Das Osterwochenende hat begonnen, und ich gestehe: Ich habe meine Vorsätze für die Fastenzeit nicht ganz eingehalten. Ich wollte meine Erfahrungen mit der Lukas- und Johannes-Evangeliums-Lektüre mit Euch teilen, und nun ist der Ostertag schon da, ohne dass ich darüber gepostet habe.

In den Tagen vor diesem Osterwochenende haben sich die „wann hab‘ ich mal wieder ein bissel frei“-Gefühle genauso gehäuft wie die Kleider, die ich vor dem Duschen einfach im Gang vor dem Badezimmer auf den Boden werfe – ein sicheres Indiz dafür, dass es mir gerade schwerfällt, meine kleinen und grösseren Alltagspflichten wahrzunehmen.

Dennoch bin ich in den letzten Wochen auf eine „Osterbotschaft“ gestossen – sie stammt weder aus Lukas noch aus Johannes, sondern aus Markus, und ich habe sie im Post eines anderen Bloggers gefunden. Es handelte von einem einzelnen Wort, das Jesus gesagt hat, aber am Ende beantwortet es die Frage, was Ostern eigentlich ist.

Diese Frage beantwortet heute jeder etwas anders. Für Menschen, die nicht an Gott glauben, heisst Ostern ein paar freie Tage aufgrund eines alten Irrglaubens; für Menschen, die nach eigener Aussage „schon irgendwie an etwas Höheres glauben“, ist die Ostergeschichte oft ein Ärgernis offener Fragen, die man sich lieber nicht so genau stellt.

Für Christen meiner Frömmigkeitsstufe ist der Fall eigentlich klar: Christus starb am Kreuz für unsere Sünden und wurde am dritten Tag von Gott auferweckt.

Aber warum musste er sterben?

Die offizielle Lesart lautet oft: Gott, der Heilige und Gerechte, will mit uns zusammen sein (schöner Gedanke). Weil wir, um in seiner Gegenwart überleben zu können, erst wieder heilig gemacht werden müssen, fordert Gott ein Blutopfer (nicht so schöner Gedanke) und hat dafür seinen eigenen Sohn kreuzigen lassen (gruseliger Gedanke).

Gott hat demnach dieses Blutopfer gefordert. Ist das wirklich wahr?  Ich habe es lange so gesehen, bis ich Benjamin Coreys Post über das besagte eine Wort im Markus-Evangelium gelesen habe. Corey hat sich auf der Suche nach Antworten wie ich die Frage gestellt, was Jesus genau zum Thema gesagt hat. Dabei ist er auf diese Stelle gestossen:

Denn auch der Menschensohn ist nicht gekommen, dass er sich dienen lasse,
sondern dass er diene und sein Leben gebe als Lösegeld für viele. (Mk 10,45)

Nicht als Opfer – als Lösegeld.

Dieses eine Wort scheint nicht so wichtig zu sein, aber ob wir von Lösegeld oder von Opfer sprechen, macht eine Menge aus.

Wer bezahlt normalerweise das Lösegeld?
Die Eltern oder nächsten Angehörigen dessen, für den das Lösegeld verlangt wird.

Und wer verlangt das Lösegeld?
Der Verbrecher, der die Person in seiner Gewalt hat.

Was heisst das, wenn wir es auf das Evangelium, auf uns übertragen?

Wer ist die Geisel?
Wir sind es – gefangen durch die Sünde, die wir in unserem Stolz, ohne Gott leben zu wollen, selbst über uns gebracht haben.

Wer ist der Geiselnehmer, der das Lösegeld verlangt?
Satan. Wir haben ihm durch unser Handeln ein Recht über uns gegeben. Er hält uns in Gewahrsam und fordert das Opfer.

Und wer zahlt das Lösegeld?
Gott, unser Vater – durch Jesus.

Jesus hat sich für uns in die Gewalt des Feindes begeben, und Gott hat das Opfer bezahlt. Er hat es nicht gefordert; er hat eine Forderung des Feindes erfüllt. Diese Tat widerlegt die Vorstellung des blut- und rachedürstenden Gottes.

Ich hatte immer meine Mühe mit dieser Vorstellung, und ich habe diese Mühe im Blick auf das Alte Testament noch immer. Umso froher macht es mich, dass mir das Neue Testament einen anderen Blick auf Gott und auf das erlaubt, was vor so vielen Jahren in Jerusalem geschah. Das, was am Karfreitag geschah – und noch viel mehr das, was wir am Sonntag feiern.

Der Tod von Jesus am Kreuz hat dem Bösen einen Moment des Triumphes verliehen – aber es war ein kurzer Moment. Drei Tage darauf hat Gott Jesus wieder zum Leben erweckt und ihn in Fleisch und Blut auferstehen lassen.

Wenn ich am Ostersonntag sage: „Jesus ist auferstanden. Er ist wahrhaftig auferstanden“, dann ist das eine Bekräftigung dessen, was ich im Innersten meines Herzens glaube: Dass Jesus, der sowohl ganz Mensch als auch ganz Gott war, heute lebt. Er regiert zur Rechten des Vaters, und er lebt im Herzen eines jeden, der ihm sein Leben geschenkt hat.

Ich werde dieses Wochenende mit meiner Familie verbringen – meinem Vater, meinem Mann, meiner Schwester und ihrer Familie. Wir werden nicht in die Kirche gehen, aber wir werden uns zusammen etwas Zeit nehmen, um an das Wunder zu denken, das vor rund 2000 Jahren auf dieser Erde geschehen ist.

Jesus ist…

…alive and kicking!

In diesem Sinne: allen frohe Ostern!

Clod lach schneidLetzten Mittwoch habe ich mich ein klein wenig in unseren Bundespräsidenten verliebt.

 

Nicht wegen seines medialen Desasters vor zwei Wochen, sondern wegen dem, was an einer Verhandlung des Nationalrats zur Unternehmenssteuerreform passierte. Aber rekapitulieren wir kurz die Events der Schmach und Schande und der zumindest in meinen Augen wundersamen Auferstehung des Johann Schneider-Ammann.

Am 6. März hat sich unser Bundespräsident in der ganzen Welt einen Namen gemacht, als er am Tag der Kranken mit steinerner Miene darüber sprach, dass Lachen gesund sei. Dabei vergaß er auch nicht, in prophetischer Voraussicht zu erwähnen, dass das Lachen über andere nicht zu den guten Sorten des Lachens gehörte.

Die Videobotschaft verbreitete sich innert Kürze auf allen Kanälen und sorgte weltweit für Erheiterungsstürme, bis sogar die bekannte US-Talkshow Last Week Tonight mit Showmaster John Oliver unserem Bundespräsidenten ein paar Minuten Sendezeit widmete. Unerwartet waren Schneider-Ammanns 15 Minuten des Ruhms angebrochen – aber kaum so, wie er sich das vorgestellt hatte (wobei ich sowieso bezweifle, dass er es auf Ruhm in Form von öffentlicher Bewunderung abgesehen hat).

In den darauffolgenden Tagen wurde überall diskutiert, wie es zu dieser Kommunikationspanne kommen konnte, dann schlief das Ganze langsam ein. Herr Schneider-Ammann äußerte sich meines Wissens nicht zu dem Ganzen – bis zu jener Szene im Parlament. (Siehe Video – lässt sich leider nicht anders darstellen).

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Was war geschehen? Schneider-Ammann referierte zur Unternehmensreform, als plötzlich sein Mikro versagte. Er sah erst etwas irritiert in die Runde, dann lachte er. Das wieder zum Leben erwachende Mikrofon fing die letzten Lacher auf, worauf er trocken bemerkte: „Ça me donne la chance de rire.“ Es folgten Gelächter und Applaus im Saal, worauf er anfügte“…et ça au moment juste“. Noch mehr Applaus. Mit dem Satz „Okay. C’était une autre affaire“ schloss er das Thema ab und fuhr dann in gewohnt trockener Manier mit dem traktandierten Geschäftspunkt fort.

Ich fand das Ganze so sympathisch und gut getimt, dass ich mich kurz fragte, ob es vielleicht orchestriert war – aber wirklich nur sehr kurz, denn ich bin sicher, dass er es geplant nie so hingekriegt hätte. Diesen Moment, in dem er über sich selbst lachen konnte und damit die Sympathien auf seiner Seite hatte, habe ich Schneider-Ammann von Herzen gegönnt.

Und mir ist wieder einmal klar geworden, wie wichtig es ist, über sich selbst lachen können, und wie viel diese Fähigkeit oder Unfähigkeit über uns aussagt.

Wer über sich lachen kann, beweist, dass er sich nicht für den Nabel der Welt hält und sich nicht zu ernst nimmt. Er verfügt über eine gesunde Portion Demut, geboren aus dem Wissen, dass er nicht alles kontrollieren kann, nicht perfekt ist und es auch nicht sein muss. Aus all dem spricht Bescheidenheit, Realitätssinn und gleichzeitig ein geerdetes Selbstvertrauen.

Das Unvermögen, über sich selbst zu lachen, kann verschiedene Gründe haben. Manche Menschen sind tief traumatisiert und haben das Lachen an sich verlernt, und anderen fehlt diese gesunde Portion Selbstvertrauen. Sie fürchten das Urteil anderer, haben Angst davor, ausgelacht zu werden und sehen jedes kleine Missgeschick als Katastrophe an, über die sie beim besten Willen nicht lachen können.

Viel öfter aber  sind Unfähigkeit und Unwille, über sich selbst zu lachen, meiner Ansicht nach ein Zeichen von Stolz, Arroganz und Dünkel. Wenn wir nicht über uns lachen können, nehmen wir uns zu ernst, halten uns für etwas Besseres und wollen jeden um uns herum kontrollieren. Wer nicht über sich lachen kann, neigt auch eher dazu, eigene schlechte Eigenschaften oder Fehler zu verleugnen.

Wenn ich mir diese Liste von Eigenschaften ansehe, wird mir klar, wie wichtig es ist, dass Personen mit Macht und Führungsverantwortung, wie begrenzt sie auch sein mag – über sich lachen können. Und je mehr ich darüber nachdenke, desto weniger möchte ich jemanden an der Spitze meines Landes, meiner Region, meiner Kirche oder meines Vereins haben, der nicht über sich lachen kann. Wer sich selbst für perfekt hält und wem die Demut fehlt, eigene Schwächen zu erkennen und dazu zu stehen, der sollte meiner Meinung nach nicht führen.

Führungsverantwortung ist eine ernste Angelegenheit. Wer führt, übernimmt in erster Linie eine Bürde – ihm wird das Wohlergehen einer bestimmten Anzahl Menschen anvertraut, und damit einher gehen Autorität und Macht über diese Menschen. Ein Leiter kann und muss  Entscheidungen treffen, die das Leben anderer beeinflussen. Als Vorgesetzter muss ich jemanden entlassen, wenn er seine Arbeit nicht macht und damit nicht nur dem Geschäft schadet, sondern seinen Arbeitskollegen Mehrarbeit aufbürdet. Als Leiter eines Teams muss ich mir das Mitglied zur Brust nehmen, das das Klima vergiftet. Gleichzeitig muss ich bereit sein, mich selbst zu reflektieren. Ich darf  meine Stellung nicht dazu missbrauchen, nur meine eigenen Wünsche durchzusetzen, sondern muss  immer das Wohl des Ganzen im Auge behalten. Ohne eine Mischung aus gesundem Selbstvertrauen und Demut geht das nicht.

Wenn ich in diesen Tagen einen Blick über den Atlantik werfe, beschleicht mich ein ungutes Gefühl. Irgendwie erweckt keiner der Frontrunner im amerikanischen Wahltheater den Eindruck, dass er oder sie wirklich über sich selbst lachen kann, und in Anbetracht der einflussreichen Stellung, die die USA immer noch haben, bete ich zu Gott, dass er die Wahl eines machtverliebten, narzisstischen US-Oberhaupts irgendwie abwendet.

Führe ich mir unter diesem Aspekt unseren Bundespräsidenten und den Rest der schweizerischen Regierungsmannschaft vor Augen, stimmt mich das ganz zuversichtlich. Unser politisches System bringt offensichtlich keine Narzissten und Despoten hervor, sondern pragmatische Menschen, die ihr Amt als Verantwortung und nicht als Machtstellung betrachten, die mit anderen im Team arbeiten  und – wie gerade bewiesen – über sich selbst lachen können.

Lachen ist gesund und befreit, und das Lachen über sich selbst ist etwas vom Befreiendsten, was es gibt. In diesem Sinne: Weiter so, Herr Bundespräsident!

 

gold-bear-318359_1920 kleinIn letzter Zeit grassieren auf Facebook ominöse Tests, die alle etwas gemeinsam haben. Egal, ob es um Geografie, Sichtstärke, analytisches Denken oder Intelligenz per se geht –  die Test fangen alle  mit dem gleichen Satz an:

„Nur 4 (oder 1, 2, 3) Prozent der Bevölkerung kann diese Fragen richtig beantworten.“

Seltsamerweise gehören alle meine Facebookfreunde zu dieser Gruppe, und – Überraschung – ich selbst auch. Denn ich gebe es zu: Ich konnte auch nicht widerstehen. Ich habe den Sichttest gemacht und erfahren, dass ich Pilotin werden könnte, was mich einen winzigen Moment stolz gemacht hat (ich kann ab und zu etwas beschränkt sein). Doch je mehr sich diese Tests häufen, desto klarer wird jedem, dass es nur darum geht, möglichst viele Leute auf die Seite zu locken und sie dazu zu bringen, das Zeug weiter zu verteilen.

Und an welche Eigenschaft des Menschen appelliert man da am besten?
Eitelkeit, Stolz und das Verlangen, etwas Besonderes zu sein.
Besser als die anderen. Zu einer Elite zu gehören.

Und es funktioniert bestens: Die Ansage „nur x Prozent…“ macht uns neugierig. Gehöre ich dazu? Wir füllen das Ding aus, und oh Wunder: Wir sind dabei! Ist es nicht genial? Und sofort teilen wir das phänomenale Resultat (vielleicht noch mit einem verspielt-bescheidenen „hätte ja nicht gedacht, dass ich…“), damit die Welt weiss, dass wir zur Spitzengruppe gehören.

Der Mensch ist ein seltsames Wesen: Er will dazu gehören, Teil der Meute sein, will aber auch herausragen, und er versucht mit allen Mitteln, das irgendwie zu schaffen. Geld, Kleidung, Erfolg, Partner, Erleuchtung – die Möglichkeiten sind grenzenlos. Nur: Nichts davon wird mir letztlich die Gewissheit geben, wirklich „besonders“ zu sein, und alle diese Errungenschaften stehen auf wackligen Füssen.

Dabei brauchen wir diese Tests alle nicht, um zu wissen, dass wir besonders sind. Wir sind alle besonders, und das ist vielleicht der Grund, warum das vielen von uns nicht schmeckt.

Wenn Gott bei Buzzfeed einen Test anbieten würde, würde da stehen:
100% der Bevölkerung, die den Test machen, haben sich als einzigartig, wunderbar und etwas Besonderes erwiesen.“

Das hört sich lahm an. Was soll besonders daran sein, wenn alle es haben können? Wenn wir den Inhalt und die Wahrheit dieser Aussage erfassen wollen, müssen wir unseren Stolz ablegen – diese Eitelkeit, die nicht nur „besonders“ sein will, sondern „besonderer als alle andern“.

Wenn wir erkennen und bis ins Innerste unserer Persönlichkeit begreifen, wie besonders, wie geliebt, wie einzigartig wir wirklich für Gott sind, erkennen wir schlagartig, wie nichtig all die anderen Contests, Tests, „Wer hat und ist mehr“-Wettbewerbchen wirklich sind.

Und wir werden frei, einfach zu sein. Unser Leben zu leben, anderen zu begegnen, ohne ständige Vergleiche anzustellen, einander einfach für das zu schätzen, was wir sind. Menschen mit einer einmaligen Mischung aus Stärken und Schwächen, mit einer einzigartigen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft.

Geliebt von Gott.