Drei Grenchner in Olsberg – Antistresserkenntnisse aus einem Familientag

Collage SchaukelEinmal pro Quartal haben mein Mann, mein Vater und ich eine besondere Samstagsmission und fahren nach Olsberg im Aargau. Meine Schwester und ihr Mann besuchen eine Bibelschule und vertrauen uns für den Tag ihren vierköpfigen Nachwuchs an – was nebenbei von ihrem festen Vertrauen in einen treusorgenden Gott zeugt, der unsere Missgeschicke ausbügelt.

Für meinen Mann und mich, selbst kinderlos, ist der psychoklimatische Sprung aus unserer eigenbrötlerischen Zweisamkeit in das Müllersche Bienenhaus vergleichbar mit einem Transfer aus einem Waldteich ins Alpamare, und nach so einem Tag fahren wir jeweils ziemlich groggy in unser Nest zurück – aber auch voller neuer, schöner Erlebnisse. Eine der schönsten Erfahrungen des Elternseins, die ich mitnehmen darf, ist dieses Gefühl, selbst wieder Kind zu sein.

Wenn ich mit meiner Nichte und meinen Neffen spiele oder ihnen beim Plantschen und Toben zusehe, erwachen kleine Momentaufnahmen aus der Kindheit zu neuem Leben. Wie wir uns im hohen Gras Höhlen bauten, im Sandkasten Tunnel gruben, mit unseren Playmobil-Figuren spielten und mit unseren Barbies und ihren Pferden imaginäre Wettrennen veranstalteten, die immer damit endeten, dass die Barbies in weitem Bogen vom Pferd flogen. In diesen magischen Augenblicken war alles, was unser Universum sonst ausmachte – Abendessen, Hausaufgaben, Fernseher – weit weg. Wir lebten in unserer eigenen Welt, losgelöst von der Zeit und ihren Forderungen.

Ich vermisse dieses Gefühl, die Welt einfach ausblenden zu können. Obwohl ich mich in vielen Bereichen engagiere, bin ich ein sehr introvertierter Mensch, und mein Hirn produziert rund um die Uhr Monologe, macht Pläne und stellt irgendwelche Überlegungen an – ich fürchte ständig, dass ein Schaltkreis heissläuft oder eine Sicherung durchbrennt. Deshalb suche ich immer wieder Wege, wie ich diesen Schaltkreisen etwas Ruhe gönnen kann.

Dank unserer Quartalsmission habe ich letzten Samstag endlich einen solchen Weg gefunden – ein medizinisch unbedenkliches, kostenloses Mittel, das, mit der nötigen Vorsicht angewandt, keinerlei Nebenwirkungen hat. Das Wundermittel heisst ritigampfen – auf umständlich gut deutsch „schaukeln auf einer Hängeschaukel“. Ich empfehle es jedem, der mit ähnlichen Problemen kämpft – in seiner Einfachheit ist es beinahe revolutionär.

Die magische Wirkung des Ritigampfens beginnt mit einer leichten Entspannung, während Du langsam Fahrt aufnimmst. Auf einer mittleren Flugintensität beginnt Dein Hirn die begehrten Endorphine auszuschütten, und die Welt wird um ein paar Farbgrade heller. Auf Deinem Gesicht breitet sich langsam ein ziemlich grosses und ansatzweise idiotisches Grinsen aus. Dann schwingt das Ritigampfi über die Waagrechte hinaus, die Schwerkraft löst sich auf, und Du schwebst einfach in der Luft. Die Zeit steht still – bis Du mit einem Ruck in den Strom der Zeit zurückkehrst und der Erde entgegen schwingst.

Fünf Minuten Ritigampfen reichen aus, um den Entspannungsgrad einer kombinierten Therapie aus heissem Bad, kaltem Drink und einer Folge „How I Met Your Mother“ zu egalisieren. Inzwischen glaube ich, ritigampfen hat noch viel mehr zu bieten und wird in seiner Tiefenwirkung unterschätzt:

Ritigampfen wirkt deeskalierend.
Oder kannst Du Dir vorstellen, dass Du Dich mit Deinem Partner fetzt, während Ihr nebeneinander auf einem Ritigampfi sitzt und schwingt, was das Zeug hält?

Ritigampfen macht den Kopf frei.
Wenn ich fünf Minuten mit voller Kraft ritigampfe, lösen sich verklebte und verklemmte Hirnwindungen und machen Platz für neue Ideen.

Ritigampfen wirkt verjüngend.
Eine gute Dosis Ritigampfen versetzt mich in meine Jugend zurück und mildert die Fältchen der Seele, und was sich in unserem Inneren abspielt, wird früher oder später auch an der Oberfläche sichtbar.

Ich glaube, diese Erkenntnisse sollten zum Nutzen der Menschheit verbreitet werden. Deshalb setze ich mich ab sofort für Ritigampfräume bei Psychologen, in Firmen und in Schönheitsstudios ein. Vor allem aber gehe ich sofort in den Keller und hole das Ritigampfi, das wir vor zwei Jahren gekauft haben, hänge es an unsere Wäschestange und lege los. Wetten, dass ich in zwei Wochen entspannter und kreativer bin und viel besser aussehe?

Ich glaube, die Welt wäre ein besserer Ort,
wenn mehr geritigampft würde.

Oder frei nach Mani Matters „Hansjakobli und Babettli“:

„Jetz tüet doch aui nid so chrampfe,
Dir würdet gschider ritigampfe!“

P.S.: Das Copyright für die Ritigampf-Therapie ist angemeldet.

5 Comments

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  1. LOL – vielen Dank für diese Gedanken, musste doch glatt mal googlen ob es das Wort „Rigidampfen“ wirklich gibt (Gebe zu, es noch nie in meinem Leben gehört zu haben … wieder etwas gelernt 🙂 )

    Das mit dem „Fühlen wie ein Kind“ – nun, ich gebe zu, als Mann habe ich damit vielleicht weniger ein Problem, dem regelmäßig gepflegten und geförderten „Kind im Manne“ sei´s gedankt! Ist aber definitiv wichtig!

    • Danke – es heisst aber ritigampfen 😉 sonst findest Du nichts! Im Duden online ist es nicht, aber wenn Du dort „gigampfen“ eingibst, wirst Du auch fündig. Gigampfen ist schaukeln auf einer Wippschaukel (man lernt nie aus). Ihr habt ja aber auch viele lustige Wörter (ich denke an Karfiol 🙂 )

      • Hab ich mich doch auch gleich wieder vertippt … bei google hab ich mit ritigampfen schon das richtige gefunden 🙂 die „Hängeschaukel“ hab ich als Übersetzung entdeckt 🙂

        Und „Ritigampf-Theraphie“ wäre doch auch mal was schönes…

        Karfiol ist doch ein ganz normales Wort … oder? 😉

  2. Liebe Claudia, wie recht Du hast! Werde sofort die Ritigampf Therapie anwenden. Habe nur ein Problem damit. Mir wird so schlecht und schwindlig dabei 🙂

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