Gutes tun – warum eigentlich?

SchneeherzMein Deutschlehrer im Gymnasium hat behauptet, dass der Mensch nur von Eigennutz angetrieben wird. Er hat uns aufgefordert, ihm Gegenbeispiele zu liefern, und mit sichtbarem Genuss hinter jeder uneigennützigen Handlung einen egoistischen Urgrund ausgemacht. Vielleicht hatte er damit nicht ganz Unrecht. Etwas zu tun, das als gut und verantwortungsvoll gilt, löst ein angenehmes Gefühl in mir aus. Aber soll das wirklich der Grund sein, aus dem ich „das Gute tue“?

Was meint dieser schwammige Begriff überhaupt? Spenden? Nachbarschaftshilfe? Die Alubüchse nicht in den Hauskehricht werfen?

„Gutes tun“ heisst für mich mehr als „sich richtig verhalten“, sprich Steuern zahlen, Gesetze und Anstandsregeln befolgen. Es bedeutet, sich für andere einzusetzen und Dinge zu tun, die mir nicht unbedingt etwas bringen, sondern den anderen Menschen oder ein grösseres Ganzes im Blick haben. Dieses Bedürfnis, das Gute zu tun, und der Blick für das Ganze sind – so glaube ich – in uns hineingelegt worden. Antoine de St. Exupéry hat es in seinem Buch „Wind, Sand und Sterne“ so ausgedrückt:

„Menschsein heisst verantwortlich sein.
Scham empfinden beim Anblick einer Not,
auch wenn man augenscheinlich nicht schuld an ihr ist.
Stolz sein auf den Erfolg, den die Kameraden errungen haben.
Das Gefühl haben, dass der Stein, den man setzt mitwirkt am Bau der Welt.“

Doch obwohl dieses Gute in uns hineingelegt ist, reicht das bei mir ehrlich gesagt nicht immer aus, um es auch zu tun. Manchmal habe ich schlicht keine Lust, jetzt etwas Uneigennütziges zu tun oder auch nur freundlich zu sein. In diesem Moment kommt aus meinem Herzen nicht viel Gutes – es beherbergt nämlich auch eine Menge weniger noble Beweggründe und Gefühle.

Tue ich das Gute dann doch, so ist es eine Entscheidung wider das Gefühl. Das ist sicher besser, als es nicht zu tun,  und ich bin überzeugt, dass jede solche Entscheidung „gegen das Ego-Gefühl“ mich ein bisschen verändert. Trotzdem sehne ich mich danach,  „das Gute“ selbstverständlicher zu tun – es zu tun, weil es zu meinem Wesen gehört. Und mein Respekt und ein gerüttelt Mass an Bewunderung gehören all denen, die das schaffen, ohne dafür Gottes Hilfe in Anspruch zu nehmen.

Nicht, dass ich ohne Glauben ein Menschenfeind wäre. Aber ich weiss, dass ich aus mir allein auch mit grösster Anstrengung kein weiches Herz entwickeln könnte. Um mich immer wieder zu entscheiden, das Gute zu wählen – auch wenn ich mich so gar nicht danach fühle – brauche ich Seine Hilfe. Brauche Ihn, der an diesem Herz das Wunder tut.

Was heisst „Gutes tun“ für Dich? Was motiviert Dich? Kämpfst Du manchmal auch mit einem widerspenstigen Herzen? (Und am wichtigsten: wohin wirfst Du die Alubüchse???)

13 Comments

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  1. Grüessdi Clöidchen 😀 Also auch wenns gerade etwas still um das Mosimänndli ist – ich verschlinge Deine Posts regelmässig. Diesmal nicht ganz still, will nun auch mal meinen Senf dazu geben 😉 Des Senfes Anfang: Kennst Du das Buch „Stein und Flöte – und das ist noch lange nicht Alles“? Da hat es auch so manches Sätzchen drinn das einem zum Nachdenken bringt. Steht doch da, dass es nix bringt wenn man sich bemüht, man muss es gerne machen. Nicht dass ich da irgendwelche religiöse Gefühle verletzen möchte, aber nach so einigen Winken mit dem Zaunpfahl im Vergangenen Jahr bin ich zum Schluss gekommen dass für mich der Satz stimmt.

    Es gab auch schon Menschen die sich auf irgendeine Weise mir gegenüber verpflichtet gefühlt haben, ich vermute sogar dass dies zu einem nicht unerheblichen Teil ebenfalls aus dem Gefühl der „christlichen Pflicht zu helfen“ entstanden ist. Vom Standpunkt der Gegenseite kann ich dir zu 100% versichern, dass da von Anfang bis Ende immer ein Gefühl von Misstrauen war, ohne dieses genau einordnen zu können. Irgendwie hat immer etwas gefehlt, heute weiss ich dass es das Herz war. Fast wie aus dem Lehrbüchlein „wie Du helfen sollst“ (mit immer häufigeren nur allzu menschlichen Ausrastern die ich damals leider auch nicht einordnen konnte). Die Hilfe rührte von einem Pflichtgefühl, kam aber nicht von Herzen. Ich frage mich, ob da dem Geholfenen (was für ein tolles Wort) wirklich geholfen ist. Den Helfer machte es in diesem speziellen Fall übrigens bitter, kalt, unmenschlich und dreist.

    Es ist wohl aber in der Natur einiger Menschen, zu viel zu helfen – ich denke Gott weiss das, und vielleicht versucht er ab und zu auch einem zu bremsen, obwohl man das Gefühl hat mehr tun zu müssen. Wer weiss, ob er nicht auch manchmal vor sich hin schimpft weil wir nicht richtig hinhören. Vielleicht ist wiedermal das berühmte richtige Mass ein Ansatz. Sich ab und zu mal überwinden zu müssen halte ich für absolut angebracht 😉
    Vielleicht reicht es auch wenn Du den Autofahrer mit dem Platten auf dem Pannenstreifen nicht auch noch überfährst wenn du nicht nett sein magst. Das Rad wechseln musst Du auch nicht. Aber über eine Taschenlampe, oder vielleicht auch nur ein Sugus würde er sich aber ganz bestimmt freuen 😉

    Muntsch, Peach

    • Hallo Peachchen, wie schön zu hören, dass das Mosimännlein noch wohlauf ist :-)! Du sprichst da ein paar wichtige Dinge an, die ursprünglich auch mal in meinem Post standen. Wenn wir nur aus christlichem Pflichtgefühl oder mit Missionnsmotiviation handeln, können wir anderen noch so viel Hilfe, Unterstützung, Essen oder Geld zukommen lassen – es wird nicht ankommen. Menschen wollen keine Objekte sein, sie wollen spüren, dass sie jemandem etwas bedeuten. Du hast da hoffentlich nicht nur Negativbeispiele sammeln müssen – aber Deine Worte kann ich sehr gut nachempfinden! Ja, und zum Glück kennt Gott jeden gut genug, um ihn sanft, aber bestimmt darauf hinzuweisen, ob er es gerade in der einen oder anderen Richtung übertreibt. Werde von jetzt an immer Taschenlampe und Sugus mitnehmen, wenn ich unterwegs bin 😉 Wish you a nice weeky, und bis gli einisch!

  2. Schöner Beitrag. Man könnte noch so viel Gutes tun! Auch 1000 Kleinigkeiten im Alltag sind eine gute Möglichkeit. Manchmal habe ich aber auch keine Lust dazu, weil es da dann ja auch immer wieder die Eifersüchtler gibt, die meinen man schmeisst sich ran oder man nimmt etwas weg. Aber Ueberwindung ist sicher ab und zu der richtige Weg! 🙂
    Ich wünsche Dir liebe Claudia ein schönes Wochenende!

    • Danke Dir! Den Mittelweg zu finden kann manchmal wirklich herausfordernd sein! Manchmal sich in den Hintern klemmen, aber wenn nötig halt auch mal einfach sein lassen 🙂 Und vor allem – auf die innere Stimme hören und das Geräusch drumherum ignorieren…! Auch Dir ein schönes WE!

  3. Im Endeffekt bist es dann ja trotzdem du, die etwas Gutes tut, oder etwa nicht? Der Glaube kommt ja auch von dir. Wenn du glaubst, dass dich etwas dazu bringt, Gutes zu tun, kommt das doch fast auf das Gleiche raus wie wenn ich sage, ich entscheide mich, Gutes zu tun oder halt nicht. Ich mache mir bloss keine Gedanken über das Wieso, denn es ist einfach meine Entscheidung. So ist es auch meine Entscheidung, mich in Zukunft besser zu verhalten. Ach ja, die Aludosen bringe ich alle paar Wochen zu Fuss zur Sammelstelle, meine Entscheidung!

    • Sehr lobenswert, was Du mit Deinen Alubüchsen machst :-)! Daneben zu Deiner Frage: am Ende bin es natürlich ich, die sich entscheidet, etwas zu tun oder zu lassen. Und wenn Du von einer Welt ohne Gott ausgehst, kann man natürlich folgern, dass mich mein Glaube an „etwas“ placebomässig zur guten Tat treibt. Selbst habe ich oft erlebt, dass ich etwas plötzlich aus dem Herzen heraus machen konnte, das vorher „Pflicht“ war, und für mich war diese Veränderung etwas, was ich unmöglich selbst hätte „machen“ können. Da hatte sich etwas fundamental gedreht, und das erlebe ich immer wieder. Für mich zeigt sich darin Gott, der an meinem Herzen arbeitet – in der Aussensicht bin es aber natürlich immer ich, die etwas tut. Wobei ich sicher bin – und das siehst Du vielleicht ähnlich – dass die Haltung hinter unserer Handlung entscheidend sein kann, v.a. wenn es um Menschen geht. Jemandem widerwillig oder aus falscher Motivation zu helfen, ist fast schlimmer als es sein zu lassen…

      • Auch ich erlebe diese Veränderungen, nur führe ich diese auf mich zurück. Wir sind alles keine Maschinen, manchmal läuft es besser, manchmal eben nicht. Tiefe Liebe ist auch bei mir keine Entscheidung, die erlebt man, wenn man den Richtigen trifft oder die wird einem von der Natur gegeben wie bei meinem Sohn. Gegenüber den meisten Mitmenschen ist man aber grundsätzlich neutral eingestellt, einige mag man sofort, einige kann man überhaupt nicht leiden. Bei den Neutralen kommt dann die freie Entscheidung zum Einsatz, da entscheide ich, wie ich ihnen begegne und das ist auch von meiner persönlichen Verfassung abhängig und brauch manchmal etwas Überwindung. Mir ist aber auch lieber, wenn mir mein Gegenüber nichts vorspielt, das ist für beide Seiten angenehmer im Umgang.

        • So kenne ich es auch. Am schwierigsten finde ich es dort, wo man einfach das Heu nicht auf der gleichen Bühne hat, weil bestimmte Eigenschaften an anderen einen auf die Palme treiben oder „Triggern“ 🙂 Das ist die Kür des Ganzen! Die lieben und wertschätzend behandeln, die uns lieben – das kann jeder. Und ja – falsche Freundlichkeit ist viel schlimmer als eine korrekte Kühle oder einfach Distanz. Ehrlichkeit und Authentizität ist das A und O – aber das muss ich „Sincera“ ja nicht erst sagen 😉

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