Holy Duck!
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Mein Glaube hat mich in 11 Jahren auf schwindelnde Höhen und durch dunkle Täler geführt. Wie die meisten Menschen kenne ich Momente des Zweifels, und nicht all meine Fragen sind beantwortet. Dennoch habe ich keinen Moment ernsthaft daran gedacht, meinen Glauben aufzugeben – und der Grund dafür ist, dass ich auf die Frage, warum ich glaube, Antworten habe, die mich bestärken.

 

Und das sind sie.

GNADE – Weil Gott mich hingeführt hat
Das wäre der fromme Teil in aller Kürze: Meine frisch gläubige Schwester und ein berührender Gottesdienst haben mich immer näher an die zentrale Frage herangeführt, wer Jesus ist. Nach der Lektüre verschiedener Bücher, viel innerem Kampf und einer kräftigen Dosis Heiliger Geist kam ich an den Punkt, wo ich zu dem, was Jesus selbst über sich gesagt hat, ja sagen musste. Also tat ich das für mich einzig Logische – und bekehrte mich.

WHO I AM – Weil ich „Ich“ werden und sein darf
„Fromm“ zu werden hat auf geistlicher Ebene sofort alles verändert. Auf der Menschlichen dauert es etwas länger, aber seit 11 Jahren darf ich unter sanfter Führung Schritt für Schritt ablegen, was mich behindert – Lügen über mich selbst, schlechte Angewohnheiten und zerstörerische Denkmuster. Nach und nach hat sich herausgeschält, wer ich wirklich bin. Ich durfte meine Berufung entdecken und erkennen, dass selbst meine Schwächen in Gottes Plänen Sinn machen und Gutes hervorbringen können.

FREEDOM – Weil das Leben so viel freier und reicher geworden ist
Früher habe ich mich ständig gefragt, was ich tun muss, damit andere mich mögen. Ich wollte alles gut und ja keinen Fehler machen, wollte „passen“. Gleichzeitig wollte ich nie das, was „man“ gemeinhin so wollen soll – Karriere, Ansehen, Erfolg. Hinter meiner äußeren Angepasstheit und Korrektheit verbarg sich eine Künstlernatur, und so war ich nie richtig glücklich, weil ich so, wie ich eigentlich war – leicht exzentrisch, kreativ, intensiv – nicht zu sein wagte. Heute schere ich mich einen Deut um das, was gerade angesagt ist, und fühle mich frei, der komische Typ zu sein, der ich eben bin. Ich tue, was ich für richtig halte, solange es den Werten entspricht, die mein Glaube mir gibt. Die Werte unserer Gesellschaft ändern sich ständig und pressen Menschen in Formen, die ihnen manchmal überhaupt nicht entsprechen, doch der unerschütterliche Wert, den ich bei Gott habe, hat diese Form gesprengt und lässt mich genau der Mensch sein, der ich sein will und soll.

WIN WIN – Weil auch andere mehr von mir haben
Als ich meinen Wert davon abhängig machte, ob ich gemocht werde und „man“ gut findet, was ich mache, war ich auf andere Menschen fixiert, ohne mich wirklich für sie zu interessieren. Ich achtete peinlichst auf alles, was sie sagten und mit ihrer Mimik ausdrückten, aber es ging nur um mich. Mag er mich? Missbilligt sie meine Meinung? Finden sie mich „daneben“? Heute kann ein befremdeter Blick mich nicht mehr erschüttern, und gleichzeitig gehe ich ganz anders auf Menschen zu: Ich interessiere mich für mein Gegenüber, seine Meinung und sein Leben und habe keine Angst vor dem, was er sagt oder denkt – es ändert ja nichts an dem, was ich bin und glaube. Andere Interessen und ein anderer Glaube sind keine Bedrohung für mich. Ich kann andere annehmen, wie sie sind, und ihnen die Wertschätzung geben, die ich selber von Gott erhalte.

A NEW DAY: Weil ich immer wieder neu anfangen kann
Wir sind, sobald wir uns zu Gott bekehren, bekanntlich Heilige, aber wir können noch Fehler machen und nutzen die Gelegenheit leider auch. Gott weist mich immer wieder darauf hin, dass ich noch „Luft nach oben“ habe. Gerade realisiere ich, dass ich mich trotz meines eher stoischen Temperaments nicht immer im Griff habe, wenn ich herausgefordert werde, und dass meine Gabe, mich pointiert auszudrücken, unter diesem Einfluss zu einem Instrument werden kann, das andere verletzt. So eine Erkenntnis tut weh, und die Konsequenzen aus falschen Handlungen lassen sich nicht immer umkehren. Doch ich weiß, dass meine Fehler von gestern, heute und morgen bei Gott vergeben sind und ich jeden Tag eine neue Chance erhalte, zu lernen, zu wachsen und es besser zu machen. Die Dankbarkeit gegenüber dieser unverdienten Gnade befeuert mich und stärkt meinem Willen, mich in sein Bild verändern zu lassen.

LIVE NOW – Weil im Jetzt Leben „Hammer“ ist
Dieses Wissen hat mich auch mit meiner Vergangenheit versöhnt und nimmt mir die Angst vor der Zukunft. Ich bin frei, im Heute zu leben – dem einzigen Ort, an dem ich etwas bewirken und zugleich der einzige Ort, an dem ich Gott wirklich erleben kann. Anstatt mich zu fragen, was ich tun soll, wenn X oder Y eintrifft, mit dem zu hadern, was ist oder meine Energie auf „wenn ich dann einmal…“ zu verschwenden, lebe ich jetzt. Ich entscheide heute, was ich tun kann, um mein Leben zu verändern und dahin zu kommen, wohin ich will. Und mit Gott als Führung weiß ich, ob ich in die richtige Richtung gehe.

JUST JESUS – Weil Jesus real und wunderbar ist
Die Gegenwart Gottes ist nicht jeden Tag gleich spürbar, aber manchmal, wenn ich am Morgen einen Song anstimme und mein Herz auf ihn ausrichte, spüre ich seine Gegenwart auf eine Art, die mir die Tränen in die Augen treibt, mein Herz öffnet und weich macht und mich tief verändert. Sie führt mich zur Buße, wenn ich es nötig habe. Sie vergrößert meine Liebe für andere Menschen. Und sie lässt mich erkennen, dass all das, was hier auf Erden abgeht, nur ein Abklatsch von dem ist, was wir eines Tages erleben werden. In Jesus habe ich einen Gott, der mir so nahe ist wie niemand sonst, weil er mich als Gott durch und durch kennt und zugleich Mensch war.
Dieser „abscheuliche Vorteil des Feindes“, wie es der Oberteufel Screwtape in C.S. Lewis‘ „Dienstanweisung für einen Unterteufel“ nennt, dass er weiß, wie es ist, ein Mensch zu sein, ist das tröstlichste, wunderbarste und unfassbarste an meinem Gott – neben seiner unglaublichen Liebe für seine Geschöpfe. Die Teufel bei C.S. Lewis kommen trotz tausendjähriger Forschungen nicht dahinter, was Gott wirklich von uns, diesen „erbärmlichen Zwittern aus Fleisch und Geist“ will, und warum er uns geschaffen hat, weil sie das Konzept der Liebe nicht verstehen und es für einen Vorwand halten. Deshalb werden sie nie verstehen, was uns zu Gott zieht.

NO TURNING BACK!
Für mich gibt es kein Zurück, auch wenn ich nicht rund um die Uhr Hosianna und Halleluja schmettere. Doch durch jeden Tag zieht sich die Freude an seiner Gegenwart in meinem Leben, seiner Führung in allem, was ich tue, und die Aussicht auf eine Zukunft bei ihm, die alles übersteigt, was wir uns vorstellen können.

Um es in den Worten von Hiob zu sagen:
„Ich weiß, dass mein Erlöser lebt.“

Was ist die grösste Freude, die Du aus Deinem Glauben ziehst? Es muss natürlich nicht der gleiche Glaube sein. Ich freue mich auf Deinen Kommentar!

quilt-112550_1280Heute in einer Woche wäre meine Mutter 66 Jahre alt geworden, wenn sie nicht im Herbst vor elf Jahren völlig überraschend an einer Hirnblutung gestorben wäre. Im vergangenen Jahrzehnt hat sich der brennende Schmerz des Verlusts langsam verwandelt und ist zu einer stilleren Trauer geworden, die nur selten heiß aufflackert. Doch es kommt vor, manchmal unverhofft und stark.

Bildquelle: Pixabay

Gestern war ich auf dem Weg nach Hause und hörte mir im Auto ein paar Songs von Eva Cassidy an, als mit „Coat of many Colors“ eines meiner Lieblingslieder anfing. In diesem Folklied erinnert sich ein Mädchen an den Mantel, den ihre Mutter aus kleinen Stoffstücken für sie genäht hat, und sie singt von ihrem Stolz und ihrer Vorfreude, den Mantel endlich tragen zu können. Die sanften Gitarrenklänge und Evas weiche Stimme rührten an einen tief verborgenen Teil meiner Seele, und Schmerz und Trauer trafen mich wie ein Schlag. Plötzlich vermisste ich meine Ma so sehr, dass die Tränen einfach aus mir herausströmten. Als der Song zu Ende war, ließ ich ihn noch einmal laufen, und dann noch einmal und immer wieder, bis ich zuhause war. Und die ganze Zeit wünschte mir, noch einmal mit Ma lachen, sie noch einmal umarmen zu können und ihr sagen zu können, wie sehr ich sie liebte.

Dabei konnte ich erst nicht verstehen, warum mich dieses Lied so sehr an sie erinnerte, denn mit Nadel und Faden hatte Ma nicht viel im Sinn. Meine Handarbeitslehrerin, die regelmäßig an mir verzweifelte (der Apfel…ihr wisst schon ) drückte mir dann, wenn alle anderen längst fertig waren, jeweils mein aktuelles „Work in Progress“ in die Hand in der Annahme, dass meine Mutter es zu Ende bringen würde. Diese Teile wanderten alle in einer dunklen Ecke meines Kleiderschranks und erreichten nie die Vollendung. Einmal kaufte Ma sogar eine alte Nähmaschine oder bekam sie geschenkt, aber wirklich benutzt hat sie sie nie. Ihre Hände, die so schnell tippen und so exzellent kochen konnten, waren in dieser Hinsicht einfach nicht zu gebrauchen.

Während ich im Auto saß und Eva zuhörte, sah ich vor meinem inneren Auge die farbigen Lumpen – für andere ein Patchwork aus alten Fetzen, für das Mädchen aber wunderschön und wertvoll. Wir hatten nicht viel Geld, singt Eva; aber ich war so reich, wie ich nur sein konnte, mit meinem Mantel in vielen Farben, den meine Mutter für mich gemacht hat – gemacht und mit einem Kuss gesegnet hat. Und ich sehe, dass auch ich reich bin, dass auch ich einen solchen Mantel habe, den meine Mutter in vielen Jahren sorgfältig gewirkt hat.

Das Lied, das sie vor dem Schlafengehen für mich gesungen hat.

Das Kreuzzeichen und das „Bhüeti Gott“, das sie mir auf den Schulweg mitgegeben hat.

Das Fläschchen Parfüm, das sie mir geschenkt hat, als mein erster Freund mit mir Schluss gemacht hatte und ich am Boden zerstört war.

Ihre sichtbare Freude und ihr Stolz über meine kleinen und großen Erfolge.

Ihr schallendes Lachen, das mir noch in den Ohren klingt.

Ihre Liebe zu spannenden Krimis, die sie mir vererbt hat.

Dass sie immer an mich geglaubt und mir vermittelt hat,
dass ich ihre Liebe niemals verlieren kann.

All diese Stücke vereinen sich zu einem wunderbar farbigen Mantel der Liebe, der sich um mein Leben legt, mich wärmt und mir Kraft gibt. Dank meiner Ma durfte ich schon vor meiner Hinwendung zu Gott erfahren, dass es jemanden gibt, der mich niemals aufgeben und immer zu mir halten würde.

Während diese Erinnerungen aufblühen, mischt sich Schmerz in meine Dankbarkeit – der Schmerz des Wissens, dass ich sie in diesem Leben nie mehr sehen, nie mehr mit ihr lachen werde. Und dieser Schmerz macht wir wieder einmal klar, dass unsere Beziehungen ein Schatz sind, den wir behüten und pflegen sollten. Er ist kostbar, und er gerät immer wieder unter Beschuss.

„Der Feind ist ein Meister darin, Dreck auf unsere Beziehungen zu schleudern und uns aus der Entfernung zu verhöhnen, während wir uns gegenseitig des Verbrechens bezichtigen. Liebt kühn und unerschrocken!“ Kevin Adams, „The extravagant fool“

Beziehungen können ätzend sein; sie verletzen, frustrieren und enttäuschen uns. Und doch sind wir für sie geschaffen. Und wenn ich auch nie ein Mensch sein werde, der in Gesellschaft auftanken kann, wenn ich auch für meine seelische Gesundheit immer viel Zeit allein brauchen werde: ich will den Schatz der Beziehungen in der Familie und unter Freunden als diese Kostbarkeit betrachten und sie pflegen.

Woran werden wir uns erinnern, wenn wir am Ende unseres Lebens angekommen sind? An die Menschen, die mit uns gelacht und geweint haben. An die kostbaren Momente, wenn wir einander ohne Maske begegnet sind, unsere Schwächen miteinander geteilt und gespürt haben, dass wir verstanden werden. Damit solche Momente entstehen können, braucht es den Mut, sich immer wieder verletzbar zu machen, die Bereitschaft, einander anzunehmen, und eine Menge Zeit.

Ich will meine Zeit gut gebrauchen, denn was mir der frühe Tod meiner Mutter auch zeigt, ist, dass es morgen schon vorbei sein kann. Dann will ich wissen, dass ich meine Prioritäten richtig gesetzt habe, will mich an Lachen und Liebe, Tränen und Treue erinnern – an einen Mantel der Liebe, geformt aus den Menschen, die mein Leben geteilt haben.

Having a soft heart in a cruel world is courage, not weakness.

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Verlierst Du auch manchmal die Sicht auf die Prioritäten? Musst Du Dich manchmal auch neu entscheiden, Dich hineinzugeben und verletztbar zu bleiben? Und woraus besteht DEIN Mantel der Liebe? Ich freue mich auf Deinen Kommentar!

Am 8. Mai jährt sich das Ende des Zweiten Weltkriegs zum 70. Mal, und am gleichen Tag erscheint der historische Jugendroman „Gefährliche Zettel – Vom Jungen zum Mann im Dritten Reich“ von Lee Strauss, den ich ins Deutsche übersetzen durfte. Als Auftakt zu dieser Veröffentlichung stelle ich auf meiner Website in einigen Posts Menschen aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs vor, zu denen ich einen besonderen Bezug habe oder die mich beeindruckt haben. Ich nutze die Gelegenheit, um auch hier auf dem Blog meine „History Nerd“ Seite ein bisschen durchsickern zu lassen.

london-700859_1280Den Anfang macht der Theologe Dietrich Bonhoeffer, dessen Einatz für Gott und die Menschen genau heute vor 70 Jahren am Galgen endete. Er büßte damit für seine mutige Kritik am Naziregime, seine Tätigkeit im Widerstand und seine Beteiligung am gescheiterten Attentat auf Hitler vom 20. Juli 1944.

Bonhoeffer wächst in einer gutbürgerlichen Familie auf, die seinen Wunsch, Theologie zu studieren, überrascht aufnimmt, ihn aber in seinen Plänen unterstützt. Nach seinem Studium beginnt er eine Lehrtätigkeit, ist aber auch einer der ersten Theologen, die sich nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten kritisch äußern.

Er wird einer der entschiedensten Vertreter der Bekennenden Kirche Deutschlands. 1936 wird ihm die Lehrberechtigung entzogen. Ende der Dreissigerjahre nimmt er Kontakt zum Widerstand auf, 1940 erhält er Redeverbot und 1941 Schreibverbot. Am 5. April 1943 wird er wegen „Wehrkraftzersetzung“ festgenommen, und einige Monate nach dem Attentat auf Hitler vom 20. Juli 1944 kann ihm die Beteiligung an diesen Plänen nachgewiesen werden. Als einer der letzten Beteiligten an diesem Anschlag wird er am 5. April 1945 zum Tod durch Erhängen verurteilt.

Ich habe große Ehrfurcht und Respekt vor diesem Mann und frage mich oft, wie schwer ihm die Entscheidung gefallen sein muss, sich an einem Attentat zu beteiligen. Ist der Mord an einem einzelnen Menschen gerechtfertigt, wenn dadurch Millionen gerettet werden können? Bonhoeffer hat diese Frage für sich nach langem Ringen mit Ja beantwortet. Er war bereit, für seine Überzeugung zu sterben und hat es schließlich auch getan.

Dennoch orienterte er sich niemals nur am Jenseits. Wie sein Biograf Ferdinand Schlingensiepen es in einem Bericht der „Welt am Sonntag“ ausdrückte, hat Bonhoeffer mit Leidenschaft gefordert, dass wir unser Leben auf Erden keinesfalls mit Gedanken an den Himmel verträumen. Wir sollen bereit sein für die Ewigkeit, aber auch offen für alle Schönheiten dieser Erde und bereit für die Aufgaben, die uns hier gestellt sind.

Bonhoeffer ist für mich ein wunderbares Vorbild eines Menschen, der Denken, Glauben und Handeln in Einklang brachte. Er hat der Welt tiefgründige Bücher über die christliche Nachfolge, aber auch viele poetische Texte und Zitate hinterlassen. Ein Text, der als sein persönliches Glaubensbekenntnis bezeichnet wird, berührt mich besonders:

„Ich glaube, dass Gott aus allem, auch aus dem Bösesten, Gutes entstehen lassen kann und will. Dafür braucht er Menschen, die sich alle Dinge zum Besten dienen lassen. Ich glaube, dass Gott uns in jeder Notlage so viel Widerstandskraft geben will, wie wir brauchen. Aber er gibt sie nicht im Voraus, damit wir uns nicht auf uns selbst, sondern allein auf ihn verlassen. In solchem Glauben müsste alle Angst vor der Zukunft überwunden sein. Ich glaube, dass auch unsere Fehler und Irrtümer nicht vergeblich sind, und dass es Gott nicht schwerer ist, mit ihnen fertig zu werden, als mit unseren vermeintlichen Guttaten. Ich glaube, das Gott kein zeitloses Fatum ist, sondern dass er auf aufrichtige Gebete und verantwortliche Taten wartet und antwortet.“

In der Morgendämmerung des 9. April 1945 wurde Bonhoeffer zum Tod durch Erhängen geführt. Die zur Hinrichtung Bestimmten mussten sich völlig entkleiden und nackt zum Galgen gehen. Der Lagerarzt beobachtete die Szene und berichtete 1955 schriftlich darüber: Bonhoeffer, den er damals nicht gekannt habe, habe ruhig und gesammelt gewirkt, sich von allen Mithäftlingen verabschiedet, an der Richtstätte ein kurzes Gebet gesprochen, sei gefasst zum Galgen gegangen und in wenigen Sekunden gestorben.

Vielen Menschen ist Bonhoeffer vor allem mit einem seiner letzten Gedichte in Erinnerung geblieben. Er schrieb es am 19. Dezember 1944 aus dem Konzentrationslager an seine Verlobte, und es wurde in verschiedensten Versionen vertont. „Von guten Mächten wunderbar geborgen“ ist bis heute ein Leuchtfeuer und Trostspender, der  inmitten der Verzweiflung tiefstes Vertrauen in einen Gott ausstrahlt, den wir niemals ganz begreifen werden.

Ich beschließe dieses Post in Erinnerung an den großen Mann und Jünger Jesu mit einigen Strophen des Gedichts und einer Version dieses Liedes, die ich am 14. März diesen Jahres begleitet von einem befreundeten Pianisten eingesungen habe.

Von guten Mächten wunderbar geborgen,
Erwarten wir getrost, was kommen mag.
Gott ist mit uns am Abend und am Morgen
Und ganz gewiss an jedem neuen Tag.

Noch will das alte unsre Herzen quälen,
Noch drückt uns böser Tage schwere Last.
Ach, Herr, gib unsern aufgescheuchten Seelen
Das Heil, für das du uns bereitet hast.

Und reichst du uns den schweren Kelch, den bittern
Des Leids, gefüllt bis an den höchsten Rand,
So nehmen wir ihn dankbar ohne Zittern
Aus deiner guten und geliebten Hand.

Wenn sich die Stille nun tief um uns breitet,
So lass uns hören jenen vollen Klang
Der Welt, die unsichtbar sich um uns weitet,
All deiner Kinder hohen Lobgesang.

20150311_172506Vor ziemlich genau vier Jahren hat Gott mir auf einem Spaziergang seine Liebe offenbart. Vor mir lag der Rand des Lengnauer Wäldchens, als die Spätnachmittagssonne durch die Tannenwipfel brach und mit ihren sanften Strahlen ein wunderbar überirdisches Licht auf die Hügel legte. Ich hob das Gesicht in die Sonne, und es war, als ob Gottes Liebe mich mit diesen wärmenden Strahlen bis ins Mark durchdringen würde.

Dieser Moment war der Auftakt zu einem wichtigen Prozess. Ich konnte Entscheidungen treffen, die auch meine kreative Berufung freisetzten. Was ich nicht wusste, war, dass dieses Bewusstsein für seine Liebe noch viel tiefer in mein Herz dringen musste.

Mitte dieser Woche nahm ich mir wieder einmal Zeit, um spazieren zu gehen. Ich war auf dem Weg nach Hause, als ich wie vor vier Jahren die warme Sonne auf der Haut spürte und an mein Erlebnis erinnert wurde. Erneut spürte ich die Sehnsucht nach Gottes Liebe. Als ich ihn bat, mich seine Liebe erfahren zu lassen, beschenkte er mich weit darüber hinaus. Ich begann zu verstehen, WIE seine Liebe ist, und was sie NICHT ist – und wie befreiend dieses Wissen sein kann.

Sie ist konstant und unveränderlich
Gottes Liebe für uns verhält sich nicht wie eine Aktie an der Börse. Sie schnellt nicht nach oben, wenn wir es „gut machen“, und sie sackt nicht ins Bodenlose, wenn wir Schlechtes denken, uns lieblos verhalten oder das Falsche tun. Sie ist immer gleich groß – wirklich und wahrhaftig immer.

glass-184442_1280Sie kennt kein Maß
Gottes Liebe lässt sich nicht mit einem Wert auf einer Skala bemessen, weil sie jede Skala sprengt. Sie ist maßlos, unendlich und überfließend. Sie ist wie Wasser, das aus einem sprudelnden, niemals versiegenden Bach in einem Kelch läuft, der ständig überfließt, weil so viel gar nicht hineingeht. Wir müssen keine Angst haben, diese Liebe aufzubrauchen, wenn wir uns bedürftig fühlen: dieses Fass wird niemals leer.

 

 

Sie ist zuallererst zweckfrei
Gottes Liebe ist kein zweckgebundener Budgetposten. Liebe ist Gottes Wesen, und wir sind unter anderem dazu bestimmt, von ihm geliebt zu werden. Natürlich bewirkt seine Liebe etwas in uns: Sie heilt unsere Herzen, bewegt uns dazu, anderen Liebe zu schenken, befeuert uns, für Gott einzustehen, ihm zu folgen und seinen Geboten zu gehorchen. Aber das ist nicht ihr erster Zweck, denn der liegt in der Liebe selbst.

Ich musste vor allem diesen letzten Punkt hören, und das hat Gott mir auf überraschende Art gezeigt. Als ich ihn bat, mich seine Liebe spüren zu lassen, war gerade niemand in der Nähe, und so fühlte ich mich frei, die Worte laut auszusprechen. Aber ich konnte meinen Satz nicht beenden. Ich begann mein Gebet in etwa so:

„Mein Gott, bitte übergieß mich mit Deiner unendlichen, bedingungslosen Liebe. Lass sie mich bis ins Innerste meines Herzens spüren, damit…“

Hier hat Gott sich eingemischt und salopp ausgedrückt in etwa folgendes gesagt:

„Hör endlich mit Deinem „damit“ auf.
Verstehst Du nicht, dass ich Dir meine Liebe einfach so schenke?
Wenn Du sie nur als Mittel ansiehst, um ein besserer Mensch zu werden, der das Richtige tut, oder um Heilung zu erfahren, dann hast Du mein Wesen und das Wesen meiner Liebe für Dich nur zu einem Bruchteil begriffen.
Vergiss für den Moment Deine aktuellen Kämpfe, denn darum geht es heute nicht.
Es geht um Dich und um mich.“

Gottes „Selfie“
Gott hat mir klar gemacht, dass es für unsere Beziehung wichtig ist, dass ich seiner Liebe für mich wirklich vertraue und sie verstehe. Sie ist zuerst einmal weder ein Medikament noch ein geistliches Aufputschmittel, sondern das Abbild seines Wesens. Ein modernes Gleichnis bezeichnet Jesus als Gottes „Selfie“ – das Bild, das er von sich gemacht und in unsere Herzen gelegt hat. Und auch die konstante, unwandelbare, bedingungslose, überfließende und zweckfreie Liebe ist ein solches Selfie.

In letzter Zeit sehe ich mich oft mit den Begrenzungen meines Herzens konfrontiert. Mein Unvermögen, manchmal sogar Unwillen, das Richtige zu tun, lastet auf mir, und manchmal bin ich voller Angst, dass ich Gottes Pläne torpediere. Dieser Prozess ist noch im Gang, aber auf diesem Spaziergang hat Gott mir klar gemacht, dass er die Stürme in unserem Leben aus verschiedenen Gründen zulässt und uns manchmal etwas anderes damit offenbaren will, als wir erwartet haben.

Ich dachte, dass ich schon alles über Gottes Liebe weiß. Aber ich musste einsehen, dass ich in den Zeiten, in denen alles läuft, schnell auf den Pfad des Sich-Liebe-Verdienens und der Self-Made-Erlösung zurückkehre. Erst die Erkenntnis, dass ich es allein doch nicht schaffe, lässt mich begreifen, dass Gott das längst weiß und mich dennoch liebt, weil er Liebe IST.

Er schenkt uns diese Liebe, ohne dafür etwas zu erwarten, weil er uns zuerst einmal einfach lieben will. Und er hat durch Jesus alles Nötige unternommen, damit wir in Beziehung zu ihm leben können, obwohl wir mit unseren Unzulänglichkeiten kämpfen. Wir können jederzeit zu ihm kommen und uns von seiner Liebe berühren lassen.

Und wenn wir das tun und seine Nähe suchen, müssen Angst und Furcht weichen. Sie können nicht an einem Ort überleben, der von seiner Liebe erfüllt ist.

„Furcht ist nicht in der Liebe, sondern die völlige Liebe treibt die Furcht aus; denn die Furcht hat Pein. Wer sich aber fürchtet, der ist nicht völlig in der Liebe.“
1. Johannes 4, 18


Fällt es Dir leicht, Gottes Liebe anzunehmen? Oder überlegst Du auch oft, was für einen Output Du jetzt produzieren solltest, und bist versucht, sie nur als geistliches Aufputschmittel anzusehen, das Dir eine Motivationsspritze verleiht? Ich freue mich auf Deinen Kommentar!

chain-65243_1280Unsere Gemeinde hat gerade einen Kurs namens „Leben in Freiheit“ gestartet, an dem viele Gemeindemitglieder teilnehmen. In der Vorbereitung auf diesen Kurs fanden einige Predigten statt. Wir erfuhren, dass wir im Kurs unser „Originaldesign“ neu entdecken und uns bewusst werden sollen, welche negativen Verhaltensweisen und dahinter verborgenen Prägungen und „Festungen“ uns hindern, es zu leben.

Bildquelle: Pixabay

Von kranken Wurzeln

Diesen Festungen und Prägungen liegen kranke Wurzeln wie erlebte Ungerechtigkeit oder Liebesdefizit zugrunde, und aus ihnen resultieren faule Früchte, die sich in falschen, zerstörerischen Verhaltensweisen offenbaren. Und wie ein Baum nur gute Früchte tragen kann, wenn die Wurzel gesund ist, nützt es nichts, wenn wir nur an unserem Verhalten herumdoktern: das, was unserem Verhalten zugrunde liegt, muss ans Tageslicht gebracht werden.

Nach einer dieser Vorbereitungspredigten war ich hochmotiviert in Vorfreude auf den Kurs und darauf, endlich auszumerzen, was mir das Leben schwer macht. Wir nahmen das Abendmahl und sangen im Anschluss einige Lieder. Eines davon war „Amazing Grace“ in der Version von Chris Tomlin, und ich sang bewegt mit – bis dieser besondere Teil des Liedes an der Reihe war:

My chains are gone, I’ve been set free

Quelle: Youtube

Nach diesem Satz habe ich mich statt zu singen aufs Weinen verlegt.

Nicht, weil ich mir der Ketten bewusst wurde, die noch vorhanden sind – die kannte ich bereits. Auch nicht, weil ich Gott nicht zutraue, diese Ketten zu lösen – denn das tue ich. Sondern weil ich realisiert habe, dass ein Teil von mir die Ketten gar nicht loswerden will.

Ketten können süß sein und sich schmeichelnd und fast angenehm an uns schmiegen. Sie wirken weich und bekannt und reden uns ein, dass wir mit unseren falschen Verhaltensweisen etwas bekommen, das Gott uns nicht geben kann oder geben will. Aber diese Verheißungen sind eine Lüge, und wenn wir dem Übel nicht auf den Grund gehen und an diesen Lügen festhalten, sind wir dazu verdammt, immer wieder am selben Punkt festzustecken. Wir laufen Gefahr, uns selber zu torpedieren und unser wahres Potential nicht leben zu können.

Meine Ketten, Deine Ketten

Diese Ketten und Festungen können ganz verschieden aussehen. Vielleicht fühlten wir uns als Kind unbeachtet und hatten das Gefühl, nicht so geliebt zu werden wie unsere Geschwister und versuchen heute, uns auf andere Weise abzuheben oder andere durch Manipulation zu zwingen, uns Zuneigung und Wertschätzung zu schenken. Vielleicht hat uns ein Elternteil mit Gefühlen und Problemen belastet, die wir nicht wirklich verdauen und tragen konnten, und wir haben das Gefühl, für das Wohlergehen aller zuständig zu sein. Vielleicht wurden wir auch so schwer verletzt, dass wir jedes Vertrauen verloren haben und versuchen, die Menschen um uns herum zu kontrollieren und zu beherrschen, damit uns nie mehr jemand verletzen kann.

Es scheint undenkbar, dass wir freiwillig in so einem Käfig bleiben – und doch ist es oft so. Wir haben Angst, weil die Welt außerhalb der Gitterstäbe neu und unbekannt ist. Weil wir eine Vorstellung oder eine Gewohnheit aufgeben müssen, die uns getröstet hat – einen sicheren und bewährten Umgang mit unserem verborgenen Schmerz. Aber dieser Weg ist gefährlich. Denn je näher wir dem kommen, was Gott für uns geplant hat, desto katastrophaler kann sich eine solche Festung auswirken.

„Widerborst“ in Gottes Hand

Wenn Gott seine Pläne mit uns vorantreibt und wir uns dem Punkt nähern, an dem wir für sein Reich den größten Segen und Nutzen bringen können, wird sein Gegenspieler alles unternehmen, um zu verhindern, dass wir dort ankommen. Wenn wir diese Festungen in unserem Leben nicht angehen, geben wir ihm ein wunderbares Werkzeug in die Hand, um das, was Gott so sorgfältig vorbereitet hat, zu zerstören.

Ich kenne meine zerstörerischen Verhaltensweisen und teilweise auch meine Festungen, und ich habe eine vage Vorstellung, was sie verursacht haben könnte. Manchmal finde ich es fast unmöglich, nicht zu verzweifeln oder mich zu Hause in einer Ecke zu verkriechen, damit ich keinen Schaden anrichten kann. Und wenn ich realisiere, dass ein Teil von mir sich hartnäckig weigert, frei zu werden, frage ich mich, wie es jemals gut kommen soll.
Genau dann denke ich daran, dass unser Gott grösser ist als alles, was mich behindern will, dass er den Tod überwunden und damit die Niederlage des Feindes längst besiegelt hat. Die unglaubliche Auferstehungskraft, die an Ostern offenbar wurde, schlummert in jedem, der sein Leben Christus anvertraut hat. Und Gott wird nicht ruhen, bis alles ausgerottet ist, was uns an einem freien Leben hindert.

Er kann!

Unter alldem, was mir an mir noch nicht gefällt, finde ich die eine Eigenschaft, für die ich Gott so dankbar bin: dass ich ihn selbst in meinen rebellischsten Momenten niemals bitte, mir die Qual der Zerrissenheit zu ersparen oder mich in Ruhe zu lassen. Dass ich immer wieder bete, dass er mich eben NICHT lässt – dass er nicht aufgibt, mir die Wahrheit ins Gesicht schleudert, mir meine niedrigen Motive vor Augen hält und mir die Abgründe meiner Seele präsentiert. Es ist ein erlesener Schmerz, aber ich begrüße ihn, weil ich mich nur angesichts eines solchen Schmerzes wirklich verändern will. Und dank Gott kann ich es auch.

Quelle: Youtube

Im Gegensatz zum Song von Chris Tomlin ist das obige Lied nicht ganz auf der Höhe aktueller Worshipsongs – es ist eine Vineyard-Kamelle aus den Achtzigern. Aber es ist eines der Lieder, das mich sehr berührt hat, als ich frisch zum Glauben kam. Ich habe es damals mit Inbrunst und aus gutem Grund gesungen, und obwohl ich ein „Widerborst“ war, hat Gott nicht losgelassen. So singe ich diesen Song auch heute im Wissen, dass er nicht loslässt und mein Herz verändern kann – und wird.

Bist Du auch manchmal ein „Schelm“ und „Widerborst“ vor Gott? Was hilft Dir immer wieder unter seine Flügel und vor sein Angesicht zu treten? Und zur allgemeinen Erheiterung trotz Fastenzeit: Wer als erster in die Kommentare schreibt, aus welchem Film ich „Schelm“ und „Widerborst“ zitiert habe, bekommt eine Gratis-MP3 nach Wahl aus meiner CD!

old-architecture-217776_1280Das neue Jahr ist da, und bevor der Alltag wieder das Regime übernimmt, habe ich mich hingesetzt, um mein „Wort des Jahres“ zu kreieren. 2014 habe ich zum ersten Mal ein solches Motto gewählt und mich in Anlehnung an das „Star Trek“ Universum für „To boldly go“ entschieden.

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Es bedeutet, kühn seine Ziele zu verfolgen und sich an einen Ort aufzumachen, an dem man noch nie gewesen ist. Das Motto hat mir den Mut geschenkt, all die „Firsts“ des Jahres zu bestehen – eine CD und ein Buch herausbringen, meine erste Konzertlesung abzuhalten, und alles, was damit an Herausforderungen einherging.

Als ich mir überlegte, was es dieses Jahr sein sollte, fiel mir mein Post vom 29. Dezember ein. Die unbestimmte Ahnung, dass 2015 ein Jahr mit großem Potential sein wird, stimmte mich nachdenklich, weil „Potential“ ein neutrales Wort ist: Es spricht von Möglichkeiten, die einen beträchtlichen Nachhall haben werden – unabhängig davon, ob sie in Erfolgen oder Niederlagen enden. Anders ausgedrückt: ein großes Potential beinhaltet die Chance, etwas Herausragendes zu erreichen oder grandios zu scheitern.

Vor diesem Hintergrund sind mir mehrere Worte eingefallen, die für das zu passen scheinen, worauf ich mich dieses Jahr konzentrieren soll: Integrität. Durchhaltevermögen. Standhaftigkeit. Treue. Ausdauer.

Eifrig bemüht, eine Wahl zu treffen, fragte ich mich, was es am besten trifft – welche Fähigkeit ich vor allen anderen brauchen würde, um alles, was vor mir liegt, bewältigen zu können. Ist es die Integrität, mit der ich an all meine Pläne herangehen will? Ist es das Durchhaltevermögen, das dafür sorgen soll, dass ich bis zum Ende dabeibleibe? Ist es die Standhaftigkeit, die mir helfen wird, die richtigen Entscheidungen zu treffen? Die Treue zu meinen Plänen und in meinen Beziehungen? Die Ausdauer, wenn es harzt und ich aufgeben möchte?

Ich konnte mich nicht entscheiden – es kam mir vor, als ob ich all das und noch viel mehr brauchen würde. Schließlich legte ich den Zettel, den ich mit diesen Worten vollgekritzelt hatte, beiseite und beschloss, eine musikalisch-geistliche Pause einzulegen und ein paar Worship-Songs zu singen. Ich fing an mit „Herr i chume zu Dir“ und machte weiter mit„I bi rych i Dir“. Als ich bei „Cornerstone“ angekommen war, wurde mir klar, dass keiner der Kandidaten zum Jahresmotto aufsteigen würde.

Es sind alles hehre Worte – sie drücken die Willensraft aus, die wir brauchen und einsetzen müssen, wenn wir etwas erreichen wollen. Aber es sind auch Worte des allzu menschlichen Versuchs, es allein aus sich heraus zu schaffen – und dieser Versuch ist zum Scheitern verurteilt. Ich kann noch so lange nach dem einen Wort suchen, das mich genug antreibt und in die Pflicht nimmt: es wird nicht reichen, und es wäre brandgefährlich, etwas anderes zu glauben.

Ich entschuldige mich deshalb bei all meinen Lesern, die gehofft haben, ich käme mal wieder mit etwas weniger „Heiligem“ daher. Aber wie ich im genannten Post auch erwähnt habe: wes das Herz voll ist, davon geht der Mund über. Während ich „Cornerstone“ sang, wurde mir mit einem gewaltigen Gefühl der Erleichterung, Demut und Dankbarkeit klar, dass es nur ein Jahresmotto geben konnte.

Christus allein

Auf Ihn will ich als erstes blicken.

Im gebührt die Ehre für alles, was ich zustande bringe.

Nur mit ihm und nur, wenn sein Geist in mir wirkt, kann ich tun, was die Situation erfordert.

Allein nach ihm richte ich mich aus, wenn es darum geht, zu wissen, was richtig ist.

Das hat nichts mit falscher Demut zu tun: wenn ich Erfolg habe, darf ich wissen, dass ich meinen Anteil daran habe, und mich daran freuen. Es geht auch nicht darum, mich zurückzulehnen und „Gott machen zu lassen“. Aber wenn ich Ziele erreichen will, die nicht nur in dieser Welt nachhallen, sondern darüber hinaus weisen sollen, brauche ich die entsprechende Unterstützung.

Ich habe dieses Jahr viel vor, aber jetzt weiß ich, wohin ich zuerst schaue. Und egal, wie spannungsreich, turbulent und aufregend das Jahr wird – der Refrain aus Cornerstone wird mir in jeder Situation die Ausrichtung, nötigenfalls den Trost, vor allem aber die Entschlossenheit geben, die ich brauche.

Christ alone, Cornerstone
Weak made strong in the Saviors love
Through the storm He is Lord, Lord of all

Christus allein ist der Eckstein
Der die Schwachen stärkt mit der Liebe des Retters
Auch im Sturm ist er Herr, Herr der Welt.

Hast Du auch ein Jahresmotto kreiert? Wenn ja – was ist es bei Dir? Auf jeden Fall wünsche ich Dir einen guten Start in den Alltag und ein spannendes, gesegnetes Jahr!

 

Rose DankDer letzte Tag des Jahres hat es in sich, und ich bin froh, darf ich ihn dieses Jahr ruhig und mit Raum für Gedanken, Träume und Pläne begehen kann. Dabei fällt mir als Wortakrobatin auf, dass in „Gedanken“ der „Dank“ enthalten ist.

Heute geht mein Dank, gehen meine Wünsche, auch an Dich.

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An DICH, Mitglied meiner Familie.
Danke, dass es Dich gibt, Du ein Teil von mir bist und ich von Dir, dass ich meine Wurzeln und meine Geschichte mit Dir teile. Und danke für viele nahe Stunden. Nähe ist schön, manchmal auch schwierig – aber viel besser als pflegeleichte Gleichgültigkeit. Ich wünsche Dir und mir auch im neuen Jahr Mut zur Nähe, vertraute Stunden des Zusammenseins und dass wir aneinander „dran bleiben.“

An DICH, vertraute/r Freund/in.
Danke, dass Du auch dieses Jahr mit von der Partie warst – Dich mit mir über Erfolge gefreut, mit mir gezweifelt, mit mir gelacht und geweint hast. Ohne Dich wäre mein Leben ärmer. Auf ein neues Jahr, in dem Du auf meinem Radar und in meinem Herzen bleibst.

An DICH, neue/r Freund/in.
Danke, dass Du an meinem Horizont aufgetaucht bist und mein Leben bereichert hast. Es ist ein Geschenk, dass Gott mir Menschen vorbeischickt, die mein Sicht auf die Welt erweitern. Ich wünsche Dir und mir, dass unser Zusammentreffen weiter Früchte trägt und unseren Blick auf das Leben verbreitert und vertieft.

An DICH, Freund/in, der/die Du gegangen bist.
Danke für die gemeinsame Zeit. Ich wünsche uns, dass wir Groll, Schuldzuweisungen und Schuldgefühle im alten Jahr zurücklassen können und den Boden unserer Herzen bereiten für das, was Freundschaften ausmacht, und für das, was das Leben bereithält. Neuanfänge scheinen manchmal unmöglich oder weit weg, und nicht immer sollen sie sein – aber mein Herz will auch für das Unmögliche bereit sein.

An DICH, treue/r Leser/in.
Mit Deinen Clicks, Likes und Kommentaren hast Du mich wissen lassen, dass die Worte, die ich im stillen Kämmerlein ausbrüte, in anderen Herzen ankommen. Es gibt nichts Schöneres. Ich wünsche uns ein neues Jahr mit spannendem Austausch und hoffe, dass Du immer mal wieder etwas mitnehmen kannst.

20141231_115924Euch allen wünsche ich ein spannendes neues Jahr, in dem Ihr nie vergesst, wie wertvoll und einzigartig Ihr seid. Wie es so schön heißt:

Sei Du selbst, alle anderen sind schon besetzt. Was Du zu geben hast, kann niemand ersetzen oder nachahmen.

Ich wünsche Dir – egal, wie Du es so mit Gott hast – dass sein Segen und seine Gegenwart Dich begleiten.

 

Wenn ich an mein vergangenes Jahr denke, schwingt so viel Dankbarkeit mit, dass ich sie nur in einem weiteren kleinen „Schatz in Dur und Moll“ ausdrücken kann.

Und somit mein letzter Wunsch für Dich in diesem Jahr: ein paar ruhige Minuten (etwa fünf), in denen Du Dir diese geniale A capella Version von „How great Thou art“ (Wie gross bist Du) mit voll aufgedrehtem Lautsprecher zu Gemüte führen kannst. Denn das ist mein „letztes Wort“ für 2014:

Du großer Gott, wenn ich die Welt betrachte
Die du geschaffen durch dein allmacht Wort
Wenn ich auf alle jene Wesen achte
Die du regierst und nährest fort und fort 

Dann jauchzt mein Herz dir großer Herrscher zu
Wie groß bist du, wie groß bist du
Dann jauchzt mein Herz dir großer Herrscher zu
Wie groß bist du, wie groß bist du.

Oswald Sattler

WasserherzDie Weihnachtswoche ist vorbei, und das Leben driftet langsam wieder in ruhigere Gefilde. Das ist ganz gut so: nach Tagen ausgiebiger Esserei und geselligen Zusammenkünften sehne ich mich programmgemäß nach Ruhe und danach, Körper und Seele eine Pause zu gönnen.

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Die Weihnachtsfeier bei meiner Schwiegerfamilie hat mich netterweise mit den perfekten Utensilien für diesen Zweck ausgestattet: mit einem schönen Bad aus Meersalz und Rosenblüten sowie einem Detox-Tee aus Grüntee, Mate und Grapefruit. Und während ich mich innerlich auf ein paar ruhige und reinigende Tage für meinen Körper freue, spüre ich leise, dass nicht nur er diese Prozedur nötig hat: auch mein Herz verlangt danach.

Doch bis ich seinen Ruf wahrnehme, dauert es immer etwas länger. Gerade wenn in meinem Leben viel läuft und ich von einer zu bewältigenden Aufgabe zur nächsten hetze, realisiere ich manchmal zu spät, wenn ich es schwächenden oder zerstörerischen Gedanken und Gefühlen ausgesetzt habe.

Darum möchte ich diese freien Tage nutzen, um mein Herz wieder einmal Gottes TÜV zu unterziehen. Er soll es prüfen und mir zeigen, „wie ich es meine“, mir meine wahren Motive und Gedanken vor Augen führen, damit ich die Konsequenzen ziehen kann. Ablegen, was abgelegt werden muss. Das Herz mit dem füllen, was Leben bringt.

Etwas sagt mir, dass ein wichtiges Jahr vor mir liegt – eines, in dem Weichen gestellt, Projekte vorbereitet und ausgestaltet werden, vielleicht bereits zum Abschluss kommen. Auf geheimnisvolle Art werfen diese Projekte ihre Schatten voraus, und ich spüre, dass ich das reine Herz mehr brauche als je zuvor.

Meine Pläne können noch so ausgefeilt, meine Projekte noch so sinnreich und richtig sein: wenn ich mein Herz nicht bewahre, wird nichts Gutes entstehen. In den Sprüchen heißt es, dass vom Herz das Leben ausgeht, und bei Matthäus, dass aus dem Mund fließt, was im Herzen ist. Der Schatz in unserem Herzen mündet in unsere Handlungen, und aus einem bösen Schatz kann nichts Gutes entstehen. Aus verunreinigtem Boden wächst keine gute Frucht.

Ich bin darauf angewiesen, dass Gott mir immer wieder liebevoll aufzeigt, wenn mein Herz Reinigung braucht, damit ich das, was er an Werken vorbereitet hat, nicht torpediere. Und ich rufe mir dankbar meinen Tauferneuerungsspruch in Erinnerung: er enthält ein Versprechen und eine Verheißung, in die ich mein Vertrauen setze:

„Dennoch bleibe ich stets an dir; denn du hältst mich bei meiner rechten Hand,
du leitest mich nach deinem Rat und nimmst mich endlich in Ehren an.“
Psalm 73, Verse 23-24

Diese Zeilen ermutigen mich noch mehr, wenn ich die paar davor hinzufüge. In ihnen spricht der Autor davon, dass er sich Gott gegenüber manchmal so störrisch wie ein Maultier benimmt – und dennoch lässt Gott ihn nicht los.

Wenn ich längere Zeit in ruhigen Gewässern dahinschippere und alles wie von selbst zu gehen scheint, vergesse ich gern, dass das neben all meinem guten Willen und meinen Anstrengungen auch Gnade ist. Ich nehme es als selbstverständlich hin, dass ich fokussiert und voller Energie meine Pläne umsetze, das Gute und Richtige tue und gefährliche Strudel meide. Erst, wenn mich unvorbereitet eine Welle trifft, wird mir bewusst, wie schwach mein Gefäss ist und wie sehr ich von Gott abhängig bin.

Wenn ich an meine Pläne denke und mir dieses angreif- und verletzbare Gefäss mit seinen Wunden und Defiziten vor Augen halte, wird mir manchmal angst und bange. Ich kenne mich selbst nur zu gut – ich weiß, wo meine Schwachstellen sind und kann Gefahrenherde mit einer Intuition voraussehen, die mir manchmal selbst unheimlich ist. Dann frage ich mich, wie in aller Welt ich auf Kurs bleiben und mich auf die wichtigen Dinge konzentrieren soll.

Während mich diese Frage umgetrieben hat, bin ich auf folgende Bibelstelle gestoßen:

„Wenn Du versucht wirst, wird er Dir einen Ausweg zeigen,
so dass Du standhalten kannst.“
1. Korinther 10, Vers 13

Ich habe mich daraufhin nicht zum ersten Mal gefragt, ob Versuchung auch von Gott kommen kann – in der obigen Bibelübersetzung kommt das nicht klar heraus. Dann habe ich mein „Konkordantes Neues Testament“ zu Hilfe genommen, das zwar nicht leserfreundlich, dafür aber sehr eng am Originaltext gehalten ist. Hier heißt es wörtlich:

Und Gott ist getreu,
der euch nicht über das hinaus anfechten lassen wird, wozu ihr befähigt seid,
sondern zusammen mit der Anfechtung wird Er auch einen Ausgang schaffen,
so dass ihr sie überstehen könnt.“

Dieser kleine, aber feine Unterschied in der Formulierung bedeutet für mich, dass Gott uns nicht selbst versucht, aber zulässt, dass wir geprüft und wenn nötig geläutert werden. Und er sorgt dafür, dass es in jeder Prüfung einen Ausweg gibt.

Ich weiß, dass Gott mich für meine Schwächen nicht anklagt oder verurteilt – und weil ich das glauben kann, bin ich bereit, die dunklen Stellen meines Herzens vor ihm auszubreiten und ihn um Hilfe zu bitten. In diesen Tagen tue ich das mit meiner Version von Brian Doerksens „To the River“ und vertraue in all meiner Sorge ob meiner Unzulänglichkeiten auf seine Treue.

 

Und so kann das neue Jahr kommen.
Mit all seinem Potential und all dem, was hinter der nächsten Kurve wartet.

Was geht Dir in diesen letzten Altjahrestagen durch Kopf und Herz? Und worauf freust Du Dich?
Ich freue mich auf Deinen Kommentar – und ich wünsche Dir schon jetzt von Herzen ein spannendes, echtes, lebendiges und segensreiches 2015!

Weihnachtskugel pixabaySie sind wieder da – die Nebelschwaden, die den November am Jurasüdfuss so…besonders machen. Ich habe über dieses Naturphänomen schon im letzten Jahr gejammert und werde mich nicht wiederholen, aber immun dagegen bin ich nicht. Addiert man zu diesem Depressionsgaranten noch den vor uns liegenden Weihnachtsstress, ergibt sich eine unerquickliche Mischung.

Ich bin sicher nicht der einzige Mensch, der feststellt, dass der Endjahresstress jedes Jahr früher anfängt. Seit der November Einzug gehalten hat, bin ich mit der Hälfte meiner Gedanken bei all den Pendenzen, Events und Aufgaben, die bis dahin noch zu bewältigen sind, und manchmal weiss ich nicht, wo ich die Energie dafür hernehmen soll. Und wie soll man in all dem Trubel noch den Advent feiern, sich innerlich auf Weihnachten vorbereiten? Ich weiss es ehrlich gesagt nicht.

Der Pendenzenstrudel ist auch der Grund dafür, dass ich nun fast zwei Wochen nichts gepostet habe und Euch heute mit einem Novum beglücke – einem Post „out of the pocket“, nicht abgeschmeckt und verfeinert, sondern  roh und ursprünglich.

Eines der spannendsten und auch schönsten Jahre meines Lebens geht dem Ende zu. Die „Firsts“, die sich in diesem Jahr aneinanderreihen, sind kaum zu zählen: Die Veröffentlichung von Buch und CD, ein Konzert mit Band und das erste Hauskonzert ganz allein – das heisst nur in Begleitung meines Bose-Turms – sind überstanden und sogar gut über die Bühne gegangen. Ich freue mich auf weitere Highlights, die dieses und Anfang nächstes Jahr noch folgen, bin aber vor allem dankbar für all das Erlebte.

In Dankbarkeit und Freude mischen sich viele neue Erkenntnisse. Ich lerne zum Beispiel langsam, mich über nette Feedbacks zu freuen und sie sogar zu geniessen. Eine der wichtigsten Lektionen bleibt dabei, dass ich lernen muss, mir selber eine Pause zu gönnen. Das ist gerade im Moment sehr schwierig, aber ich muss es tun, da ich sonst eher früher als später „der Schirm zuetue“, wie wir Schweizer sagen.

Ich will deshalb versuchen, all dem Endjahresrummel zum Trotz die Adventszeit als das zu leben, was sie ist: eine Zeit froher Erwartung auf ein Fest, dessen wahre Bedeutung niemals verblassen wird. Vielleicht fange ich damit an, dass ich mir am Samstag einen Adventskranz bastle (lies: vier schöne Kerzen auf einen Teller stelle und ein paar Tannäste und kleine Weihnachtskugeln darum herum drapiere). Dann stelle ich mein kleines Kripplein auf und höre mir den ersten Weihnachtssong an.

Und schon während ich mir überlege, was für ein Song das sein könnte, fange ich an, mich auf Weihnachten zu freuen. Ich erinnere mich an die wunderschöne Version von „Silent Night“, gesungen von Mahalia Jackson, und an viele andere schöne Lieder, die ich mit Weihnachten verbinde. Und mit Euch teile ich gern meinen Geheimtipp in Sachen Weihnachtslieder – die A-Capella-Gruppe „Singers unlimited“ mit ihren jazzigen Akkorden, die diesen Liedern eine ganz neue Note verleihen.

Wie geht es Euch mit Weihnachten? Seid ihr auch schon im Endjahres-, Vorweihnachts- und im sonstigen Stress? Wie geht Ihr damit um – habt Ihr gute Rezepte, wie man die Zeit unbeschadet und vielleicht sogar inspiriert übersteht? Dann lasst es mich wissen! Ich wünsche Euch auf jeden Fall ein paar ruhige Minuten in diesem Monat vor Weihnachten und freue mich, von Euch zu hören!

Popcorn-PerlenNachdem ich lange versprochen habe, mal wieder etwas Leichtfüßigeres zu bringen, stehe ich heute zu meinem Wort und präsentiere Euch eine amüsante Popcornperle. Sie verbindet die in der Luft liegenden Fragen der religiösen Verständigung mit riesigem Filmvergnügen. I proudly present einen meiner liebsten Filme überhaupt – „Die Abenteuer des Rabbi Jakob“.

An Hauptdarsteller Louis de Funès scheiden sich bekanntlich die Geister. Die einen lieben den kleinen, quirlig-nervösen Glatzkopf, die anderen hassen ihn. Wer ihn liebt, wird sicher weiterlesen; die andere Seite gebe sich einen kleinen Ruck und sehe sich zum Eingewöhnen den deutschen Filmtrailer an.

Quelle: Youtube

Im Mittelpunkt des Films steht der reiche Geschäftsmann Victor Buntspecht. Auf dem Weg zur Hochzeit seiner Tochter erfährt der mit einigen Vorurteilen behaftete Unternehmer zu seinem Entsetzen, dass sein Chauffeur Salomon – wer hätte das bei diesem Namen gedacht – nicht „katholisch wie alle Welt“, sondern Jude ist. Schlimmer noch: sein Onkel ist ein berühmter New Yorker Rabbiner. Buntspecht sieht erst gnädig darüber hinweg, aber damit ist es bald vorbei: nach einer Autopanne weigert sich Salomon wegen des beginnenden Sabbats, nach dem Eindunkeln weiterzuarbeiten. Buntspecht entlässt ihn erbost und macht sich auf die Suche nach Hilfe, aber das kommt nicht gut heraus: er landet in einer alten Kaugummifabrik, wo der Geheimdienst eines arabischen Landes gerade den Revolutionär Mohamed Larbi Slimane umbringen will, der im Fall eines Umsturzes Premierminister werden würde. Ungewollt verhilft Buntspecht ihm zur Flucht, aber nun ist ihnen der Geheimdienst auf den Fersen. Weil es in der Fabrik zudem ein paar Tote gegeben hat, verfolgt auch die Polizei das ungleiche Paar.

Am Flughafen von Paris kommt es fast zum Showdown, aber Buntspecht und Slimane können sich retten: sie überfallen auf der Flughafentoilette zwei Rabbiner, nehmen ihnen die Kleider, Bärte und Haarlocken ab und verkleiden sich. Allerdings werden sie von den wartenden Verwandten für die echten Rabbiner gehalten und mit ins jüdische Viertel genommen. Es stellt sich heraus, dass man Buntspecht für Rabbi Jacob hält – den berühmten New Yorker Onkel seines Chauffeurs Salomon. Notgedrungen muss er die für den Rabbi geplanten Empfangsfeierlichkeiten über sich ergehen lassen und aufpassen, dass er in kein religionstechnisches Fettnäpfchen tritt. Er schlägt sich ganz gut, obwohl er die jubelnde Menge erst mit dem Kreuzzeichen segnet. Als er von einer jüdischen alten Dame aufgefordert wird, einen Tanz mitzumachen, schickt er sich mit dem Mut der Verzweiflung hinein und entpuppt sich als gar nicht so unbegabt:

http://youtu.be/U5QAU63oVHE (kann nur direkt bei Youtube angeschaut werden)

Die Lage spitzt sich zu, als Buntspechts Frau ihn einer Affäre verdächtigt und dabei dem arabischen Geheimdienst in die Hände fällt. Dort landen schließlich auch Buntspecht und Slimane, aber im letzten Moment nimmt das Drama eine gute Wendung: Die Araber erfahren, dass die Revolution geglückt und Slimane jetzt der rechtmäßige Präsident der Republik ist, worauf sie ihn demütigst um Verzeihung bitten. Buntspechts Tochter verliebt sich in Slimane und heiratet ihn, und der echte Rabbi Jacob verzeiht Buntspecht die Maskerade und lädt ihn zu einem jüdischen Fest ein.

Der Film lebt natürlich vom typischen Spiel von Louis de Funès. Neben aller Situationskomik spielt der Film aber auch sehr gekonnt mit unseren Vorurteilen gegen Ausländer, andere Rassen oder Religionen, die in der Person von Buntspecht so gut verkörpert werden und heute so aktuell sind wie vor 40 Jahren. Die geniale Szene, in der Buntspecht die Anschuldigung seines Chauffeurs, er sei etwas rassistisch, zurückweist, ist ein tolles Beispiel dafür. Leider gibt es sie im Netz nur auf Französisch, aber Funès‘ Mienenspiel ist die halbe Miete zum Verständnis:

http://youtu.be/m1vL8iTNJmg (ebenfalls nur direkt bei Youtube möglich)

Gerade diese feine Art, ein solches Thema unterzubringen, macht den Film trotz Komik und Klamauk zu einem Mutmacher. Victor Buntspecht verliert während seiner Abenteuer die Berührungsängste gegenüber anderen Religionen und Rassen, freundet sich mit einem Rabbi an und lässt einen Araber in die Familie einheiraten (wobei er Gewicht darauf legt, dass seine Tochter „einen Präsidenten der Republik“ heiratet!).

Natürlich ist dieses Happy End simpel, und wenn ich mir allein die Konflikte in unserem Land ansehe, die sich um „das Fremde“ drehen, weiß ich sehr wohl, dass es mit „habt Euch doch alle etwas lieb“ nicht getan ist. Zum Teil gilt es, eklatante Missstände zu beheben, die die Aggressionen der Menschen gegenüber Flüchtlingen zu Recht aufflackern lassen. Dennoch: Wenn ich mir „Rabbi Jacob“ ansehe, kann ich nicht anders, als optimistischer zu werden. Wenn Menschen einander wirklich begegnen, verliert das Etikett „Ausländer“, „Jude/Muslim/Christ“, oder „Flüchtling“ schnell an Bedeutung. Darum bin ich gerade heute dankbar für diejenigen, die sich für solche echten Begegnungen einsetzen.

Wie stehst DU zu Louis de Funès – Top oder Flop? Macht er Dich rasend, oder findest Du ihn lustig? Und wenn ja, welches ist Dein Lieblingsfilm mit Funès? Ich freue mich auf Deinen Kommentar!