Als Kinder durften wir uns nach jedem Mittag- und Abendessen einen Riegel Schokolade aus dem Kühlschrank nehmen. Seither bin ich konditioniert wie der pawlowsche Hund und brauche nach jeder warmen Mahlzeit eine Ration nationale Nachspeise.
Abgesehen von dieser kleinen Schwäche gehöre ich inzwischen zu diesen langweiligen Vierzigern, die beim Essen ihre Gesundheit im Hinterkopf haben und redlich versuchen, sich „vernünftig“ zu ernähren – was prinzipiell gut ist. Trotzdem werde ich leicht melancholisch, wenn ich mein Tagebuch aus Teenie-Jahren hervorkrame und dort lese, was ich während der Sommerferien so gegessen habe.
Dass es darüber schriftliche Aufzeichnungen gibt, beweist immerhin, dass ich schon in jungen Jahren den Wunsch hatte, mich gesünder zu ernähren. Doch solche Vorsätze haben die ersten Stunden eines Ferientages im Freibad meist nicht überlebt. Das las sich das so: „Habe heute wieder GAR nicht gesund gegessen. Ich hatte: ein Mocca-Joghurt, eine Tüte Pommes, eine Cola, ein Slurpee, ein Soft-Ice, einen Sprudelstick….“
Wenn ich das heute alles nacheinander essen würde, wäre mir spätestens nach dem Slurpee schlecht (eigentlich schon, wenn ich mir das „Slurpee“ vorstelle). Und bei aller Wehmut um diese vergangenen, seligen Zeiten bin ich doch dankbar, dass es mir nicht allzu schwer fällt, das meiste davon wegzulassen, und dass mein Körper irgendwie zu wissen scheint, was ihm nicht bekommt.
Leider bin ich nicht ganz so erfolgreich, wenn es um andere Inhalte geht – es fällt mir bedeutend leichter, meinen Körper vor negativen Einflüssen zu schützen, als mein Herz, meine Seele und meinen Verstand vernünftig zu ernähren.
Vielleicht liegt es unter anderem daran, dass wir in diesem Bestreben wenig Unterstützung von „aussen“ erhalten. Über Fitness und gesunde Ernährung kann man jeden Tag etwas Motivierendes lesen. Die Frage, was wir auf anderen Ebenen zu uns nehmen, interessiert niemanden.
Aber ich will die Verantwortung nicht abschieben – ich wüsste es eigentlich besser. Neben dem gesunden Menschenverstand, der mir schon gute Dienste leistet, bin froh, dass ich als Christ einen unersetzbaren inneren Ratgeber namens „Heiliger Geist“ besitze. Er macht mir – wenn ich es hören will – sanft und bestimmt klar, was mir gut tut, was nichts bringt und was mir eher schadet. Und leider gehört vieles, was ich mir unbedacht zu Gemüte führe, in die zweite oder dritte Kategorie.
Natürlich stellt sich die Frage, was „nicht gut tun“ und „schaden“ genau heisst. Die Grenze zwischen netter Unterhaltung, nutzloser Information, bescheuertem Unsinn und schlicht schädlichen Einflüssen sind fliessend und teilweise subjektiv.
Wer meine Posts kennt, weiss, dass ich nichts gegen nette Unterhaltung habe. Ich mag Serien wie „How I met your mother“ und „Big Bang Theory“, liebe „Star Trek“ und finde die „Harry Potter“-Geschichten faszinierend. Aber während ich mir früher gern Gruselfilme angesehen habe, ziehe ich heute bei den meisten eine Grenze, weil ich spüre, dass mir der Inhalt des Films nicht gut tun würde.
Ich bin auch nicht erpicht auf Sendungen, die an die niedrigsten menschlichen Instinkte wie Voyeurismus und freudiges Fremdschämen appellieren – wenn ich mir so etwas ansehen muss, kriege ich in Rekordzeit mentale Pickel.
Schwieriger sind die nutzlosen Informationen, die Online im Überfluss zu haben sind. Wider besseres Wissen klicke ich regelmässig solche unverzichtbaren Kostbarkeiten an und werde mit der Information belohnt, wer sich wo daneben benommen hat, wer beim Fremdgehen ertappt wurde oder warum die neue Frisur der First Lady so schrecklich ist.
Diese Nutzlosigkeiten sind einfach einzuordnen. Manchmal frage ich mich aber auch, wie viele „Bad News“ ich konsumieren will und soll. Natürlich will ich wissen, was auf der Welt passiert, und mir keineswegs die Realität schönreden. Aber was bringt mir das Wissen, dass bei einem Familiendrama wieder Tote zu beklagen sind oder eine Familie durch einen Unfall ausgelöscht wurde?
Es wäre erträglicher, wenn die Medien in gleicher Relation gute Nachrichten verbreiten würden – die gibt es ja auch. Aber da die Gier nach dem Grauslichen und Skandalösen offenbar unersättlich ist, wird sich daran kaum etwas ändern.
Daher werde ich wieder genauer prüfen, was ich zu mir nehme – ich will über den Zustand der Welt Bescheid wissen und mich trotzdem fragen, wie viele „Bad News“ unabdingbar sind. Und alles, was weder wichtige Informationen enthält noch gute Unterhaltung ist oder meinen Horizont erweitert, lasse ich künftig zumindest öfters weg und ersetze es mit nahrhafteren und wohltuenderen Inhalten.
Dabei will ich auch nicht vergessen, dass ich manchmal die gefährlichsten und giftigsten Gedanken selbst hervorbringe – Glaubenssätze über mich, über andere Menschen und über die Welt, die ich mir über Jahre aufgebaut habe oder die durch all die Einflüsse um mich herum in mich hineinsickert sind. Solche Aussagen will ich immer wieder hinterfragen, damit mich dieses Lügengebilde nicht daran hindert, ein Leben in Fülle zu leben.
Und ab und zu ist es auch gut, einfach „weniger“ aufzunehmen. Einfach zuzulassen, dass es aussen und innen still ist – keine Musik, kein Bildschirm oder Buch, in das ich meine Nase stecke.
Oder noch besser: ich mache einen Herbstspaziergang und geniesse die im letzten Post beschriebenen wunderbar gefärbten Bäume.
Und wenn ich wieder zurück bin, gönne ich mir einen Riegel Schokolade.
Was findest Du geistig besonders unverträglich? Aber noch viel wichtiger: welches ist Deine Lieblingsschokolade? Ich freue mich auf Deinen Kommentar!
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