Irland begeht heute den legendären St. Patrick’s Day, und das nicht nur auf der grünen Insel – überall auf der Welt feiern Irischstämmige und Irland-Fans diesen Festtag, trinken grünes Bier und färben auch mal einen Fluss ein (ja, die spinnen, die Iren!). Ich habe es letztes Jahr endlich auf die Insel meiner Träume geschafft, aber meine Liebe zum Land besteht sei über zwanzig Jahren. Und angefangen hat alles – einmal mehr – mit Musik.
In meinem letzten Jahr vor der Matura fragte ein Kollege aus der Parallelklasse während der Kaffeepause herum, ob jemand Lust hätte, mit ihm das Irish Folk Festival in Basel zu besuchen. Aus unerklärlichen Gründen war ich damals spontan genug, zuzusagen, was ich nie bedauert habe. Das Konzert dauerte drei Stunden, und ich kann mich nicht mehr an die verschiedenen Bands erinnern. Aber ich weiss noch genau, dass ich nach fünf Minuten total hingerissen war. Wahrscheinlich hat sich meine Verzückung in ein paar Wippbewegungen erschöpft, aber um meinen Gefühlsregungen nur einigermassen gerecht zu werden, hätte ich ein paar Saltos schlagen und quer durch die Halle tanzen müssen.
Ein paar Monate später feierte ich mitten in den mündlichen Maturaprüfungen meinen 20. Geburtstag, und mein Irish-Folk-Kollege machte mir das schönste Geschenk überhaupt: vier Musikkassetten, auf denen er seine liebsten Alben und Songs für mich aufgenommen hatte. So lernte ich die Musik von De Dannan, The Fureys und anderen legendären irischen Musikern kennen und lieben. Die lyrischen, feinen Frauenballaden, so zurückhaltend und doch voller Sehnsucht, die melancholischen, einzigartigen Männerstimmen, und natürlich die Reels mit Geige, Akkordeon, Whistle und der treibenden irischen Trommel.
In all diesen Songs schwelt eine ungezügelte, kraftvolle Leidenschaft, etwas Unbändiges und Heftiges, das für mich zum Irischen gehört. Ich glaube, das fasziniert mich, weil ich auch so einen Kern in mir trage. Er liegt ziemlich tief und ist seiner Rohfassung (zum Glück) nur in meinen Teeniejahren zu Tage getreten, was zu einigen legendären Ausrastern führte, die ich heute nicht weiter ausbreiten werde.
Heute würde mir so eine Reaktion fast niemand zutrauen. Aber wenn ich einen Reel höre, wird dieser feurige Kern geweckt. Es fängt in den Füssen an und breitet sich rasch aus, bis ich innert Kürze vom Scheitel bis zur Sohle, äusserlich und innerlich in Bewegung bin.
Diese Musik tut mir einfach gut. So paradox es klingen mag: sie wirkt ausgleichend, indem sie mich aufrüttelt und durchschüttelt und diesen feurigen Kern anstösst. So lockert sich der Teil von mir, der manchmal etwas zu starr, zurückhaltend und vorsichtig ist.
Hat vielleicht jede Musik, die uns fasziniert, etwas an sich, das uns gut tut? Komplettiert uns oder gibt uns etwas, das wir brauchen, ohne es zu wissen? Wie es auch sein mag: ich werde mir zur Feier des Paddy-Tages einen meiner Lieblingsreels anhören, die Füsse und Arme fliegen lassen und mich der Musik hingeben. Wenn ich morgen früh das hinterlistige Flüstern des Alters vernehme, das in den Hüften knackt, war es das auf alle Fälle Wert!
Hast Du auch Musik, die Dich zum Tanzen oder Träumen bringt oder Dir einfach gut tut, ohne dass Du genau weisst warum? Oder weisst Du es vielleicht sogar ganz genau? Ich freue mich auf Deinen Kommentar!
Wirklich ein toller Text und eine kniffelige Frage, die eigentlich ganz einfach klingt.
Die Wirkung, welche Musik auf mich hat, ist proportional zu meiner Stimmung. Heißt, wenn ich guter Laune bin, pusht Musik die, andersrum genauso.
Ich habe diese Erfahrung eher mit Büchern gemacht, fremde Welten, in die einzutauchen mir gut tut und mich entspannen lässt. Oder auch mit bestimmten Orten. Es gibt diesen einen Ort, der mir immer gut tut.
Liebe Grüße
Smarty
Danke Dir! Interessanter Gedanke, dass die Musik manchmal einfach die Stimmung verstärkt, in der man gerade ist. Bücher erlebe ich oft wie Du; sie lassen mich „abtauchen“ und in eine andere Welt verschwinden. Und Orte, die einfach gut tun…etwas Wunderbares! Ich erlebe es beim Spazierengehen; da habe ich einen Weg, der mich immer inspiriert und meine Stimmung hebt. Und Städte/Dörfer haben oft auch einen Charakter, der einen anspricht oder eben nicht. Würde mich ja schon brennend interessieren, wo Dein Ort ist :-D! Liebe Grüsse, Claudia
Sehr gerne 🙂
Da kann ich nur zustimmen, es gibt kaum etwas schöneres als in einer fremden Welt zu versinken.
Zum Spazieren gehen komme ich leider zu selten, aber auf Reisen passiert mir das ebenso.
Er ist irgendwo im Nirgendwo 😀
Das ist eines der besten Fotos, die mir dort je gelungen sind: http://instagram.com/p/RzBsJcsqHs/
Ich finde es absolut traumhaft dort und fahre hin, so oft ich kann 🙂
Liebe Grüße
Smarty
Wow, wirklich ein tolles Bild! Und so friedlich…ich glaube Dir gern, dass Du dort zur Ruhe kommst 😀 Ich würde so gern mal einen Monat irgend auf eine Alp sitzen, schreiben, singen und spazieren gehen und einfach sein. Vielleicht komme ich ja mal dazu 🙂
Dankeschön 🙂
Das klingt auf jeden Fall nach einem Abenteuer, dass man nie vergisst und eine Erlebnis, welches Spuren hinterlässt 🙂
Indeed 😀 Jetzt muss ich nur noch die Zeit finden 😀
Ich mag die Dubliners. Mein Mann ist Halbire.
Die Dubliners sind legendär – die mag ich auch sehr gern! Wenn Dein Mann Halbire bist, kennst Du ja sicher noch einige gute Musik 😀