Friedhofrundgang 1Die warmen Monate zeigen auch im Garten ihre Wirkung, und unser Flieder schickt sich an, voll zu erblühen. Weil die Pracht von kurzer Dauer ist, nutze ich die Gelegenheit: Ich bewaffne mich mit einer Gartenschere, schneide die schönsten Äste heraus und mach mich auf den Weg zum Friedhof, um das Grab meiner Mutter zu schmücken.

 

Ihr Urnengrab liegt am Rand des Friedhofs. Ich stecke meinen Fliederstrauß in einer Vase in die Erde und bleibe eine Weile stehen. Wie immer erinnert mich die Grabinschrift an den Anruf meines Vaters vor bald zehn Jahren, der meine Welt so unwiederbringlich erschüttert hat. Ich halte mein traditionelles, kurzes Zwiegespräch mit Gott, nehme ihm das Versprechen ab, sich um meine Ma zu kümmern. Dann wird es Zeit zu gehen.

Friedhofrundgang 3 links

Auf dem Rückweg komme ich an einem steinernen Brunnen vorbei. Schon vor über dreißig Jahren plätscherte hier Wasser in den Trog, während meine Mutter ihre Gießkanne füllte, um die Blumen auf dem Grab ihrer Eltern zu gießen. Sie hatte mit 25 Jahren ihre zweite Tochter geboren und war mit 27 Vollwaise geworden. Ich verbrachte manchen Nachmittag nach dem Kindergarten mit ihr auf diesem Friedhof, doch erst heute erinnere ich mich an die Stille, die Trauer inmitten blühender Beete und prächtiger Bäume. Ich erinnere mich plötzlich auch an den Grabstein – rötlich, mit einem schrägen Kubus in der oberen Hälfte, wie ein symbolisches Kreuz, darunter in großen Druckbuchstaben die Namen.

Heute erinnert nichts an die Gräber. Moos, Gras und Unkraut machen sich breit, wo vorher Menschen um ihre Angehörigen trauerten. Ich suche die Stelle, wo die beiden lagen, stelle mich auf das weiche Moos und denke ihnen nach – meinen Großeltern und meiner Ma, die ihre Mutter bis zum Tod pflegte und sich danach mit der gleichen Treue um das Grab ihrer Eltern kümmerte.

Friedhofrundgang 2 linksAuf dem Weg zum Ausgang schaue ich  mir die leeren Urnengräber und die grünen Wiesen an. Irgendwo dort könnte ich auch einmal zu liegen kommen. Mir ist egal, wo das sein wird – was von mir an diesem Ort liegen wird, ist nur eine Hülle. Aber während ich mir den Grabstein vorstelle, frage ich mich, was für ein Mensch ich wohl sein werde, wenn ich das Zeitliche segne. Was wird man über mich sagen?  Womit möchte ich in Verbindung gebracht werden, wenn es soweit ist?

Die verschwundenen Gräber meiner Großeltern legen Zeugnis ab, wie schnell die materiellen Spuren unseres Daseins auf dieser Erde verschwinden. Asche zu Asche und Staub zu Staub. Wenn wir etwas hinterlassen wollen, dann muss es von anderer Natur sein.

Das Friedhofstor schließt sich hinter mir. Nach zwei Minuten habe ich die Tür zu unserem Grundstück erreicht. Ich durchquere unseren Garten und steige die Treppe zum Haus empor. Der Friedhof im Hintergrund grüßt mich mit seinen blühenden Bäumen und erinnert mich leise an den Tag, wo auf dem Grabstein mein Name stehen wird. Doch bis dahin habe ich noch einiges vor und – so Gott will – auch noch etwas Zeit dafür.

Ich will etwas hinterlassen, das in den Herzen der Menschen lebendig bleibt, und ich wünsche mir, dass mein Leben Kreise zieht. Aber am Ende ist die Größe des Kreises nicht wichtig. Es soll genügen, wenn ein einziger Mensch durch etwas, das ich gesagt, getan, geschrieben oder gesungen habe, sich selbst, die Welt und Gott mit anderen Augen sieht.

Und ich will nie aufhören, mich zu verändern und dazuzulernen. Deshalb kann ich mir auf meinem Grabstein den Satz vorstellen, den Ruth Graham, Frau von Billy Graham, für ihren Stein von einem Straßenschild übernommen hatte:

Ende der Bauarbeiten – Danke für Ihre Geduld. 

 

Was soll mal auf Deinem Grabstein stehen? Was möchtest Du unbedingt erreichen? Oder findest Du die Vorstellung ultragruselig? Ich freue mich auf Deinen Kommentar!

 

KarsamstagIch neige zu einem rotierenden Gehirn und finde es oft schwierig abzuschalten. Als ich kürzlich wieder mal versucht habe, auf andere Gedanken zu kommen, ist mir ein kleines Büchlein mit guten Tipps in die Hände gefallen. Das Besondere an dieser Sammlung von Weisheitsperlen ist, dass ich sie auf filmischen Umwegen kennengelernt habe und Euch somit meine erste Popcorn-Serien-Perle vorstellen kann.

Als ich 2009 vier Wochen in der Künstlerkommunität auf Schloss Röhrsdorf verbrachte, machte mich eine der guten Seelen im Haus mit der britischen Fernsehserie „Black Books“ bekannt, die mich mit ihrem ultraschwarzen Humor und dem Schauplatz Buchladen sofort begeistert hat. Sie handelt von Bernard Black, einem menschenhassen, kettenrauchenden und sich mit Vorliebe abends in seinem Laden betrinkenden Buchhändler, der seine Kunden schon mal mit Megafon und Besen aus dem Geschäft jagt, wenn er genug von ihnen hat und der seine Bücher so heiß liebt, dass er am liebsten gar keines verkaufen würde.

Little bookEiner seiner Kunden in der ersten Folge ist Manny Bianco. Manny ist Buchhalter und hasst seinen Job, weswegen er regelmäßig Stressanfälle kriegt. Gegen die hat er aber ein bewährtes Mittel, und genau deshalb stürmt er in Bernards Laden und fragt hektisch nach einer Ausgabe des „Little Book of Calm“, des „Kleinen Buchs der Ruhe“. Als Bernard es endlich aufgetrieben hat, reißt Manny es ihm aus den Händen, blättert wild nach einem passenden Spruch, liest ihn und wird wie durch ein Wunder ruhig und relaxt.

 

All das sieht man in den ersten drei Minuten der Folge. Wer sich die ganze Folge ansehen will, sei gewarnt – sie enthält auch ein paar schwarzhumorige Anspielungen auf das Christentum (die ersten drei Minuten sind in dieser Hinsicht ungefährlich):

Natürlich musste ich das Büchlein sofort haben und darf sagen, dass Autor Paul Wilson in das winzige Ding eine Menge guter Ideen gepackt hat. Für die paar freien Ostertage habe ich mir einige herausgepickt.

Dance till you drop – Tanze bis zum Umfallen

Einfach und wirkungsvoll. Meine Lieblingsmusik für diese Übung ist ein irischer Reel auf Maximallautstärke. Es ist unmöglich, ungehemmt zu tanzen und sich dabei Sorgen zu machen.

Put your feet up – Leg die Füße hoch

Eine leichte Übung, deren Wirkung ich auch bestätigen kann. Egal ob vorm Fernseher oder auf der Veranda – wenn ich die Füße hochlagere, kriecht ein wohliges Gefühl der Ruhe in mir hoch. Allerdings führt es im Regelfall dazu, dass ich innerhalb von 15 Minuten einschlafe.

FliederSmell the blooms – Riech an den Blüten

Ich genieße Blumendüfte vor allem beim Spazierengehen und im Garten, und mein Favorit ist Flieder. Er enthält zwar nicht so viel beruhigendes Serotonin wie Lavendel und Kamille, aber sein Duft hebt zuverlässig meine Stimmung.

 

Rest in a tub – Entspanne in der Wanne

Auch ein tolles Entspannungsmittel, das mir ein bisschen schwerer fällt – nicht, weil ich es nicht mag, sondern weil ich mir oft die Zeit nicht nehme. Dabei gibt es nicht Schöneres, als bei Kerzenschein in warmem Wasser zu liegen, ein Buch zu lesen oder einfach nur auszuruhen.

Neben diesen praktischen Mittelchen hat der Autor natürlich auch ein paar andere auf Lager, die einem etwas schwerer fallen können.

Worry when the time comes – Sorge Dich, wenn es soweit ist

Es fällt mir nicht so schwer, mir keine Sorgen um Dinge zu machen, die wahrscheinlich nie eintreffen werden, aber oft halten mich Gedanken wach, wie bestimmte Dinge wohl herauskommen, ob alles klappt, wie es sollte, und was wenn nicht. Ich muss mir immer wieder sagen, dass ich diese Sorgen abgeben muss, weil ich nur das mir Mögliche tun kann, oder: „Give your best, God does the rest.“

Forgive on the spot – Vergib auf der Stelle

Ich habe im Lauf der Jahre ein paar größere Happen vergeben, aber sofort vergeben ist eine Herausforderung, weil sie einem wie eine Kapitulation vorkommen kann. Doch was Wilson schreibt, ist nur zu wahr – schlechte Gefühle gegen jemanden zu tragen schadet dem Träger mehr als dem Empfänger. Ich habe gemerkt, dass schon der Wille, sofort loszulassen, dazu führt, dass die innere Last leichter wird und ich freier werde.

Seek the best in everything – Such in allen/m das Beste

Danach zu leben heißt nicht, naiv oder unvorsichtig zu sein oder den gesunden Menschenverstand auszuschalten. Für mich heißt es, dass ich der Welt und den Menschen erst einmal mit Wohlwollen begegne und glauben will, dass ich auch Wohlwollen ernte. Es wird mit jedem Lebensjahr schwerer, weil wir alle mal erleben, dass uns übel mitgespielt wird. Aber ich will dabei bleiben, die Menschen und die Welt so zu sehen. Lieber kriege ich eins mehr auf die Nase, als dass ich mich der „Der Mensch ist des Menschen Wolf“-Fraktion anschließe. „L’enfer c’est l’autre“ (Die Hölle ist der andere) gilt für mich nur beim Frühstück.

Say your prayers – Sprich Deine Gebete

Das darf natürlich nicht fehlen. Wenn mir einige der Mittel noch schwerfallen, kann ich auf das Gebet zurückgreifen. Denn auch wenn es ähnlich wirken kann, ist mein Gebet keine Meditationsübung – es ist ein Gespräch und ein Hilferuf mit einem realen Empfänger. Genau darum beruhigt und tröstet es mich.

Der Tag dazwischen

An diesem „Samstag der Grabesruhe“ erinnern mich viele der Tipps von Paul Wilson daran, dass der richtige Umgang mit Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft viel dazu beiträgt, wie erfüllt und zielgerichtet ich leben kann. In diesem Sinne wünsche ich Dir und mir im Hinblick auf Ostern, das Fest der Erneuerung und Auferstehung:

  • Dass wir erkennen und akzeptieren können, wann wir Abschied nehmen müssen. 
  • Dass wir uns daran freuen können, dass jeder Abschied Platz für Neues macht.
  • Dass wir darauf vertrauen dürfen, dass Gott weiß, was in unserem Leben sterben, was neu hineinkommen und was eine Auferstehung erleben soll. 

In diesem Sinn von Herzen frohe Ostern!

Leuchtender Baum 3 links

Broken meIch habe eine Menge Spaß am Bloggen. Ich liebe es, meine Gedanken, Eindrücke, Albernheiten, offenen Fragen und Einsichten mit einer wohlwollenden Leserschaft zu teilen, und ich freue mich immer wie ein Schneekönig, wenn ich sehe, dass meine Beiträge gelesen werden.

Doch oft spüre ich beim Schreiben auch einen inneren Spagat: Ich möchte mit meinen Texten ermutigen, herausfordern und zum Nachdenken anregen, während ich selbst ein fehlerbehafteter Mensch bin, der jeden Tag dazulernt.

Vielleicht kennen Psychologen und Pastoren ähnlich schizophrene Gefühle: Wer von der Kanzel herunter „den richtigen Weg“ verkündigt oder in seiner Praxis Klienten berät, erweckt gewollt oder ungewollt den Eindruck, alles zu wissen und das Leben im Großen wie im Kleinen verstanden und im Griff zu haben. Dem ist natürlich nicht so – weder bei Pastoren, noch bei Psychologen und schon gar nicht bei kleinen Weisheitsperlen-Bloggern wie mir.

Dieses Wissen um meine tönernen Füße stört mich nicht, solange mein Leben in geordneten Bahnen verläuft und ich keine großen Klippen umschiffen muss. Dummerweise lassen sich die nie ganz vermeiden, und jedes Mal, wenn es wieder so weit ist und ich wie der Esel am Berg stehe, frage ich mich, wo ich eigentlich die Lizenz und die Berechtigung zum Darbringen meiner persönlichen Einsichten hernehme. Wie kann ich mich erdreisten? Müsste ich dafür nicht ein in jeder Hinsicht in sich ruhender, abgeklärter, problem- und krisenunbehafteter Mensch sein, der nie etwas Falsches tut, sich immer im Griff hat oder zumindest den Heiligenschein erster Stufe errungen hat?

Wenn ich diese Gedanken dann weiterspinne und mir vorstelle, dass Ihr alle von mir erwartet, jede niedergeschriebene Weisheit und Erkenntnis schon umgesetzt zu haben und in jeder Situation den Maßstäben jedes Posts gerecht zu werden, möchte ich mich am liebsten unter einem Stein verkriechen oder mich künftig auf Themen wie „Hortensienschneiden für Anfänger“ oder „Meine Top 5 Pasta-Sorten“ beschränken.

Zum Glück fällt mir dann meistens ein, dass es auf dieser Erdkugel keinen einzigen Menschen gibt, der wirklich ohne Makel ist und dass Kanzeln, Therapiepraxen und diese Ecke der Blogosphäre ohne all die fehlerhaften, noch nicht alles wissenden und umsetzenden Menschen leer wären. Dann krieche ich zögernd unter meinem Stein hervor, setze mich vorsichtig an den Laptop und fange wieder mit Schreiben an.

Und damit ich das weiterhin kann und nicht so schnell wieder unter den Stein muss, will ich es offiziell festhalten. Hier also mein „Etiam ego“-Geständnis:

Meine lieben Blogleser von fern und nah – ich liebe es, meine Gedanken mit Euch zu teilen und mich mit Euch darüber auszutauschen. Mein Herz springt, wenn ich sehe, dass meine Beiträge gelesen werden, und ich freue mich besonders, wenn Ihr etwas mitnehmen könnt. Ich bin sicher, dass Ihr das Folgende wisst und nichts anderes annehmt, aber ich schreibe es trotzdem – für mich und für die wenigen, so es sie geben sollte, die etwas anderes geglaubt haben.

Ich weiß nicht alles und kann nicht alles. Manchmal weiß ich, wie ich sollte, und tue es doch nicht. Und manchmal wache ich auf, reibe mir entsetzt die Augen und frage mich, wie in aller Welt ich bloß hierhin geraten konnte. Ich habe und mache meine Fehler. Ich strauchle, scheitere. Rapple mich wieder auf. Life is a mess – or is it me?

Ich hoffe, Ihr könnt damit leben. Ich selbst finde es befreiend, von anderen zu hören, dass sie auch Fehler haben. Das heißt nicht, dass wir unsere Macken zelebrieren oder darin verharren – es bedeutet, dass wir einander eingestehen, dass wir uns auf einem Weg befinden und uns gegenseitig ermutigen, auf diesem Weg weiter zu gehen. So helfen wir einander auch dabei, unser wahres Gesicht zu zeigen. Und für mich gibt es nichts Schöneres als Orte, an denen ich mich nicht maskieren muss.

Darum bin ich auch dankbar für meinen Glauben. Unter Menschen werden wir immer wieder darum kämpfen und uns davor fürchten, einander unsere Narben und Warzen zu zeigen. Ich bin dankbar, dass es in Jesus eine Person gibt, die mich hier und jetzt, mit allem Schönen und allem Hässlichen, allem Geheilten und allem Zerbrochenen bedingungslos annimmt und liebt. Auch er will mich nicht so lassen – er wird mein Leben lang geduldig zu mir sprechen und mir zeigen, wo ich noch Heilung und Veränderung brauche.  Aber weil ich weiß, dass er mich schon im unvollkommenen Zustand liebt, bin ich bereit, ihm auch offene Wunden hinzuhalten.

DrelliUnd zu guter Letzt:
Die Hortensienschneidtipps überlasse ich den Spezlialisten, aber meine liebsten Pastavarianten sind „Drelli“, „Krawättli“, „Spiräli“, „Müscheli“ und „Hörnli“. Wer jetzt noch weiss, wo ich meine Pasta kaufe, bekommt den goldenen Besserwisser.

Popcorn-PerlenMan stelle sich heute einen Film vor, in dem die Abräumer der aktuellen Musikszene zusammen mit den bekanntesten Schauspielern der Generation gemeinsam vor der Kamera stehen. Wie würde das wohl aussehen – Rihanna und Adele mit Matthew McConaughey und Scarlett Johannson?

 

Wahrscheinlich habe ich mich gerade als nicht „up to date“ geoutet, aber egal, wer heute zu den Stars gehört: ich glaube nicht, dass sie einen so zauberhaften, witzigen und musikalisch genialen Film zustande bringen würden, wie es Frank Sinatra, Bing Crosby, Grace Kelly und Louis Armstrong mit „High Society“ (Die oberen Zehntausend) gelungen ist.

Ich habe den Film zum ersten Mal vor etwa zwanzig Jahren gesehen. Damals lief er zufällig an einem Sonntagnachmittag auf ZDF, ich habe reingeschaltet und bin hängen geblieben. Irgendwann habe ich ihn mir auf DVD gekauft und inzwischen sicher zwanzigmal gesehen. Er hat eine zeitlose Magie und schafft es immer, mir ein Lächeln auf die Lippen zu zaubern.

Der Film ist 1956 entstanden und war Grace Kellys letzte Arbeit vor ihrer Heirat mit Fürst Rainier von Monaco. Sie spielt darin Tracy Samantha Lord, eine junge Frau aus gutem Haus, die vor ihrer zweiten Hochzeit steht. Bing Crosby (bekannt unter anderem für seine „White Christmas“-Version) spielt ihren Ex-Mann Dexter Haven, einen ebenfalls aus sehr gutem Haus stammenden Jazzmusiker. Die beiden sind nebeneinander aufgewachsen und haben sich jung verheiratet, aber wieder getrennt, weil Tracy sich gewünscht hätte, dass Dexter eine konventionellere Laufbahn einschlägt – Jazz war damals gerade erst im Kommen und galt noch nicht als sehr respektables Musikgenre. Kurz vor Tracys Hochzeit mit George, der in der Firma ihres Vaters Karriere macht, kommt Dexter wegen des Jazz Festivals von Newport nach Hause – allerdings auch mit dem heimlichen Wunsch, Tracy wieder für sich zu gewinnen.

Zusätzlich kompliziert wird die Lage, weil eine Boulevardzeitung eine unappetitliche Geschichte über Tracys Vater als Druckmittel benutzt, um vor Ort über die Hochzeit zu berichten. Reporter Mike Connors, gespielt von Frank Sinatra, und Fotografin Liz Imbrie tauchen auf dem Herrensitz der Lords auf und sorgen für Spannung, da Mike ebenfalls von Tracy fasziniert ist, während Liz schon lange heimlich in Mike verliebt ist.

Die Ereignisse überschlagen sich an der Junggesellenparty für Tracy, an der sie, beschwingt von etwas viel Champagner, erst einen heißen Kuss mit Dexter teilt und danach ein mitternächtliches Bad im Pool mit Mike Connors nimmt. Als Mike sie nach Hause bringt, werden die beiden von Dexter und George ertappt. So dämmert der Hochzeitstag heran, ohne das klar ist, ob es überhaupt eine Hochzeit geben wird.

Es gibt dann doch eine: Wie wir es uns heimlich gewünscht haben, heiraten Tracy und Dexter ein zweites Mal, der düpierte George macht sich von dannen und Mike entdeckt seine Liebe für Liz.

Was diesen Film so wunderbar macht, ist neben einer spannenden Story, tollen Schauspielern und einer schönen Szenerie die überragende Musik. Als bekanntestes Stück gilt das wundervolle Liebesduett „True Love“, das schon verschiedentlich nachgesungen wurde, ohne dass jemand an das wunderbare Original herangekommen wäre:

Quelle: Youtube

Ein besonderer Leckerbissen ist auch „Now you has Jazz“, in dem Bing Crosby uns Schritt für Schritt am „lebenden Objekt“ erklärt, wie Jazz entsteht, und in dem der legendäre Louis Armstrong einen brillanten Einsatz hat:

Quelle: Youtube

Mein „all time favourite“ Song dieses Films ist das Duett von Frank Sinatra und Bing Crosby in der Bibliothekbar. Falls Ihr sonst gerade keine Zeit habt, Euch einen Clip anzusehen, lege ich Euch den wärmstens ans Herz: ich garantiere Euch, dass Ihr ein Lächeln auf den Lippen und eine Leichtigkeit im Kopf spürt, als hättet Ihr selber gerade ein Gläschen „bubbling champagne“ genossen.

 

Wer nach all meinen Infos noch einen kleinen Snack nehmen will – hier der offizielle Trailer zum Film.

 

Welche Filme könnten Ihr zwanzigmal sehen? Und schaut Ihr Euch überhaupt so alte Schinken an? Ich freue mich auf Euren Kommentar!

Alte Schätze 2Mein Mann und ich sind keine großen Aufräumer vor dem Herrn – das Gästezimmer unseres Hauses war so lange eine Abstellkammer, bis sich ein Übernachtungsgast ankündigte. Dann war kurz etwas Hektik angesagt, weil wir noch ein Schlafsofa brauchten und den Raum entrümpeln mussten. Im Zuge dieser Aktion warf ich einen Blick in die obersten Einbauschränke und entdeckte ein paar ungeahnte Schätze.

Einer war ein uralter frommer Frauenroman namens „Der Gottesstrauch“, der andere ein Buch über Heilkräuter, wieder ein anderer eine alte Stickvorlage. Sie alle stammten von den Vorbesitzern unseres Hauses – Überbleibsel einer anderen Zeit, die offenbar niemand mehr gewollt hatte und die jetzt uns gehörten.

Als „History Nerd“ hat mich die Vergangenheit schon immer fasziniert. Beim Betrachten dieser alten Schätze wurde mir bewusst, dass ich auch in meiner Vergangenheit und im Leben meiner Vorfahren immer wieder auf etwas Neues und Interessantes stoße. Mein Vater erzählt davon, wie er als Junge mit seinen Geschwistern regelmäßig im nahe gelegenen Wald Fallholz sammelte und Hagebutten erntete. Meine Mutter überlieferte mir die Erinnerung an ihre eigene Mutter, die Zuhause in Heimarbeit Uhrenteile fertigte.

Alte Schätze 1 linksPhilipp Anton von Segesser, ein Schweizer Politiker des 19. Jahrhunderts und Spross einer verarmten Adelsfamilie, wusste über seine Vorfahren so ziemlich alles. In seiner Autobiografie schwelgt er in Erinnerungen an die Ferien, die er als Junge auf dem alten Landsitz der Familie verbrachte. Dabei beschreibt er, wie er durch den „großen Saal“ schritt und sich wieder und wieder die Bilder seiner Ahnen ansah, vor denen er große Achtung hatte. „Ich kannte alle, wusste die Geschichte aller und freute mich, dass keiner ein Volksbedrücker gewesen, dass alle ehrenhaft durch das Leben gegangen, dem Vaterland mit Ehre gedient und ihre Namen untadelhaft erhalten hatten.“

Sein Blick auf seine Vorfahren dürfte nicht völlig objektiv gewesen sein – schließlich hat jeder Mensch auch seine Schwächen. Aber aus seinen Worten spricht eine tiefe Verbundenheit und ein Bewusstsein für die eigenen Wurzeln, auch ein Stolz auf die edlen Charakterzüge, die seine Vorfahren über Jahrhunderte unter Beweis gestellt haben.

Beschämenderweise muss ich gestehen, dass ich schon über die Generation meiner Großeltern erschreckend wenig weiß, ganz zu schweigen von allen, die davor gelebt haben. Doch von Segessers Worte haben meine Neugierde geweckt. Aus was für einer Linie von Menschen stamme ich? Gab es darunter Missionare oder Menschenfresser, Wohltäter oder Übeltäter? Und wieviel davon trage ich weiter?

Alte Schätze 6Wenn ich an meine Großmutter väterlicherseits denke, fällt mir ihre unerschrockene kleine Gestalt ein und das legendäre Zitat „Tue recht und scheue niemand“, das mein Vater auch gern zum Besten gibt und das sie oft verwendete. Obwohl „recht tun“ ein schwieriger Begriff ist und ich mir bewusst bin, dass ich jeden Tag Fehler mache, ist diese Lebenshaltung doch von ihr auf meinen Vater und auf mich übergegangen. Denke ich an den Clan meines Vaters, berührt mich der starke Zusammenhalt unter den Geschwistern. Und ich freue mich an den in verschiedenen Formen hervorblitzenden Humor und der interessanten Tatsache, dass mein Vater und seine Brüder allesamt charakterstarke, humorvolle und eigenständige Frauen geheiratet haben, die sich nichts vormachen lassen.

Über die Familie meiner Mutter weiß ich weniger, auch weil sie nicht mehr lebt und mir ihre Erinnerungen nicht mehr weitergeben kann. Dafür denke ich gern an die gemeinsame Leidenschaft meiner Eltern für die Jugend und ihren Einsatz für die sozial Schwächeren. Und ich erinnere mich an Mutters heitere Genügsamkeit, ihre Liebe zu spannenden, humorvollen Geschichten und ihren klaren Blick hinter die Fassade der Menschen.

Wie es bei von Segessers Ahnen den einen oder anderen Tintenfleck im Reinheft gab, hat sicher jede Familie auch ihre dunkleren Seiten. Wir alle kennen Charakterschwächen, alte Wunden und verhärtete Einstellungen, die über unsere Familienbande manchmal Eingang in unsere Herzen finden. Es ist befreiend, wenn ich mir klarmache, dass ich die Wahl habe, was ich weitertragen und weitergeben will und was nicht. Natürlich ist es mit der Wahl, etwas loslassen zu wollen, nicht getan, aber ohne die bewusste Entscheidung, ein bestimmtes Muster loslassen zu wollen, wir ganz bestimmt nichts passieren.

Im Guten wie im weniger Guten empfinde ich das Bewusstsein für die Vergangenheit als etwas Erdendes, das mich im Leben verankert. Es erinnert mich daran, dass alles eine Geschichte hat und dass ich mich selbst und andere nur verstehen kann, wenn ich einen Blick hinter die Kulissen und in die Vergangenheit werfe.

Alte Schätze 4

Alte Schätze 5 linksIm Schrank meines Gästezimmers habe ich auch eine über hundertjährige Bibel entdeckt. Sie enthält einen handschriftlichen Eintrag und ein altes Lesezeichen. Diese Fundstücke sprechen von der Zuversicht, dass Gott meine Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft in seinen Händen hält und mir beisteht, wenn ich ins Trudeln gerate oder nicht weiß, wie es weitergehen soll.

Was weißt Du über Deine „Ahnen“ – gehst Du Dir auf dem Familiensitz die Ölgemälde anschauen, oder beruht Dein Wissen auch eher auf den Überlieferungen Deiner Familie? Ich freue mich auf Deinen Kommentar!

Garten 2Seit mein Mann und ich unser renoviertes Haus mit eigenem Umschwung bezogen haben, habe ich die Gartenarbeit neu entdeckt. Es bereitet mir Freude, im eigenen Boden zu buddeln und meine Pflanzen zu pflegen, auch wenn nicht jede Arbeit gleich viel Spaß macht. Bei Licht besehen, fordern viele Gartenaktivitäten ein bisschen Überwindung und Geduld.

 

Mit dem Jäten fängt es an, dieser wahren Sisyphus-Arbeit. Egal, wie oft ich lästiges Unkraut ausgrabe, erscheint es an der gleichen Stelle ein paar Wochen später wieder, als wäre nichts gewesen. Das reziproke Gartenprinzip sorgt zudem dafür, dass sich das am schnellsten verbreitet, was man am wenigsten brauchen kann. Ein Rätsel von mystischem Ausmaß sind die Steine im Blumenbeet: jedes Jahr klaube ich sie mühseligst kübelweise aus der Erde, und trotzdem  liegen sie im nächsten Jahr wieder da. Jedes Umgraben und jeder Regenguss fördern eine neue Ladung zutage – so geheimnisvoll wie die biblische Brotvermehrung, aber bei weitem nicht so amüsant.

Besser gefällt mir das Zuschneiden der Sträucher. In unserem Garten wachsen unter anderem Sommer- und normaler Flieder, Hortensien, Forsythien, ein Goldregen und eine Magnolie, und jede Sorte hat so ihre Tücken. Manche Sträucher müssen radikal zurückgeschnitten werden, weil sie sonst in den Himmel wachsen, bei anderen muss man behutsam ans Werk gehen. Beim Zuschneiden erlebe ich immer wieder, wie sich mein Blick schärft. Erst sehe ich nur ein Gewimmel von Ästen. Ich fange an, schneide einen verdorrten Ast heraus und arbeite mich weiter vor. Je länger ich arbeite, desto schneller sehe ich,  wo ein abgestorbener oder verkümmerter Ast einem gesunden den Platz wegnimmt oder eine schräge Richtung eingeschlagen hat.

Zur Schwerstarbeit gehört das Entfernen von alten Brombeerranken. Wenn mir die Zeit fehlt oder ich keine Lust habe, schneide ich die Ranken nur ab, doch dann ist innert Kürze wieder alles beim Alten – man verheddert sich in Dornen, was gefährlich für die Kleider und manchmal sogar für Hände in Handschuhen ist. Um das Zeug wirklich loszuwerden, muss man tief graben, und die Wurzel herausholen.

Seit ich mehr schreibe, ist die Gartenarbeit als kreativer Ausgleich in den Hintergrund gerückt, aber ich schätze sie immer noch sehr: ich bewege mich an der frischen Luft, die ich als Schreibsler und Stubenhocker gut brauchen kann, und ich sehe nach einem Nachmittag im Garten, was ich geschafft habe. Vor allem aber inspiriert  mich diese Arbeit auf besondere Weise und schenkt mir einen neuen Blick auf meinen Alltag und darüber hinaus.

Wenn ich die ollen Steine aus der Erde pulle und den gefühlt tausendsten Löwenzahn ausgrabe, fallen mir all die Situationen ein, in denen ich einfach treu tue, wonach mir gerade nicht ist. Im Job, im Haushalt und in meinen Beziehungen stehe ich jeden Tag vor wiederkehrenden, manchmal mühseligen Aufgaben. Wenn ich sie tue, ernte ich den wunderbaren Lohn in guten Beziehungen, einem aufgeräumten Haus, in dem man wirklich auftanken kann, und in der Zufriedenheit, wenn ich nach getaner Arbeit nach Hause gehe.

Wenn ich an einer Hortensie herumschnipple, muss ich daran denken, dass auch mein Leben und mein Charakter von Zeit zu Zeit einen Rückschnitt brauchen. Wenn ich mich verzettle, muss ich etwas herausschneiden, damit anderes Platz zum Wachsen hat. Wenn ein Charakterzug nur Negatives hervorbringt, muss ich ihn radikal entfernen. Und mit der Zeit erkenne ich schneller, wo etwas zurechtgeschnitten werden muss.

Wenn ich im Schweiße meines Angesichts versuche, an die elenden Brombeerwurzeln heranzukommen, fallen mir Verletzungen und Fehler aus der Vergangenheit ein. Manchmal muss ich harte Arbeit investieren, um loszulassen oder mir selbst zu vergeben. Doch es ist Arbeit, dies ich lohnt: wenn ich Vergangenes wirklich loslassen kann, lebe ich freier und bewusster.

Wie ich in einem anderen Post geschrieben habe, übersteigen diese inneren Reinigungs- und Aufräumungsprozesse manchmal meine Fähigkeiten: Was muss raus, was soll wachsen? Und wie schaffe ich es, Vergangenes loszulassen, ohne es einfach herunterzudrücken und mit ein bisschen Erde zuzudecken? Ich bin froh, dass ich diesen Prozess mit Gott angehen kann,  und vertraue darauf, dass Er mir zeigt, wo ich ansetzen muss.

Und wenn all diese Arbeiten getan sind, kommt im Garten wie im Leben immer wieder ein Moment, wo ich ernten kann. Wo ich mich auf meine Bank setze und die Blumenpracht genieße, und wo ich in der Rückschau erkennen darf, dass sich ein paar richtige Entscheidungen letztlich gelohnt und Früchte getragen haben.

Wie stehst Du zur Gartenarbeit – top oder Flop? Bei welcher profanen Tätigkeit überfallen Dich tiefe Einsichten? Ich freue mich auf Deinen Kommentar!

??????????Irland begeht heute den legendären St. Patrick’s Day, und das  nicht nur auf der grünen Insel – überall auf der Welt feiern Irischstämmige und Irland-Fans diesen Festtag, trinken grünes Bier und färben auch mal einen Fluss ein (ja, die spinnen, die Iren!). Ich habe es letztes Jahr endlich auf die Insel meiner Träume geschafft, aber meine Liebe zum Land besteht sei über zwanzig Jahren. Und angefangen hat alles – einmal mehr – mit Musik.

In meinem letzten Jahr vor der Matura fragte ein Kollege aus der Parallelklasse während der Kaffeepause herum, ob jemand Lust hätte, mit ihm das Irish Folk Festival in Basel zu besuchen. Aus unerklärlichen Gründen war ich damals spontan genug, zuzusagen, was ich nie bedauert habe. Das Konzert dauerte drei Stunden, und ich kann mich nicht mehr an die verschiedenen Bands erinnern. Aber ich weiss noch genau, dass ich nach fünf Minuten total hingerissen war. Wahrscheinlich hat sich meine Verzückung in ein paar Wippbewegungen erschöpft, aber um meinen Gefühlsregungen nur einigermassen gerecht zu werden, hätte ich ein paar Saltos schlagen und quer durch die Halle tanzen müssen.

Ein paar Monate später feierte ich mitten in den mündlichen Maturaprüfungen meinen 20. Geburtstag, und mein Irish-Folk-Kollege machte mir das schönste Geschenk überhaupt: vier Musikkassetten, auf denen er seine liebsten Alben und Songs für mich aufgenommen hatte. So lernte ich die Musik von De Dannan, The Fureys und anderen legendären irischen Musikern kennen und  lieben. Die lyrischen, feinen Frauenballaden, so zurückhaltend und doch voller Sehnsucht, die melancholischen, einzigartigen Männerstimmen, und natürlich die Reels mit Geige, Akkordeon, Whistle und der treibenden irischen Trommel.

In all diesen Songs schwelt eine ungezügelte, kraftvolle Leidenschaft, etwas Unbändiges und Heftiges, das für mich zum Irischen gehört. Ich glaube, das fasziniert mich, weil ich auch so einen Kern in mir trage. Er liegt ziemlich tief und ist seiner Rohfassung (zum Glück) nur in meinen Teeniejahren zu Tage getreten, was zu einigen legendären Ausrastern führte, die ich heute nicht weiter ausbreiten werde.

??????????Heute würde mir so eine Reaktion fast niemand zutrauen. Aber wenn ich einen Reel höre, wird dieser feurige Kern geweckt. Es fängt in den Füssen an und breitet sich rasch aus, bis ich innert Kürze vom Scheitel bis zur Sohle, äusserlich und innerlich in Bewegung bin.

 

 

Diese Musik tut mir einfach gut. So paradox es klingen mag: sie wirkt ausgleichend, indem sie mich aufrüttelt und durchschüttelt und diesen feurigen Kern anstösst. So lockert sich der Teil von mir, der manchmal etwas zu starr, zurückhaltend und vorsichtig ist.

Hat vielleicht jede Musik, die uns fasziniert, etwas an sich, das uns gut tut? Komplettiert uns oder gibt uns etwas, das wir brauchen, ohne es zu wissen? Wie es auch sein mag: ich werde mir zur Feier des Paddy-Tages einen meiner Lieblingsreels anhören, die Füsse und Arme fliegen lassen und mich der Musik hingeben. Wenn ich morgen früh das hinterlistige Flüstern des Alters vernehme, das in den Hüften knackt, war es das auf alle Fälle Wert!

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Hast Du auch Musik, die Dich zum Tanzen oder Träumen bringt oder Dir einfach gut tut, ohne dass Du genau weisst warum? Oder weisst Du es vielleicht sogar ganz genau? Ich freue mich auf Deinen Kommentar!

WachsenIrgendwann habe ich im Biologieunterricht gelernt, dass sich unser Körper alle paar Jahre komplett erneuert, so dass wir rein zelltechnisch nach Ablauf dieser Zeit völlig neue Menschen sind. Diese Vorstellung ist gleichzeitig faszinierend und beängstigend – und so geht es mir manchmal auch mit dem inneren Wandel.

Wir verändern uns laufend. Mit neuen Erfahrungen kommen neue Eigenschaften zum Zug, während andere in den Hintergrund treten oder verschwinden. Außerdem sieht uns jeder Mensch ein bisschen anders. Unsere Bürokollegen sehen andere Facetten unserer Persönlichkeit als jemand, mit dem wir zusammen das Vereinsleben genießen.

Wenn ich mir überlege, wie ich mich in den letzten zehn Jahren verändert habe oder was andere wohl von mir halten, frage ich mich manchmal, wer ich denn nun wirklich bin. Bin ich der Mensch, als der ich mich sehe, oder kommt eine der Versionen, die andere sehen, der Wahrheit näher? Habe ich am Ende ein falsches Bild von mir?

Mir ist die Frage wichtig, weil ich mich nicht in die falsche Richtung entwickeln möchte. Und da ich mich selbst nicht wirklich objektiv beurteilen kann, bin ich auf die Meinung anderer angewiesen. Doch auch die ist ein zweischneidiges Schwert – ich muss lernen, damit umzugehen, wenn ich nicht im einen oder anderen Extrem landen will.

Wenn ich von vorn herein ausschließe, dass jemand etwas sehen könnte, was ich nicht sehe, werde ich jedes kritische Wort entrüstet, verletzt oder selbstgefällig von mir weisen. Damit verschließe ich mich aber auch Veränderungen, die mir nützen und mich weiterbringen könnten.

Manchmal sehen mich Menschen in meinem Umfeld aber auch gern so, wie sie mich schon immer kannten. Wenn ich dann einen Charakterzug oder eine Angewohnheit ablege, die sie besonders anziehend oder angenehm fanden, reagieren sie vielleicht irritiert auf dieses „neue Ich“. Das kann dazu führen, dass jemand versucht, mich weiterhin in die Schablone zu pressen, in der ich ihm am besten gepasst oder am meisten genützt habe. Wenn ich diesem Druck nachgebe, stehe ich mir selbst im Weg.

Wie erkenne ich, dass eine Kritik ins Schwarze trifft und ernst genommen werden sollte? Woher nehme ich die Gewissheit, dass die Veränderung, die ich in mir spüre, gut ist? Neben dem Hören auf Gott, dem ich vertraue, dass er mir die richtige Richtung anzeigt, bin ich schlicht auf echte und tiefe Beziehungen angewiesen – auf Menschen, die mich wirklich kennen, mein Bestes wollen und mich ermutigen, die es aber auch wagen und auf sich nehmen, ehrlich zu mir zu sein und mir auch das zu sagen, was ich nicht hören will. Auch dann liegt es in meiner Verantwortung, was ich mit dieser Information mache. Aber wenn mir niemand etwas sagt, kann ich den blinden Fleck nicht erkennen.

Veränderung wird immer eine Mutprobe bleiben. Ein Flusskrebs muss seinen Panzer abwerfen, damit er weiter wachsen kann. Wenn er es tut, kommt unter dem kleinen Panzer plötzlich ein größeres Tier zum Vorschein, das vorher in einem zu engen Panzer gelebt hat und sich nun endlich richtig ausstrecken kann. Nach dieser Häutung ist der Krebs verletzlich, weil er noch kein neues, hartes Außenskelett hat. Aber er muss das Risiko eingehen – weil er sonst zugrunde gehen würde.

Wir Menschen haben praktischerweise ein Innenskelett, das uns nicht am Wachsen hindert. Doch für unsere innere Veränderung brauchen wir denselben Mut, immer wieder den alten Panzer abzuwerfen, damit unser verändertes, neues Ich Platz bekommt. Wenn wir es nicht tun, riskieren wir innerlich einzugehen und zu verkümmern.

Ich wünsche Dir und mir Menschen in unserem Umfeld, die den Mut haben, uns auf Dinge hinzuweisen, mit denen wir uns und andere behindern, aber auch Menschen, die sich durch unsere Schritte auf neues Land nicht bedroht fühlen, sondern uns antreiben und unterstützen. Die uns beistehen, wenn wir wieder einen schützenden Panzer abgeworfen haben, und uns helfen, in den neuen hineinzuwachsen – damit wir zu dem Menschen werden können, als der wir gedacht sind.

Fragst Du Dich auch manchmal, wer Du wirklich bist, und ob Du in die richtige Richtung steuerst? Oder findest Du, das ist neurotisches Geschwätz :-)? Ich freue mich auf Deinen Kommentar!

Stop 2Rechtzeitig zum Beginn der Fastenzeit habe ich mich an ein Erlebnis erinnert, dass meine Fähigkeit zur Buße und Rückbesinnung in Frage gestellt hat. An
einem meiner Januarmüdigkeitstage fuhr ich ziemlich zerknittert Richtung Bern, um eine Freundin vom Flughalfen in Belp abzuholen. Um mich aufzumuntern und wach zu bleiben, stellte ich die Musik auf Dröhnstufe und sang tapfer vor mich hin.

Als ich gerade gedankenverloren um eine Kurve brauste, sah ich aus dem Augenwinkel, dezent von der Autobahn entfernt, einen Polizeiwagen. Ich nahm den Fuß vom Gas und fuhr weiter, aber ich wusste genau, dass ich deutlich zu schnell gewesen war.

Aargh.

Ich hatte mich sehr auf das Treffen gefreut, aber für den Rest der Fahrt konnte ich nur noch daran denken, was das wohl kosten würde. Ich ertappte mich dabei, wie ich Gott bat, den Kelch an mir vorübergehen zu lassen, und Ihm versprach, von heute an immer straßenverkehrsgesetzkonform unterwegs zu sein. Gleichzeitig ärgerte ich mich –  über mich selbst, weil ich so unvorsichtig gewesen war, und über die Polizei, weil sie nichts Besseres zu tun hat, als die maroden Kantonsfinanzen mit dem Geld unbescholtener Bürger zu sanieren. Man kennt das ja.

Nachdem ich mich damit abgefunden hatte, dass ich auf die Folgen meines Bleifußes keinen Einfluss mehr hatte, ging ich schnurgerade nach „Frommer Christ Art“ dazu über, mich zu fragen, ob Gott mir damit etwas sagen will – dazu sei gesagt, dass ich sehr wohl weiß, dass diese Frage nicht immer Sinn macht. In diesem Fall motivierte sie mich, für einmal mein Verhältnis zu den Autoritäten und Gesetzen meines Landes auf den Prüfstand zu stellen. Denn wenn ich ehrlich bin, stehe ich zwar in den großen Linien zu dem, was gilt – aber in der Umsetzung im Kleinen hapert es oft. Ich nehme es nicht so genau oder ärgere mich über das bürokratische Tamtam.

Schließlich habe mich nach längerem In-mich-Gehen dazu durchgerungen, dass ich kein Recht habe, mich zu beschweren. Ich lebe in einem demokratischen Land. Ich kann mich um ein politisches Amt bemühen und mich für das einsetzen, was ich wichtig finde. Ich kann eine Initiative starten, Petitionen eingeben und was weiß ich was alles. Ich kann meine Meinung an der Urne abgeben. Wird sich alles ändern, wenn ich das mache? Wohl kaum – aber solange ich nur lästere und die „Faust im Sack“ mache, bin ich mit verantwortlich für den Status quo.

Durch diese simple Bußenfrage ist mir auch wieder bewusster geworden, wie die Bibelstellen zur staatlichen Autorität zu verstehen sind. Als Christ werde ich aufgefordert, diese Autorität zu respektieren und die Gesetze zu halten. Nicht, weil es mich teuer zu stehen kommt, wenn ich es nicht tue, sondern aus Achtung vor Gott, der – so verstehe ich diese Verse – auch die Autoritäten meines Landes eingesetzt hat.

Das scheint dem Missbrauch Tür und Tor zu öffnen – aber auch die staatlichen Gesetze und Autoritäten müssen sich dem beugen, was Gott sagt. Und das wiederum nimmt mich in die Pflicht. Sobald die Gesetze von mir etwas verlangen, was Gottes Grundsätzen (z.B. der Würde des Menschen) widerspricht, bin ich in der Pflicht, mich zur Wehr zu setzen und Stellung zu beziehen. Die Beispiele von Gläubigen im Dritten Reich erinnern mich hier daran, dass das Einstehen für meinen Glauben und die Werte, die mit ihm verknüpft sind, radikalen Mut und Opferbereitschaft bedeuten kann. Aus diesem Blickwinkel betrachtet, bin ich wieder einmal dankbar: dafür, dass ich in einem demokratischen Land lebe, aber auch dafür, dass ich meinen Glauben offen leben und davon erzählen darf. Das ist auch für Christen an vielen Orten der Welt leider bis heute nicht selbstverständlich.

Mit meinem Bleifuß bin ich übrigens nochmal davongekommen. Und in Dankbarkeit und Erleichterung will ich mich künftig nicht mehr beklagen und mich stattdessen brav an die Geschwindigkeitslimiten halten, auch wenn sie manchmal unerklärlich, unvernünftig, idiotisch…aber lassen wir das. Und ich genieße nebenbei das das befreiende Gefühl, dass ich beim nächsten Anblick eines Polizeiautos keine Schweißausbrüche bekommen muss.

Kennst Du das Bleifußproblem, oder fährst Du IMMER anständig?? Und wie leicht fällt es Dir, Dich NICHT über Gesetze und Vorschriften zu ärgern? Ich freue mich auf Deinen Kommentar!

 

Blog AwardAnd now something completely different: a man with a taperecorder…nein, das war es nicht, dafür dies: Ich bin diese Woche zu besonderen Blogger-Ehren gekommen. Trix, die einen tollen Bog mit dem Namen „Das Leben ist wild!“ führt, hat mich für einen „Liebster Blog Award“ nominiert. Ich  fühle mich natürlich extremst gebauchpinselt und werde gern am „Liebster Blog Award“ Spiel teilnehmen.

Auch als Leser kannst Du davon profitieren – ich werde meine Lieblingsblogs prämieren, so dass Du ein paar neue Leseinspirationen mitnehmen kannst. Für Blogger hier kurz die Regeln:

  • Verlinke die Person, die Dich nominiert hat
  • Beantworte die von ihr gestellten 11 Fragen
  • Suche Dir 11 Leute mit entdeckenswerten Blogs, die unter 200 Follower haben, nominiere sie und informiere sie darüber
  • Überlege Dir selbst 11 Fragen für die neu nominierten Personen

Ziel ist es, die Sichtbarkeit von kleinen Blogs zu erhöhen, was ich natürlich toll finde. Für alle, die es interessiert, hier nun meine offiziellen Antworten auf die subversiven Fragen von Trix:

Was ist Dein Lieblingswort?

Liebe

Worum geht es in Deinem  Blog?

Um das Leben und was es zu bieten hat, darum, im täglichen Wahnsinn das Tiefe, Besondere und Schöne zu sehen, sich herausfordern und verändern zu lassen. Darum, wie Gott diese verrückte Leben durchzieht und was ich mit Ihm so erlebe.

Was inspiriert Dich?

Gott, Musik, die Natur, Bücher, Filme, Geschichte, Begegnungen….

Beschreibe Dich in drei Worten!

Fool for Christ – zu deutsch vielleicht „Verrücktes Huhn Christi“ (klingt einfach nur halb so gut).

Über was würdest Du gerne einmal schreiben?

Über die Zeit des Sonderbundskriegs in der Schweiz. Das klingt unglaublich trocken, aber diese Epoche mit Bürgerkrieg, konfessionellen Spannungen und der Entstehung unseres Bundesstaates fasziniert mich sehr.

Welche Themen interessieren Dich überhaupt nicht?

Handarbeit – Stricken und derlei war während meiner ganzen Schulzeit DAS grosse Demutsübungsfeld für mich.

 Was fängt Dich ein, wenn Du über einen anderen Blog stolperst?

Frische, Ehrlichkeit, Humor mit Tiefgang, ein guter, schnörkelloser Stil. Gern ein bisschen verrückt (dann fühle ich mich zuhause).

Dein Lebensmotto?

To God be the Glory

Dein Wunsch für 2014?

Dass mein aktuelles Projekt im Mai gut startet und viele Menschen inspiriert und ermutigt.

Ein No-Go für Deinen Blog? Was werden wir hier nie lesen?

„Das Häkeln einer Klopapierhülle in zehn einfachen Schritten.“ Spass beiseite: ich habe festgestellt, dass fast alle Themen möglich sind. Ich möchte aber niemals lieblos oder zu rechthaberisch sein.

Ist Dir schon mal was Verrücktes in Zusammenhang mit Deinem Blog passiert?

Ja – diese Woche hat mich so eine verrückte Bloggerin für einen Award nominiert.

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Nachdem dieser Seelenstriptease geschafft ist, schreite ich zur Nomination meiner „Liebster Blog“-Awards. Vorab gestehe ich, dass ich es nicht auf 11 gebracht habe – ich lese viele englische Blogs, die mit dem Award wahrscheinlich nicht viel anfangen können, und wollte keine deutschen Blogs angeben, die ich nicht gut genug kenne. Also dann – here they are. Es würde mich freuen, wenn Ihr dem einen oder anderen Blog einen Besuch abstattet:

Der „Theolunke“ ist eine verdächtige Mischung aus Theologe und Halunke, was ich genial finde. Er bloggt über Glauben und Leben und scheut sich nicht, auch sehr kontroverse Themen aufzugreifen und seine Standpunkte zu behaupten. Das tut er mit sehr viel Respekt und einer guten Dosis Humor.

„Das Landei“ lässt uns an seinen Erfahrungen als Selbständige „aufm Land“ teilhaben, spannend, leichtfüssig und auch hin und wieder nachdenklich.

Sarah-Maria Graber bloggt auf „Die Wortfabrik“ in kleinen, enorm feinen Dosen über das Leben in all seinen Facetten. Ihr unvergleichlicher Stil, ihr Tiefgang und der Schalk, der zwischen den Zeilen hervorblitzt, machen einfach Spass.

Christian Döring rezensiert auf „Bücherändernleben“ regelmässig spannende christliche Bücher und stellt ihre Autoren vor. Oft gibt es die Gelegenheit, ein Exemplar zu gewinnen, und immer gute Ideen für neuen Lesestoff.

Kerstin lässt uns auf „Alltagseinsichten“ persönlich und authentisch an ihren Gedanken und Erkenntnissen teilhaben – sei es bei der Entrümpelung auf allen Ebenen oder beim täglichen Versuch, sich zu Neuem inspirieren zu lassen.

Maja sucht auf „MajasuchtdasGlück“ eben dieses  grosse und kleine Glück im Alltag, und das tut sie auf eine leise, sympathische und nahbare Art, die mir sehr gefällt.

Anna öffnet auf „Buchpost“ die Schätze ihrer umfangreichen Bibliothek und rezensiert ihre Bücher intelligent und tiefgründig. Sicher findest Du das eine oder andere wieder, was Du auch gelesen hast, oder kommst beim Lesen auf gute Ideen!

Anke hat auf ihrem Blog GOOD WORD FOR BAD WORLD zwar schon mehr als 200 Follower, aber ihre Schreibe ist so genial, dass ich sie Euch einfach nicht vorenthalten kann. Wer über den täglichen Wahnsinn mit Familie, Jobs, Haushalt und was dazugehört lesen und sich dabei ab und zu kugeln will – unbedingt reinlesen!

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An die Nominierten: wenn Ihr Spass daran habt, könnt Ihr gemäss obigen Regeln am „Liebster Award“ Spiel teilnehmen; es würde mich natürlich freuen. Es ist aber keine Bedingung. Falls Ihr dabei seid, hier meine 11 heissen Fragen an Euch (einige von Trix fand ich einfach zu gut, um sie nicht auch zu nutzen:

  • Warum bloggst Du?
  • Was liebst Du am meisten daran?
  • Was findest Du eher heraufordernd?
  • Ist das Dein erster Blog, oder hast Du schon Erfahrung?
  • Was ist das Lustigste, was Du beim Bloggen erlebt hast?
  • Beschreibe Dich in drei Worten!
  • Was ist Dein Lebensmotto?
  • Was wünschst Du Dir persönlich für 2014?
  • Welche lebende Person inspiriert Dich?
  • Welche Themen inspirieren Dich?
  • Was machst Du, wenn Dir nichts einfallen will – oder gibt es das gar nicht?

Zum Abrunden und Auffüllen meiner Bloglist hier noch einige meiner liebsten englischsprachigen Blogs für Interessierte:

Kristen Lamb schreibt vor allem für andere Schreiberlinge, aber viele ihrer Ermutigungen sind für fast alle Lebenssituationen anwendbar. Sie ist enorm inspirierend und hat einen ultraschwarzen Humor, den ich einfach liebe!

Tim Fall ist Pastor und schreibt authentisch und ehrlich über seinen eigenen Kampf mit dem „guten Leben“, wagt es aber auch, kritische Fragen zu stellen und aufzurütteln.

Emily Polis Gibson bloggt auf Barnstorming die schönsten Naturfotos, die man sich vorstellen kann. Die kombiniert sie mit Gedichten und Gedanken zu Glauben und Leben. Wunderschön!

Auch der „Unappreciated Pastor“ (echter Name unbekannt) hat einen enorm schwarzen Humor, aber auch eine sehr tiefe Seite. Er bloggt über Gemeinde, Glauben und das Leben und nimmt sich selbst nicht zu ernst. So etwas liebe ich!

Das war für einmal ein etwas anderes Post – ich hoffe, Ihr hattet Spass daran. Wer auch einen heissen Blog-Tipp teilen möchte, kann das gern im Kommentar machen. Ich freue mich auf Euer Feedback!