Manchmal habe ich vom Christentum die Nase voll.
Nicht von Jesus, nicht vom Glauben und nicht von den Christen in meiner Gemeinde, aber sehr wohl von „der Christenheit“ – von ihren bis aufs Blut verteidigten Dogmen, ihren theologischen Haarspaltereien und sich unablässig wiederholenden Debatten. Was ist einzig richtig? Wer hat recht, und wann geben endlich alle anderen zu, dass wir es sind?
Ganz übel wird es, wenn die Politik hineinspielt und jeder weiß, wie sich „ein Christ“ entscheiden muss. Für manche amerikanischen Christen ist Trump der Retter, der Amerika wieder groß macht, für die anderen soll Amerika endlich begreifen, dass Gott anderes als Amerikas Größe im Sinn hat. Für die einen ist Ted Cruz der einzig wahre christliche Kandidat, für andere ist er der Antichrist in frommer Maske, gekommen, um die Nation zu verführen.
Bei uns ist es nicht besser. Die große Mehrheit der Christen (darunter yours truly) ist der Meinung, dass sich die Durchsetzungsinitiative schlecht mit den Grundsätzen gelebten christlichen Glaubens vereinbaren lässt, aber auch hier gibt es abweichende Meinungen. Und beide Seiten sind zutiefst überzeugt, recht zu haben und scheuen sich nicht, dem Andersdenkenden das Christsein mit Sätzen wie diesen abzusprechen: „Natürlich kann ein Christ diese Meinung vertreten. Er muss einfach vorher seine Bibel verbrennen.“
Diskussionen um unseren Glauben, um die Bedeutung der Schrift und was sie meint, sind wichtig, und sie haben ihren Platz. Aber so, wie heute damit umgegangen wird, wäre mir mein Glaube schon lange verleidet, wenn Gott nicht wäre. Wollte Jesus wirklich, dass wir den Großteil unserer Energie dafür einsetzen, uns über die Richtigkeit der Erwachsenentaufe und die biblische Daseinsberechtigung der Zungenrede den Kopf zu zerbrechen?
Ich glaube nicht, und genau deshalb habe ich den Entschluss gefasst, in den kommenden Wochen Doktrin zu fasten. Für einmal meide ich alle Blogposts über Abstimmungsfragen im Hinblick auf das Christsein, Homosexualität, Frauen auf der Kanzel und was es sonst noch alles gibt. Und tue etwas anderes.
Ich nähere mich Jesus. Und zwar auf historische Weise und Tag um Tag.
Ich habe mir dafür das Lukas-Evangelium und das Johannes-Evangelium ausgesucht; das erste, weil es am meisten Details liefert, das zweite, weil es sich von den anderen durch seinen Ansatz unterscheidet. Ab Montag werde ich nach Plan beide bis Ostern durchlesen und mir nur diese zwei Fragen stellen:
Was hat Jesus GESAGT?
Was hat er GETAN?
Ich stehe an einem Punkt in meinem Glaubensleben, wo ich willens bin, Tradiertes zu hinterfragen – nicht um des Hinterfragens willen, sondern um dem Kern dessen näher zu kommen, was das Christentum zu einer so revolutionären und neuen Bewegung gemacht hat. Ich bin hungrig nach mehr von dem, was Gott wirklich wichtig ist.
Dabei bin ich mir völlig darüber im Klaren, dass zwei Bücher des Neuen Testaments nur ein Ausschnitt sind, aus dem sich keine allgemeingültigen Weisheiten ableiten lassen. Genauso wenig gehe ich davon aus, dass sich alle Spannungen in der Schrift auflösen werden – das sollen sie vielleicht nicht einmal. Ich freue mich einfach darauf, Jesus neu und ohne religiösen Überbau zu entdecken, indem ich mir ansehe und auf mich wirken lasse, was er in der kurzen Zeit, die er auf Erden hatte, gesagt und getan hat. Ich werde mir aufschreiben, was mir wichtig wird, und ab und zu ein entsprechendes Post verfassen. Falls jemand sich anschließen will, nur zu – hier mein 42-Tage-Plan:
Ich freue mich auf neue Entdeckungen bis Ostern und wünsche Euch allen eine Fastenzeit nach Euren Wünschen – erhellend, besinnlich, ruhig oder erkenntnisreich. Be blessed!
Was sind Eure Gedanken zum Thema Doktrin? Geht es Euch wie mir, oder findet Ihr es gefährlich oder überheblich, sich einfach „selbst ein Bild machen zu wollen? Ich freue mich auf Euren Kommentar!
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