etwas falsch gemacht habe:
ich darf meinem Steuermann vertrauen.
Ich weiche dem Schmerz nicht aus, weil er der Weg zur Befreiung und Veränderung ist.
Ich glaube, dass der Moment, wo ich aufgeben will, der Moment der Wende ist,
und ich weiß, dass mein Glaube mir in diesem Moment die Kraft gibt,
diesen entscheidenden Moment nicht nur zu überstehen,
sondern aktiv daran zu arbeiten,
dass ich den Übergang schaffe und zum neuen Leben durchbreche.

Wie sehr Gott an unserer Seite ist, wenn wir durch Transformation oder Krisen gehen, ist mir heute einmal mehr aufgefallen. Als ich gestern auf Pixabay nach einem passenden Bild für dieses Post suchte und nichts fand, fiel mir meine Freundin Katja Reinhard ein, die wunderschöne Akrylbilder malt. Ich besuchte ihre Website und entdeckte dabei das folgende Bilder-Duo, das es besser ausdrückt, als ich es mit Worten hätte sagen können.

Mit diesem Bild wünsche ich Euch eine gesegnete Fastenzeit!

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„Veränderung“, Katja Reinhard

Quelle der Bilder: www.katja-bilder.ch

girl-544307_1280 kleinerWie dem regelmäßigen Leser vielleicht schon aufgefallen ist, habe ich neben einer sehr ernsthaften Ader auch eine alberne Seite. Kürzlich habe ich auf Youtube einen Sketch gesehen, der sich „Jane Austen Drinking Game“ nennt und bei mir gleich zweifach gezündet hat.

 

Bildquelle: Pixabay

Zum einen habe ich einige ihrer Bücher mehrfach gelesen und die Filme dutzendfach geschaut und liebe sie einfach. Zum anderen ist da das Trinkspiel. Ich trinke heute gar keinen Alkohol mehr, bin aber seit meiner Zeit an der Universität Mitglied einer Studentenverbindung und habe daher noch eine nostalgische Affinität zu solchen Regeln.

Das Resultat dieser Kombi aus Jane Austen und Trinkspiel waren drei Typen, die sich „Sinn und Sinnlichkeit“ ansehen und sich beim Auftauchen bestimmter Dinge einen Schluck genehmigen mussten. Solche Dinge waren (Aufzählung unvollständig!) Klavierspiel, kleine Hunde, Rezitation von Poesie, weinen, Ausdrücke wie „esteem“ und „regard“ oder „spontane Reiterei“ (gilt nicht für Kutschen, sondern nur für Männer auf Pferden, die spontan herbeigaloppieren). Natürlich waren die Herren schon nach kurzer Zeit nicht mehr so gut beisammen, und der Schlusskommentar des einen war: „Wenn es Dir jetzt schon so geht, wirst Du ‚Stolz und Vorurteil‘ nicht überleben!“

Nachdem ich mich wie Bolle köstlich amüsiert hatte, likte ich das Filmchen auf Youtube, um kurz darauf zu sehen, dass jemand, den ich gar nicht kenne, auf Twitter einen Tweet von mir favorisiert hat. Ich konnte mich allerdings nicht erinnern, dass ich etwas getweetet hatte. Tatsächlich war es so, dass mein „Like“ auch auf Twitter kommuniziert wurde, weil ich auf Youtube eine Verlinkung zu Twitter und Google-Plus habe. Das hat mich weiter nicht gestört, aber es hat mir gezeigt, wie verzahnt all die Online-Plattformen sind. Fazit: wer heute verschiedene Seiten seiner selbst auseinanderhalten will, muss sich Online sehr in Acht nehmen.

Zum Glück will ich das nicht. Ich möchte überall derselbe Mensch sein, selbst wenn ich den einen oder anderen damit irritiere – und das ist gut möglich. Ich bin erst vor 11 Jahren zu einer glühenden Christin geworden, und manche Freunde und Bekannte aus früheren Zeiten reagieren vielleicht immer noch überrascht auf meine frommeren Facebook-Posts. Andererseits habe ich seit jeher den schrägen Humor, der auch vor Filmen wie „Life of Brian“ nicht Halt macht. Das kann dann wiederum meine Christenfreunde leicht verunsichern.

Natürlich sage und poste ich nicht ungefiltert alles, was mir einfällt. Ich sehe es als mein Recht, wenn nicht sogar meine Pflicht an, zu entscheiden, was ich öffentlich präsentiere und was nicht, und mir auch vorher Gedanken darüber zu machen, was für einen Effekt das allenfalls haben könnte. Ich lege es auch nicht darauf an, Menschen vor den Kopf zu stoßen. Aber ich möchte, dass der Mensch, der ich bin, überall erkannt wird. Ich will online, in der Kirche, in der Arbeit und Zuhause der gleiche Mensch sein – ich führe EIN Leben.

Das heißt nicht, dass ich in meinem Büro ein Riesenposter mit „Jesus liebt auch DICH“ hängen habe, sondern dass ich im Büro ein Verhalten an den Tag legen möchte, das für meinen Glauben spricht und im Einklang mit seinen Prinzipien steht. Es heißt auch nicht, dass ich meinen nicht frommen Freunden in epischer Breite von der neuen Worship-CD erzähle, die ich mir gekauft habe, aber dass sie wissen, dass mein Glaube integraler Bestandteil meines Lebens ist.

Das „Integrale“ geht natürlich auch in die andere Richtung. Es ist mir wichtig, in der Kirche auch den Menschen mitzubringen, als der ich groß geworden bin. Jeder Christ, egal, woher er kommt und wie lange er schon im Glauben unterwegs ist, bringt eine einzigartige Mischung mit. Zu meiner gehört eben, dass ich in einer Studentenverbindung bin, dass ich mir gerne „Star Trek“, Krimis und lustige Serien anschaue, dass ich einen schwarzen und manchmal albernen Humor habe, dass ich ein Eigenbrötler sein kann und meine Haushaltsführung sehr abenteuerlich ist.

Dieses „All in One“-Leben löst manchmal Fragen aus. Vielleicht steht auf jemandes „Was ein Christ lassen sollte“ etwas, das ich tue, und er wird mich deswegen als leicht zweifelhaft ansehen. Ein anderer ist vielleicht der Überzeugung, dass ein aufgeklärter, intelligenter Mensch sich nicht so absolut einem Glauben an Gott ausliefern kann. Aber für mich ist das „integrale Leben“ der einzige Weg. Ich kann und will nicht mehrere Menschen sein, und ich empfinde es als bereichernd, wenn andere auch die verschiedenen Aspekte ihrer Persönlichkeit in all ihre Beziehungen hineinlegen.

Wenn ich es aus dem Blickwinkel des Glaubens ansehe, wird es ganz einfach: meine Aufgabe als Christ ist es, Gott anzubeten. Und Anbetung heißt nicht Lieder singen oder ein Kreuz am Revers tragen: es heißt, dass mein Lebensstil auf Gott hinweist. Im Guten wie im Schlechten ist das, was bei anderen Menschen am meisten Resonanz findet und am lautesten für oder gegen den Glauben spricht, die Art, wie ich mein Leben führe.
Das wiederum kann mich einschüchtern, wenn ich mir wie so oft meine eigenen Kämpfe, Unzulänglichkeiten und Schwächen vor Augen führe. Aber Gott durch mein Leben anbeten heißt zum Glück nicht, krampfhaft zu versuchen, perfekt zu sein. Gott liebt mich auch in dem „unfertigen“ Zustand, den er jetzt vor Augen hat, und darum sollte man mir auch ansehen, dass ich mich trotz all dem, was ich selbst gegen mich ins Feld führe, geliebt fühle. Hier, jetzt, jeden Tag.

Und um das noch kurz und knackig und witzig auszudrücken, hier mein Slogan für Dich (ausgeliehen von Eckart von Hirschhausen per Facebook):

Sei wie Du bist – irgendwann kommt es sowieso raus.

P.S.: Aus meiner angeborenen Rücksicht habe ich das Video des „Jane Austen Drinking Game“ nur verlinkt. Wenn Du es Dir angesehen hast und es auch lustig fandest: vorhin habe ich noch den „Jane Austen’s Fight Club“ entdeckt. Wem’s gefällt!

Wie geht es Dir mit dem „integralen Leben“? Findest Du es schwierig, oder lässt bewusst bestimmte Aspekte Deiner Persönlichkeit „draußen“, je nachdem, wo Du bist? Oder bist Du überall „gleich, mit Schattierungen“? Ich freue mich auf Deinen Kommentar!

california-210913_1280Nachdem ich seit Tagen entsetzt auf das Datum meines letzten Posts gestarrt habe, konnte ich die Spannung nicht länger aushalten. Das Resultat ist ein weiteres „impromptu“-Post von meiner Seite, um Euch wissen zu lassen, dass es mich noch gibt und ich noch an Euch denke – und um meinen inneren Galeerenkäpitän zufriedenzustellen.

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Heute erzähle ich Euch deshalb einfach, wie ich den ersten Monat dieses spannenden Jahres hinter mich gebracht habe. Mein Januar war fast so intensiv wie der Dezember davor, wenn auch – Gott sei dank – etwas weniger eventgeprägt. Vor allem bin ich an meiner Übersetzung für Lee Strauss gesessen und habe jeden freien Vormittag um die zwölf Seiten heruntergedroschen, um bis Ende Monat durchzukommen. Nun ist es bis auf ein paar offene Fragen geschafft: ein gutes Gefühl!

Am letzten Donnerstag habe ich wieder mal eine „es gibt immer ein erstes Mal“-Erfahrung gemacht und an einem Schreib-Webinar teilgenommen. Zum Glück ist mir rechtzeitig eingefallen, dass mich die anderen Teilnehmer sehen werden, so dass ich mich ausnahmsweise auch für Zuhause etwas geschminkt und anstelle meines Faserpelzes einen gesellschaftlich akzeptablen Pullover übergezogen habe. Neben den technischen Tücken (es dauerte eine Weile, bis alle den Seminarleiter hörten etc.) war diese Art Schreibkurs toll und intensiv, weil auch ein paar praktische Übungen dabei waren und man von allen ein Feedback bekam – und ich habe wahrscheinlich eine zündende Idee für eine Kurzgeschichte mitgenommen, die ich an ein kleines Gratisbuch beisteuern werde. Heureka!

Neben diesen Projekten, die auf Kurs angelaufen sind, lautet mein Fazit des Monats Januar aber auch, dass „Christus allein“ tatsächlich als passendes Motto meines Jahres  dienen kann. Neben Bereichen in meinem Leben, wo ich Herausforderungen erwartet habe, tun sich plötzlich Konflikte auf, die mich unvorbereitet erwischt haben und denen ich ziemlich hilflos gegenüberstehe. Ich muss mich förmlich zurückhalten, um nicht Hektik zu verbreiten und eine sofortige Lösung zu erzwingen. Das fordert mich heraus, und genau da greift dann mein Motto. Wenn ich nicht weiterweiss, gibt es nur eine Aussicht, die mein Herz beruhigt: den Blick auf den, der mein Leben und alles, was darin abgeht – gut, schlecht, chaotisch, wunderbar – in seiner Hand hält.

Deshalb nehme ich die Strasse namens 2015 weiter unter die Füsse – nicht völlig beruhigt, aber mit viel Vertrauen in den, der mehr weiss als ich. Und ich denke an Frodo und Sam, die auch oft nicht wussten, was noch auf sie wartet, ob sie es schaffen oder kläglich versagen würden, und die dennoch nicht umgekehrt sind. Gerade gestern habe ich mir den zweiten Teil des zweiten „Herr der Ringe“-Films angesehen, und darin spricht Sam die wunderbaren, ermutigenden Worte, die ich mir und Euch mit in den Februar geben möchte:

Sam:

„Es ist wie in den grossen Geschichten, Herr Frodo, den Geschichten,
die wirklich wichtig sind.
Sie sind voller Dunkelheit und Gefahren,
und manchmal willst du das Ende gar nicht wissen,
denn wie sollte das Ende glücklich sein?
Wie könnte die Welt jemals wieder so sein wie zuvor,
wenn soviel Schreckliches passiert ist?
Aber am Ende ist auch dieser Schatten nur vorübergehend.
Sogar Dunkelheit muss enden.
Ein neuer Tag wird kommen, und wenn die Sonne scheint,
wird sie es um so heller tun.
Dies sind die Geschichten, die dir in Erinnerungen geblieben sind,
die dir etwas bedeutet haben,
auch wenn du zu klein warst, um zu verstehen warum.
Aber ich glaube, Herr Frodo, dass ich verstehe.
Ich weiss jetzt, dass die Leute in diesen Geschichten
viele Gelegenheiten hatten, um umzukehren.
Aber sie taten es nicht.
Sie gingen weiter, weil sie sich an etwas festhalten konnten.

Frodo:

„Woran konnten sie sich festhalten, Sam?“

Sam:

„Daran, dass es Gutes gibt in dieser Welt, Herr Frodo,
und dass es sich lohnt, dafür zu kämpfen.“

Wie war Euer Januar? Ein Regen aus Rosenblüten, ein Hagel der Herausforderungen? Etwas von allem? Ich freue mich, von Euch zu hören, und wünsche Euch einen Februar der Verheissungen!

old-architecture-217776_1280Das neue Jahr ist da, und bevor der Alltag wieder das Regime übernimmt, habe ich mich hingesetzt, um mein „Wort des Jahres“ zu kreieren. 2014 habe ich zum ersten Mal ein solches Motto gewählt und mich in Anlehnung an das „Star Trek“ Universum für „To boldly go“ entschieden.

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Es bedeutet, kühn seine Ziele zu verfolgen und sich an einen Ort aufzumachen, an dem man noch nie gewesen ist. Das Motto hat mir den Mut geschenkt, all die „Firsts“ des Jahres zu bestehen – eine CD und ein Buch herausbringen, meine erste Konzertlesung abzuhalten, und alles, was damit an Herausforderungen einherging.

Als ich mir überlegte, was es dieses Jahr sein sollte, fiel mir mein Post vom 29. Dezember ein. Die unbestimmte Ahnung, dass 2015 ein Jahr mit großem Potential sein wird, stimmte mich nachdenklich, weil „Potential“ ein neutrales Wort ist: Es spricht von Möglichkeiten, die einen beträchtlichen Nachhall haben werden – unabhängig davon, ob sie in Erfolgen oder Niederlagen enden. Anders ausgedrückt: ein großes Potential beinhaltet die Chance, etwas Herausragendes zu erreichen oder grandios zu scheitern.

Vor diesem Hintergrund sind mir mehrere Worte eingefallen, die für das zu passen scheinen, worauf ich mich dieses Jahr konzentrieren soll: Integrität. Durchhaltevermögen. Standhaftigkeit. Treue. Ausdauer.

Eifrig bemüht, eine Wahl zu treffen, fragte ich mich, was es am besten trifft – welche Fähigkeit ich vor allen anderen brauchen würde, um alles, was vor mir liegt, bewältigen zu können. Ist es die Integrität, mit der ich an all meine Pläne herangehen will? Ist es das Durchhaltevermögen, das dafür sorgen soll, dass ich bis zum Ende dabeibleibe? Ist es die Standhaftigkeit, die mir helfen wird, die richtigen Entscheidungen zu treffen? Die Treue zu meinen Plänen und in meinen Beziehungen? Die Ausdauer, wenn es harzt und ich aufgeben möchte?

Ich konnte mich nicht entscheiden – es kam mir vor, als ob ich all das und noch viel mehr brauchen würde. Schließlich legte ich den Zettel, den ich mit diesen Worten vollgekritzelt hatte, beiseite und beschloss, eine musikalisch-geistliche Pause einzulegen und ein paar Worship-Songs zu singen. Ich fing an mit „Herr i chume zu Dir“ und machte weiter mit„I bi rych i Dir“. Als ich bei „Cornerstone“ angekommen war, wurde mir klar, dass keiner der Kandidaten zum Jahresmotto aufsteigen würde.

Es sind alles hehre Worte – sie drücken die Willensraft aus, die wir brauchen und einsetzen müssen, wenn wir etwas erreichen wollen. Aber es sind auch Worte des allzu menschlichen Versuchs, es allein aus sich heraus zu schaffen – und dieser Versuch ist zum Scheitern verurteilt. Ich kann noch so lange nach dem einen Wort suchen, das mich genug antreibt und in die Pflicht nimmt: es wird nicht reichen, und es wäre brandgefährlich, etwas anderes zu glauben.

Ich entschuldige mich deshalb bei all meinen Lesern, die gehofft haben, ich käme mal wieder mit etwas weniger „Heiligem“ daher. Aber wie ich im genannten Post auch erwähnt habe: wes das Herz voll ist, davon geht der Mund über. Während ich „Cornerstone“ sang, wurde mir mit einem gewaltigen Gefühl der Erleichterung, Demut und Dankbarkeit klar, dass es nur ein Jahresmotto geben konnte.

Christus allein

Auf Ihn will ich als erstes blicken.

Im gebührt die Ehre für alles, was ich zustande bringe.

Nur mit ihm und nur, wenn sein Geist in mir wirkt, kann ich tun, was die Situation erfordert.

Allein nach ihm richte ich mich aus, wenn es darum geht, zu wissen, was richtig ist.

Das hat nichts mit falscher Demut zu tun: wenn ich Erfolg habe, darf ich wissen, dass ich meinen Anteil daran habe, und mich daran freuen. Es geht auch nicht darum, mich zurückzulehnen und „Gott machen zu lassen“. Aber wenn ich Ziele erreichen will, die nicht nur in dieser Welt nachhallen, sondern darüber hinaus weisen sollen, brauche ich die entsprechende Unterstützung.

Ich habe dieses Jahr viel vor, aber jetzt weiß ich, wohin ich zuerst schaue. Und egal, wie spannungsreich, turbulent und aufregend das Jahr wird – der Refrain aus Cornerstone wird mir in jeder Situation die Ausrichtung, nötigenfalls den Trost, vor allem aber die Entschlossenheit geben, die ich brauche.

Christ alone, Cornerstone
Weak made strong in the Saviors love
Through the storm He is Lord, Lord of all

Christus allein ist der Eckstein
Der die Schwachen stärkt mit der Liebe des Retters
Auch im Sturm ist er Herr, Herr der Welt.

Hast Du auch ein Jahresmotto kreiert? Wenn ja – was ist es bei Dir? Auf jeden Fall wünsche ich Dir einen guten Start in den Alltag und ein spannendes, gesegnetes Jahr!

 

Rose DankDer letzte Tag des Jahres hat es in sich, und ich bin froh, darf ich ihn dieses Jahr ruhig und mit Raum für Gedanken, Träume und Pläne begehen kann. Dabei fällt mir als Wortakrobatin auf, dass in „Gedanken“ der „Dank“ enthalten ist.

Heute geht mein Dank, gehen meine Wünsche, auch an Dich.

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An DICH, Mitglied meiner Familie.
Danke, dass es Dich gibt, Du ein Teil von mir bist und ich von Dir, dass ich meine Wurzeln und meine Geschichte mit Dir teile. Und danke für viele nahe Stunden. Nähe ist schön, manchmal auch schwierig – aber viel besser als pflegeleichte Gleichgültigkeit. Ich wünsche Dir und mir auch im neuen Jahr Mut zur Nähe, vertraute Stunden des Zusammenseins und dass wir aneinander „dran bleiben.“

An DICH, vertraute/r Freund/in.
Danke, dass Du auch dieses Jahr mit von der Partie warst – Dich mit mir über Erfolge gefreut, mit mir gezweifelt, mit mir gelacht und geweint hast. Ohne Dich wäre mein Leben ärmer. Auf ein neues Jahr, in dem Du auf meinem Radar und in meinem Herzen bleibst.

An DICH, neue/r Freund/in.
Danke, dass Du an meinem Horizont aufgetaucht bist und mein Leben bereichert hast. Es ist ein Geschenk, dass Gott mir Menschen vorbeischickt, die mein Sicht auf die Welt erweitern. Ich wünsche Dir und mir, dass unser Zusammentreffen weiter Früchte trägt und unseren Blick auf das Leben verbreitert und vertieft.

An DICH, Freund/in, der/die Du gegangen bist.
Danke für die gemeinsame Zeit. Ich wünsche uns, dass wir Groll, Schuldzuweisungen und Schuldgefühle im alten Jahr zurücklassen können und den Boden unserer Herzen bereiten für das, was Freundschaften ausmacht, und für das, was das Leben bereithält. Neuanfänge scheinen manchmal unmöglich oder weit weg, und nicht immer sollen sie sein – aber mein Herz will auch für das Unmögliche bereit sein.

An DICH, treue/r Leser/in.
Mit Deinen Clicks, Likes und Kommentaren hast Du mich wissen lassen, dass die Worte, die ich im stillen Kämmerlein ausbrüte, in anderen Herzen ankommen. Es gibt nichts Schöneres. Ich wünsche uns ein neues Jahr mit spannendem Austausch und hoffe, dass Du immer mal wieder etwas mitnehmen kannst.

20141231_115924Euch allen wünsche ich ein spannendes neues Jahr, in dem Ihr nie vergesst, wie wertvoll und einzigartig Ihr seid. Wie es so schön heißt:

Sei Du selbst, alle anderen sind schon besetzt. Was Du zu geben hast, kann niemand ersetzen oder nachahmen.

Ich wünsche Dir – egal, wie Du es so mit Gott hast – dass sein Segen und seine Gegenwart Dich begleiten.

 

Wenn ich an mein vergangenes Jahr denke, schwingt so viel Dankbarkeit mit, dass ich sie nur in einem weiteren kleinen „Schatz in Dur und Moll“ ausdrücken kann.

Und somit mein letzter Wunsch für Dich in diesem Jahr: ein paar ruhige Minuten (etwa fünf), in denen Du Dir diese geniale A capella Version von „How great Thou art“ (Wie gross bist Du) mit voll aufgedrehtem Lautsprecher zu Gemüte führen kannst. Denn das ist mein „letztes Wort“ für 2014:

Du großer Gott, wenn ich die Welt betrachte
Die du geschaffen durch dein allmacht Wort
Wenn ich auf alle jene Wesen achte
Die du regierst und nährest fort und fort 

Dann jauchzt mein Herz dir großer Herrscher zu
Wie groß bist du, wie groß bist du
Dann jauchzt mein Herz dir großer Herrscher zu
Wie groß bist du, wie groß bist du.

Oswald Sattler

WasserherzDie Weihnachtswoche ist vorbei, und das Leben driftet langsam wieder in ruhigere Gefilde. Das ist ganz gut so: nach Tagen ausgiebiger Esserei und geselligen Zusammenkünften sehne ich mich programmgemäß nach Ruhe und danach, Körper und Seele eine Pause zu gönnen.

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Die Weihnachtsfeier bei meiner Schwiegerfamilie hat mich netterweise mit den perfekten Utensilien für diesen Zweck ausgestattet: mit einem schönen Bad aus Meersalz und Rosenblüten sowie einem Detox-Tee aus Grüntee, Mate und Grapefruit. Und während ich mich innerlich auf ein paar ruhige und reinigende Tage für meinen Körper freue, spüre ich leise, dass nicht nur er diese Prozedur nötig hat: auch mein Herz verlangt danach.

Doch bis ich seinen Ruf wahrnehme, dauert es immer etwas länger. Gerade wenn in meinem Leben viel läuft und ich von einer zu bewältigenden Aufgabe zur nächsten hetze, realisiere ich manchmal zu spät, wenn ich es schwächenden oder zerstörerischen Gedanken und Gefühlen ausgesetzt habe.

Darum möchte ich diese freien Tage nutzen, um mein Herz wieder einmal Gottes TÜV zu unterziehen. Er soll es prüfen und mir zeigen, „wie ich es meine“, mir meine wahren Motive und Gedanken vor Augen führen, damit ich die Konsequenzen ziehen kann. Ablegen, was abgelegt werden muss. Das Herz mit dem füllen, was Leben bringt.

Etwas sagt mir, dass ein wichtiges Jahr vor mir liegt – eines, in dem Weichen gestellt, Projekte vorbereitet und ausgestaltet werden, vielleicht bereits zum Abschluss kommen. Auf geheimnisvolle Art werfen diese Projekte ihre Schatten voraus, und ich spüre, dass ich das reine Herz mehr brauche als je zuvor.

Meine Pläne können noch so ausgefeilt, meine Projekte noch so sinnreich und richtig sein: wenn ich mein Herz nicht bewahre, wird nichts Gutes entstehen. In den Sprüchen heißt es, dass vom Herz das Leben ausgeht, und bei Matthäus, dass aus dem Mund fließt, was im Herzen ist. Der Schatz in unserem Herzen mündet in unsere Handlungen, und aus einem bösen Schatz kann nichts Gutes entstehen. Aus verunreinigtem Boden wächst keine gute Frucht.

Ich bin darauf angewiesen, dass Gott mir immer wieder liebevoll aufzeigt, wenn mein Herz Reinigung braucht, damit ich das, was er an Werken vorbereitet hat, nicht torpediere. Und ich rufe mir dankbar meinen Tauferneuerungsspruch in Erinnerung: er enthält ein Versprechen und eine Verheißung, in die ich mein Vertrauen setze:

„Dennoch bleibe ich stets an dir; denn du hältst mich bei meiner rechten Hand,
du leitest mich nach deinem Rat und nimmst mich endlich in Ehren an.“
Psalm 73, Verse 23-24

Diese Zeilen ermutigen mich noch mehr, wenn ich die paar davor hinzufüge. In ihnen spricht der Autor davon, dass er sich Gott gegenüber manchmal so störrisch wie ein Maultier benimmt – und dennoch lässt Gott ihn nicht los.

Wenn ich längere Zeit in ruhigen Gewässern dahinschippere und alles wie von selbst zu gehen scheint, vergesse ich gern, dass das neben all meinem guten Willen und meinen Anstrengungen auch Gnade ist. Ich nehme es als selbstverständlich hin, dass ich fokussiert und voller Energie meine Pläne umsetze, das Gute und Richtige tue und gefährliche Strudel meide. Erst, wenn mich unvorbereitet eine Welle trifft, wird mir bewusst, wie schwach mein Gefäss ist und wie sehr ich von Gott abhängig bin.

Wenn ich an meine Pläne denke und mir dieses angreif- und verletzbare Gefäss mit seinen Wunden und Defiziten vor Augen halte, wird mir manchmal angst und bange. Ich kenne mich selbst nur zu gut – ich weiß, wo meine Schwachstellen sind und kann Gefahrenherde mit einer Intuition voraussehen, die mir manchmal selbst unheimlich ist. Dann frage ich mich, wie in aller Welt ich auf Kurs bleiben und mich auf die wichtigen Dinge konzentrieren soll.

Während mich diese Frage umgetrieben hat, bin ich auf folgende Bibelstelle gestoßen:

„Wenn Du versucht wirst, wird er Dir einen Ausweg zeigen,
so dass Du standhalten kannst.“
1. Korinther 10, Vers 13

Ich habe mich daraufhin nicht zum ersten Mal gefragt, ob Versuchung auch von Gott kommen kann – in der obigen Bibelübersetzung kommt das nicht klar heraus. Dann habe ich mein „Konkordantes Neues Testament“ zu Hilfe genommen, das zwar nicht leserfreundlich, dafür aber sehr eng am Originaltext gehalten ist. Hier heißt es wörtlich:

Und Gott ist getreu,
der euch nicht über das hinaus anfechten lassen wird, wozu ihr befähigt seid,
sondern zusammen mit der Anfechtung wird Er auch einen Ausgang schaffen,
so dass ihr sie überstehen könnt.“

Dieser kleine, aber feine Unterschied in der Formulierung bedeutet für mich, dass Gott uns nicht selbst versucht, aber zulässt, dass wir geprüft und wenn nötig geläutert werden. Und er sorgt dafür, dass es in jeder Prüfung einen Ausweg gibt.

Ich weiß, dass Gott mich für meine Schwächen nicht anklagt oder verurteilt – und weil ich das glauben kann, bin ich bereit, die dunklen Stellen meines Herzens vor ihm auszubreiten und ihn um Hilfe zu bitten. In diesen Tagen tue ich das mit meiner Version von Brian Doerksens „To the River“ und vertraue in all meiner Sorge ob meiner Unzulänglichkeiten auf seine Treue.

 

Und so kann das neue Jahr kommen.
Mit all seinem Potential und all dem, was hinter der nächsten Kurve wartet.

Was geht Dir in diesen letzten Altjahrestagen durch Kopf und Herz? Und worauf freust Du Dich?
Ich freue mich auf Deinen Kommentar – und ich wünsche Dir schon jetzt von Herzen ein spannendes, echtes, lebendiges und segensreiches 2015!