Lichtblicke im Advent? Brauchen wir die denn überhaupt? Paradoxerweise haben wir sie, wie es mir scheint, in dieser Zeit besonders nötig.  Ein Grund dafür ist die Jahreszeit – wir fahren im Dunkeln zur Arbeit und kommen im Dunkeln nach Hause, und wer Pech hat und in einer Gegend wie der meinigen wohnt, sieht die Sonne wegen des Hochnebels auch tagsüber nicht allzu oft. Der andere Grund ist, so traurig es tönt, die „Season“. Was einst eine Zeit freudiger Erwartung war, hat sich zu einem Reigen von must-do’s und Anlässen entwickelt, so dass kaum Musse bleibt, den Advent zu begehen.

Anlass genug für mich, den Dezember in einer Art lückenhaftem Adventskalender den lichten Augenblicken zu widmen, die diese Zeit bietet. Aber ich habe noch einen dritten Grund. Ende Oktober habe ich mein Buch wieder einmal meiner Agentin geschickt, damit sie es durch den lektoralen Fleischwolf dreht, und seit da denke ich jeden Tag daran, endlich wieder ein Post zu schreiben. Aber bisher harzt es, und wahrscheinlich spielt neben dem vielen „was läuft“ auch mein Perfektionismus eine Rolle: Je mehr ich an meinem Buch feile, desto anspruchsvoller werde ich, was meine Texte angeht, desto mehr frage ich mich, was ich hier eigentlich schreiben kann, das noch nie jemand geschrieben hat – der innere Kritiker auf voller Fahrt.

Aus all diesen Gründen widme ich dem Advent kleinere Posts, in denen ich mich an etwas freue, das zur Jahreszeit gehört, denn da gibt es vieles: von Adventskalendern über den Schnee, wenn er denn kommt, von traditionellen Liedern über den Christbaum finde ich Lichtblicke, die mich innehalten lassen. Und vielleicht habt ja auch Ihr Bedarf, den Advent zu begehen, indem Ihr im hektischen „Was muss ich noch?“ einen Augenblick innehaltet. Es würde mich freuen! Für heute füge ich als kleinen Lichtblitz mit „Hier will ich bleiben“ einen musikalischen Happen aus der eigenen Küche bei. Der Tonus mag etwas melancholisch sein, aber der Refrain des Liedes passt ganz gut in diese Zeit weihnachtlicher Erwartung:

Ich tauche ein in ein neues Licht
In einen Strahl, der durch die Wolken bricht
Stark genug, alle Schatten zu vertreiben
Ich fühl‘ mich warm und gut – hier will ich bleiben.

 

Damit Euch allen einen guten baldigen Start in den Dezember!

Liebe Freunde,

Dieses Mal habe ich Euch lange warten lassen, aber so geht es, wenn man sich mit Haut und Haaren einer Sache verschrieben hat. Aber Schluss mit langen Ausreden; lieber berichte ich Euch, was alles gegangen ist und was in den nächsten Monaten auf mich und Euch wartet. So einiges nämlich…!

Das Buchbaby entwicklelt sich!

Bald ist eine neue Runde in Sachen Roman abgeschlossen: Seit Anfang September überarbeite ich mein Buch, und was sich dank der harten, aber herzlichen Hinweise meiner Agentin so langsam aus dem Wörtersalat herausschält, gefällt mir sehr. Epoche, Plot und Charakter verknüpfen sich enger, die Themen werden noch klarer, und die Personen erhalten mehr Tiefe. Immer wieder sehe ich etwas Neues, denke „Heureka!“ und dann „aber die Arbeit, die das wieder gibt…!“ Such is Writer’s Life!  Ende Monat werde ich einen vorläufigen Strich unter die Bearbeitung setzen und das Manuskript meiner Agentin-Lektorin-Mentorin schicken; ich bin gespannt auf ihr Feedback! Ich selbst werde vom Text pausieren und mich anderen Verpflichtungen zuwenden, denn es gibt einige.

AGLOW Frick Frauenfrühstück am 11. November 2017

Am 11. November darf ich zum zweiten Mal in Frick ein AGLOW-Frauenfrühstück gestalten. Ich werde zum Thema „Lebe Dein Leben“ sprechen; salopper übersetzt: „Wie Du lernst, Dein Ich zu umarmen, Dein Ding zu machen und Dich einen Deut darum zu scheren, was andere denken“. Ein oder zwei Songs werden auch zu hören sein. Weitere Infos unter Termine!

Weihnachts-Gottesdienst in der Bewegung Plus Biel 10. Dezember 2017

Ich freue mich sehr, den diesjährigen Weihnachtsgottesdienst der Bewegung Plus Biel gesanglich mitzugestalten. Er hat das Thema „Hoffnung ER lebt“ und ist öffentlich. Weitere Details sind ebenfalls unter Termine zu finden.

Kolumne „Stadtbummel“ im Grenchner Tagblatt

Das Schreiben beschäftigt mich auch neben Buchprojekt und Blog: Seit neuestem bin ich Teil der „Stadtbummel“-Crew im Grenchner Tagblatt, was mich sehr freut! Am 23. September hatte ich mein Debut, in dem ich über Stephen Kings „ES“ berichtet und in Kindheitserinnerungen geschwelgt habe. Der nächste Bummel kommt am 11. November, und ein paar Ideen dazu schwirren mir schon im Kopf herum.

Soweit das Neueste von mir – ich verspreche, Euch nächstes Mal nicht so lange warten zu lassen. Lasst es Euch gutgehen, geniesst das schöne Herbstwetter, und dann auf bald!

Herzlich, Eure Claudia

Ich habe lange keinen Snack mehr fabriziert – dafür ein heftiges Mea Culpa! Grund dafür war nichts Tragisches, sondern dass ich intensiv an der Überarbeitung meines Buches werkle und auch sonst viel läuft. Heute will ich endlich wieder einmal ein paar Gedanken teilen, und vielleicht wird es etwas schwer verdaulich, denn es geht um das Thema Zerbruch.

Wann wird aus einem Problem eine Krise, wann aus der Krise der Zerbruch? Wenn das Fundament unseres Lebens wankt oder bricht, wenn das, worauf wir unsere Identität bauen und woraus wir unsere Kraft ziehen, Gefahr läuft, sich in Nichts aufzulösen.

Wenn man diese von mir fabrizierte Definition liest, könnte man sich als Christ auf die fromme Wolke setzen und behaupten, dass der oder die Zerbrochene auf ein falsches Fundament gebaut hat. Ist nicht das einzige, was uns wirklich trägt, Gottes Liebe und der Wert, den wir aus seiner Liebe zu uns geschenkt bekommen haben, der Wert, den niemand uns nehmen kann?

Frei nach Radio Eriwan: Im Prinzip Ja. Aber seien wir ehrlich: Niemand lebt nur aus Gottes Liebe, und auch wenn wir fest in dieser Liebe verwurzelt sind, haben wir alle auch andere Bereiche im Leben, die für unser inneres Gleichgewicht und unser Wohlergehen wichtig sind.

Zerbruch deutet darauf hin, dass nicht nur eine, sondern alle Grundlagen wanken – oder zumindest alle, die für uns von Bedeutung sind. In manchen Fällen kann so auch der Zerbruch einer einzigen Grundlage unser ganzes Leben ins Wanken bringen.

Ich habe einen solchen Zerbruch vor über zehn Jahren erlebt, als eine Beziehung zu Ende ging. Alles andere in meinem Leben – meine Familie, meine Arbeit, meine Beziehung zu Gott – blieb damals bestehen, aber es half nichts, weil ich meinen Lebenssinn, meine Identität und meinen Wert daraus bezog, dass ich einen Partner hatte, mit dem ich gemeinsam in die Zukunft blicken konnte. Als er mich verliess, war diese Grundlage verschwunden, und ich blickte ins wüste Nichts. Ich konnte mir nicht vorstellen, ein glückliches und erfülltes Leben zu führen ohne einen Menschen, der mein Leben teilte, und so sehr ich mich auch bemühte, an dieser Idee gefallen zu finden: Es funktionierte nicht.

Einige Zeit nach der Trennung machte ich einen Trip zu Ikea und kaufte unter anderem zwei identische Tassen, auf denen riesige, rot-violette Herzen prangten. Das kitschige Design hatte es mir angetan, und ich stellte mir vor, dass diese Tassen das Symbol für die nächste Beziehung seien, die Gott schenken würde. Irgendwann in nicht so ferner Zukunft – so meine Hoffnung – würde ich mit einem geliebten Menschen aus diesen Tassen trinken und glücklich sein. Aber als ich Zuhause meine Sachen auspackte, fiel eine der Tassen auf den weissen Plattenboden und zerbrach.

Es war nur eine Ikea-Tasse, aber in dem Moment war diese Tasse weit mehr. Mit ihr zerbrach mein Traum und meine bisher einzige Strategie, Glück und Geborgenheit zu finden. Der lächerliche Verlust traf mich tief, und heute glaube ich, dass Gott erst in diesem Moment mit der Botschaft zu mir durchdrang, die er mir seit dem Ende der Beziehung hatte geben wollen:

«Ich habe für Dich im Moment keinen Partner. Lass mich dieser Partner sein.
Richte Deinen Blick jetzt auf mich, und alles andere wird sich weisen.»

In den kommenden anderthalb Jahren lernte ich, mein Leben auf andere Grundlagen zu stellen; nicht auf einmal, sondern Tag für Tag mehr. Irgendwann kam der Moment, in dem mir bewusst wurde, dass ich mein Leben tatsächlich auch ohne Partner lebenswert und wertvoll fand. Ich war damals 36 Jahre alt, und das erste Mal glaubte ich, dass ich auch glücklich sein konnte, wenn nie mehr ein Mann in mein Leben treten würde. Es war der Moment, in dem mein neues Leben anfing.

Es hat sich dann doch noch ein Mann gefunden, der es wagen wollte, und ich bin glücklich darüber. Aber ich bin noch glücklicher darüber, dass ich nicht geheiratet habe, weil er der letzte sein könnte, der Interesse zeigt, oder – ganz nach «When Harry met Sally» – damit ich sagen konnte, ich war verheiratet, sondern weil es richtig war.

Mein Zerbruch damals war massiver, als es von aussen ausgesehen haben mag. Alles, was ich gewesen war, lag in winzigen Scherben vor mir; ich konnte es nicht mehr zusammensetzen. Und das war gut so. Denn hätte nur eine Ecke gefehlt, hätte ich sie einfach wieder angeklebt, so gut es ging. So aber konnte Gott das Material nehmen und neu zusammensetzen, etwas daraus machen, das ich vorher nicht gesehen hatte.

Bin ich ganz anders aus der Krise herausgekommen? Oberflächlich betrachtet vielleicht nicht. Aber in meinem Kern hat sich etwas Tiefgreifendes verändert, und diese Veränderung trägt mich bis heute. Sie führt dazu, dass ich meine Entscheidungen nicht aus Angst treffe, etwas zu verlieren, denn was am wichtigsten ist, kann mir niemand nehmen.

Aus wem oder was ich Sinn und Wert beziehe, das prägt und kontrolliert mich. Wenn mein Wert daran hängt, wieviel Geld ich habe, schiele ich ängstlich auf den Kontostand. Hängt er an meinem Partner, bemühe ich mich angestrengt, ihn oder sie bei Laune zu halten, und treffe vielleicht falsche, aus Verlustangst getriebene Entscheidungen. Hängt mein Wert an meinem beruflichen Erfolg, setze ich mich täglich unter Druck, besser zu sein als andere.

Wenn ich meine Identität in Gott finde, der mich geschaffen hat, und im Wert, den er mir gegeben hat, kann ich mein Leben freier und kühner leben. Ich werde dennoch auf meinen Kontostand achten, werde zu meiner Partnerschaft Sorge tragen und in dem, was ich tue, mein Bestes geben, aber ich tue es nicht aus Angst, sondern weil es das Richtige ist, im Wissen, dass nicht alles, was geschieht, in meiner Macht liegt.

Nicht immer wird das Zerbrochene wieder ganz werden. Aber wenn ich bereit bin, Gott die Dinge zusammensetzen zu lassen, kann etwas Neues entstehen – ich kann neu erstehen.

Jedem, der im Moment Zerbruch erlebt, möchte ich diese Worte zusprechen.

national-day-1505223_1920Heut ist Erster August, des Schweizers Nationalfeiertag! Viele Städte führen offizielle Feiern durch, aber der moderne Eidgenoss gedenkt seines Landes gern mit dem massiven Ankauf von Raketen, Zuckerstöcken, Chlöpfern und Bengalischen Zündhölzern, die er dann frohlockend im Garten abfackelt. In der Nachbarschaft  dröhnt, kracht und funkelt es im Sekundentakt, bis jedes noch so beschauliche Quartier vor lauter Rauchwolken und Gestank wie die Kriegsgebiete wirkt, aus denen Menschen so  oft zu uns flüchten, um eine neue Heimat zu finden.

Das mit der neuen Heimat ist bekanntlich nicht immer einfach. Letzten Monat hat ein verunglücktes Einbürgerungsverfahren hohe Wellen geworfen. Der Einbürgerungsantrag einer jungen, gut integrierten Frau wurde abgewiesen, weil sie einige in den Augen der meisten Leute irrelevante Fragen nicht beantworten konnte. Muss ein künftiger Schweizer wissen, welches unsere Nationalsportarten sind? Wie das Lädeli im Dorf heisst?

Dieser Disput hat mich zur Frage angeregt, was denn einen Schweizer genau ausmacht. Ist es sein Stammbaum? Ist es der trockene Humor, die Reserviertheit, die Sein-Licht-Unter-Den-Scheffel-Stellen-Heit? Oder doch die Tatsache, dass er die Frage beantworten kann, ob er ein Coop- oder Migros-Kind war?

Als History Nerd suche ich meine Antworten gern in der Vergangenheit, und meine Gedanken schweifen kurz aufs Rütli – die legendäre Wiese über dem Vierwaldstättersee, auf der die ersten drei Eidgenossen 1291 ihren Schwur schwuren. Allerdings hat das, was 1291 als Eidgenossenschaft bezeichnet wurde, wenig mit unserem heutigen Staat zu tun. Die moderne Schweiz nahm ihren Anfang eher am 12. September 1848, als Volk und Kantone die neue Bundesverfassung annahmen, auf der auch unsere heutige Verfassung gründet. Ich habe mir deshalb die aktuelle Verfassungs-Präambel von 1999 (letzte Totalrevision) zu Gemüte geführt, um herauszufinden, was gemäss dieses Verfassung-Vorwortes den Schweizer ausmacht.

Die Präambel beginnt (für den Christen eine Freude, für andere ein überholtes Ärgernis) mit den Worten Im Namen Gottes des Allmächtigen, ein  Bezug, der für die Menschen des 19. Jahrhunderts selbstverständlich war. Mit den Worten Das Schweizervolk und die Kantone folgen die „Verfassungsgeber“. Hier klingen Demokratiegedanke und Föderalismus an, die unser Land seit jeher prägen. Und so geht es danach weiter:

in der Verantwortung gegenüber der Schöpfung,

im Bestreben, den Bund zu erneuern, um Freiheit und Demokratie,
Unabhängigkeit und Frieden
in Solidarität und Offenheit gegenüber der Welt zu stärken,

im Willen, in gegenseitiger Rücksichtnahme und Achtung
ihre Vielfalt in der Einheit zu leben,

im Bewusstsein der gemeinsamen Errungenschaften
und der Verantwortung gegenüber den künftigen Generationen,

gewiss, dass frei nur ist, wer seine Freiheit gebraucht,
und dass die Stärke des Volkes sich misst am Wohl der Schwachen,

geben sich folgende Verfassung.

In diesen paar Sätzen stecken Werte und Gedanken, die mir lieb und teuer sind. Die Präambel beginnt mit einem ökologischen Bekenntnis, abgeleitet aus der Schöpfungsgeschichte, in der Gott dem Menschen mit der Herrschaft auch die Verantwortung für die Erde überträgt. Sie spricht sich aus für Erneuerung nicht als Selbstzweck, sondern zur Stärkung der Werte Freiheit, Demokratie, Unabhängigkeit und Frieden, und propagiert im selben Atemzug eine Haltung der Solidarität und Offenheit gegenüber der Welt ausserhalb unserer Landesgrenzen. Sie bekennt sich zur sprachlichen, ethnologischen, konfessionellen und regionalen Vielfalt in der Schweiz, betont aber auch, dass es für das Leben der Vielfalt in Einheit gegenseitige Rücksichtnahme und Achtung braucht. Sie betont das Bewusstsein für unsere Wurzeln und den Stolz auf das, was wir erreicht haben, und verbindet es mit der Erkenntnis, dass wir unser Land nicht besitzen, sondern für diejenigen bewahren, behüten und pflegen, die nach uns kommen. Als letztes fordert die Präambel uns auf, die Freiheit, die wir haben, zu nutzen, um das Land mitzugestalten, mit anderen Worten: die politischen Rechte, nach denen sich unsere Nachbarn seit 1848 die Finger lecken, nicht gering zu schätzen. Und ganz zuletzt ermahnt sie uns, dass sich die Stärke eines Volkes am Wohl seiner schwächsten Glieder messen lassen muss.

Wenn ich diese Grundsätze auf ihre Essenz reduziere, komme ich auf sieben Punkte, die verfassungsgemäss jeder Schweizer hoch halten müsste.  In diesem Sinne, hier und heute zum Nationalfeiertag:

Die Sieben Gebote für den wahren Schweizer

Dir ist die Erde anvertraut. Übernimm diese Verantwortung und handle danach.

Sei bereit, dein Land zu erneuern,
um Freiheit, Demokratie, Unabhängigkeit und Frieden zu stärken.

Begegne der Welt ausserhalb deines Landes mit Solidarität und Offenheit.

Begrüsse die Vielfalt und begegne auch denen, die nicht sind wie Du,
mit Rücksichtnahme und Achtung.

Sei Dir der Errungenschaften Deiner Vorfahren bewusst
und bewahre sie für die nächste Generation.

Nimmt deine verfassungsmässigen Rechte wahr
und gehe wählen und abstimmen, um den Staat mitzugestalten.

Vergiss nicht, dass sich Deine Stärke daran messen muss,
wie es dem Schwächsten im Lande geht.
Tu, was in Deiner Macht steht, um sein Leben zu verbessern.

Mich machen diese „Gebote“ stolz; stolz auf meine Vorfahren, die die Lehren des Bürgerkrieges genutzt haben, um eine Verfassung und einen Staat zu bauen, in dem alle Menschen vor dem Gesetz gleich sind. Unser Land war nie perfekt und wird es nie sein. Es hat auch in der Schweiz Jahrzehnte gedauert, bis die Wunden und Gräben des Bürgerkrieges geschlossen waren und die Verlierer dieses Krieges als Gleichberechtigte in die Regierung einbezogen wurden. Aber mit der Verfassung wurde 1848 ein solides Fundament gelegt, aus dem die moderne Schweiz entstehen konnte. Aus einem Staat,  der von seinen Nachbarn bei seiner Gründung als Unruheherd und „grosse Kloake“ bezeichnet wurde, entwickelte sich ein Land, das andere um seine politischen Institutionen und seine Stabilität beneiden.

In diesem Sinne: Heil Dir, Helvetia!

Liebe Freunde,

Im Endspurt vor meinen wohlverdienten Ferien will ich auch Euch noch aufdatieren (ist das ein deutsches Wort? Seit ich an meinem Buch bin, frage ich mich sowas öfter!) Seit dem letzten Bericht ist wieder einiges gegangen. Here we go:

The Show goes on!
Auf musikalischer Seite darf ich ein bisschen durchatmen, denn zwei schöne Events sind nun (erfolgreich) Geschichte: Am 14. Juni habe ich zusammen mit der Pianistin Kirsten Raufeisen die Firmung im Kinderheim Bachtelen begleitet. Das Bachtelen ist für mich ein besonderer Ort, da meine Eltern beide während Jahrzehnten für die Institution gearbeitet haben. Zudem war es das erste Zusammenspiel dieser Art für Kirsten und mich. Es war ein berührender und besinnlicher Anlass, den wir sehr gern umrahmt haben und der uns beiden viel Freude bereitet hat. Wiederholungsgefahr gegeben!

Firmung Bachtelen 17 04
Firmung Bachtelen 14. Juni 2017

Am 1. Juli habe ich ausserdem an der Hauseinweihung eines Schulkollegen gespielt; ein pikanter Event für jemanden, der in der Schule eher durch dezente Zurückhaltung bekannt geworden ist. Dass die Hälfte meiner Klassenkameraden ebenfalls anwesend waren, hat den Effekt noch verstärkt, aber zum Glück habe ich dennoch ein paar Töne herausgebracht. Kudos to me!

Bücher schreiben ist nicht schwer, Editing dagegen sehr…!
So schlimm ist es nicht, aber das lange Gespräch mit meiner Lektorin zu meinem letzten Draft war sowohl erhellend und inspirierend als auch herausfordernd. Es gibt noch viel zu tun, bis mein Buch fertig ist, und es werden ein paar grössere Eingriffe nötig sein, um meine Story, die Themen der Zeit und des Ortes und meine Protagonisten  noch enger zu verknüpfen. Aber ich freue mich auf diese Arbeit! In den vergangenen Wochen habe ich mir überlegt, wie ich diese Verknüpfung hinbekommen könnte, und nach den wohlverdienten Ferien werde ich mit neuer Energie darangehen. More to come!

Mehr habe ich im Moment nicht, und warum länger werden als nötig? Lieber das nächste Mal ein etwas längeres Post! Wer trotzdem mehr von mir lesen oder hören möchte, darf sich a) auf meiner Produkteseite umsehen oder mich b) für einen Anlass buchen. Ich komme gern! (P.S.: Weiter sind meine Marketingbestrebungen des letzten Posts noch nicht gediehen, aber ich bleibe dran!)

Und nun wünsche ich Euch einen tollen Sommer – das bessere Wetter kommt sicher auch bald!

Herzlich, Claudia

 

Vor kurzem habe ich erfahren, dass der Immobilienmarkt heute mit sogenannten Visualisierungsprogrammen arbeitet. Diese faszinierende Technik, die auch auf Aussenbereiche wie Parks angewendet wird, hat mich von Anfang an begeistert, dann aber noch ganz andere Gedanken in mir ausgelöst.

Was hat es mit dieser Visualisierung auf sich? Vielen Menschen fehlt es an räumlichem Vorstellungsvermögen. Wenn sie sich Bilder einer älteren Immobilie ansehen, können sie den Status quo nicht ausblenden und sehen deshalb die Möglichkeiten nicht, die in der Immobilie stecken. Eine mit Möbeln überfüllte Wohnung verdeckt den grosszügigen Grundriss; in einer anderen hängen dicke, lange Vorhänge vor der breiten Fensterfront.

Während ein Visualisierungsprogramm die Wohnung oder das Haus ins beste Licht rückt, zeigt es gleichzeitig die Veränderungs- und Erneuerungsmöglichkeiten auf. Wie sieht das Wohnzimmer jetzt aus, und wie könnte man es umbauen? Wie könnte eine neue Küche, ein neues Bad in dieser Wohnung aussehen? Welche Räume könnte man umbauen und umnutzen? 360-Grad-Bilder vermitteln einen faszinierenden Eindruck davon, wie beispielsweise aus einer biederen Endachtziger-Wohnung ein lichterfülltes, modernes Apartment entstehen könnte.

Eine vielversprechende Geschäftsidee. Doch in der Idee steckt für mich etwas noch Befreienderes und Hoffnungsvolleres, das sich auf unser Bild von uns selbst und Gottes Bild von uns übertragen lässt.

Oft sehen wir in unserem Leben nur das, was ist und das, was war – ob gut oder schlecht. Wie Kratzer im Parkett oder Flecken an den Wänden registrieren wir die Wunden und Narben, die das Leben uns zugeteilt hat. Die vielen Möbel in unserer Wohnung, die den grossen Grundriss verdecken, sind die (zu) zahlreichen Verpflichtungen oder Projekte, mit denen wir uns verzetteln und überanstrengen, ohne es zu merken. Die Vorhänge können ein Job sein, der gutes Geld bringt, aber eigentlich nicht zu uns passt und uns die freie Sicht auf unsere wahren Wünsche verdeckt. Wir haben Mühe, hinter dem Status quo zu entdecken, was in unserem Leben möglich ist.

Nicht so Gott. Er sieht hier und heute alle Optionen – auch die, die wir uns nie erträumt hätten. Er öffnet unseren Blick für das, was sein könnte, und schenkt uns damit die Kraft, die nötigen Schritte in Angriff zu nehmen. Vielleicht brauche ich eine Weiterbildung, um den Traum der Selbständigkeit zu verwirklichen. Vielleicht brauche ich eine Therapie, um Geschehenes zu verarbeiten. Vielleicht muss ich mich meiner Bitterkeit stellen und Menschen vergeben, um frei zu werden. Gott sieht es und zeigt es mir.

Das bedeutet nicht, dass ich im Status quo nicht genüge. Gott hat ein volles und herzhaftes Ja zu mir, und in diesem Wissen darf ich mich geliebt, angenommen und aufgehoben fühlen. Aber ich darf gleichzeitig glauben, dass ich mich verändern kann und soll – nicht, weil Gott noch nicht zufrieden ist, sondern weil er mich in den Menschen umgestalten will, der ich wirklich bin; in den Menschen, den er sich erdacht hat und den das Leben mit allen Dellen und Schlägen teilweise verformt, verhärtet und verwundet hat.

Gott sieht uns ganz – was war, was ist, was kommt. Er nimmt uns mit in die Zukunft, die er bereithält, wenn wir ihm vertrauen und uns durch ihn und durch die Menschen, die uns begegnen, verändern lassen. Dafür will ich offen sein. Ich entdecke immer wieder Seiten an mir, die noch nicht frei sind; die will ich Gott hinhalten und mich von ihm verändern lassen. Ich vertraue ihm, weil ich in meinem Leben die Kraft der Veränderung erkennen kann, die von ihm kommt.

Und ich will anderen als Geburtshelfer dienen. Auch in unseren Beziehungen konzentrieren wir unseren Blick oft nur auf das, was war, und das, was ist. Das hat eine gute Seite, wenn wir den anderen annehmen, wie er ist, aber es hat auch eine pessimistische. Jeder hat Verhaltensweisen, angeboren oder entstanden durch Verletzungen, die das Zusammenleben erschweren, schädigen und schlimmstenfalls Beziehungen zerstören. Wenn wir diese Verhaltensweisen einfach als gegeben betrachten, schaden wir den Beziehungen untereinander und zementieren den Status quo. Wir resignieren und sagen im Grunde, dass wir dem anderen – und damit auch Gott – nicht zutrauen, sich zu ändern.

Ich brauche Gottes Visualisierungsprogamm für mich selbst und für meine Mitmenschen. Ich will diese neue Sicht, will das, was durch ihn möglich ist, in mir und anderen Menschen sehen und an diesem Bild festhalten. Ich will andere Menschen durch mein hoffnungsvolles Bild ermutigen und freisetzen. Denn wir alle brauchen Menschen, die uns zwar annehmen, wie wir sind, die aber auch sehen, was noch werden kann.

Vor über drei Jahren habe ich auf meinem Blog ein Post verfasst, das ich immer noch zu meinem liebsten zähle, und am heutigen Pfingsttag kommt er mir erneut in den Sinn. In diesem Post hatte „Madame de Meuron“ einen Gastauftritt; die Berner Burgerin, die zur Legende wurde, als sie einen Mann fragte, ob er jemand sei oder Lohn beziehe. Im Originalton: „Syt Dir öpper oder nämet Dir Lohn?“

Heute, so reflektierte ich damals, ist es umgekehrt: Nur wer Lohn bezieht, kräftig konsumiert und zum Bruttosozialprodukt beiträgt, „ist jemand“. Das Primat der Nützlichkeit beherrscht die Welt.

Als Christen können wir dem Primat der Nützlichkeit ein besseres, lebensbejahendes System gegenüberstellen, denn Gott als Hersteller des Produkts „Mensch“ hat ein klares Ja zu allen Menschen. Seine Worte aus Psalm 139, wonach wir wunderbar geschaffen sind, gelten dem Flüchtling, der ohne Ausbildung zu uns kommt, dem ungeborenen Leben, ob gesund oder abseits der Norm, und dem geborenen Leben − auch dann, wenn es alt oder krank und für das Bruttosozialprodukt nutzlos geworden ist. Gottes Wertesystem schliesst alle ein – seine Liebe macht uns nicht gleich, aber gleich wertvoll.

Aber leben wir Christen dieses Wertesystem? Ist uns jedes Leben gleich viel wert, und behandeln wir es so, oder geben auch wir dem Drang des Wertens nach?

Der Drang des Wertens und Vergleichens entlarvt unseren unstillbaren Wunsch, besser und „mehr“ zu sein als andere − Stolz, die Sünde, die uns von Gott getrennt hat.

Kann es sein, dass wir diese Sünde so perfekt in unser christliches Wertesystem integriert haben, dass wir sie nicht mehr erkennen? Dass wir deshalb unserem christlichen Auftrag, Gott und die Menschen zu lieben und das Evangelium zu verkündigen, nicht mehr gerecht werden?

Wir sind, meine ich, nicht so schlecht darin, uns um die Schwachen zu kümmern. Diese Aufgabe ist als zentraler Punkt der christlichen Nächstenliebe in unserer Tradition fest verwurzelt. Zwar löst die Migration auch unter uns Christen manchmal Ängste aus, aber die meisten sind sich einig  dass die in der Bibel zitierten Witwen und Waisen heute in der Gestalt von Flüchtlingen unsere Hilfe brauchen.

Wir haben heute andere  „blinde Flecke“ und verhärtete Stellen des Herzens. Sie zeigen sich nicht bei den klassischen „Schwachen“, sondern bei Menschen,  die wir als persönliche Konkurrenz, als Bedrohung unseres Weltbilds oder als Gefahr für die Moral ansehen.

Wie begegnen wir Christen, die ein anderes Glaubensverständnis haben? Überschütten wir sie mit giftigen Tiraden und sprechen ihnen den Glauben ab, oder können wir ihre Sichtweise stehen lassen und zivilisiert diskutieren? Und wie ist es in der Gemeinde? Teilen wir Leben miteinander und helfen einander, die Lasten zu tragen, oder halten wir heimliche Wettbewerbe ab, wer gesalbte und frommer ist, und neiden einander Segen und Erfolg?

Was ist mit den Menschen, die anders leben und an etwas anderes glauben?  Begegnen wir ihnen mit aufrichtiger Liebe und der Überzeugung, dass wir nicht besser sind als sie, oder denkt ein Teil von uns: „Danke Gott, dass ich nicht bin wie dieser?“

Haben wir vielleicht mehr Mitgefühl für die „Schwachen“ als für anders Denkende, anders Glaubende und anders Lebende, weil wir in unserer Sorge um die Schwachen gut dastehen, während die anderen uns in unserem Selbstverständnis bedrohen?

Die Welt braucht eine Währungsreform des Herzens. Wir Christen können Gottes lebensbejahendes Wertesystem weitergeben und damit diese Reform in Gang setzen, indem wir die Währung von Gottes Liebe verkündigen, die uns und alle Menschen freisetzt und jedem Leben einen unveräußerlichen Wert verleiht.

Aber auch wir Christen brauchen diese Währungsreform. Wenn wir unseren Verkündigungsauftrag erfüllen wollen, brauchen wir mehr Mitgefühl, Liebe und Annahme für Menschen, die nicht geografisch, sondern innerlich „von woanders“ kommen; Verständnis für Menschen in Lebenssituationen, in die wir uns nicht so einfach hineindenken können.

Die „Menschen der Welt“ warten nicht auf unsere Absolution oder auf süßliche Beteuerungen, dass wir sie trotz ihrer uns fremden Lebensweise und ihren in unseren Augen verwerflichen Verfehlungen lieben. Sie warten auf authentische Begegnungen, die ihnen zeigen, dass wir sie so annehmen, wie sie sind.

Für diese Annahme müssen wir uns weder „der Welt anpassen“, noch brauchen wir uns selbst oder unseren Glauben zu verleugnen. Was wir brauchen, ist das tief verwurzelte Wertesystem Gottes, die innere Überzeugung, dass kein Mensch mehr wert ist als der andere.

Dafür brauchen wir ein neues Herz und einen neuen Geist. Dies wird uns in der Jahreslosung 2017 verheißen, und Gott schenkt uns beides, weil er genau weiss, dass wir es weder selbst produzieren noch erarbeiten können.

Ich schenke euch ein neues Herz und lege einen neuen Geist in euch.
Ez 36,26

 

Auf Pfingsten liegt die besondere Verheissung der Erfüllung durch den Heiligen Geist. Lasst uns diese Verheissung in Anspruch nehmen und niemals vergessen, dass jeder Mensch wunderbar gemacht ist. Ganz unabhängig davon, was wir vom einzelnen, von seiner Lebensführung, seinem Glauben und seiner Einstellung halten, wird sich an einem niemals etwas ändern:

Den Wert eines jeden Menschen bestimmt der Hersteller.
Und der hat keinen Ausschuss produziert und kein Garantieablaufdatum festgelegt.

Liebe Freunde,

Schon wieder ist viel zu viel Zeit verstrichen – dabei ist in den vergangenen Monaten doch wieder einiges gegangen! Aber der Reihe nach.

Buch in Prüfung…!

Im April und Mai habe ich mein Buch nochmals überarbeitet und unter anderem an der Szenengestaltung gearbeitet. Auch ein paar Recherchen in der Zentralbibliothek Solothurn sind in den Text eingeflossen. Die Durchsicht alter Zeitungen war ein amüsanter und interessanter Ausflug in die Vergangenheit! Bei der Studie von Inseraten aus den 1870er-Jahren habe ich festgestellt, dass sich nicht so viel geändert hat: schon damals wurden obskure Mittelchen für den männlichen Haarwuchs und anderer Schnick-Schnack beworben. Ausserdem fand ich grosse Inserate von Auswanderungsagenturen, die dem gebeutelten Schweizer billiges Land und Verdienstmöglichkeiten in Rio de Janeiro oder Kanada anpriesen. Damals pflegten also auch wir Schweizer aus wirtschaftlichen Gründen die Heimaterde zu verlassen. Aber das nur am Rand; wir wollen ja nicht politisch werden.

Seit Mitte Mai befindet sich mein Buch nun ein weiteres Mal in den gewieften Händen meiner Agentin und Lektorin. Sie wird eine intensive Prüfung vornehmen und mir danach mitteilen, wo es noch hakt. Mein Traum ist natürlich, dass Plot, Charaktere etc. weitgehend in Ordnung sind und ich an den stilistischen Feinschliff gehen kann, aber ich werde mit allem leben, was kommt. Ich bin schon sehr gespannt auf das Feedback!

Music…!

Zu den Auftritten, die ich bereits in der Agenda habe, ist ein weiterer dazugekommen, über den ich mich sehr freue: Am 14. Juni um 17:00 werde ich, begleitet von einer Freundin am Piano, den Firmgottesdienst im Kinderheim Bachtelen in Grenchen umrahmen. Wir haben uns ein paar tolle Songs ausgesucht, und ich bin gespannt, wie sie bei den Firmlingen ankommen werden. Übrigens: Der Anlass ist öffentlich und findet in der wunderschönen Kapelle des Kinderheims statt. Näheres findet Ihr auf der Gig-Seite.

Und sonst so?

Ja, sonst so! Schon länger kaue ich an Ideen für mein Marketing, da mir derlei nicht so leicht fällt. Es gilt, präsent zu bleiben, seine Produkte zu präsentieren und dennoch nicht mit Massenmails und Postings zu nerven. Mein Mann hat mir ein paar Ideen gegeben, die schon etwas Hirnaktivität ausgelöst haben. Mir schwebt ein leicht humoristischer Ansatz vor – knappe, witzige Botschaften, verknüpft mit der Zeitaktualität und mit den passenden Produkten aus meinem kleinen Lager. Mal schauen, was dabei herauskommt!

Das, wie einer unserer Schweizer Tagesschau-Moderatoren zu sagen pflegt, „der Stand der Dinge im Moment“ – Ihr erfahrt natürlich, wenn es etwas Neues gibt! Ich wünsche Euch schöne Pfingsttage, und dann bis bald!

Herzlich , Claudia

 

 

DISCLAIMER: Ich habe meine Nicht-Mutterschaft eloquentest bewiesen, indem ich den Muttertag eine Woche vorverlegt habe. Auch mein Mann hat nichts gemerkt; die Schuld gebe ich den Onlinemedien, die schon die ganze Zeit über das Muttersein schwadronieren 🙂 Sei’s drum: Mütter (und natürlich auch Väter) verdienen unsere Achtung jeden Tag des Jahres. In diesem Sinne habe ich das Post nur leicht redigiert und lasse es stehen. Enjoy!

Bald schon ist Muttertag, und Kinderlose wie ich, die die eigene Mutter schon verloren haben, sind angesichts dieses Feiertags manchmal etwas ratlos. Weder werde ich gefeiert, noch kann ich meiner Mutter abgesehen von einem Besuch an ihrem Grab die Ehre erweisen. Diesen Besuch habe ich heute schon gemacht,  habe ein paar Fliedersträuche und Blumen aus unserem Garten zu einem Strauss zusammengestellt, am Grab meiner Ma gedacht. Und nun?

 

Als Kinderlose frage ich mich vor diesem Tag manchmal, wie die Mutterschaft mich wohl verändert hätte. Ziemlich sicher hätten Kinder meine Toleranz für Chaos, Lärm und Menschen, die etwas von mir wollen, erhöht – entweder das, oder ich wäre in der Klapsmühle gelandet. Und vielleicht hätte ein Kind, das in mir heranwächst und auf  mich angewiesen ist, das mich einfach liebt, mich weicher gemacht.

Bereue ich es, keine Mutter zu sein? Ja und nein. Ich frage mich, wie es sich angefühlt hätte, und gerade weil es so etwas Epochales und Unvergleichliches ist, hätte ein Teil von mir es gern  erlebt. Aber ich hatte nie einen starken Drang zur Mutterschaft, und heute spüre ich, dass mein Leben, wie es ist, zu mir passt. Es passt so gut zu mir und gefällt mir so sehr, dass ich manchmal fast ein schlechtes Gewissen habe.

Ich bin den Müttern in meinem Leben keine grosse Hilfe – da ich nie unbedingt ein Kind wollte, verspürte ich auch nie den Wunsch, das Fehlen von Kindern durch intensives Hüten auszugleichen, und habe diesbezüglich wohl weniger als das Durchschnittliche gemacht. Ich mag die Kinder in meinem Leben gern, ich liebe meine tollen Neffen und meine geniale Nichte, und ich freue mich sehr, wenn ich sie sehe – je länger je mehr. Ich weiss aber auch, dass der Grund dafür, dass ich jetzt mehr mit ihnen anfangen kann, der ist, dass sie älter werden und von Tag zu Tag weniger Kinder sind. Man verzeihe mir.

Was also kann ich tun, um Müttern meine Ehrerbietung zu erweisen? Ich werde tun, was ich einigermassen kann, und feiere sie mit Worten.

Merlyn und Levi
Mein Göttibub mit seinem jüngsten Bruder – kindred spirits!

Ich kenne viele tolle Mütter. Da ist meine Schwester, Mutter von vieren zwischen 8 und 18, die neben dem Muttersein eine Reitschule führt; dann zwei Freundinnen, beide mit einem Kleinkind, die ein grosses Arbeitspensum ausserhalb des Heims bewältigen; dann eine Freundin aus der Kirche, die drei Jungs grosszieht und Teilzeit als Lehrerin arbeitet – und viele mehr. Und obwohl ihre Art, Mutter zu sein, und ihre Lebensstile sich stark unterscheiden, haben sie alle etwas gemeinsam: Wenn ich sie mit ihren Kindern sehe, sehe ich die Liebe, die Annahme und den Stolz, die sie für ihren Nachwuchs empfinden. Ich sehe, wie sie die Kinder anleiten, ermahnen und ermutigen, ihnen zuhören, sich mit ihnen freuen und mit ihnen leiden. Und ich sehe an den Kindern, was für eine Auswirkung die Liebe ihrer Mütter auf sie hat. Ich sehe, gerade über mehrere Jahre, wachsendes Selbstvertrauen, wachsende Erkenntnis, wer man ist und was man kann, aber auch Fröhlichkeit und Unbeschwertheit. Und die Fähigkeit, selbst tief zu empfinden, mitzufühlen und zu lieben.

Sehe ich auch andere Momente der Mutterschaft? Oh ja. Ich sehe auch Frust, ich höre auch mal laute, genervte Worte. Mutter sein ist ganz sicher nicht nur eitel Freude, und sollte jemals jemand geglaubt haben, er könne das Leben penibel im Griff haben, dann dürfte es mit diesem Glauben mit dem ersten Atemzug des eigenen Kindes vorbei sein. Vielleicht sogar schon davor; vielleicht in dem Moment, in dem man erfährt, dass ein Leben in einem  heranwächst.

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Meine Schwester im Kiga – früht übt sich!

Die Mütter, die ich kenne, glauben ganz verschiedene Dinge. Die einen glauben fest an Gott, die anderen nicht. Aber alle sind sich gerade durch die Mutterschaft bewusst geworden, dass sie nicht alles unter Kontrolle haben und dass man damit leben muss, sein Kind nicht vor allem beschützen, seinen Weg ins Leben letztlich nicht steuern zu können. Und ich bin überzeugt, dass jede von ihnen dadurch einen tieferen Blick in das Leben und seinen Wert an sich gewonnen hat; sich verändert und verwandelt hat.

Liebe Mütter in meinem Leben, und liebe Mütter auf der Welt: Ich feiere Euch. Ich entbiete Euch meine Achtung für diesen schwierigen, gleichzeitig  erfüllenden wie herausfordernden Job, der keinem anderen gleicht. Ich feiere Euer Muttersein, ganz egal, wie Ihr es lebt, und egal, was Ihr glaubt: Heute segne ich Euch und Eure Kinder. Mögen sie blühen und gedeihen und in ihrem Leben das entwickeln können, was in sie hineingelegt wurde.

Be all blessed!

Gerade habe ich mir einen österlichen Videoclip angesehen. Zum Hymnengesang des Mormon Tabernacle Choir ersteht Jesus von den Toten, sieht dabei aus wie ein weisser American Football Star und segnet im leuchtenden Gewand die Massen; alles dermassen kitschig, dass es zumindest mich nicht besonders berühren kann – wären da nicht die Wundmale. Die Wundmale am Leib des Auferstandenen.

Jesu makelloser Auferstehungsleib trug immer noch Löcher an den Stellen, an denen er „wegen unserer Verbrechen, wegen unserer Sünden“  durchbohrt wurde, wie es bei Jesaja heisst. „Zu unserem Heil lag die Strafe auf ihm, durch seine Wunden sind wir geheilt.“

Dieses Bild rührt und bewegt mich mehr, als ich artikulieren kann. Es verbindet den Triumph der Auferstehung mit dem dafür erduldeten Leiden und schafft Raum für die tiefe Wahrheit, dass es den Triumph ohne das Leiden nicht gibt, aber auch dafür, dass der Triumph nun endgültig, der Tod trotz der Wundmale besiegt ist.

In diesem Bild liegt eine Spannung, die manchmal schwer zu ertragen ist, und  manchmal lösen wir die Spannung auf, indem wir eine der beiden Seiten ausblenden. Lange Zeit wurde im traditionellen europäischen Christentum das Leiden in den Vordergrund gestellt. Der Lohn dieses Leidens auf Erden wartet dabei im Himmel, und der Triumph der Auferstehung rückt in die Ferne. Diese Richtung malt ein trockenes, hoffnungsloses Bild des Christenlebens auf Erden; ein Leben, in dem Wunder und Verheissungen wenig Platz haben.  Es ist ein Bild der Pflichterfüllung, in dem Leiden, die mich treffen, einfach anzunehmen sind – der Herr will es so, so sei es.

Heute ist dieses trocken-düstere Bild stark in den Hintergrund gerückt. Seit mehreren Jahren liegt der Schwerpunkt der tonangebenden Freikirchen auf der Auferstehung ohne das Leiden. Jesus trägt keine Wundmale; das Leiden wird ausgesperrt und verdrängt. Gott will alle heilen, und wenn Heilung auf sich warten lässt oder gar ausbleibt, ist es sicher nicht Gottes Schuld, sondern meine.

In dieser Theologie ist alles möglich, und mit ihrer Hilfe wollen wir das auch. Wir wollen mehr, aber nicht mehr Gott, sondern mehr Wunder, mehr Heilung, mehr Segen, mehr Bekehrungen und am Ende die Weltherrschaft.

Diesem Bedürfnis, die Spannung aufzulösen, liegt in beiden Fällen Angst zugrunde. Während die einen Angst vor der Macht und Verantwortung haben, die uns in der Auferstehung gegeben wird, haben die anderen Angst vor der Unsicherheit und Machtlosigkeit, die im Leiden liegt. Aber Auferstehung und Leiden gehören zusammen: Die Wundmale an den Händen des Auferstandenen waren da; in der triumphalen Ankunft des wahren Lichts, des Weissen, des Guten trug der Herr die Wunden des Leidens, das diesen Triumph ermöglichte.

Wenn wir uns nur auf das Leiden konzentrieren, nehmen wir die Macht und Autorität, die wir als Christen durch Jesu Tod und Auferstehung erhalten haben, nicht in Anspruch und werden unserer Aufgabe nicht gerecht. Aber wenn wir uns nur auf die Wunder und den Triumph konzentrieren, blenden wir aus, dass die Welt, in der wir leben, nun mal nicht ganz von Gottes Reich durchdrungen ist. Es ist da und nicht da; es bricht an immer mehr Orten und immer häufiger an, aber nicht vollständig.

Die Zeit, in der ALLE Tränen abgewischt werden, wird erst erfüllt sein, wenn der Herr wiederkommt. Bis dahin müssen wir diese Spannung ertragen und dürfen in unserer Theologie auch das Leiden nicht vergessen – die Fragen ohne Antwort, die Krankheit ohne Genesung. Ja, Gott ist alles möglich. Ja, er will unser Bestes. Aber daraus abzuleiten, wir wüssten genau, was passieren muss, und damit unsere menschlichen Wünsche den Absichten Gottes aufzudrücken, ist anmassend.

Gott ist mehrere Nummern grösser. Er hört, erhört unsere Gebete, aber was er tut oder nicht tut, werden wir nicht immer verstehen. So sehr wir uns danach sehnen mögen: Es gibt kein Rezept dafür, irgendetwas von Gott zu bekommen, und wer solche Rezepte verkauft, nützt nur sich selbst. Der Glaube an Gott ist kein Rezept für unser Glück auf Erden, die Erfüllung all unserer Wünsche. Glaube ist Beziehung zum Allmächtigen; ihm nachfolgen, in Triumphen und im Scheitern. Und allfällige Allmachtphantasien abzugeben.

An diesem Ostermontag umarme ich beide Interpretationen der Wundmale – die Erinnerung an das Leiden, aber auch den Beweis des Triumphs über den Tod. Ich umarme die Spannung, dass Gott alles möglich ist und ich sein Werkzeug zu Grossem sein darf, dass ich manchmal aber auch mit jemandem in der Dunkelheit ausharren soll.