Ecard Gottes GnadeIch komme im Moment nicht so zum Innehalten. Wenn ich es doch mal tue, betrachte ich nicht selten die Windungen und Umwege meines bisherigen Lebens. Und immer, wenn ich danach in die Gegenwart zurückkehre, frage ich mich, wie ich trotz soviel Trägheit, Dummheit und Mist an einem so guten Ort landen konnte.

Quelle: www.life-is-more.at

Arbeit? Öhm…In den beiden letzten Jahren: ja. Davor: naja.

Schwein? Sicher auch was davon.

Schicksal? Wer weiß das schon so genau?

Für mich ist es vor allem eines: nackte und unverfälschte Gnade.

Die Gnade, mit der Gott auch meine miserabelsten  Entscheidungen und kapitalsten Fehler genutzt hat, um etwas Gutes entstehen zu lassen, mich etwas zu lehren oder mich voranzubringen.

Das heißt nicht, dass mein gebauter Mist „irgendwie doch gut“ war. Falsch ist falsch und bleibt falsch. Gott hat den Fehler nicht benötigt, um mich dahin zu bringen, wo ich jetzt bin – er hat ihn benutzt.

Dieser Gedanke hindert mich daran, meine falschen Entscheidungen zu beschönigen oder im Nachhinein zu rechtfertigen, indem ich einfach darauf hinweise, dass es „ja doch ganz gut herausgekommen“ ist. Stattdessen fordert er mich auf, dankbar zu sein. Weil Gott mehr getan hat, als nur etwas Gutes aus meinem Mist zu machen. Er hat den Mist entsorgt. Für immer.

Ich werde hier nicht in die Details gehen, aber ich habe in meinen mehr als vierzig Jahren eine Menge auf mich geladen, auf das ich nicht stolz bin. Einiges geht auf Schwächen zurück, die ich nicht kontrollieren konnte, manches auf Trägheit oder Faulheit, und dann gibt es noch die mit klarem Verstand egoistisch getroffenen Entscheidungen, von denen ich irgendwo tief drin genau wusste, wie falsch sie waren.

Dabei habe ich abgesehen von Geschwindigkeitsübertretungen (darüber mehr hier) nie gegen ein staatliches Gesetz verstoßen. Aber staatliche Gesetze sind auch nicht der letzte Maßstab. Das Wort Sünde ist heute unmodern, aber ich weiß, dass ich mehr als genug dieser Übertretungen auf dem Konto habe.

Entschuldigung. Hatte.

Graham Ord, ein in Kanada lebender britischer Gitarrist, Sänger und Songwriter, hat vor Jahren ein wunderschönes Lied geschrieben, in dem er diese Wahrheit besingt und darin die folgenden Worte aus Psalm 102 vertont:

Barmherzig und gnädig ist der Herr,
er gerät nicht schnell in Zorn, sondern ist reich an Gnade.
Nicht für immer wird er uns anklagen, noch wird er ewig zornig auf uns sein.

Er handelt an uns nicht so, wie wir es wegen unserer Sünden verdient hätten,
er vergilt uns nicht nach unseren Vergehen.
Denn so hoch, wie der Himmel über der Erde ist,
so überragend groß ist seine Gnade gegenüber denen, die ihm in Ehrfurcht begegnen.
So fern, wie der Osten vom Westen ist,
so weit schafft er unsere Vergehen von uns fort.

Graham hat dieses Manifest des Vertrauens in Gottes Gnade aus einer unfassbaren persönlichen Tragödie heraus geschrieben, und vielleicht hat das Lied deshalb so weite Verbreitung gefunden und viele Menschen persönlich berührt. Hier ist eine der wenigen Versionen aus Youtube, in denen er es selbst singt – intensiv, unverfälscht, schön.

Quelle: Youtube

Heute in einer Woche feiere ich meine CD-Buch-Taufparty. Am Dienstag sind die Bücher bei mir angekommen, und anfangs nächste Woche sollten die CDs eintreffen. Ich bin nervös und aufgeregt und kann an fast nichts anderes mehr denken, laufe seit Wochen auf Starkstrom und bin dem Wahnsinn noch näher als sonst. Aber ich steuere auch auf einen der schönsten Momente meines Lebens zu.

Vorgestern hat mir eine ehemalige Arbeitskollegin eine Mail geschrieben. Sie hatte gerade meinen Blog entdeckt und hat mir geschrieben, wie sehr sie einzelne Posts berührt haben. Das hat mich tief bewegt. Es klingt vielleicht idealistisch oder unglaubwürdig, aber für mich gibt es keinen größeren Lohn als diesen – dass meine geschriebenen Worte als Ermutigung, Trost, guter Herausforderung oder Erheiterung – je nachdem, was der einzelne gerade braucht – in Menschen widerhallen.

Damit bin ich nach vielen Windungen und Umwegen an einem Ort angekommen, der sich wie „mein Ort“ anfühlt. Und trotz harter Arbeit fühlt es sich unverdient und großzügig an – eben wie Gnade. Ich bin dankbar, dass Gott mich trotz meiner Widerborstigkeit und stellenweisen Begriffsstutzigkeit nie aufgegeben hat. Er hat mich aus dem Sumpf gezogen und auf einen trockenen Felsen gestellt hat, wo ich ihm ein neues Lied singen kann.

Es werden auch wieder andere Zeiten kommen. Aber egal, ob sich ein Hoch ausbreitet oder ein Tornado wütet – die Anfangsworte aus dem Psalm, den Graham vertont hat, will ich in jede Situation mitnehmen:

Preise den Herrn, meine Seele, ja, alles in mir lobe seinen heiligen Namen!
Preise den Herrn, meine Seele, und vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat!

 

Kennt Ihr auch solche „Gott-macht-aus-meinem-Mist-Gold“-Erfahrungen? Oder wart Ihr immer rechtschaffen und „auf Kurs“? Wofür seid Ihr gerade dankbar? Ich freue mich, von Euch zu hören!