BergWenn ein neues Quartal anfängt, nehme ich mir gern Zeit dafür, alles vor mir aufzufächern und mich darauf einzustellen. Manchmal fordert mich diese Perspektive heraus, und dieses Mal tut sie es besonders. Und statt mich über die spannenden Aussichten zu freuen, verspüre ich neben Müdigkeit eine leichte bis mittlere Panik, garniert mit einer saftigen Portion Versagensangst.

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Da wäre die Konzertlesung in meiner Heimatstadt: was, wenn keiner kommt? Was, wenn viele kommen und ich „es nicht bringe“? Dann der Gospelevent mit Adhoc-Chor: was, wenn keiner kommt? Was, wenn…(Ihr wisst schon). Dann die Veröffentlichung von „Hier will ich bleiben“ auf Englisch. Was, wenn es niemand kauft? Was, wenn es gekauft wird und nicht ankommt? Dann die Buchübersetzung für Lee Strauss: was, wenn ich meine Fähigkeiten überschätzt habe? Und zu guter Letzt die offenen Hauskonzerte: was, wenn ich zu nervös oder einfach noch nicht gut genug bin oder keinen Kontakt zu meinem Publikum herstellen kann? In einen Satz gefasst: ich habe schlicht Angst, dass ich nichts auf die Reihe kriege, mir zu viel zutraue und mich bis auf die Unterhosen blamieren werde.

Fast immer, wenn ich solche Gedanken in Worte fassen will, spüre ich inneren Widerstand. Etwas in mir wehrt sich gegen diese fragenden, zweifelnden, alles auf den Tisch legenden Posts. Ich fürchte im Stillen, dass niemand mein Gewinsel hören will und alle auf ein aufbauendes Post warten, das den Namens Seelensnack auch verdient, und ich habe Angst davor, den Eindruck zu erwecken, dass ich auf Schulterklopfen und Seelenmassage warte.

Oft schreibe ich das Post dann nicht. Aber manchmal – so wie heute – ringe ich mich doch dazu durch. Einerseits, weil es mehr Spass macht, über Dinge zu schreiben, die mich selbst beschäftigen, andererseits aber auch, weil Posts, in denen ich meine Risse in der Oberfläche offenlege, besonders zu anderen sprechen.

Ich weiß nicht, warum das so ist. Aber für heute akzeptiere und umarme ich dieses Phänomen und feiere, dass mich das Leben so oft überfordert. Ich feiere, dass ich mich manchmal frage, warum ich das alles mache, und dass es Momente gibt, wo ich einfach ein bisschen vor mich hin weinen oder mich wie ein Ball in einer dunklen Höhle zusammenrollen und nie mehr herauskommen möchte.

Denn diese Momente gehen vorbei. Und die Gewissheit, dass das, was vor mir liegt, gut und richtig ist, hilft mir, Panik und Fluchtgedanken zu überwinden. Dann weiß ich auch wieder, dass solche Gedanken normal sind: wenn ich Schritte ins Neue und Ungewisse wage, spüre ich nun mal auch Angst vor Versagen und vor Ablehnung. Ich kann dieser Angst nicht ausweichen – sonst bleibe ich stehen. Gehe ich aber weiter, so folge ich dem, was in mir ist oder präziser ausgedrückt: dem, der in mir ist – dem Geist Gottes, der mich inspiriert und mich in eine bestimmte Richtung drängt.

Am Ende lande ich beim Vertrauen, dass da einer weiß, was er macht, und dass mich der gesunde Menschenverstand in Verbindung mit dem Heiligen Geist auf der richtigen Spur hält. Und auf diesem festen Grund kann ich mich auch wieder an den Herausforderungen freuen. Im Wissen, dass die nächste Panikattacke kommen wird – dass ich sie aber im Vertrauen auf Gott überwinden werde.

Wie gehst Du mit neuen Situationen und Herausforderungen um? Kennst Du diese Ängste, und hast Du besondere Rezepte, um sie zu überwinden? Ich freue mich auf Deinen Kommentar!

HundAls ich zehn Jahre alt war, wurde unsere Familie im Abstand von wenigen Wochen um einen kleinen Hund und eine kleine Katze erweitert. Der Zuwachs war ein Gewinn; vor allem meine Schwester und ich freuten uns sehr über die neuen Spielkameraden.

 

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Natürlich mussten die beiden auch ab und zu den Gang zum Tierarzt antreten. Ich weiß nicht mehr genau, was alles auf der Verletzungsliste stand, aber ich erinnere mich gut, was die beiden am meisten hassten: den ominösen Halskragen. Unser Hund musste mehrmals so ein Ding tragen, und sein Blick sprach jeweils Bände: „Wie könnt Ihr mir das antun? Habt Ihr kein Herz?“ Dabei war es nur zu seinem Besten: er hatte eine offene Wunde, die heilen musste, und der Halskragen war das einzige Werkzeug, das ihn erfolgreich daran hinderte, ständig daran herumzubeißen.

Wir Menschen sind ja eigentlich in der Lage und gescheit genug, solche Wunden in Ruhe lassen. Trotzdem üben sie oft eine unwiderstehliche Anziehungskraft auf uns aus. Ich kenne das aus leidvollen Erfahrungen mit neuen Schuhen: erst entsteht eine Blase an der Ferse, die saumäßig wehtut. Dann heilt sie langsam ab, es bildet sich Schorf – und unwillkürlich fühle ich mich getrieben, daran herumzuzupfen und zu reißen, bis das „Rüfli“ ab, die Wunde wieder offen ist und der Spaß von vorne losgeht.

Warum ich dieser Versuchung immer wieder erliege, weiß ich nicht so genau. Was ich aber weiß, ist, dass sich dieser Drang nicht nur auf körperliche Wunden beschränkt. Oft reiße ich auch am Schorf meiner seelischen Blessuren, anstatt das Ding einfach mal in Ruhe zu lassen – mit dem Resultat, dass der Schmerz immer wieder neu aufflackert und die Wunde nicht heilen kann. Und ich nehme an, damit bin ich nicht allein.

Die Technologie unserer Zeit gibt uns leider unendliche Möglichkeiten, dieser Wundobsession zu frönen. Wer früher eine Beziehung beendete, konnte sich höchstens alte Liebesbriefe und Fotos wieder und wieder ansehen. Heute können wir unsere Verflossenen googlen und auf Facebook stalken. Wenn wir genug masochistisch veranlagt sind, sehen wir uns vielleicht auch noch ihre Schnappschüsse mit der „neuen Flamme“ an. Und auch bei anderen Beziehungsverletzungen kommt das Prinzip zum Tragen. Selbst wenn wir den Mechanismus durchschauen und genau wissen, dass es uns nicht gut tut, kehren wir doch immer wieder an den Ort des Schmerzes zurück.

Ich habe gemerkt, dass mein guter Wille oft nicht reicht und ich immer wieder aufs Neue loslassen muss. Aber das Beispiel mit unserem Hund hat mich auf eine neue Idee gebracht. Von heute an bete ich einfach, dass Gott mir einen geistlichen Kragen verpasst, der mich jedes Mal, wenn ich wieder am Schorf herumreißen will, von dieser zerstörerischen Handlung abhält.

Denn wenn ich es schaffe, die Wunde eine Weile in Ruhe zu lassen, kann sie ein Stück heilen. Selbst wenn ich später wieder „rückfällig“ werde, bleibt dieses Stück Heilung erhalten, und jedes Mal, wenn ich mich wieder entschließe, loszulassen, geht es etwas besser, nimmt der Schmerz ein wenig ab.

Diese Erfahrung ermutigt und tröstet mich, wen ich wieder in einem solchen Prozess stecke, der immer auch ein Abschiednehmen ist. Aber wenn wir nicht loslassen können, kann keine Heilung stattfinden und kann auch nichts Neues entstehen. In diesem Sinne: „Herr, ein Hundekragen!“

NazarenerzeichenIch scheine momentan in einer Laune für inhaltsschwere Posts zu sein – ich verspreche allen Besserung, die schon lange auf etwas Leichtfüßigeres hoffen. Die letzten Wochen haben uns ja leider in dieser Hinsicht wenig geboten, dafür umso mehr Absurditäten aus dem Inland, Abscheulichkeiten aus dem Nahen Osten und anderes, worüber ich stolpere und das mich beschäftigt.

 

Der Irak ist momentan neben dem Nahen Osten der Hot Spot für schockierende Nachrichten, und die Enthauptung des amerikanischen Journalisten James Foley war eine dieser „Hot News“. Sie macht es mir schwer, den Islam nicht an dieser grausamen Frucht seiner radikalsten Anhänger zu messen. Wenn ich meinen Fokus dann auf die radikale Christenheit lenke, stoße ich in letzter Zeit leider ebenfalls auf Grenzwertiges und Grenzüberschreitendes. Als ein Beispiel mögen die Anhänger der Westboro Babtist Church genügen: sie verbreiten konstant Hass gegenüber allen, die inner- oder außerhalb der Kirche nicht nach ihrer Interpretation der Bibel leben. Ihre Wortführer morden nicht, aber aus ihren Tiraden geht klar hervor, dass sie bestimmte Gruppen von Menschen am liebsten tot sehen würden. Nach dem Selbstmord von Robin Williams haben sie einen Hasstweet abgesetzt, dass er „ewig in der Hölle verrotten“ solle.

Abscheulichkeiten wie die der IS und Hasspredigten wie die der Baptisten von Westboro gießen zur Zeit eine Menge Wasser auf die Mühlen derer, die mit Religion nichts am Hut haben: wenn man sich auf diese Übel konzentriert, könnte man tatsächlich folgern, dass jeder radikale Glaube nur das Böse im Menschen hervorbringt.

Aber nur fast.

Ich distanziere mich mit jeder Faser meines Seins von Menschen und Kirchen, die Hass gegenüber Andersgläubigen und anders Lebenden säen. Aber ich weigere mich, meinen Glauben zu relativieren, und ich wehre mich gegen die obige Schlussfolgerung.

Dass radikaler Glaube auch hässliche Blüten treibt, kann niemand bestreiten – ob Christ, Muslim oder Jude (um mal bei den drei großen monotheistischen Religionen zu bleiben). Doch in jeder dieser Religionen finden sich auch Menschen, die ihre Aufgabe darin sehen, Brücken zu bauen. Ich denke an die in der Schweiz beheimatete internationale christliche Organisation „Gemeinschaft der Versöhnung“, die sich für die Förderung des Friedens und die Versöhnung befeindeter Volksgruppen einsetzt, oder an den Dirigenten Daniel Barenboim. Er hat sowohl einen israelischen als auch einen palästinensischen Pass und führt das West-Eastern Divan Orchester, das aus israelischen und arabischen Jugendlichen besteht. Ich denke aber auch an die vielen Menschen in der Schweiz, die sich für den interreligiösen Dialog einsetzen, oder an die Organisation „Granges Mélanges“, die in meiner Heimatstadt Wertvolles für die Integration von Menschen aus allen Kulturen leistet.

Ich weiß nicht, was diese Menschen glauben. Aber ich will und werde mich niemals dafür schämen, eine radikale Christin zu sein. Denn obwohl ich für andere Religionen nicht sprechen kann, bin ich überzeugt, dass das obige christliche Beispiel das Resultat eines falsch verstandenen, auf Abwege geratenen Glaubens ist. Jesus hätte an den Hasstiraden der Westboro-Babtisten keine Freude gehabt. Er hat Klartext gesprochen, wann immer es nötig war, und die Dinge beim Namen genannt, aber er hat es in Liebe getan – immer mit dem Ziel der Wiederherstellung. Er hat nie einen Menschen aufgegeben oder abgeurteilt.

Als Christin stehen für mich drei Ziele im Zentrum: das gemäß Jesu Aussage wichtigste Gebot zu halten und Gott mit allem zu lieben, was ich bin, und meinen Nächsten wie mich selbst; Jesu Auftrag an seine Jünger zu erfüllen und meinen Glauben weiterzugeben, und Gottes Liebe für andere Menschen erfahrbar zu machen, indem ich mich danach ausstrecke, Jesus jeden Tag ähnlicher zu werden.

Alle drei sind nicht einfach, und das letzte wird erst wirklich vorbracht sein, wenn ich ihm Auge in Auge gegenüberstehe. Wenn ich meinen Glauben radikal, unverdünnt und unverblümt teile und offenlege, muss ich damit leben, dass meine Handlungen als Früchte dieses Glaubens angesehen werden – die Guten, die Mittelmäßigen und die mit Wurm. Trotzdem will ich zu meinen Schwächen stehen und mein Leben nicht beschönigen.

Denn im Grunde gibt es kein kraftvolleres Zeugnis für den christlichen Glauben als Menschen, die sich in all ihrer sichtbaren Unvollkommenheit und Zerbrochenheit geliebt, erlöst und sicher fühlen – so sicher, dass sie sich nicht scheuen, anderen die Pickel und Narben auf ihrer Seele zu zeigen und dennoch auszustrahlen, dass sie im Frieden mit sich sind. Als Gebäude „under construction“, willig, sich zu verändern, aber im Wissen darum, dass nichts sie von der Liebe ihres Gottes trennen kann.

I robot 2Letzten Sonntag habe ich mir einen Film angesehen, der vor ziemlich genau zehn Jahren in die Kinos kam. „I robot“ mit Will Smith basiert frei auf einer Buchvorlage von Isaak Asimov, und obwohl ich es normalerweise nicht so mit Robotern habe (abgesehen natürlich von Data in Star Trek und R2D2 in Star Wars), hat mich der Film berührt und zum Nachdenken gebracht.

Im Jahr 2035 unterstützen Robots die Menschen in vielen Bereichen des Lebens als Arbeiter und Helfer. Um sicherzustellen, dass sich ein Robot niemals gegen die Menschen stellt, wurden jedem Exemplar drei Gesetze eingebaut:

Ein Robot darf keinem Menschen schaden oder durch Untätigkeit einen Schaden an Menschen zulassen.

Ein Robot muss jeden von einem Menschen gegebenen Befehl ausführen, aber nur, wenn dabei das erste Gesetz nicht gebrochen wird.

Ein Robot muss seine eigene Existenz bewahren, es sei denn, dies spricht gegen das erste oder zweite Gesetz.

Die Herstellerfirma steht kurz davor, eine neue Generation Robots auszuliefern, als deren Erfinder tot aufgefunden wird. Ist es Selbstmord, oder ist es Mord? Der Polizist Spooner, der den künstlichen Intelligenzen misstraut, macht sich an die Aufklärung des Falls. Dabei lernt er einen Robot kennen, der ein eigenes Bewusstsein entwickelt hat und sich selbst Sonny nennt. Er findet heraus, dass Sonny eine Zentraleinheit für Emotionen besitzt und als einziger Robot nicht mit dem Zentralcomputer V.I.K.I. verbunden ist.

Schließlich stellt sich heraus, dass die künstliche Intelligenz V.I.K.I. aufgrund der drei Gesetze zum logischen Schluss gekommen ist, dass man die Menschheit entmündigen muss, um sie vor sich selbst zu schützen. V.I.K.I. initiiert mit der neuen Generation Robots einen Putsch Reverse Phone Lookup , um die Macht zu übernehmen. Mit Hilfe von Sonny kann dieser Plan verhindert werden, weil Sonny auch Emotionen in seine Entscheidungen einbeziehen kann und sich nicht zwingend an die Logik der drei Gesetze halten muss.

Als ich über die Entscheidung von V.I.K.I. nachdachte, ist mir ehrlich gesagt als erstes in den Sinn gekommen, dass dieser Silikonhaufen nicht so unrecht hat.

Wir befinden uns in einer optimalen Zeit, um uns darüber klar zu werden, wie weit wir Menschen in unserem Bestreben, in Harmonie mit der Umwelt und im Frieden mit unseren Nachbarn zu leben, schon gekommen sind.

Ein Bericht der Pendlerzeitung „20 Minuten“ von dieser Woche zeigt auf, wie menschenverachtend manche Schweizer in bestimmten Facebookgruppen über Menschen anderer Nationalitäten und Religionen sprechen. In SMS-Spalten meiner Regionalzeitung werden Asylanten als „Gesindel“ bezeichnet. Daneben brodelt es rund um den Globus. Der Nahostkonflikt schlägt Wellen, die auch bei uns zu bedenklichen Reaktionen führen. Ich brauche nur meine Facebook-News anzuschauen, um in eine übelerregende Flut von Rechtfertigungen, gegenseitigen Anschuldigungen und Hass einzutauchen.  Und die Erde, die Gott uns zur sorgfältigen Bewahrung anvertraut hat? Ihr Zustand ist auch nicht gerade ermutigend.

Ich gebe V.I.K.I. Recht – die Menschheit gehört eigentlich entmündigt. Und doch hat der, der es könnte, es nicht getan.

Gott hat uns so geschaffen, dass wir selber entscheiden können. Er hat wissentlich und willentlich keine fleischlichen „Robots“ kreiert, die ihm ohne eigenen Willen zur Hand gehen, weil er ein Gegenüber wollte, mit dem er einen echte Beziehung pflegen kann. Damit ist das Risiko eingegangen, dass wir Mist bauen, was wir natürlich prompt getan haben. Aber Gott hat uns auch da nicht alleingelassen. Er hat uns Hilfe geschickt und damit die Wiederherstellung der Schöpfung eingeleitet. Aber immer noch können wir uns selbst entscheiden – für Gutes oder Schlechtes, jeden Tag neu.

Manchmal verzweifle ich am Zustand der Welt. Ich sehe mein eigenes Unvermögen und brüte  über aktuellen Konflikten. Und es schmerzt mich, wenn es dort am schlimmsten zugeht, wo die Menschen Gott mit in die Gleichung hineinnehmen,  beide Seiten  ihn auf ihrer Seite wissen wollen und zutiefst überzeugt sind, dass er ihnen zum Recht verhelfen wird.

Aber ich sehe auch Lichtpunkte. Menschen in diesen Krisenregionen, die – aus einem klaren, definiertem  Glauben heraus – mit Menschen anderen Glaubens zusammenspannen, sich bewusst entschließen, in der Not theologische Fragen auf der Seite zu lassen, um gemeinsam Not zu lindern.

Und dann bin ich doch wieder froh, dass Gott uns so geschaffen und uns den freien Willen gelassen hat. Wir werden immer mit Fragen wie „Wo war Gott, als…“ kämpfen. Aber letztlich sind wir aufgefordert, zu handeln. Gottes Geschenk des freien Willens verpflichtet uns und fordert uns auf, unsere Hände, unsere Füße, unser Hirn und unser Herz einzusetzen, um etwas zum Besseren zu bewirken. In einem Lied von den Casting Crowns wird diese Herausforderung eindrücklich besungen – und diese Worte will ich mir auch immer wieder neu ins Herz schreiben.

Wenn wir der Leib sind – warum strecken sich seine Arme nicht aus?

Warum heilen seine Hände nicht? Warum lehren seine Worte nicht?

Und wenn wir der Leib sind – warum gehen seine Füße nicht?

Warum zeigt ihnen seine Liebe nicht, dass es einen Weg gibt?

Denn es gibt einen Weg.

Brasiliens SchandeDienstag Abend habe ich schweren Herzens darauf verzichtet, mir den Halbfinalkracher Brasilien-Deutschland anzusehen – ich bin zwar kein Fußballfanatiker, aber die WM hat mich doch etwas gepackt. Schließlich habe ich aus reiner Vernunft den Weg ins Bett angetreten. Als ich am nächsten Morgen aufwachte, warf ich sofort einen Blick ins Internet. Und ich konnte kaum glauben, was da zu lesen war.

Brasilien – Deutschland 1:7.

Was für eine Niederlage und Enttäuschung für den Gastgeber Brasilien! Ich versuchte, mir vorzustellen, was in den Spielern und Fans wohl vorgegangen ist in diesem harten Minuten und Stunden. Dabei habe ich mich an ein anderes, ähnlich dramatisches WM-Spiel erinnert, das für Brasilien besser ausgegangen ist: der WM-Final 1994, in dem Brasilien zum vierten Mal Weltmeister wurde. Die tragischste Rolle in diesem Spiel gehörte dem Italiener Roberto Baggio.

1994 war Baggio auf dem Höhepunkt seiner Karriere. In der vorherigen Saison hatte er mit Juventus Turin den Uefa-Pokal geholt; 1993 war er als Weltfußballer des Jahres geehrt worden. Nun stand er mit Italiens Nationalmannschaft im Finale der Weltmeisterschaft gegen Brasilien. Nach hart umkämpften 90 Minuten und weiteren 60 Minuten Verlängerung musste das Spiel im Elfmeterschießen entschieden werden. Bereits hatten je zwei Spieler der beiden Mannschaften ihre Bälle versenkt, als Baggios Teamkollege Massao seinen Penalty verschoss. Da der nachfolgende brasilianische Spieler das Tor machte, lag das Schicksal der italienischen Elf in den Füssen von Roberto Baggio.

Baggio hatte an dieser WM schon viele Male getroffen. Doch dieses Mal verließen in die Nerven oder auch nur das Glück. Er verzog seinen Schuss, und der Ball ging weit über das Tor hinweg. Brasilien war Weltmeister, und Roberto Baggio wurde von einem Moment zum anderen der meistgehasste Mann Italiens.

Wer sich eine Karriere als Sportler aussucht, ist naturgemäß ein Mensch mit einem starken Siegesdrang; ein Mensch, der besser sein will und der seine Identität und sein Selbstvertrauen auch aus seinem Erfolg schöpft. Was muss in Baggio vorgegangen sein? Wie hat er diese Schmach überstanden?

Und wie tun es die brasilianischen Spieler heute? Zumindest einer von ihnen weiß, dass seine Identität nicht vom Siegen abhängt und dass er sein Leben vertrauensvoll in andere Hände legen darf. Die Facebook-Seite „Glaubensimpulse“ hat ein paar Zitate von Spielern abgedruckt, die von ihrem Glauben Zeugnis geben. Dabei hat sich David Luiz Moreira Marinho so geäußert:

„Mein ganzes Leben gehört Gott.
Er hat meinen Lebensweg bereits vorgezeichnet, er kennt den Sinn.
Und das reicht.“

Auch unter deutschen Fußballern gibt es einige, die aus dem Glauben Kraft schöpfen. Der bekannteste dürfte Claudemir Jerônimo Barreto (Cacau) sein, der von 2009 bis 2012 der deutschen Nationalmannschaft angehörte. Er hat sich noch etwas deutlicher ausdrückt:

„Kein Mensch kommt als Christ zur Welt.
Man muss sich entscheiden, ob man mit Gott leben will oder nicht.“

Ich selbst konnte lange Zeit gar nicht nachvollziehen, wie man aus seinen Erfolgen seine Identität ableitet. Ich war zwar immer eine erfolgreiche Schülerin, ohne viel dafür zu tun, aber ich habe daraus nie mein Selbstvertrauen bezogen; ich suchte die Bestätigung woanders. Beruflich  hatte ich null Ehrgeiz oder Ziele.

Seit ich meine Leidenschaft für das Schreiben und damit meine Berufung gefunden habe, spüre ich erstmals einen Druck, Erfolg zu haben, wünsche mir Anerkennung oder verspüre Angst davor, nicht anzukommen. Umso dankbarer bin ich für die Zuversicht, dass meine Identität nicht davon abhängt, ob meine Bücher und Texte gelesen werden, ankommen oder nicht ankommen. Sonst müsste ich anfangen zu überlegen, ob meine Themen und meine Art zu schreiben marktfähig sind oder ob ich nicht lieber auf eine gerade angesagte Schiene aufspringen sollte. So aber bin ich frei, genau das zu schreiben, was mir auf dem Herzen brennt.

Dass die gestrige Niederlage bei den Brasilianern Wunden hinterlassen wird, ist klar. Vor Schmerz und Enttäuschung sind auch gläubige Menschen nicht gefeit, wie die Tränen von Luiz im Interview so berührend klarmachen. Trotzdem bin ich mir sicher, dass bei ihm und den anderen, die auf diesen Felsen bauen, die Gewissheit tief verankert bleibt, dass man auch in einem Karrieretief bei Gott niemals seinen Wert verliert.

Und heute Abend halte ich es übrigens mit Holland und Wesley Sneijder, für den ich seit der EM 2008 ein wenig „fane“ und der bei „Glaubensimpulse“ auch mit einem Zitat verewigt ist:

„Mein Glaube gibt mir Kraft und nur Gott entscheidet, wo meine Zukunft liegt.“

Kennst Du das Dilemma „Identität aus Erfolg“? Hast Du Dir das Spiel angesehen und mitgelitten? Und für wen „fanst“ Du am Sonntag?

ecard009Momentan lesen wir in unserer Kleingruppe ein Buch, an dem wir uns die Zähne ausbeißen. Der Autor Lawrence Crabb hat unter anderem „Christsein ohne K(r)ampf“ geschrieben; ein Buch, das ich sehr schätze. Unsere aktuelle Lektüre „66 Liebesbriefe“ hat den Anspruch, uns näher an Gottes Liebe heranzuführen. Allerdings scheint dieses Ziel gerade meilenweit entfernt.

Bildquelle: www.life-is-more.at

Die bisherigen Kapitel hatten alle den Tenor: „Du wirst meine Liebe erst spüren, wenn Du am tiefsten Punkt angelangt bist“ und werfen uns in ein Wechselbad der Gefühle und offenen Fragen. Müssen wir erst am Boden liegen, um Gott wirklich zu erfahren? Nimmt Gott uns gezielt alles weg, damit wir ihn erkennen? Muss alle Musik in unserem Leben ersterben, damit wir sein Liebeslied hören können?

Diese Fragen katapultieren mich zurück in eine Wüsten-Phase meines Lebens. Ich hatte damals fast alles – Gesundheit, Freunde, einen gut bezahlten Job und ein schönes Zuhause. Aber meine Beziehung war zerbrochen, und mir wurde schmerzlich bewusst, wie sehr ich mich trotz meines Glaubens an Gott noch immer auf meinen Partner als Zentrum und Sinn meines Lebens ausgerichtet hatte. Die Trennung stoppte die Musik und schien nur Leere zurückzulassen.

Doch obwohl es eine einsame und herausfordernde Zeit war, ist mir bewusst geworden, dass ich mich gern daran erinnere. Die Nähe, die ich in dieser Zeit zu Gott hatte, ist immer noch einer der kostbarsten Schätze meins Lebens: Ich habe jeden Tag zu ihm gebetet und gesungen, mich nach ihm ausgestreckt. Er war der Grund, warum ich morgens aufstand und arbeiten ging. Er war da, wenn ich mich einsam fühlte.

Heute bin ich an einen völlig anderen Ort. Ich bin „sesshaft“ geworden, habe geheiratet, habe meine Berufung und eine tolle Gemeinde an meinem Wohnort gefunden. Ich will das nicht missen. Aber wenn ich an die Nähe zu Gott denke, wird mir klar, dass diese dunkle, wüstenartige Zeit etwas Besonderes war. In der Leere war ich endlich fähig, Gott zu hören und zu erleben.

Kommt Gott also nur nahe zu uns, wenn es uns richtig mies geht? Können wir seine Liebe in guten Zeiten niemals richtig erfahren? Ich glaube das nicht. Wir sind es, die sich in den guten Zeiten anders ausrichten, und ich glaube, darauf weist uns Gott immer wieder hin: sobald wir etwas anderes haben, das uns Freude bereitet, trägt und stärkt, beziehen wir unsere Kraft und Identität von dort, anstatt an die Quelle zu gehen – weil wir zutiefst stolz sind und uns nur auf eigene Errungenschaften verlassen wollen.

Ich bin sicher, dass Gott uns das Schöne und den Segen in unserem Leben nicht vermiesen will. Wir sollen uns daran freuen und es genießen. Aber er will, dass wir unsere Lebensenergie nicht von etwas anderem, sondern von ihm beziehen. Wenn Jesus allein der Eckstein unseres Lebens ist, können wir in der Beziehung zu ihm auch das volle Maß seiner Liebe erfahren – auch in den guten Zeiten. Es ist ein Kampf zwischen unserem stolzen Herzen, das sich auf niemand anderen stützen will, und dem Geist Gottes, der in uns lebt, und wir müssen ihn jeden Tag aufs Neue angehen. Aber es lohnt sich.

Ich bin für die erlebten Tiefen in meinem Leben dankbar, weil sie meine Beziehung zu Gott stärker gemacht haben. Die Erinnerung daran erhöht meine Sehnsucht nach dieser Nähe und hilft mir, mich immer wieder auf ihn auszurichten. In Dankbarkeit für all das Schöne, was er schenkt, und doch im Wissen, dass mein Leben nicht davon abhängt.

Wir singen in der Gemeinde ein Lied, in dem das Jesus-Eckstein Thema kraftvoll und berührend auf den Punkt gebracht wird. Heute höre ich mir dieses Lied an und spüre aufs Neue, dass Jesus mein realer Herr und Freund ist. Und ich weiß, dass er sich darüber freut.

Quelle: Youtube

Wie erlebst Du die „guten und schlechten Zeiten“ und Gottes Nähe darin? Fällt es Dir leicht, die Freuden des Lebens zu genießen? Ich freue mich auf Deinen Kommentar!

 

 

Sommer 3Nach diesem Pfingstwochenende mit Höchsttemperaturen schwelge ich immer noch im Sommerhoch. Auch heute Morgen sind die Temperaturen schon wunderbar – wunderbar, wenn man so was mag. Hiermit oute ich mich als Fan von 25+ und liefere sechs Topgründe für meine Zugehörigkeit zu „Some like it hot!“:

 

Endlich sockenlos!
Ich gehöre zu den besonders kälteanfälligen Leuten, die erst ab 25 Grad Strümpfe und Socken zuhause lassen. Und während ich die Strumpfhosen, die ich ab September trage, dezent unter den Hosen verstecken kann, kommen bei Socken und Söckchen um 20 Grad manche Leute schon auf die Idee, ich sei  nicht ganz zurechnungsfähig. Wenn das Thermometer 25 Grad überschreitet, wirke ich endlich wieder wie ein normaler Mensch.

Melodischer Weckruf!
Die Vögel kommen schon im Frühling zurück, aber da ist es mir oft zu kalt, um das Schlafzimmerfenster offen zu lassen (siehe oben). Darum ist der Sommer auch die Zeit, in der ich um sechs Uhr die Vögel zwitschern (manchmal auch die Krähen streiten) höre, und es gibt keinen schöneren Klang, um den Tag zu beginnen.

Sommer 1Dolce far niente!
Wenn es dann so richtig heiß wird, kann man endlich mal ohne schlechtes Gewissen nichts tun. Bei Temperaturen ab 30 Grad ist Gartenarbeit ein medizinisches Risiko, und so legt man sich am besten in einen Liegestuhl, liest und döst vor sich hin und wähnt sich in den Ferien in südlichen Gefilden. Einfach schön!

Gesünder essen!
Im Winter fröstelt es mich beim Anblick eines Salatkopfs, aber jetzt esse ich gern welchen. Während ich sonst kein großer Fruchtesser bin, liebe ich alle heimischen Beeren und kann jetzt aus dem vollen schöpfen. Ich trinke mehr Wasser und fühle mich einfach wohler.

Die Menschheit lebt!
Bei diesen Temperaturen bersten die Freibäder, an den Flüssen versammeln sich Familien zum Bräteln, und die Außenplätze von Restaurants sind rappelvoll. Menschen lachen und schwatzen, trinken was Kühles und spielen Volleyball. Plötzlich wird das Bild vom Menschen, der nur sein eigenes Wohl sucht und sich abkapselt, aufgeweicht. Ich sehe, dass Menschen eben doch andere Menschen suchen und finden und brauchen – und dass sie sich in der Natur heimisch fühlen.

Dem Paradies so nah…!
Und wie fast alles Schöne hat auch dieses Wetter für mich eine „geistliche“ Komponente. Mir kommt es vor, als ab wir Menschen bei diesen Temperaturen näher an uns selbst und an der Schöpfung wären. Wenn ich die Leute auf ihren Rädern lachend der Aare langfahren oder unter einem Baum liegend das Nichtstun genießen sehe, erinnert mich das an den Garten Eden. Das wünscht sich Gott für sein Volk – dass sie bei ihm zuhause sind, sich wohl fühlen und in seiner Gegenwart wie in der Sonne baden – mit der Ausnahme, dass unsere Seele für das Genießen seiner Gegenwart keinen Schutzfaktor braucht. Mehr geht immer!

Und weil es zu diesem Sommerfeeling auch einen Sommersong braucht: hier mein ultimativer und ewiger liebster Sommer-Song von Spider Murphy Gang!

Was sind Eure Sommer-Highlights? Oder sind Euch diese Temperaturen eher ein Graus? Ich freue mich auf Euren Kommentar!

??????????Mein Post über „Needful Things“ beschäftigt mich immer noch. Das liegt unter anderem daran, dass ich das Buch erst gerade ausgelesen habe und es eine Menge neuer Gedankenfunken ausgelöst hat. Vor allem hat es mich daran erinnert, was mich am Fach Geschichte fasziniert: nicht das Auswendiglernen von Daten, sondern das Verständnis dafür, dass aktuelle Situationen auf früheren Ereignissen und Entwicklungen beruhen.

Anfang August ist es 100 Jahre her, dass sich der lokale Konflikt zwischen Österreich-Ungarn und Serbien zu einem Kontinentalkrieg und später zum Ersten Weltkrieg ausdehnte, und heute feiern wir 70 Jahre „D-Day“ – den Tag, an dem die Alliierten in der Normandie landeten und der die Wende im Zweiten Weltkrieg markiert. Diese Großereignisse lassen sich kaum anhand einer einzigen Ursache erklären, aber die Auseinandersetzung mit der Vergangenheit hilft uns, besser zu verstehen, was auf anderen Kontinenten, fernen Ländern oder in unserem eigenen Land und Leben vor sich geht.

Quelle: Staatsarchiv LuzernHeute kann sich zum Beispiel niemand mehr vorstellen, dass auf unserem Boden vor weniger als 200 Jahren ein innerschweizerischer bewaffneter Konflikt entbrannte. Die katholisch dominierten, föderalistisch geprägten Kantone schlossen sich gegen die protestantisch und zentralistisch eingestellte Mehrheit zusammen, was schließlich zum Bürgerkrieg führte.

                                                                                           Quelle: Staatsarchiv Luzern

Dank der klugen Kriegsführung von General Dufour starben im kurzen Sonderbundskrieg weniger als 200 Menschen – ein Punkt, der im Ausland sicher ein amüsiertes Lächeln auslöst: ach, und DAS nennt Ihr Krieg? Dennoch war unser Land davor und danach tief gespalten. Die Katholiken waren über 40 Jahre von der Regierung ausgeschlossen. Die Jesuiten wurden aus der Schweiz ausgewiesen, und der Jesuitenartikel, der den Orden in der Schweiz verbot, war bis 1973 Bestandteil unserer Verfassung. Noch in der Generation meiner Eltern wurde eine Heirat zwischen Katholiken und Protestanten nicht gern gesehen.

Wir können uns das heute nur noch schwer vorstellen – dabei sind wir selbst ein Produkt unserer Vergangenheit, und mit ein bisschen Nachdenken und „In-uns-gehen“ können wir oft herausfinden, wo die Ursachen unseres Verhaltens, unserer Vorlieben, unserer Fähigkeiten und Gewohnheiten verwurzelt sind. Ich gehe zum Beispiel gern spazieren und kann in der Natur, in der Weite, der Stille und der frischen Luft gut auftanken. Und ich erinnere mich an meine Kindheit mit Wochenendbräteln am Waldrand und Wanderferien im Berner Oberland. Als Teenager fanden wir diese Art Ferien nicht mehr so prickelnd, aber sie haben den Grundstein dafür gelegt, dass wir heute die Natur und die Bewegung im Freien so schätzen.

Natürlich trägt jeder Mensch auch an Erinnerungen und Erlebnissen, die Narben und oft eine innere Wachsamkeit hinterlassen haben. Wie eine Katze, die sich das Fell angesengt hat, oder ein Hund, der getreten worden ist, machen wir um bestimmte Situationen oder Charaktere einen weiten Bogen – manchmal ohne zu wissen, warum.

Ich habe noch immer Verhaltensweisen an mir, die ich mir nicht ganz erklären kann, erlebe Momente, „wo’s mer eifach tuet“, wo ich meine Reaktionen nicht kontrollieren kann. Und ich möchte erfahren, was dem zugrunde liegt. Das unkomplizierte Verhältnis, das heute zwischen Schweizer Katholiken und Protestanten herrscht, beweist mir, dass sich auch tiefe Gräben auffüllen und Verletzungen heilen lassen – sowohl im Gedächtnis eines Staates als auch im Hirn und Herz eines einzelnen.

Wir sind keine Sklaven unserer Vergangenheit. Wir können uns gegen unsere eigenen Verformungen stemmen, und wenn wir mit Gott in Beziehung stehen, können wir Verletzungen und Schmerz immer wieder bei ihm abgeben. Und wir schaden uns selbst, wenn wir unsere Vergangenheit als Schutzschild und Ausrede verwenden, um in unseren Verkrümmungen zu verharren und allen anderen die Schuld zu geben. Wir sind es uns selbst und anderen schuldig, uns nach innerer Freiheit auszustrecken.

Manchmal brauchen wir für so einen Prozess externe Hilfe. Aber egal, wie schwer unsere Last ist: Gott ist grösser als unsere Verletzungen. Er ist in der Lage, die härtesten Verkrustungen aufzubrechen, dass wundeste Herz zu heilen – wenn wir es wollen, wenn wir Geduld haben und wenn wir uns ihm immer wieder hinhalten.

Der D-Day symbolisiert die Wende im Zweiten Weltkrieg. Wenn ich mir bewusst werde, dass ich noch Befreiung brauche, und mich innerlich aufmache, um diese Befreiung zu erleben, kann auch ich den D-Day feiern.

Etwa zwei Jahre nach meiner Geburt musste sich meine Mutter einer Operation unterziehen, an der sie fast gestorben wäre. Danach musste sie sich sterilisieren lassen; ein Eingriff, der alle Hoffnungen auf die große Familie, die meine Eltern sich wünschten, zunichtemachte.

Es traf die beiden tief. Mein Vater war Sportlehrer in einem Kinderheim, beide waren bei den Pfadfindern als Leiter tätig und hatten gern junge Menschen um sich. Aber sie arrangierten sich mit diesem Schicksal und stellten sich darauf ein, dass ich ihr einziges Kind bleiben würde.

Bettina 40 15Etwa ein Jahr danach suchte meine Mutter den Frauenarzt auf, weil sie fürchtete, dass etwas nicht in Ordnung war. Der Arzt teilte ihr mit, dass da tatsächlich etwas Ungewöhnliches vorlag: sie war trotz des Eingriffs schwanger geworden. Und so kam ich neun Monate später – genau heute vor 40 Jahren – zu einem Schwesterchen.

 

Bettina 40 12Wir sind seit jeher ein seltsames Geschwisterpaar – äußerlich gleichen wir uns gar nicht, sind in Auftreten und Wesen sehr verschieden und haben doch so vieles gemeinsam, das andere Menschen das Band zwischen uns erkennen lässt. Unsere Liebe zu Musik und Gesang, unsere Freude am Lesen, unser manchmal gespaltenes Verhältnis zu Menschenmassen, und nicht zuletzt unseren Glauben.

Geschwisterbeziehungen sind immer etwas Besonderes, aber wenn man zu zweit ist, schweißt das noch stärker zusammen. Man empfindet sowohl Gemeinsamkeiten als auch Unterschiede stärker. Und oft kommt es mir vor, als ob wir genau dort unterschiedlich sind, wo es uns am meisten herausfordert.

Bettina 40 1Gleichzeitig besteht eine tiefe Verbundenheit zwischen uns. Wir freuen uns füreinander, sorgen uns um die Schwester und sind stolz auf Erfolge im Leben der anderen. Letzten Dezember hat Bettina ihre kleine Islandpferdereitschule eröffnet. Es hat mich so berührt, sie in ihrem Element zu sehen, dass ich ein Post über diesen tollen Tag geschrieben habe. Letzten Freitag hat Bettina an meiner Buch-CD-Release mit mir unser Duett gesungen und diesen Anlass damit perfekt gemacht.

Wir lieben uns, aber es ist eine stumme Liebe, wenn man sie an ausgesprochenen Worten und Gesten misst. Wir „Meier-Vogts“ sind ein feinfühliges, aber kein überschwengliches Geschlecht und tun uns schwer damit, einander Wertschätzung mündlich kundzutun. Lieber schreiben wir eine Mail, ein Kärtchen oder ein SMS.

Oder ein Blog-Post.

Bettina 40 14Ich bin dankbar für das Wunder, das mich mit einer Schwester versorgt hat, und ich finde, dass Gott sich etwas ganz Besonderes ausgedacht hat, als er diese bunte, schillernde Blume zu unserer Familie hinzugefügt hat. Vielleicht wäre meine Kindheit ohne „Bettina-Tantrums“ nach verlorenen Monopolyspielen etwas  friedlicher gewesen, aber mit Bettina war sie reicher und farbiger. Wir haben vieles zusammen unternommen, was sonst Freundinnen machen. Ich war Bettinas Trauzeugin und sie war meine. Ich war ihre Firmpatin, und sie war meine Patin bei meiner Tauferneuerung vor neun Jahren.

Nicht zuletzt in dieser Tauferneuerung zeigt sich Bettinas größtes Geschenk an mich: ihr hartnäckiges Werben für Jesus, das mich am Ende überzeugt kapitulieren ließ und das mein Leben verändert hat.

Blessun 7Manchmal wünsche ich mir, wir wären uns ähnlicher, damit wir einander nicht ungewollt vor den Kopf stoßen. Gleichzeitig freue ich mich daran, wie Bettina ist, weil sie eine ganz eigene Kombination der Gaben, Talente und Charakterzüge unserer Eltern in sich vereint. Wie mein Vater erkennt sie, was andere gut können, und schafft es mit ihrer Ausstrahlung und Willensstärke, Menschen für etwas zu begeistern und einzuspannen. Wie meine Mutter vermittelt sie ihren eigenen und anderen Kindern Wertschätzung und Ermutigung. Und in ihrem Gesicht begegnet mir jeden Tag unsere Ma, die vor zehn Jahren viel zu früh gestorben ist.

Bettina 40 10Ich weiß, dass Bettina die 40 nicht so gern in ihrem Leben willkommen heißt, aber ich hoffe, dass sie im Rückblick auf diese 40 Jahre auch ein Gefühl der Zufriedenheit und des Stolzes erlebt: für eine gesunde, wunderbare Familie mit einem tollen Ehemann und vier liebevollen und lebenslustigen Kindern, für ein schönes Zuhause und ihr neues Standbein, das super gestartet ist, und für alles, was das Leben jeden Tag so ausmacht.

Be blessed, Sister!

Merch Cover Bundle BlogHeute ist ein Freudentag, den ich mit meinen Seelensnacklern einfach teilen muss: Buch und CD „Hier will ich bleiben“ sind endgültig aus ihrem Ei gekrochen und auf dem freien Markt erhältlich. Ein tolles Gefühl, das mich gleichzeitig erstaunt, erschöpft und überwältigt zurücklässt.

 

 

Letzten Freitag durfte ich vor einem etwa 80-köpfigen Publikum den Release feiern. Die Konzertlesung mit der Unterstützung meines Produzenten Norm Strauss, meiner Schwester Bettina und einem Freund an der Percussion war wunderbar und berührend. Vor allem habe ich in der Vorbereitung auf diesen Anlass wieder etwas gelernt.

Als ich mich auf den Abend einstellte und mir vorstellte, dass ich fast allein mit einer Gitarre auf der Bühne sitzen würde, schlich sich eine leise Panik ein. Würde ich das bringen? Würde ich es schaffen, aus mir herauszugehen und mich selbst zu sein? Als ich um diesw „Kick-Ass“-Einstellung rang, merkte ich, dass da etwas fehlte. Und mir wurde klar, dass mein letztes Post von der Dankbarkeit für unverdiente Geschenke nur einen Teil der Wahrheit abbildete. Wenn ich den Mut, die Kraft und die Überzeugung aufbringen wollte, zu strahlen und mich selbst zu sein, musste ich diesen anderen Teil freilegen.

Bild Release schneid

Dieser Teil ist das Bewusstsein, dass vieles, was ich erlebt hatte, ein Segen war, ich aber einen nicht zu unterschätzenden Beitrag zum Ganzen geleistet habe. Und dass ich darauf stolz sein darf.

Stolz.

STOLZ.

Kennt Ihr das auch, wenn ein Wort in Euch Widerwillen auslöst? Ich will nicht stolz sein! WILL NICHT!

Aber wie es gute und schlechte Formen von Zufriedenheit gibt, gibt es auch gute und schlechte Formen von Stolz. Und die gute Form bedeutet, dass ich meinen Anteil an der erfolgreichen Fertigstellung nicht unter den Scheffel stellen soll.

In den Tagen vor dem Anlass hat die „Stimme der Wahrheit“, der auf meiner CD auch ein Lied gewidmet ist, deutlich zu mir gesprochen. Und am Release-Abend hat mein Mann ohne es zu wissen diesen Part übernommen und noch einmal genau die Worte gesagt, die ich verinnerlichen musste:

Gott hat Türen geöffnet, hat mir Kraft gegeben, hat vieles möglich gemacht. Aber wenn ich mich nicht auf meinen Hintern gesetzt und geackert hätte, wäre nichts passiert.

Zum Teil habe ich vor Jahren Entscheidungen getroffen, die das alles erst möglich gemacht haben.  Gott hat zu diesen Entscheidungen beigetragen – er hat für eine innere Unruhe gesorgt, die mich zu den richtigen Entscheidungen geführt hat. Aber entscheiden musste ich selbst. Gott spricht jeden Tag zu Menschen, und nicht alle wollen hören, was er ihnen sagen möchte. Dort, wo ich mutige Entscheidungen getroffen habe, die sich jetzt auszahlen, darf ich auch stolz sein.

Vor drei Jahren konnte ich mir nicht vorstellen, um viertel nach sechs  aufzustehen, wenn ich keinen Termin hatte. Seit über einem Jahr arbeite ich am Nachmittag auswärts und stehe jeden Tag in dieser Herrgottsfrühe auf, um an meinem Projekt zu arbeiten.

Und nicht jede Arbeit ist toll, spannend und „mein Ding“. Natürlich haben die CD-Aufnahmen, das Schreiben an sich, die Arbeit am Cover mit Grafikerin Hanna mir Freude gemacht und mich begeistert. Aber ich musste auch Zeug erledigen, das mich langweilte, mir widerstand oder Schweißausbrüche veranlasste: mich durch die SUISA (die Schweizer GEMA)- Formulare durchbeißen, telefonische Nachfragen von Pontius zu Pilatus, einlesen in verschiedenste Themen wie ISRC-Codes, Ebook-Erstellung usw., mein Projekt vermarkten und andere um Hilfe und Unterstützung bitten. Und am Ende: mich vor all die Leute setzen und zum ersten Mal mein Programm durchziehen.

Das alles habe ich getan, und darum will ich mich hier und heute zu diesem Statement durchringen:

Ich bin stolz auf meine Arbeit.

Stolz auf das, was ich – mit Hilfe vieler Menschen und Hilfe von oben – geschafft habe. Und es erfüllt mich mit mehr Freude und Zufriedenheit als alles, was ich bisher gemacht habe.

Einer der ersten Gospelsongs, die ich kennen gelernt habe, hieß „Shine your light“. Der Song spricht davon, dass ich Jesus bitte, sein Licht durch mich scheinen zu lassen, aber gerade heute fordert er mich auch heraus, mein eigenes Licht nicht unter den Scheffel zu stellen. Ich merke oft, dass sich etwas in mir dagegen sträubt und ein Teil von mir Angst vor Erfolg hat. Unser Land hat eine Tendenz zur „Champignonmentalität“ – wer den Kopf zu weit herausstreckt, kann ihn schnell verlieren. Aber wenn wir das tun wollen, was in uns hineingelegt wurde, müssen wir diese Angst überwinden.

Als kleine Hommage an mein fertiges Werk habe ich hier einen Link zum Titelsong „Hier will ich bleiben“ eingefügt,  den ich selbst geschrieben habe. Er beschreibt meinen Weg zu Gott und meine Freude darüber, angekommen zu sein. Auf meiner Website „klare töne“ findet Ihr – falls Interesse – alle weiteren Infos zu Buch und CD. Ich freue mich über Kommentare und Feedbacks!

 

Dabei bin ich mir bewusst: nicht jeder wird mit dem, was ich schreibe und singe, einverstanden sein. Es wird Kritik geben – verdiente und konstruktive, vielleicht auch unbarmherzige oder gehässige, wenn jemand an einem wunden Punkt getroffen wird. Darauf muss ich mich einstellen. Denn nichts, was wirklich bewegt, bewegt nur in eine Richtung. Und für alle Menschen, die durch meine Worte ermutigt und berührt werden, will ich die Kehrseite der Medaille gern tragen.

Gestern Abend hat Norm Strauss an einem Hauskonzert bei einem guten Freund sein Lied „Unbreakable“ gesungen. Es wurde inspiriert durch den Film mit Bruce Willis, in dem ein Mann sich nicht mehr an seine Superkräfte erinnert und daher auch vergisst, dass es sein Auftrag ist, den Superbösewicht zu bekämpfen.

Im Grunde sind wir alle solche Superhelden, denn jeder von uns hat ihm allein zugeteilte, einzigartige Gaben, die ihn an einen Ort und zu Aufgaben führen, die nur er erfüllen kann. Wenn wir Angst davor haben, unser Licht zu zeigen, können wir diesen Auftrag nicht ausführen. Ich wünsche mir für die kommende Zeit – für mich und für alle, die sich manchmal vor dem Erfolg und dem Scheinwerferlicht ängstigen – dass wir unsere ureigenen „Superkräfte“ entdecken, einsetzen und uns nicht davor fürchten, aufzufallen und gesehen zu werden, sondern uns darüber freuen.

Das, was Du zu geben hast, muss gesehen werden, damit es ankommen kann. Also raus aus dem Schatten ins Licht!