?Ich bin kein ausgeprägter Wandervogel – ich bin zu gern daheim, und viele meiner Reisen finden innerlich statt. Dennoch hab ich meinen kürzlichen Italienaufenthalt sehr genossen. Im Übrigen habe ich wieder ein paar Lektionen gelernt, die ich mir für die nächste Reise hinter die Ohren schreiben will.

Falls bei dir gerade Ferien anstehen, kannst du ja vielleicht etwas mitnehmen…:

Planung ist das halbe Leben!

?Es wirkt hochgradig stressmindernd, wenn man Tickets rechtzeitig besorgt und die eine oder andere Übernachtung schon gebucht hat, gerade, wenn man herumreist. In dieser Hinsicht hatten Lee und ich unsere Hausaufgaben gemacht. Hätten wir uns auch den Weg zu unseren B&Bs etwas genauer angeschaut, wäre uns unter anderem ein schweißtreibendes Rennen durch Roms ellenlange „Via Cavour“ erspart geblieben. Als wir nach 45 Minuten keine Ahnung mehr hatten, wo wir waren, schleppten wir uns erschöpft und hungrig zum nächsten Restaurant und bestellten erst mal Pizza. Nach dem Essen packte ich mein rostiges Italienisch aus, um festzustellen, dass wir in unserer Hektik am B&B vorbeigerannt waren, das sich knapp 100 Meter vom Restaurant entfernt befand.

„Une portion de laisser-faire“

Wie im letzten Post erwähnt, war der Rückflug von Bari oder zumindest das Prozedere davor ein amüsantes Beispiel schweizerischer und italienischer Eigenart. Ich war sicherheitshalber viel früher am Flughafen und wanderte alle 15 Minuten am angegebenen Check-in-Schalter vorbei. Zwei Stunden vor Abflug stellten sich dann die ersten braven Schweizer in die Schlange, aber nichts geschah. Ich ging noch einmal bei einem Bildschirm vorbei, um sicherzugehen, dass ich auch am richtigen Ort wartete, und stand mir mit allen anderen geduldig die Beine in den Bauch, bis eine halbe Stunde später eine Flughafenangestellte herbeihastete und uns an einen anderen Schalter dirigierte.

Das hat mich gelehrt, in Ländern mit einer schwächeren Infrastruktur als unserer (also in so ziemlich allen, because we are the best!) eine Portion „laisser-faire“, Geduld und wenn nötig Fatalismus mitzubringen. Irgendwie lösen sich die Dinge meistens; sich darüber aufzuregen, dass es anders geht als geplant, ist reine Zeitverschwendung und verursacht höchstens Magengeschwüre und Ärgerpickel.

Offen sein für „Anderes“

Frühstück in Bari...!
Frühstück in Bari…!

Wir haben auf unserer Reise in B&Bs übernachtet, und sie waren samt und sonders toll. Die meisten waren auch ernährungstechnisch gut auf internationales Publikum eingestellt. Das letzte in Matera war wunderschön und an einer Toplage, aber hinsichtlich Frühstück traditioneller, wenn man das so sagen kann: auf nebeneinanderliegenden Tellern konnte man zum Frühstück zu Pizzastücken und Schokoladencroissants greifen. Meine Offenheit für Neues ging nicht so weit, dass ich so etwas Fettiges hätte frühstücken wollen, und Gott sei Dank gab es auch Joghurt und Cereals. Ich hätte mir aber garantiert den Urlaub verdorben, wenn ich mit einer festgefahrenen Erwartung, wie ein Frühstück auszusehen hat, in die Ferien gefahren wäre.

Und ein kleiner Nachtrag: im letzten B&B (siehe Bild) gab es selbstgemachtes Cake zum Frühstück, und das haben wir zur Feier des Tages tatsächlich gegessen.

Mit leichtem Gepäck reisen

?Ich habe es bis heute nicht gelernt, mich beim Kofferpacken zu beschränken, und in diesen Ferien habe ich dafür schwer gebüßt: einen sperrigen Koffer im Bahnhof treppauf und –ab zu tragen ist äußerst mühselig, aber noch schlimmer waren die engen Bürgersteige in Florenz, auf denen man sich auf Pflastersteinen zwischen Touristen und Autos durchquetschen musste. Ich habe meinem gebeutelten Rücken und meinen Nerven hoch und heilig versprochen, das nächste Mal einen kleineren Koffer zu nehmen und ein paar T-Shirts zuhause zu lassen.

 

Zuhause ist’s am Schönsten!

?

Ich habe Italien genossen – ich konnte feststellen, dass ich doch noch viel italienisch verstehe und mich leidlich verständigen kann; ich habe endlich den Petersdom gesehen, und das Städtchen Matera mit seinen Restaurants war eine Augen- und Gaumenweide. Dennoch bin ich wieder gern in die Schweiz und in das olle kleine Grenchen am Jurasüdfuß zurückgekehrt – an den Ort, wo ich weiß, wie die Duschen funktionieren und wie sich die Türen öffnen, wo ich alles verstehe und verstanden werde – den Ort, wo ich hingehöre. Sich auf Reisen zu begeben, zeigt einem auch immer, was man hat und sonst für selbstverständlich ansieht, und man bekommt einen neuen Blick und eine neue Dankbarkeit dafür.

 

Wenn ich meine Reiseerkenntnisse anschaue, stelle ich fest, dass sie sich auch wunderbar auf das Leben an und für sich übertragen lassen. In knackig kurzer Form mache ich mir daraus…

…meine fünf neuen Wegweiser für die Reise durchs Leben!

Ich will planen, was sich planen lässt, und mich weder von anderen noch vom Geschehen treiben lassen. Nur ich kann wissen, wohin ich will, und es ist an mir, das Nötige dafür zu tun, damit ich dort ankomme. Ich will dieses einmalige Leben auf Erden so gestalten, dass ich „quantum in me fuit“(ich habe mein Bestes gegeben) auf meinen Grabstein schreiben kann.

Ich will mir eine große Portion „laisser-faire“, Gottvertrauen und Gelassenheit bewahren, da sich nun mal nicht alles planen lässt. Ich will mich von kleinem Unbill nicht irritieren lassen, weil es sich nicht lohnt, und die großen Schläge will ich hinnehmen und darauf vertrauen, dass auch das vorbei geht.

Ich will offener sein für Neues, für das, was mich herausfordert oder mich aus meiner Komfortzone holt.  Ich will ab und zu eingefahrene Wege verlassen und mir die Demut bewahren, dass es andere Sichtweisen und Erfahrungen als die meinen gibt.

Ich will mit leichtem Gepäck reisen. Das heißt, dass ich keinen unnötigen Besitz anhäufe, sondern mir überlege, was es wirklich braucht. Es heißt aber auch, dass ich emotionalen Ballast – sei es Schuld, Zorn oder Bitterkeit – ablege. Das ist manchmal schwieriger als der Umgang mit Besitz, aber fast noch wichtiger.

Ich will dankbar sein und mich auf „Zuhause“ freuen.

?Dankbar sein für alles Schöne, was mir in diesem Leben begegnet, aber auch dafür, dass nach meiner Reise durch dieses Leben ein ewiges Zuhause wartet; der Ort, an dem ich zutiefst erkannt und geliebt bin. Ich weiß zwar nicht, wie dort die Duschen funktionieren, aber darauf lasse ich es ankommen!

In manchen Punkten bin ich schon gut unterwegs; andere wie das „offen sein“ fallen mir mitunter schwerer. Aber ich bleibe dran. Wie ist es mit Dir – kannst du meinen Vorsätzen etwas abgewinnen? Und was fällt dir schwer? Ich freue mich auf deinen Kommentar!

Mein "Knorrli" mit meinen Favorites von Knorr!Beim Gang durch den Supermarkt und hier auf Facebook begegnet mir letztens öfter ein kleiner Freund. Er hat letztes Jahr das Pensionsalter erreicht und sieht dafür noch extrem gut aus: seine Haut ist glatt, seine Form straff, und allfällige graue Haare versteckt er unter der roten Zipfelmütze. Sei gegrüßt, Knorrli! Wer den Kleinen nicht kennt: er ist das Markenzeichen der Marke „Knorr“, und ich habe beschlossen, ihm dieses Post zu widmen.

Natürlich habe ich in Historikermanier eine kurze Recherche gemacht, um meiner Hommage genug Relevanz und Tiefe zu verleihen. Doch als erstes musste ich entsetzt feststellen, dass Knorr gar keine Schweizer Firma ist – nichts gegen Euch, liebe deutsche Leser, aber welch ein Schock! Immerhin habe ich dann herausgefunden, dass es eine Schweizer Tochtergesellschaft gibt und Knorrli selbst definitiv und ausschließlich Schweizer ist. Hier nun also meine Referenz an den kleinen Kappenmann. Ich liebe Knorr und seinen Knorrli, weil:

…Knorr „Aromat“ und Maggi produziert!

In fast jeder Schweizer Küche stehen eine Dose Aromat und ein Fläschchen Maggi, auch wenn es nicht jeder zugeben wird. Mit diesem Duo lässt sich auf die faule Art fast alles würzen, und Maggi bietet zusätzlich noch ein besonderes Gourmetvergnügen: Ich erinnere mich, wie wir uns als Kinder im Restaurant ein Maggibrot gemacht haben, wenn wir auf die Speisekarte warten mussten. Aromat benutze ich zum Würzen nicht mehr so oft – außer, wenn es um Teigwaren geht. Denn Teigwaren ohne Aromat sind…unvorstellbar.

…ich Suppen liebe!

Der kleine Knorrli wurde zu Beginn vor allem als Suppenkasper für die Vermarktung von Knorrs Tütensuppen eingesetzt. Diese praktischen Säckchen nahmen einen großen Platz in meinem Studentenvorratsschrank ein und waren in vielen Situationen wahre Lebensretter. Heute habe ich es nicht mehr so mit den Fertiggerichten, aber gerade im Herbst und Winter ist eine Suppe am Mittag einfach was Feines und schlägt – für meinen Geschmack – jeden Salat um Längen. Mein Favorit seit früher Kindheit ist die Buchstabensuppe, dicht gefolgt von „Fideli mit Fleischchrügeli“. Eifach guet!

…Knorrli schräg und gut drauf ist!

Der Zipfelmützenkobold hat etwas Subversives an sich, was mir als verdeckt agierende Rebellin natürlich gefällt. Außerdem hat er immer gute Laune. Zwar hat er mir da etwas voraus, da bestimmte Situationen (Frühstück in Gesellschaft, zu viele Leute während zu viel Zeit – ihr wisst schon) in mir zuverlässig den Miesepeter hervorrufen, aber mehrheitlich bin ich doch ein schräger kleiner Sonnenschein.

…Knorrli rot ist!

Knorrli ist definitiv ein Roter, und ich habe auch einen großen Anteil Sozi in mir. Ich habe stramme sozialdemokratische Wurzeln, und gerade wenn es darum geht, sich für die einzusetzen, die es selbst nicht können, ziehe ich mit den Sozis oft am selben Strang. Ausnahmen bestätigen natürlich die Regel.

…wir vom selben Blute sind!

Der Hauptgrund für meine Liebe zu Knorrli ist, dass ich selbst Knorrliblut in mir trage. Mein Vater hat eine kometenhafte Pfadfinderkarriere gemacht und in diesem Kreis den Namen „Knorrli“ getragen – vielleicht, weil er ebenfalls klein, rot und subversiv war. Eines der Geschenke, die meine Eltern zu meiner Geburt bekamen, war eine rote Knorrlipuppe mit dem netten Vermerk: „Dem lieben Knorrelinchen“. Man hat mich bei den Pfadfindern zwar „Frigo“ getauft, weil ich im Sommerlager ständig gefroren habe – aber Knorrelinchen bin ich trotzdem.

Während ich mir meinen 43jährigen Stoffknorrli ansehe, frage ich mich, ob ich in 34 Jahren wohl ein „100 Jahre Knorrli“-Post schreiben werde. Und ob sich dann noch jemand an den kleinen Mann erinnert. Aber sei’s drum – im Moment freue ich mich auf die nächste Buchstabensuppe und auf Pasta mit Aromat!

 Kennst Du Aromat, Maggi und Co. Auch? Oder hast Du eigene Nostalgieprodukte oder „Produkthelfer“ wie Knorrli? Ich bin gespannt auf Dein Feedback!

Sommer 3Nach diesem Pfingstwochenende mit Höchsttemperaturen schwelge ich immer noch im Sommerhoch. Auch heute Morgen sind die Temperaturen schon wunderbar – wunderbar, wenn man so was mag. Hiermit oute ich mich als Fan von 25+ und liefere sechs Topgründe für meine Zugehörigkeit zu „Some like it hot!“:

 

Endlich sockenlos!
Ich gehöre zu den besonders kälteanfälligen Leuten, die erst ab 25 Grad Strümpfe und Socken zuhause lassen. Und während ich die Strumpfhosen, die ich ab September trage, dezent unter den Hosen verstecken kann, kommen bei Socken und Söckchen um 20 Grad manche Leute schon auf die Idee, ich sei  nicht ganz zurechnungsfähig. Wenn das Thermometer 25 Grad überschreitet, wirke ich endlich wieder wie ein normaler Mensch.

Melodischer Weckruf!
Die Vögel kommen schon im Frühling zurück, aber da ist es mir oft zu kalt, um das Schlafzimmerfenster offen zu lassen (siehe oben). Darum ist der Sommer auch die Zeit, in der ich um sechs Uhr die Vögel zwitschern (manchmal auch die Krähen streiten) höre, und es gibt keinen schöneren Klang, um den Tag zu beginnen.

Sommer 1Dolce far niente!
Wenn es dann so richtig heiß wird, kann man endlich mal ohne schlechtes Gewissen nichts tun. Bei Temperaturen ab 30 Grad ist Gartenarbeit ein medizinisches Risiko, und so legt man sich am besten in einen Liegestuhl, liest und döst vor sich hin und wähnt sich in den Ferien in südlichen Gefilden. Einfach schön!

Gesünder essen!
Im Winter fröstelt es mich beim Anblick eines Salatkopfs, aber jetzt esse ich gern welchen. Während ich sonst kein großer Fruchtesser bin, liebe ich alle heimischen Beeren und kann jetzt aus dem vollen schöpfen. Ich trinke mehr Wasser und fühle mich einfach wohler.

Die Menschheit lebt!
Bei diesen Temperaturen bersten die Freibäder, an den Flüssen versammeln sich Familien zum Bräteln, und die Außenplätze von Restaurants sind rappelvoll. Menschen lachen und schwatzen, trinken was Kühles und spielen Volleyball. Plötzlich wird das Bild vom Menschen, der nur sein eigenes Wohl sucht und sich abkapselt, aufgeweicht. Ich sehe, dass Menschen eben doch andere Menschen suchen und finden und brauchen – und dass sie sich in der Natur heimisch fühlen.

Dem Paradies so nah…!
Und wie fast alles Schöne hat auch dieses Wetter für mich eine „geistliche“ Komponente. Mir kommt es vor, als ab wir Menschen bei diesen Temperaturen näher an uns selbst und an der Schöpfung wären. Wenn ich die Leute auf ihren Rädern lachend der Aare langfahren oder unter einem Baum liegend das Nichtstun genießen sehe, erinnert mich das an den Garten Eden. Das wünscht sich Gott für sein Volk – dass sie bei ihm zuhause sind, sich wohl fühlen und in seiner Gegenwart wie in der Sonne baden – mit der Ausnahme, dass unsere Seele für das Genießen seiner Gegenwart keinen Schutzfaktor braucht. Mehr geht immer!

Und weil es zu diesem Sommerfeeling auch einen Sommersong braucht: hier mein ultimativer und ewiger liebster Sommer-Song von Spider Murphy Gang!

Was sind Eure Sommer-Highlights? Oder sind Euch diese Temperaturen eher ein Graus? Ich freue mich auf Euren Kommentar!

KM Riera kleinIn meiner Kindheit war „Fasnacht“ (Karneval) eine Kombination zwischen Maskenball und „Chilbi“ (Kirchweihfest). Am Schmutzigen Donnerstag warfen wir uns in die Kostüme und zogen aufgeregt ins Stadtzentrum, und schon vom Weitem hörten und rochen wir, worauf wir uns schon wochenlang freuten: den „Rummel“.

Anstelle von Autos regierten jetzt Zuckerwattestände, Schiessbuden und Karussells den Grenchner Marktplatz. Am Rand des „Auto-Scooter“ (gut schweizerisch: „Butschi-Bahn“) standen dicht gedrängt die kichernden weiblichen Teens und suchten die Scooter nach ihrem Schulschwarm ab, während die Jungs in den Fahrzeugen möglichst spektakuläre Fahr- und Aufprallmanöver veranstalteten. Und natürlich hatte jeder Rummel eine „GROSSE BAHN“, auf die sich nur die Mutigsten trauten. Für uns Kinder war es das Schlaraffenland, das Paradies und Disneyworld in einem, und wir wären sicher tagelang Karussell gefahren, wenn unsere grausamen Mütter uns nicht irgendwann nach Hause geschleift hätten.

Seit drei Jahren wohne ich wieder in meiner Heimatstadt, und dieses Jahr habe ich es endlich geschafft, einmal über den fasnächtlichen Marktplatz zu spazieren. Doch wie so oft wirkte, was mich als Kind begeistert hatte, irgendwie blass, fade und viel kleiner. Kindliche Begeisterung lässt sich offenbar nicht einfach aufwärmen.

Das hat mich ernüchtert, aber nicht zur Verzweiflung gebracht – denn vor sieben Jahren habe ich einen Ort entdeckt, an dem ich jedes Jahr wieder zum Kind werde: Ich marschiere mit leuchtenden Augen richtig Stadtzentrum, sauge die Gerüche und Geräusche in mich hinein, bestaune die bunten Lichter und spüre das einfältige Grinsen auf meinem Gesicht. Kindliche Freude verdrängt den Alltag, und die Jahre auf meinem Buckel fallen von mir ab. Diesen Freitag geht er wieder los – der „Kalte Markt“ von Ortenberg.

OLYMPUS DIGITAL CAMERA2007 waren mein Mann und ich das erste Mal mit dabei, damals auf Einladung unserer Freunde Kirsten und Dirk Raufeisen – und der „Kaale Märt“ hat uns einfach gepackt. Dabei ist dieser Anlass nichts für zerbrechliche Gemüter: er dauert fast eine Woche und fordert neben einer zähen Konstitution auch eine gewisse Toleranz gegenüber Schlagermusik und Menschenmassen sowie einen unverwüstlichen Magen.

Deshalb haben wir über die Jahre eine exzellente „Kalter Markt“-Strategie entwickelt. Sie funktioniert vielleicht nicht bei allen Leuten, aber uns bereitet sie optimal auf den täglichen Marktbesuch vor. Hier die wichtigsten Grundsätze:

  •  Nicht vor zehn Uhr aufstehen
  • Brunch mit viel Eiweiss, Kaffee und Kalorien
  • Individuelles Relaxen (lesen, surfen, schlafen, Star Trek gucken)
  • Ein Spaziergang, um die Partygeister zu wecken
  • Ready for „Take Off“!

„Take Off“ ist übrigens wörtlich zu verstehen: zum wiederholten Mal ist diese Bahn die Hauptattraktion des Markts, bei der sich schnell ein paar G entwickeln. Zu meinem Leidwesen bin ich trotz der minutiösen Vorbereitungen, die unsere Truppe auf sich nimmt, immer die einzige, die mutig (oder verrückt) genug für dieses Vergnügen ist. Trotzdem ist es ein Riesenspass, der nicht komplett ist ohne den legendären Satz des Fahrmeisters:

„Es geht los – Ihr schaut noch gut aus!“
 

Neben der Fahrt auf dem „Take Off“ enthält das Marktprogramm unzählige Highlights, die man nicht verpassen sollte. Ich habe mir lange überlegt, was auf diese Liste gehört, und wahrscheinlich ist sie nie komplett. Deshalb einfach mein persönlicher Blick:

 Ein Kalter Markt ist kein Kalter Markt ohne: 

  • Fassbieranstich in Roie’s Weindorf
  • Launige Begrüssungsrede der Bürgermeisterin Ulrike Pfeiffer-Pantring
  • Mindestens drei Fahrten im „Starlight“, mit der Bemerkung meines lieben Gatten: „Jetzt wird’s dann wieder schnelllll…!“
  • Einen Besuch im „Mobile-Irish-Pub“
  • Wahlweise eine Feuerzangenbowle oder einen Abstinenzlerpunsch
  • Einen gratis Bibelkalender und schönen Karten vom christlichen Stand
  • Eine Riesentüte Popcorn, eine Nürnberger Bratwurst, einen Hamburger, eine Crêpe, einen Flammkuchen, eine Tüte Magenbrot, einen chinesischen Nudeleintopf, einen Maiskolben am Stiel, …(weiterzuführen nach Gusto)
  • Sonntagnachmittag und Abend im Weindorf mit Big T, dem Meister an der Hammondorgel, inklusive Finnenfeuer und nachträglicher Rauchwurst-Note in den Kleidern
  • Frühschoppen am Montag im Festzelt mit trommelfelldröhnender Schlagermusik und den enthusiastischen Damen von der „Fankurve“
  • Das grandiose Abschlussfeuerwerk

KM Stimmung klein

Doch der Kalten Markt ist viel mehr als die Summe seiner Teile. Sein Zauber liegt in der fröhlichen Atmosphäre, im Kleinstadtcharakter und in der Zugänglichkeit der Menschen. Ein passendes Beispiel dafür ist, dass mir die tollen Bilder für dieses Post von der Stadt Ortenberg zur Verfügung gestellt wurden. Und natürlich besitzen die Hessen die unabdingbare Fähigkeit, offensiv und feucht-fröhlich zu feiern und trotzdem eine gewissen „Contenance“ zu wahren.

An diesem Punkt eine wichtige Randbemerkung: Der Kalte Markt macht auch ohne Alkohol Spass – ich bin der Beweis dafür. Allerdings beweise ich damit wohl auch, dass man noch einen Tick verrückter sein muss als der Durchschnitt, um so ein Event ohne Alkohol zu überstehen. Aber es lohnt sich: ich habe nach den paar Tagen „Kaaler Märt“ zwar mehr Kilos auf den Hüften, aber definitiv weniger Ballast auf der Seele. Und ich empfehle diese Kur mit gutem Gewissen allen, die über die erforderlichen körperlichen und seelischen Voraussetzungen verfügen.

Wer jetzt neugierig geworden ist, kann sich auf der Website oder auf der Facebook-Fanseite des Kalten Markts umsehen. Und sollte es dieses Jahr nicht klappen, möge Euch das Motto trösten, das alle Marktbesucher nach dem letzten Abend wieder für ein Jahr bei Laune hält:

 „Nach dem Markt ist vor dem Markt!“

Ihr lieben Hessen: Wer von Euch kennt den „Kalten Markt“, und was ist Euer Highlight?
Ihr lieben anderen: Kennt Ihr in Eurer Gegend auch solche Volksfeste, und geht Ihr hin – oder seid ihr auf solche Events eher allergisch? Ich freue mich über Euer Feedback!

Popcorn-PerlenIch war noch nie auf einer „Star Trek“ Convention und habe keine Uniform von Captain Picard im Schrank, aber ich gestehe frank und frei: Ich bin seit über zwanzig Jahren ein Trekkie, und es gibt Folgen von „Star Trek – The Next Generation“, die ich fast Wort für Wort nachsprechen kann.

Diese Leidenschaft gründet auf dem Fernsehprogramm der Neunzigerjahre, dem geisteswissenschaftlichen Studium vor der Bologna-Reform und meiner angeborenen Faulheit. Ich hatte nur zehn Lektionen Präsenzzeit an der Uni, und wenn ich mich nicht für das Basteln an meinen Seminararbeiten aufraffen konnte, entschied ich mich für einen Trekkie-Marathon auf Pro Sieben. So habe ich im Lauf der Jahre fast alle Folgen von „The Next Generation“ gesehen und mir den Status einer TNG-Expertin er“arbeitet“ – die Auswirkungen auf das Studium werden im Rahmen dieses Posts nicht thematisiert.

Star TrekHeute missbrauche ich „Star Trek“ nicht mehr, um mich vor der Arbeit zu drücken, aber meine Liebe zum Picard‘schen Universum hat sich noch vertieft, weil mir die Schätze dieser unterhaltsamen, spannenden Serie erst mit der Zeit aufgegangen sind. Besonders reich an diesen Schätzen ist mein „all time favourite“ Film „Insurrection / Der Aufstand“.

„Insurrection“ erzählt – knapp zusammengefasst – die Geschichte des Volkes der Bakù, das sich vor Jahrhunderten auf einem kleinen Planeten niedergelassen hat. Obwohl die Bakù die Technologie für Reisen ins All haben, ziehen sie ein einfaches, abgeschiedenes Landleben vor. Doch ihr Planet birgt einen Schatz, der ihn und damit die Bakù ins Zentrum galaxienweiter Gelüste rückt: Die Planetenringe enthalten einen Stoff, der die Zellalterung verhindert und rückgängig macht – das Volk der Bakù hütet damit den Zugang zu ewiger Jugend und zu einem annähernd ewigen Leben.

Das in der Galaxie umherziehende Volk der Son’a hat eine Möglichkeit entwickelt, diesen Stoff aus den Planetenringen zu entfernen und nutzbar zu machen, und will diesen Plan mit Hilfe der Föderation der Planeten (eine Art Staatenbund auf Universumsebene) umsetzen. Doch dabei müsste der Planet zerstört und das Volk der Bakù umgesiedelt werden. Deshalb errichtet eine kleine Gruppe der Föderation eine holografische Kopie des Bakù-Dorfes in einem getarnten Raumschiff und plant, die Bakù bei Nacht und Nebel in das Raumschiff zu beamen und es auf einem anderen Planeten abzusetzen.

„You should read more history, Number One!”

Captain Picard deckt diese Pläne auf und stellt Admiral Dougherty zur Rede, der das Projekt im Auftrag der Föderation überwacht. Dabei lernen wir den leidenschaftlichen Historiker in Picard kennen, der sich tief bewusst war, dass die aktuellen Konflikte einer Gesellschaft auf Ereignisse und Entwicklungen von Jahrzehnten und Jahrhunderten zurückgehen.

Die „Star Trek“-Stories begeistern auch mich immer neu für mein ursprüngliches Studienfach. Mir wird aber auch bewusst, dass dieses Verständnis für die Bedeutung der Vergangenheit nicht auf der Ebene von Nationen und Regionen aufhört. Auch ich muss wissen, woher ich gekommen bin, um mein Leben und mich selbst zu verstehen. Das heisst nicht, dass ich ständig über der Vergangenheit grüble. Aber ich anerkenne meinen Ursprung und meine Geschichte mit allem, was damit zusammenhängt – ohne das Unangenehme auszublenden. Es hat mich zu dem Menschen gemacht, der ich heute bin, und nur von diesem Menschen aus kann ich das Leben vorwärts leben.

“Es gibt Zeiten, Sir, in denen Männer mit einem Gewissen
nicht blind Befehle befolgen können.“

In „Insurrection“ können Picards Argumente und sein Geschichtsverständnis den Admiral nicht überzeugen. Er fordert von Picard Gehorsam gegenüber ihm als Vorgesetzten, und dieser muss sich entscheiden: Soll er die Befehle der Föderation befolgen und seine ethischen Prinzipen umstossen – oder seinem Gewissen folgen und sich widersetzen? Picard zögert nicht lange – er legt die Insignien seiner Generalswürde ab und entscheidet sich für den Aufstand. Picard riskiert damit Kriegsgericht, Gefängnis, Ehrverlust, den Tod.

Solche Helden gibt es auch im realen Leben – ich denke an Dietrich Bonhoeffer, der sich als Christ und Mitglied der bekennenden Kirche am Attentat gegen Hitler beteiligt und das mit dem Leben bezahlt hat, aber auch an viele kleine Aktionen der Zivilcourage, die jeden Tag erbracht werden. Ich glaube nicht, dass mein Heimatland in nächster Zeit in eine Geisteshaltung abdriftet, die Bonhoeffersche Aktionen fordert, aber ich will im Alltag nicht einfach wegschauen und den Mund halten, wenn Zivilcourage gefragt ist. Nur wenn ich mir diesen Mut im Kleinen antrainiere, bin ich notfalls bereit für eine grosse Aktion.

„Zart wie ein Androidenpopo, oder, Data?“

Neben der Spannung, die diese Geschichte vorantreibt, und den wunderbaren Bildern und Stimmungen auf dem Planeten (ganz zu schweigen von der Romanze zwischen Captain Picard und einer Frau der Bakù) lebt dieser Film wie alle „Star Trek“-Geschichten von einem wunderbar hintergründigen Humor, der das „Star Trek“-Universum so einzigartig macht. Es ist fast unmöglich, diesen Humor schriftlich festzuhalten, aber ich muss es versuchen:

Der erste Offizier William Riker und Schiffspsychologin Deanna Troi haben unter dem Einfluss der verjüngenden Planetenringe ihre Liebe füreinander neu entdeckt. Deanna zuliebe rasiert Riker seinen Bart ab und präsentiert sich Data, der künstlichen Lebensform auf der Enterprise, mit der Bemerkung: „Zart wie ein Androidenpopo, oder Data?“ Data fragt verwirrt: „Wie bitte, Sir?“ Dann begreift er und fragt Riker: „Darf ich?“ Er legt prüfend die Hand auf Rikers Wange, lächelt überlegen, schüttelt den Kopf und geht weiter.

Der “Star Trek”-Humor erinnert mich mit jeder Folge und jedem Film daran, dass ich das Leben und mich selbst auch viel zu ernst nehmen kann. Dabei ist ein kleiner Scherz pro Tag gut für die Verdauung und hält das Hirn lebendig, wie ein grosser Humorist mal gesagt hat.

“Sometimes, Number One, you just have to bow to the absurd!”

Ich hoffe, ich habe einige bisherige Star Trek-Abstinenzler neugierig gemacht, sich auch einmal einen Film oder eine Folge anzusehen. Glaubt mir: man stösst dabei „in Welten vor, die nie ein Mensch zuvor gesehen hat!“

Ich schliesse mit obigem Zitat aus meiner Lieblingsfolge Star Trek – “Up the long ladder/Planet der Klone” und mit dem letzten, ultimativen Grund für meine „Star Trek“-Leidenschaft:

Jean-Luc Picard hat neben meinem Vater und Louis de Funès die mit Abstand schönste Glatze des Universums.

Bist Du ein Trekkie, oder kannst Du damit gar nichts anfangen? Und wenn Trekkie – welches ist Deine Lieblingsserie / Dein Lieblingsfilm? Ich freue mich auf Eure Antworten!

Collage SchaukelEinmal pro Quartal haben mein Mann, mein Vater und ich eine besondere Samstagsmission und fahren nach Olsberg im Aargau. Meine Schwester und ihr Mann besuchen eine Bibelschule und vertrauen uns für den Tag ihren vierköpfigen Nachwuchs an – was nebenbei von ihrem festen Vertrauen in einen treusorgenden Gott zeugt, der unsere Missgeschicke ausbügelt.

Für meinen Mann und mich, selbst kinderlos, ist der psychoklimatische Sprung aus unserer eigenbrötlerischen Zweisamkeit in das Müllersche Bienenhaus vergleichbar mit einem Transfer aus einem Waldteich ins Alpamare, und nach so einem Tag fahren wir jeweils ziemlich groggy in unser Nest zurück – aber auch voller neuer, schöner Erlebnisse. Eine der schönsten Erfahrungen des Elternseins, die ich mitnehmen darf, ist dieses Gefühl, selbst wieder Kind zu sein.

Wenn ich mit meiner Nichte und meinen Neffen spiele oder ihnen beim Plantschen und Toben zusehe, erwachen kleine Momentaufnahmen aus der Kindheit zu neuem Leben. Wie wir uns im hohen Gras Höhlen bauten, im Sandkasten Tunnel gruben, mit unseren Playmobil-Figuren spielten und mit unseren Barbies und ihren Pferden imaginäre Wettrennen veranstalteten, die immer damit endeten, dass die Barbies in weitem Bogen vom Pferd flogen. In diesen magischen Augenblicken war alles, was unser Universum sonst ausmachte – Abendessen, Hausaufgaben, Fernseher – weit weg. Wir lebten in unserer eigenen Welt, losgelöst von der Zeit und ihren Forderungen.

Ich vermisse dieses Gefühl, die Welt einfach ausblenden zu können. Obwohl ich mich in vielen Bereichen engagiere, bin ich ein sehr introvertierter Mensch, und mein Hirn produziert rund um die Uhr Monologe, macht Pläne und stellt irgendwelche Überlegungen an – ich fürchte ständig, dass ein Schaltkreis heissläuft oder eine Sicherung durchbrennt. Deshalb suche ich immer wieder Wege, wie ich diesen Schaltkreisen etwas Ruhe gönnen kann.

Dank unserer Quartalsmission habe ich letzten Samstag endlich einen solchen Weg gefunden – ein medizinisch unbedenkliches, kostenloses Mittel, das, mit der nötigen Vorsicht angewandt, keinerlei Nebenwirkungen hat. Das Wundermittel heisst ritigampfen – auf umständlich gut deutsch „schaukeln auf einer Hängeschaukel“. Ich empfehle es jedem, der mit ähnlichen Problemen kämpft – in seiner Einfachheit ist es beinahe revolutionär.

Die magische Wirkung des Ritigampfens beginnt mit einer leichten Entspannung, während Du langsam Fahrt aufnimmst. Auf einer mittleren Flugintensität beginnt Dein Hirn die begehrten Endorphine auszuschütten, und die Welt wird um ein paar Farbgrade heller. Auf Deinem Gesicht breitet sich langsam ein ziemlich grosses und ansatzweise idiotisches Grinsen aus. Dann schwingt das Ritigampfi über die Waagrechte hinaus, die Schwerkraft löst sich auf, und Du schwebst einfach in der Luft. Die Zeit steht still – bis Du mit einem Ruck in den Strom der Zeit zurückkehrst und der Erde entgegen schwingst.

Fünf Minuten Ritigampfen reichen aus, um den Entspannungsgrad einer kombinierten Therapie aus heissem Bad, kaltem Drink und einer Folge „How I Met Your Mother“ zu egalisieren. Inzwischen glaube ich, ritigampfen hat noch viel mehr zu bieten und wird in seiner Tiefenwirkung unterschätzt:

Ritigampfen wirkt deeskalierend.
Oder kannst Du Dir vorstellen, dass Du Dich mit Deinem Partner fetzt, während Ihr nebeneinander auf einem Ritigampfi sitzt und schwingt, was das Zeug hält?

Ritigampfen macht den Kopf frei.
Wenn ich fünf Minuten mit voller Kraft ritigampfe, lösen sich verklebte und verklemmte Hirnwindungen und machen Platz für neue Ideen.

Ritigampfen wirkt verjüngend.
Eine gute Dosis Ritigampfen versetzt mich in meine Jugend zurück und mildert die Fältchen der Seele, und was sich in unserem Inneren abspielt, wird früher oder später auch an der Oberfläche sichtbar.

Ich glaube, diese Erkenntnisse sollten zum Nutzen der Menschheit verbreitet werden. Deshalb setze ich mich ab sofort für Ritigampfräume bei Psychologen, in Firmen und in Schönheitsstudios ein. Vor allem aber gehe ich sofort in den Keller und hole das Ritigampfi, das wir vor zwei Jahren gekauft haben, hänge es an unsere Wäschestange und lege los. Wetten, dass ich in zwei Wochen entspannter und kreativer bin und viel besser aussehe?

Ich glaube, die Welt wäre ein besserer Ort,
wenn mehr geritigampft würde.

Oder frei nach Mani Matters „Hansjakobli und Babettli“:

„Jetz tüet doch aui nid so chrampfe,
Dir würdet gschider ritigampfe!“

P.S.: Das Copyright für die Ritigampf-Therapie ist angemeldet.

Crazy Urz 3Einige  Menschen sind genauso, wie sie aussehen – was draufsteht, ist auch drin. Doch meistens enthüllt der zweite und dritte Blick einige Überraschungen. Unerwartete Eigenschaften, skurrile Charakterzüge – und manchmal schlicht und einfach Zeug, das nicht zusammenpasst.

Ich gehöre definitiv zur zweiten Kategorie. Das wird noch dadurch verstärkt, dass ich so gar nicht danach aussehe.

Gerade jetzt freue ich mich, dass Ihr dieses Post lesen werdet, und habe deswegen leichte Schweissausbrüche. Aber das ist erst der Anfang.

Ich bin eine gute Organisatorin und lebe öfters in einem unglaublichen Chaos.

Ich bin ruhig und beherrscht, und in mir brodelt es oft gewaltig.

Ich bin ein optimistischer Mensch und frage mich manchmal, was „das alles“ soll.

Ausserdem leide ich am „alles oder nichts“-Phänomen. Ich setze mir in einem Zustand grenzenloser Energie die ehrgeizigsten Ziele und trällere frohlockend, wie schön es ist, aktiv zu sein und alles im Griff zu haben. Gefühlte Sekunden später sehe ich den gigantischen Berg an Aufgaben vor meinem inneren Auge sich erheben, und jede Freude an meinen Plänen  zerbröselt zu Staub. Was bleibt, ist dieser Druck auf die Hirnschale und der dringende Wunsch, sich irgendwo hin zu flüchten, um nichts zu tun ausser schlafen, fernsehen, andere Blogs lesen und im Web herumsurfen.

Und ich bin eine Teilzeitmenschenhasserin. Das klingt schlimm – aber frei nach Shakespeare sage ich lieber die Wahrheit und beschäme den Teufel. Wohlverstanden – meine Mitmenschen interessieren mich sehr, ich freue mich an ihnen, und man attestiert mir ein umgängliches Wesen und Temperament. Aber fast jeden Tag gibt es diese Momente, in denen ich jedem im Umkreis von zehn Metern mit Freuden den Kopf abreissen oder ihn so lange anstarren möchte, bis er in Flammen aufgeht (kennt  jemand den Film „Carrie“?).

Früher habe ich mir wegen dieser „Dr. Jekyll und Mr. Hide“-Anflüge Vorwürfe gemacht. Ich habe mir gewünscht, dass dieses Auf und Ab einer wohltemperierten Geschäftigkeit weicht und sich alle Aggressionen und negativen Gefühle in Minne und Menschenliebe auflösen.

In letzter Zeit irritieren mich diese Anflüge nicht mehr so stark. Ich bin zur Einsicht gelangt, dass vermeintliche Widersprüche schlicht zu meiner Persönlichkeit gehören – und eigentlich ganz unterhaltsam sind. Diese Spannungen halten mich wach und lebendig, und sie treiben mich an, mich selbst zu hinterfragen und nicht so ernst zu nehmen. Ausserdem: Wie hätte ich sonst dieses Post schreiben sollen?

Ich entdecke in diesem entspannten Umgang mit Widersprüchen auch viel Wertvolles für mein Glaubensleben. Auch das Christentum kennt irritierende, sich scheinbar widersprechende Aussagen über Gott und den Glauben – Gott ist unfassbar, und Er ist mir unglaublich nahe. Sein Reich ist schon angebrochen, und gleichzeitig warten wir noch darauf. Wenn ich alle Spannungen entferne, die eine Aussage ignoriere oder uminterpretiere, unterschlage ich herausfordernde Wahrheiten und mache es mir zu leicht.  – Zu diesem Thema empfehle ich übrigens das inhaltlich dichte, humorvoll und exzellent geschriebene Buch von FEG-Pastor Christof Lenzen: „Lass Dich fallen und flieg!“.

Neben dieser geistlichen Ebene wirkt sich mein neues Verständnis für eigene Verrücktheiten positiv auf den zwischenmenschlichen Alltag aus: Es fällt mir leichter, anderen ihren Anteil an Schrägheit, Unstimmigkeiten und nervenden Auf und Abs nachzusehen, weil ich weiss, dass ich im gleichen schwankenden Boot sitze. Ich glaube inzwischen, dass uns das Akzeptieren unserer eigenen Widersprüchlichkeit dabei helfen kann, anderen liebevoller, toleranter und geduldiger zu begegnen.

Und überhaupt: Gibt es etwas Langweiligeres als Menschen, bei denen man immer im Voraus weiss, was sie denken, sagen oder tun werden? Freuen wir uns doch einfach, dass das bisschen Verrücktheit in uns selbst und in anderen unseren täglichen Begegnungen Würze und Pfeffer verleiht!

Welche Widersprüche entdeckst Du in Dir?
Hast Du Dich mit ihnen angefreundet, oder wünschst Du Dir immer noch, der Reihe nach hundert zu sein? Share a little craziness!