Popcorn-PerlenAls die USA sich entschliessen, in den Zweiten Weltkrieg einzugreifen, hat Amerika ein Problem – neben dem Offensichtlichen, dass tausende von jungen Männern im fernen Europa ihr Leben riskieren werden. Die grosse Frage ist, ob Baseball den Krieg überstehen wird.

„Eine Klasse für sich“ erzählt die Geschichte der „All-American Girls Professional Baseball League“. Sie beginnt, als sich Mitte der 1940er Jahre fast alle Spieler der grossen Baseballclubs für den Krieg in Europa melden. Um das Publikum bei der Stange und den Sport im Gespräch zu halten, wird eine Frauenprofiliga ins Leben gerufen. Der Talentsucher Ernie Capadino durchquert die USA auf der Suche nach talentierten jungen Spielerinnen für die geplanten Mannschaften.

(Quelle: Youtube)

Dabei trifft er auf die Schwestern Dottie und Kit Hinson. Ernie will die wunderschöne, talentierte Dottie für sein Team gewinnen, doch Dotties Mann ist an der Front, und sie hat wenig Lust, Profispielerin zu werden. Ihre jüngere Schwester Kit, die das Leben auf dem Land und im Schatten ihrer grossen Schwester satt hat, überredet den Talentsucher, ihr eine Chance zu geben, wenn sie Dottie überreden kann. Das gelingt ihr, und die Schwestern machen sich auf den Weg zu den Ausscheidungsspielen.

Unterwegs sieht sich Ernie eine weitere Spielerin an. Marla hat einen Hammerschlag und spielt exzellent – aber sie ist ein wenig anziehendes, unbeholfenes Mädchen. Ernie will sie nicht an die Ausscheidung mitnehmen, aber Dottie und Kit weigern sich mitzukommen, wenn Marla zurückgelassen wird. Das Manöver ist erfolgreich, und die drei reisen gemeinsam weiter nach Chicago.

An den Ausscheidungsspielen treffen sie auf viele andere Mädchen wie die burschikose Wirtstochter Doris und die lebenslustige Stripperin Mae. Sie werden alle für die Mannschaft der „Rockford Peaches“ ausgewählt und bekommen als Trainer den ehemaligen Profispieler Jimmy Dugan, der sich bei einem betrunkenen Sturz aus dem Fenster verletzt und so seine Karriere ruiniert hat.

Der Start ist wenig vielversprechend. Jimmy betrinkt sich vorwiegend und hat überhaupt kein Interesse daran, den Mädchen etwas beizubringen. Die sind erst einmal ratlos, wissen sich dann aber zu helfen. Unter der Regie von Dottie schaffen sie es, zu einer starken Mannschaft zu werden, die irgendwann auch Jimmys Interesse und seinen Ehrgeiz weckt.

Im Verlauf des Films finden einige der Mädchen die Liebe ihres Lebens, andere entdecken im Baseball ihre Berufung – alle aber machen einen grossen Schritt auf dem Weg zu sich selbst. Und auch Jimmy realisiert, dass sein Leben noch nicht vorbei ist. Er gibt den Alkohol auf und wird zu einem motivierenden Trainer, der am Ende sogar ein Angebot in der Männerliga ablehnt, um die „Peaches“ weiter zu trainieren.

Der Film ist mit Tom Hanks, Geena Davis, Madonna und vielen anderen exzellent besetzt und berührt durch die emotionalen Geschichten. Vor allem ermutigt er uns, zu träumen und demonstriert, dass es immer möglich ist, sich zu verändern. Und im Unterschied zum „Murmeltierfilm“ braucht diese Geschichte keine übernatürliche Begebenheit, um uns zu ermutigen. Der Film macht deutlich, dass Menschen, die an sich glauben und bereit sind, sich zu verändern, über sich hinauswachsen können.

Der Film demonstriert aber auch, dass uns das Leben in der Gemeinschaft zur Veränderung geradezu herausfordert. Es ist weit einfacher, ganz allein ein „guter Mensch“ zu sein, als in der Ehe, in der Familie, im Büro, im Verein oder im Team.
Wie ich schon in einem vorigen Post festgehalten habe, kommen in all unseren Beziehungen irgendwann unsere Schwächen zum Vorschein. Und dort, wo wir uns einer Veränderung verweigern, werden wir immer wieder in den gleichen Sackgassen landen.

If you’re going to keep doing the same old thing,
don’t be angry at God for not doing something new for you.

Wenn Du ständig das gleiche alte Zeug machst,
kannst Du Gott nicht böse sein, wenn er nicht Neues für Dich tut.
 Max Lucado

Wenn ich will, dass sich etwas ändert, sollte ich dort ansetzen, wo ich die Möglichkeit habe – bei mir. Das heisst nicht, dass ich mich verbiegen soll, damit andere mit mir zufrieden sind. Es heisst, dass ich mich ehrlich frage, was mein Anteil an der aktuellen Misere ist. Auch Rückzug ist nicht immer die Lösung, denn wir brauchen andere Menschen unter anderem gerade, weil sie uns einen Spiegel vorhalten. Weil sie nicht zulassen, dass wir uns auf unserem weichen Bett der Selbstzufriedenheit ausruhen. Weil sie in uns genau die Dinge hervorbringen, die wir anschauen und ändern sollen.

Ich ärgere mich oft über andere Menschen – und mindestens so oft über mich selbst. Aber ich will mich dem nicht entziehen. Ich will mir zeigen lassen, wo ich verformt, verdreht, verletzt oder verbohrt bin und an mir arbeiten soll. Ich will der Mensch werden, den Gott gemeint hat, als er mich machte, und nicht dieses verzerrte Etwas bleiben, das im Laufe der Jahre, aufgrund von ein paar harten Schlägen und Überlebensstrategien, aus mir geworden ist. Ich will riskieren, verletzt zu werden. Lieber das, als mir einen harten Panzer zuzulegen, den schliesslich niemand mehr durchdringen kann – oder will.

Ich möchte aber auch in anderen den Mut zur Veränderung anfachen, und der Schlüssel dazu ist Annahme und Ehrlichkeit. Wenn ein Mensch nicht spürt, dass ich ihn akzeptiere, wie er ist, wird er es nicht wagen, sich verletzlich zu machen und seine Verteidigungsstrategie aufzugeben. Und nur, wenn ich jemanden annehme, wie er hier und heute ist – wie Gott das tut – habe ich das Recht, ihn mit seinen Schwächen zu konfrontieren.

Dottie trifft am Ende des Films ihre ehemaligen Teamkolleginnen und ihre Schwester Kit an der Einweihung der Frauenliga-Abteilung in der „Baseball Hall of Fame“, und ihr wird bewusst, was für ein Schatz die gemeinsam erlebten Siege, Kämpfe und Niederlagen sind.

Ich habe noch kein allgemein gültiges Rezept gefunden, aber ich möchte Gemeinschaft auch mit ihren Kämpfen als Schatz sehen und in jeder schwierigen Situation die Chance für Veränderung, Klärung und Weiterentwicklung erkennen. Dabei kann Klärung auch mal bedeuten, dass ich einen Schlussstrich ziehe, wenn die Situation für mich unerträglich und offenbar nicht zu ändern ist. Aber davor will ich den Mut haben, alle Möglichkeiten auszureizen, an mir zu arbeiten und andere mit der nötigen Liebe auf die Schwächen hinzuweisen, mit denen sie sich selbst schaden und damit Gefahr laufen, genau das zu verlieren, was ihnen wichtig ist.

Fällt es Dir leicht, Dir Deine Schwächen einzugestehen? Oder findest Du, Veränderung wird überbewertet 🙂 ? Ich freue mich auf Dein Feedback!

Blog Titelbild 1Diesen Frühling habe ich mir einen zwanzigjährigen Traum erfüllt und eine zweiwöchige Irlandreise gemacht – fragt nicht, warum ich damit so lange gewartet habe. Die zwei Wochen waren wundervoll, traumhaft und schmerzlich schön.

Wer schon in Irland war und es ebenso liebt, weiss, wovon ich spreche, und wer es noch nicht kennt, dem kann ich mit Worten kaum beschreiben, wie dieses Land mich im Sturm erobert hat. Natürlich versuche ich es trotzdem, und als Listenmensch präsentiere ich Euch hier die „Top 5 Gründe“ für meine Liebe zur grünen Insel:

Ich liebe Irland…

…wegen der Schafe!
Ich bin ein Schafnarr und hätte schon längstens zwei auf unserem Grundstück, wenn ich nicht fürchten müsste, dass wir dann Probleme mit den Nachbarn bekommen. In Irland bin ich jetzt so richtig auf meine Kosten gekommen: hinter jeder Kurve stehen ein paar Wollige, und nur mit viel Glück ist uns keines unter die Räder gekommen. Dafür habe ich dutzende Fotos gemacht und spiele jetzt mit dem Gedanken einer Schäfchengalerie im Musikzimmer.

??????????

…wegen der Landschaft!
Wir sind auf unserer Reise von Rosslare an der südöstlichen Ecke der Küste entlang bis fast nach Nordirland gekommen. Die Vielfalt der Landschaft mit ihren Steinwüsten, weiten Torffeldern, unbewaldeten Hügeln und steilen Klippen hat uns begeistert. Mir hat es vor allem die Dinglehalbinsel angetan. Ihre sanften Hügel, die gegen das Meer abfallen, der leuchtende Ginster, der die Hecken formt, dahinter die tiefblaue See und über allem ein zartblauer Himmel – es lag ein Frieden in diesem Bild, der mich tief berührt hat, und ich habe noch heute das Gefühl, dass mein Herz diese Ecke schon kannte. Ich glaube gern, dass so viele Künstler dieses Land gewählt haben, um ihre Bücher zu schreiben, Lieder zu komponieren, oder einfach zu „sein“ – dieses Land lädt ein, ruhig zu werden und alles scheinbar Wichtige einmal hinter sich zu lassen.

…wegen der Musik!
Ich liebe Irish Folk, seit mich ein Schulkollege 1999 an das Irish Folk Festival in Basel eingeladen hat. Es war Liebe auf das erste Ohr voll – die melancholischen, schwermütigen Balladen, gesungen von rauhen Männerstimmen, die feinen irischen Frauenstimmen, aber auch die treibenden Reels, diese Violinen- und Akkordeonfeuerwerke, zu denen man nicht sitzenbleiben kann. Eine Musik, die irgendwie zu dem Teil meiner Persönlichkeit passt, der normalerweise nicht so zum Vorschein kommt – etwas verrückt, nahe am Wasser gebaut, zappelig und immer bereit, ein bisschen herumzuspinnen. That’s me! (Mehr über meinen inneren Wahnsinn gibt’s hier).

(Quelle: Youtube)

…wegen der Iren!
Ich habe dieses Volk noch nicht durchschaut, aber die Iren sind mir einfach sympathisch. Sie haben einen herrlich schwarzen Humor und nehmen nicht alles so ernst. Unser westliches Lebensgefühl – wenn man es denn überhaupt noch so nennen kann – à la „immer mehr, immer schneller“ ist zumindest auf dem Land noch nicht ganz angekommen, und das gefällt mir.

Irland-Madonna…wegen Gott!
Mich beeindruckt, wie präsent der Glaube in Irland noch ist. Er wird in Zeitungen thematisiert, und an jeder Ecke begegnet man Zeichen einer tiefen Gläubigkeit. Sie wird vielleicht nicht von allen Iren wirklich gelebt, und es ist bestimmt nicht meine Art der Frömmigkeit – aber sie berührt mich.

Natürlich gibt es auch Dinge, für die ich Irland nicht liebe. Dazu zählen Pubs, die Dir ab 19:00 (oder wann immer sie wollen) nichts mehr zu essen geben, Duschen, unter denen man eine halbe Stunde verbringt, bis jeder Körperteil ein Tröpfchen abgekriegt hat, und Pubs mit Live-Musik, die zufälligerweise immer gerade Pause macht, wenn man hereinkommt. Aber wahre Liebe ist nicht authentisch, wenn es nichts gibt, was Dich stört, und diese kleinen Eigenheiten machen mir Irland nur noch sympathischer.

Ich weiss heute schon, dass ich zurückkehren werde, und ich hoffe, dass es nicht zu lange dauert, bis ich die grünen Hügel wieder sehe. Bis dahin ziehe ich mir einfach regelmässig „The Commitments“ und „Waking Ned Devine“ rein und höre meine Altan- und De Dannan-CDs rauf und runter. Wenn das nicht hilft…!

Irland

Das Grün der Wiesen erfreue deine Augen,
das Blau des Himmels überstrahle deinen Kummer,
die Sanftheit der kommenden Nacht
mache alle dunklen Gedanken unsichtbar.
Irischer Segenswunsch

Hast Du auch eine „Herzensheimat“, ein Land, in dem Du Dich fühlst, als wärst Du zuhause? Und was liebst Du an Deiner „Wahlheimat“ am meisten? Ich freue mich auf Dein Feedback!

Bild Song-Treats kling 3Schon als Teenager war ich ein grosser Stephen King-Fan. Kurz nachdem ich mit dem Wälzer „Es“ angefangen hatte, bekam ich eine Simon & Garfunkel-Kassette geschenkt, die ich während der Lektüre ständig laufen liess. Als Resultat davon löst der Song „Miss Robinson“ bis heute ein völlig unpassendes Gruseln in mir aus .

Ich verknüpfe viele Lieder mit Momentaufnahmen aus meinem Leben. Madonnas „Papa don’t preach“ erinnert mich an einen Samstagnachmittag auf der Zuchwiler Schlittschuhbahn, Debbie Gibsons „In your eyes“ an Sommerferien zuhause im Liegestuhl – und Modern Talkings „You’re my heart, you’re my soul“ an meinen miserablen Musikgeschmack als Teenager.

Vor allem aber hat Musik einen geheimnisvollen Zugang zu meinem Herzen. In einer neuen Reihe möchte ich Euch deshalb Lieder vorstellen, die mich bewegen, aufbauen und berühren oder etwas ausdrücken, das mir besonders wichtig ist.

Der erste Song stammt von Norm Strauss, einem Freund und genialen Musiker, mit dem ich auch an einem persönlichen Projekt arbeite. Norm ist Kanadier, ein exzellenter Gitarrist, Sänger und Produzent. Seit diesem Februar lebt er mit seiner Frau in Dresden und arbeitet für das Tonstudio „Sacred Sounds“.

Sein Song heisst „Strong is the hand of love on me” – und weil ich den Song nicht nur in Worten mit Euch teilen will, könnt Ihr ihn – natürlich mit der Erlaubnis des Künstlers – hier gratis herunterladen (dem Link folgen und unten rechts den „Fizzkicks Media Player“ anklicken, „Choose an Album“ und „Free Songs“ wählen, dann „Album to Chart“. Es braucht keinen Code; die Datei wird als Zip heruntergeladen. Es kann sein, dass sich das Fenster nach dem Download nicht schliessen lässt – einfach die Seite zumachen. Ich hoffe es klappt, sonst einfach melden). Vielleicht hört Ihr gleich mal in den Song hinein – aber ganz nach Gusto.

Norm beginnt mit seinen Song mit seiner Zeit an der Highschool und mit der jungen Erwachsenenzeit und lässt meine eigenen Erinnerungen an diesen Lebensabschnitt aufleben – obwohl ich einen anderen Weg gegangen bin, freute ich mich nach der Matura auch auf die neue Freiheit und das „Tun-und-lassen, was ich will“. Doch am meisten berühren mich die Worte des Refrains.

Stark ist die Hand der Liebe auf mir
Sicher ist der Fels, auf dem ich stehe
Scharf ist das Auge, das mich all die Jahre begleitet hat
Ich werde nicht wanken
Ich werde standhaft sein

Ich kenne dunkle Momente, auf die ich kein solches Auge gerichtet sehen möchte – vergeudete Zeit, als ich an der Uni vor allem feierte und vor dem Fernseher sass, Fehlentscheidungen, die mich und andere verletzt haben. Und ich trage an Erinnerungen, die mich an dieser starken, liebenden Hand zweifeln lassen: Verletzungen durch andere Menschen, Vertrauensbrüche, aber auch der Herbsttag vor bald neun Jahren, als meine Mutter starb.

In den letzten neun Jahren hat sich meine Sicht auf mein Leben inklusive dieser dunklen Momente und Erinnerungen langsam verändert. Plötzlich ergibt das, was von nahem wie ein wildes Gekritzel aussah, einen Sinn – inklusive der Striche und Schleifen, die für die bitteren und herausfordernden Erfahrungen stehen.

Ich beschönige dabei nichts und kann mir auch heute nicht alles erklären. Manche Tiefschläge habe ich meinen eigenen Fehlentscheidungen zu verdanken – andere werde ich nie verstehen. Aber ich sehe ein Gesamtbild, in dem auch diese Dinge Platz haben. Und ich sehe Seine liebende Hand über meinem Leben und erkenne heute, wo Gott mich bewahrt und beschützt hat, wo Er bei mir war, auch wenn ich es nicht gemerkt habe.

Und ich sehe Seine unglaubliche Geduld. Oft habe ich in Krisenzeiten nach Gott gerufen und Ihn im Gebet gesucht, weil mir sonst schlicht nichts mehr eingefallen ist. Und genauso oft habe ich, sobald sich ein anderer Ausweg präsentiert hat, Gott wieder links liegen gelassen. Doch ich habe den Schritt zu Ihm hin einmal mehr gemacht – den entscheidenden, der mein Leben komplett verändert und diesen neuen Blickwinkel ausgelöst hat.

Ich weiss, dass so ein Blickwinkel provozieren und verletzen kann. Wenn Du gerade bis zum Hals in der stinkenden Jauche steckst, willst Du einfach wissen, warum er Dich nicht herauszieht. Und wenn Du Schlimmes erlebt hast, ist wohl nichts so schmerzhaft wie der Gedanke, dass Gott dabei einfach zugesehen hat.

Vor zwei Tagen habe ich zum gleichen Thema einen tollen Beitrag einer anderen Bloggerin gesehen, die selbst einiges durchgemacht hat und daraus mit einem starken Glauben und einer tollen Berufung hervorgegangen ist. Vielleicht inspirieren Dich ihre Zeilen ja auch; hier kannst Du Dir das Post ansehen.

Ich habe keine abschliessende Erklärung, warum uns manche Dinge zustossen. Aber  mir hilft der Gedanke, dass es ein Preis ist, den wir für unseren freien Willen bezahlen. Gott hat Ihn uns gegeben, weil Er ein Gegenüber und keine Roboter wollte, und Er hat ihn auch unseren Nachbarn, unseren Freunden und unseren „Nichtfreunden“ gegeben. Er hat mich nicht immer davon abgehalten, mir und anderen wehzutun, und er hat andere nicht immer daran gehindert, ihren Willen zu tun und mich dabei zu verletzen.

Das tut weh, und vielleicht trägst Du Wunden, die nur schwer heilen. Aber ich bin dankbar, dass ich ein Mensch mit eigenem Willen bin, und dafür nehme ich in Kauf, dass andere mich willentlich verletzen können. Alles ist besser, als ein seelenloser Roboter zu sein.

Ich will Dich nicht mit billigen Worten abspeisen, wenn Du gerade in einem Tief steckst. Aber ich kann Dir versichern, dass Gott da ist und auf Dein Rufen wartet. Ich habe mehrmals erlebt, wie Er mich aus dem Sumpf gezogen hat – etwas, was wir rein physikalisch nun mal nicht selbst hinkriegen. Davids Worte aus Psalm 40 sagen es besser, als ich es könnte:

Beharrlich habe ich auf den Herrn geharrt,
da neigte er sich zu mir und hörte mein Schreien.
Er zog mich aus der Grube des Verderbens,
aus dem schmutzigen Schlamm,
und stellte meine Füsse auf einen Fels;
er machte meine Schritte fest und gab mir
ein neues Lied in meinen Mund,
ein Lob für unseren Gott.

Bild Claudia Zeitung V3

„Zeigen Sie mir einen einzelnen Mann oder eine Frau, und Sie werden einen Heiligen oder eine Heilige sehen. Zeigen Sie mir zwei Menschen, und sie werden sich ineinander verlieben.

Geben Sie mir drei, und sie werden das bezaubernde Ding erfinden, das wir „Gesellschaft“ nennen. Geben Sie mir vier, und sie werden eine Pyramide bauen. Geben Sie mir fünf, und sie werden einen zum Paria stempeln. Geben Sie mir sechs, und sie werden das Vorurteil neu erfinden. Geben Sie mir sieben, und in sieben Jahren erfinden sie den Krieg neu.“ – Glen Bateman in „Das letzte Gefecht“

Während unserer Zeit auf Schloss Röhrsdorf letzte Woche war harte Arbeit angesagt: Harmoniegesang üben, aufnehmen, noch einmal aufnehmen, anhören; eine neue Idee haben, üben, neu aufnehmen…and so on. Es war intensiv, hat aber auch grossen Spass gemacht – und gleichzeitig kamen interessante Gespräche mit den „Schlossherren“ zustande.

Schloss Röhrsdorf ist eine christliche Künstlerkommunität. Die Gemeinschaft führt ein Bandhotel, organisiert Konzerte und Veranstaltungen, leitet das Tonstudio „Sacred Sounds“ und tut nebenbei alles, um das ehrwürdige Schloss wieder in alter Pracht erstrahlen zu lassen (falls ich etwas vergessen habe – schaut einfach hier). Singles, Paare und Familien leben hier unter einem Dach, und das zwingt alle dazu, die Masken fallen zu lassen und sich den eigenen Schattenseiten zu stellen.

Ich lebe  nur in einer Zweierschaft, und mein Mann und ich sind beide „easygoing“.  Trotzdem kann ich der Herausforderung „Gemeinschaft“ nicht entfliehen, und eine Herausforderung ist es für jeden von uns: friedlich mit anderen zu leben, zu arbeiten und Beziehungen zu pflegen. Und so sehr wir für Gemeinschaft bestimmt sind und sie brauchen, so sehr bringt sie uns immer wieder an unsere Grenzen.

„Christus hätte sagen sollen: ‚Ja wahrlich, wo zwei oder drei von euch beisammen sind, wird irgendein anderer Typ fürchterlich eins auf die Rübe kriegen.“ – Glen Bateman in „Das letzte Gefecht“

Besonders intensiv wird Gemeinschaft, wenn wir in einen Team zusammenarbeiten und gemeinsam ein Ziel erreichen wollen. Jeder hat seine Ecken, Kanten, Verletzlichkeiten und Eigenheiten, und dieses hochexplosive Gemisch kann einem schon mal ins Gesicht explodieren. Das kann frustrierend sein, und manchmal möchte ich einfach allen anderen die Schuld geben – ICH bin schliesslich unheimlich friedfertig.  Im Grunde weiss ich aber, dass ich mit meinen Macken genauso viel zum aktuellen Klima beitrage. Deshalb will ich mich immer wieder fragen, was ich an meinem Verhalten ändern kann, um eine stärkere, authentischere Gemeinschaft möglich zu machen.

Neben der Selbstverständlichkeit, dass wir respektvoll und wertschätzend miteinander umgehen sollten, sind mir zwei Grundsätze wichtig geworden, die ich in bestehende und neue Teams und ganz allgemein in Beziehungen und das Leben in der Gemeinschaft hineinnehmen möchte.

  •  „Wehret den Anfängen“ – Konflikte sofort angehen

Ein Lieblingszitat meines Vaters und wie die meisten seiner Lieblingssprüche wahr: Konfliktherde sollten so früh wie möglich in Liebe und Wahrheit auf den Tisch kommen. Natürlich nicht in dem Moment, wo die Emotionen lodern, aber sobald sich die Gemüter beruhigt haben.

Das ist einfacher geschrieben als getan, und je nach Persönlichkeit haben wir unsere Schwierigkeiten mit diesem Grundsatz: Die Direkten unter uns haben Mühe mit der Liebe, in welcher die Botschaft vermittelt werden sollte, oder damit, den richtigen Moment dafür abzuwarten, während Harmoniemenschen wie ich sich aus Angst vor den Reaktionen scheuen, dass Thema anzusprechen, und sich gern einreden, es werde ja vielleicht von selbst besser.

Das wird es in der Regel nicht – und so entsteht aus Kleinigkeiten, die wir nicht aus dem Weg räumen, unbemerkt ein grotesker Haufen, um den wir irgendwann herumsitzen und uns fragen, wo das jetzt alles herkommt. Wenn wir das, was uns stört oder verletzt, gleich beim ersten Mal beim Namen nennen, sparen wir Zeit und Energie, die wir für unser gemeinsames Ziel einsetzen können.

  •  „Ein Raum, ein Chef, ein Auftrag“- klare Leiterschaft

Diesen knackigen Ausdruck hat die Schweizer Armee vor vielen Jahren geprägt – ich verwende ihn hier als kleine Hommage an meine zehn Jahre im VBS (für Nicht-Schweizer: Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport), aber auch, weil er für mich stimmt – und gut klingt.

Was passiert, wenn niemand die Verantwortung trägt? Entweder setzt sich ein Alphatier durch, reisst das Ganze an sich und gibt dem Team eine Richtung, die nicht zwingend die beste sein muss. Sucht niemand die Führung, werden meiner Erfahrung nach die problematischen Themen nicht angesprochen. Ausserdem werden Entscheidungsprozesse langfädig und prägnante Entwicklungen verhindert.

Natürlich ist es gut, Ziele und Strategien gemeinsam zu erarbeiten, und idealerweise findet das Team die beste Lösung. Aber Menschen sind verschieden und haben unterschiedliche Ansichten, und totale Demokratie in kleinen Teams verlangsamt und verwässert den Prozess. Es ist eine Illusion zu glauben, wenn  man lange genug über etwas redet, werden irgendwann alle zufrieden sein. Was bei solchen „Lösungen“ oft herauskommt, ist eine undefinierbare Pampe, die niemandem richtig schmeckt.

Wir sollten bereit sein, uns einem Leiter unterzuordnen und ihm das Vertrauen zu schenken, auch wenn er nicht alles weiss und alles am besten kann. In Teams im kirchlichen Umfeld sollten wir zusätzlich darauf vertrauen, dass unser Leiter Führung von oben erhält. Ich rede dabei nicht von Autoritätsgläubigkeit und schon gar nicht von einer Diktatur: Wir haben Massstäbe, an denen wir unsere Leiter messen können und sollen, und wir müssen reagieren, wenn sie sich falsch verhalten. Aber ich bin überzeugt, dass das Bekenntnis zur Leiterschaft eine Gruppe voranbringt, die Richtung eines Projekts klärt und die Vision für das Team schärft.

Ich möchte diese beiden Grundsätze künftig ernster nehmen und in allen Teams dazu beitragen, dass wir unsere Energie in die Verwirklichung unserer Projekte und die Erfüllung unserer Aufgaben stecken können und nicht auf Nebenschauplätzen unsere Kräfte verschleissen.

Und ich glaube weiterhin an die menschliche Gemeinschaft. Im Eingangszitat, das aus „Das letzte Gefecht“ von Stephen King stammt, habe ich den letzten Satz bewusst weg gelassen. Er lautet wie folgt:

„Der Mensch mag nach Gottes Ebenbild erschaffen worden sein, die menschliche Gesellschaft aber ganz sicherlich nach dem Ebenbild seines Gegenspielers, und sie will immer wieder nach Hause.“

Manchmal kommt mir das Zitat ziemlich realistisch vor – aber eigentlich weiss ich, dass das nicht wahr ist. Menschliche Gemeinschaft ist genauso von Gott gestiftet und geschaffen wie der Mensch selbst. Aus diesem Wissen nehme ich den Auftrag, anderen mit Ehrlichkeit, Liebe und Wertschätzung zu begegnen. Und als Christin füge ich dem Johannes Kap. 17 Vers 20ff. bei – den Auftrag, untereinander „eins zu werden“, damit die Welt erkennt, wer Jesus ist.

Was für Erfahrungen hast Du mit Gemeinschaft und in der Teamarbeit gemacht? Kennst Du diese „Aus-der-Haut-fahren-und-den-Bettel-hinschmeissen-wollen“-Momente?

Welche Grundsätze sind Dir wichtig geworden, und teilst Du meine Schlüsse – oder siehst Du es völlig anders? Ich freue mich auf Dein Feedback!

Popcorn-PerlenFür die heutige Popcorn-Perle habe ich tief in den Achtzigern gegraben – schliesslich bin ich ein Kind dieser Zeit, inklusive Vokuhila, Dauerwelle und Strähnchen. (Gott sei Dank dafür, dass es damals kein Facebook gab). Gemäss meinen Recherchen bin ich 1984 das erste Mal als Teenie ins Kino gegangen und habe mir „Beverly Hills Cop“ angesehen.

Mein „Film des Tages“ ist ein Jahr älter, aber Eddie Murphy spielt darin neben Dan Aykroyd wieder eine Hauptrolle. Für findige Achtzigerköpfe ist der Fall jetzt vielleicht klar, für alle anderen: ich rede von der Komödie „Die Glücksritter“.

Der Film dreht sich um zwei Männer, deren völlig unterschiedliche Leben sich per Zufall kreuzen und durch die Wette zweier kaltherziger alter Unternehmer eine ganz neue Wendung nehmen. Auf der einen Seite Louis Winthorpe III., ein vom Leben verwöhnter, erfolgreicher Börsenmakler mit einem Haus in der Stadt inklusive Butler und einer genauso verwöhnten Verlobten, die zufälligerweise die Grossnichte seiner Arbeitgeber ist. Auf der völlig anderen Seite der Bettler Billy Ray Valentine, der sein Geld damit verdient, sich als blinder Vietnam-Veteran ohne Beine auszugeben und der deshalb regelmässig von der Polizei aufgegriffen wird. Auf einer seiner Fluchten wirft er Louis um und wird beim Versuch, ihm seinen Aktenkoffer zurückzugeben, als Dieb verhaftet und eingebuchtet. Die beiden verwitterten, geizigen, aber steinreichen Inhaber von „Duke & Duke“, Louis‘ Arbeitgeber, kriegen diese Szene mit und kreieren daraus eine Wette, die sich um die folgende Frage dreht:

 Was bestimmt unseren Erfolg? Sind es die Gene, oder ist es unser Umfeld?

Am nächsten Tag wird Louis ein Geldbündel untergeschoben, worauf er in seinem feinen Herrenclub des Diebstahls bezichtigt und in Untersuchungshaft gesteckt wird. Auf der Polizeiwache werden zusätzlich Drogen in seiner Jacke gefunden. Louis darf am nächsten Tag nach Hause, doch auf dem Weg aus dem Revier wird er vor den Augen seiner Verlobten von einer Prostituierten geküsst und um Drogen angebettelt – natürlich ein Arrangement der Dukes. Daraufhin verlässt ihn seine Verlobte. Nachdem die Dukes ausserdem dafür sorgen, dass ihm der Zutritt zu seinem Haus verweigert wird und seine Konten gesperrt werden, steht Louis vor den Trümmern seines verhätschelten Lebens.

Im Gegenzug holen die beiden Billy Ray aus dem Gefängnis und bieten ihm Louis‘ Stelle an. Er sagt zu und entwickelt rasch ein Gespür für den Markt und das Börsengeschäft. Während er die Karriereleiter emporsteigt, verändern sich auch sein Verhalten und seine Einstellung zu Besitz. Währenddessen sinkt Louis immer tiefer, beginnt zu stehlen, bedroht die Weihnachtsgesellschaft von Duke & Duke mit einer Waffe und versucht schliesslich, sich umzubringen.

Zufällig bekommt Billy Ray mit, wie die Dukes ihr gelungenes Experiment besprechen und der eine dem anderen den Wetteinsatz von einem Dollar zahlt. Billy Ray sucht daraufhin Louis und rettet ihm in letzter Minute das Leben. Nachdem er ihn von der Hinterlist der Dukes überzeugt hat, heckt er mit Louis einen Plan aus, um es den gewissenlosen Geizhälsen heimzuzahlen. An einem Showdown an der New Yorker Börse tricksen Louis und Billy Ray die Dukes aus und treiben sie in den Ruin, werden selber steinreich und setzen sich auf eine Insel ab, um ihr neues Leben zu feiern.

Der Film ist typisch Achtziger inklusive Frisuren und Kleidung, ausserdem teilweise etwas freizügig (FSK 16) und manchmal ziemlich albern, aber ich liebe ihn trotzdem. Einerseits natürlich wegen der tollen Schauspielerriege auf der Höhe ihres Schaffens – allen voran Dan Aykroyd, Held aus „Blues Brothers“ und „Ghostbusters“, als Louis, aber auch Eddie Murphy als Billy Ray und Jamie Lee Curtis in der Rolle der Prostituierten Ophelia, die sich schliesslich um Louis kümmert, als er in der Gosse landet. Vor allem aber gefällt mir, dass der Film trotz seines ab und zu einfachen Humors ein paar tiefe Fragen aufgreift.

Zum einen natürlich die Wettfrage selbst:

Was macht uns zu den Menschen, die wir sind? Sind es die Gene, oder ist es unser Umfeld?

Der Film scheint diese Frage zugunsten der Umwelt zu beantworten, aber ich glaube nicht, dass man es so vereinfachen kann. Wir sind weder Sklaven unserer Gene noch reine Produkte unseres Umfelds und unserer Geschichte. Natürlich erben wir gewisse äusserliche und innere Eigenschaften und Fähigkeiten und werden durch unsere Familie, unser Umfeld und unsere Erfahrungen geprägt. Aber irgendwann beginnen wir, selbst Entscheidungen zu treffen, die uns ebenfalls zu den Menschen formen, die wir heute sind.

Die zweite Frage hat mich beim Verfolgen von Louis‘ Niedergang beschäftigt und ähnelt der biblischen Geschichte um Hiob:

Was bleibt von mir übrig, wenn mir alles genommen wird? Worüber definiere ich mich?

Ist es meine Arbeit, meine Leistung und die Anerkennung, die ich erhalte? Oder ist es meine Partnerschaft oder Ehe, oder vielleicht meine Beliebtheit im Freundes- und Bekanntenkreis? Worum drehen sich meine Gedanken? Was beschäftigt mich, gibt mir Kraft, ist aber auch meine verwundbarste Stelle?

Die Frage ist wichtig und berechtigt. Denn keiner dieser Bereiche, in denen ich meine Identität vielleicht festmache, ist wirklich krisenresistent.

Egal, wie tüchtig ich bin – es kann passieren, dass ich einen Rückschlag hinnehmen muss oder gar meine Arbeitsstelle verliere. Mein Partner kann mir vom Schicksal entrissen werden oder mich verlassen. Und leider können auch vermeintlich tragfähige Freundschaften zerbrechen, ganz zu schweigen von Beziehungen, die auf irgendeinem Grad von Beliebtheit oder Status beruhen.

Ich bin nach meiner Einschätzung nicht in akuter Gefahr, meinen Job, meinen Ehemann oder meine Freunde zu verlieren. Aber ich will mir die Frage stellen, und ich will wissen, was mich ausmacht und trägt, wenn alles andere wegfällt – wenn ich nicht mehr die fähige Mitarbeiterin, die geliebte Partnerin und die geschätzte Freundin bin.

Glücklicherweise kann ich die Frage für mich beantworten. Wer ich bin, hat der entschieden, der mich gemacht hat. Und selbst wenn ich alles verliere inklusive der Fähigkeiten, Talente und Eigenschaften, die Er mir gegeben hat, bleibe ich eines für immer: Geliebt von Gott. Sein Kind.

Gewisse Gedankenspiele machen mir trotzdem Angst – die Vorstellung, hilflos und vermeintlich nutzlos zu sein, anderen zur Last zu fallen. Wenn ich mir solche Szenarien vorstelle, merke ich, dass ich stark in unserem westlichen Weltbild verwurzelt bin und auch die klassische Ursünde Stolz mitschwingt – funktionieren, leisten, alles selber schaffen, niemanden brauchen. Aber ich weiss, wohin ich mit diesen Bildern gehen kann, um mir neue Bilder schenken zu lassen, die meine Identität an etwas oder besser an jemand anderem festmachen.

Wie ist es bei Dir – was hält Dich aufrecht, motiviert Dich und gibt Dir Kraft? Was macht Dich aus, und worüber identifizierst Du Dich? Ich bin gespannt auf Dein Feedback!

MaskeHinter mir liegen zehn intensive Tage mit vielen Highlights – Gospelkonzerte in Bern und Münsingen, Studioaufnahmen und ein Konzert in den Räumen der Künstlerkommunität Schloss Röhrsdorf bei Dresden und als Start in diese Zeit ein Vortrag bei Aglow Frick zum Thema „Maske ab – echt sein“.

Dieses Thema hat mich auch auf dem Weg nach Dresden und in der intensiven Zeit bis zu unserer Heimreise beschäftigt. Das Post ist auf der Hinfahrt entstanden und musste noch etwas nachreifen, weil ich erst meine nach intensiver Kommunikations- und Interaktionszeit termingerecht eingetroffene Schottendicht-Phase hinter mich bringen musste. Richtig überwunden ist sie zwar noch nicht, aber ich will endlich wieder was von mir hören lassen – und da wir uns ja nicht in Echtzeit sehen, kann ich kommunikativ tätig sein und dabei zerknittert auf dem Sofa sitzen, ohne gestört zu werden.

Das war der heutige Beitrag zur ungeschminkten Echtheit, den ich hoffentlich nicht bereuen muss. Aber da einige unter Euch schon mit meiner Art zu schreiben vertraut sind, bin ich zuversichtlich, dass keine gehäuften negativen Reaktionen auf mich herunterprasseln.

Das ist heute leider nicht selbstverständlich. Wenn wir echt sind, bläst uns oft ein scharfer Wind entgegen. Wer sich unkonventionell verhält oder eine Meinung ausserhalb des Mainstreams vertritt, wird oft schief angesehen oder für seine Naivität belächelt. Und es scheint oft einfacher und profitabler, anderen etwas vorzumachen.

Wer sich aufplustert und so tut, als könne er alles, kommt im Job schneller voran. Wer anderen nach dem Mund redet, ist gern gesehener Gast auf dem gesellschaftlichen Parkett. Beruflich wie privat spüren wir den unterschwelligen Druck, auf der gerade angesagten Welle mitschwimmen und unsere Ecken, Kanten und Befindlichkeiten für uns zu behalten. Warum sagen, dass es mir nicht gut geht, wenn alle in Partylaune sind? Warum dazu stehen, dass ich die moderne Aufführung im Stadttheater völlig sinnlos finde, wenn alle beindruckte Gesichter machen und von einer „visionären Umsetzung“ sprechen?

Mani Matters Lied „Chlini Hüsli“ ist aktueller denn je: Unsere Gesellschaft bringt zielgerichtet Klone hervor, die alle gleich aussehen, das Gleiche tun und natürlich vor allem das Gleiche kaufen. Und doch braucht die Welt nichts so sehr wie Originale – Menschen, die den Mut haben, echt zu sein.

Ich wusste lange Zeit nicht so recht, wer ich eigentlich bin, hasste es aber immer schon, mich zu verstellen – und wollte gleichzeitig unbedingt „dazu gehören“. Weil das offenbar nicht zusammen ging und ich mich so, wie ich war, eher am Rand herumdrückte, fühlte ich mich selten wohl in meiner Haut. Ich schwankte zwischen Versuchen, das Richtige zu tun und zu sagen, und resignierter Verachtung für die Welt, die mich nicht zu schätzen weiss.

Vor etwa zehn Jahren habe ich begriffen, dass ich mich nicht verstellen muss, um einen Platz zu haben, dass ich aber auch keinen Gruppe und keine Person brauche, die mir meinen Wert bestätigt. Der Eine, der mich unverwechselbar und einzigartig erschaffen hat, weiss, warum ich genauso bin, wie ich eben bin. Er hatte seine Gründe für dieses Design. Und was die Jahre und Erfahrungen verbogen und zerbrochen haben, darf ich Ihm zu Reparaturzwecken jederzeit anvertrauen.

Es ist mir auch heute nicht egal, was andere von mir halten, und ich ziehe es wie die meisten Menschen vor, gemocht zu werden. Aber die Meinung anderer hindert mich nicht mehr daran, genau das zu tun, was ich für richtig halte, und genau der Mensch zu sein, als der ich geschaffen wurde – inklusive der in einem früheren Post erwähnten Schrägheiten und skurrilen Eigenschaften. Und es ist mir heute bedeutend lieber, aus den richtigen Gründen abgelehnt als aus den falschen gemocht zu werden.

Wie sieht es bei Dir aus?

Wusstest Du schon immer, wer Du bist, und hattest auch nie Probleme, echt zu sein? Wenn ja – schätze Dich glücklich. Du verfügst über ein Talent, das nicht jeder hat. Bleib dabei, Dich selbst zu sein – und ermutige andere, es Dir gleich zu tun.

Oder bist Du noch auf dem Weg dahin und ertappst Dich öfters dabei, dass Du Dein Ich hinter einer Maske versteckst? Dann ermutige ich Dich, ein bisschen Echtsein zu riskieren. Es zahlt sich aus und vereinfacht das Leben ungemein – es setzt enorme Energie frei und schenkt Dir wertvolle Begegnungen. Wenn Du echt bist und dazu stehst, dass Du nicht alles kannst und Deine Schwächen hast, ermutigst Du Dein Gegenüber, selbst echter zu sein und das Scharnier heraufzuklappen.

Fang einfach an und trau Dich.
Denn was die Welt wirklich braucht, ist mehr von DIR.

Vor etwas mehr als zwei Wochen habe ich zusammen mit meinem Mann und meinem Vater an einem Samstag meine drei Neffen und meine Nichte beaufsichtigt – Einzelheiten können im „Ritigampfi-Post“ nachgelesen werden. An diesem Abend drückte mir meine Schwester kurz vor der Rückfahrt ein hübsches hellblaues Buch in die Hand und meinte: „Falls Du überhaupt noch von Hand schreibst und nicht nur virtuell…!“

Bild ErmutigungIch nahm das Geschenk erfreut entgegen und verstaute es in meinem Rucksack, und wir machten uns auf den Heimweg. Am nächsten Tag holte ich das Buch hervor, um es mir etwas genauer anzusehen – und stellte fest, dass es weit mehr war als ein Tagebuch. In Händen hielt ich ein wundervoll gestaltetes Hilfsmittel fürs Songwriting.

Auf der ersten Seite waren ein Quintenzirkel und ein Transkriptionsschlüssel abgebildet, un auf jeder Doppelseite ein Psalm, dazu abwechselnd eines von fünf hebräischen Worten für Lobpreis (für Worshipper und Interessierte: Tehillah, Barak, Zamar, Yadah, Hallal – aber davon vielleicht ein anderes Mal).

Bild Ermutigung 2

Dieses Geschenk hat mich unglaublich berührt. Ohne Worte hat mich meine Schwester spüren lassen, dass sie an mich glaubt, an meinen Plänen und Träumen Anteil nimmt und mich unterstützt.

Ich habe das Buch aufgeschlagen und gleich einen ersten Eintrag gemacht: den Entschluss, diesem Geschenk ein Post zu widmen, um mich daran zu erinnern, wie unverzichtbar und wertvoll Ermutigung und Wertschätzung sind.

Ein aufbauendes Feedback motiviert mich und gibt mir einen Extraschub Energie, um an meinen Plänen dranzubleiben – und nichts berührt und ermutigt mich so sehr wie eine positive Reaktion aus meinem engsten Umfeld. Das heisst nicht, dass ich die Verwirklichung meiner Träume von der Meinung anderer abhängig mache. Aber mir wird mehr und mehr bewusst, wie viel eine ermutigende Geste im richtigen Moment ausmacht.

Dieses Erlebnis hat mich auch inspiriert, über meine eigene Rolle im Leben anderer nachzudenken. Bin ich mir dieser Rolle bewusst, und setze ich meinen Einfluss mit Bedacht ein? Gerade in unseren engsten Beziehungen haben Feedbacks grosse Macht: Sie können uns aufbauen, können uns aber auch am meisten verletzen, wenn sie negativ sind oder ganz ausbleiben. Ermutige ich meine Familie und meine nächsten Freunde – oder vergesse ich es, ohne zu merken, wie abwertend das wirken kann?

Bin ich mir auch darüber im klaren, was für einen Einfluss ich auf Menschen in meinem Bekanntenkreis und meiner Umgebung habe? Oder behalte ich meine Meinung für mich, weil ich nicht glaube, dass sie jemanden interessiert und weil ich mich auf keinem Gebiet als „Autorität“ sehe? Damit schätze ich meine Talente gering und verpasse die Gelegenheit, jemanden auf seinem Weg zu ermutigen.

Ich werde mir auch neu bewusst, wie aufbauend solche Feedbacks im Alltag wirken. Jeder Mensch möchte in dem, was er tut, wahrgenommen werden. Mit einem kleinen Funken der Wertschätzung kann ich genau heute dem Tag vieler Menschen einen kleinen Glanz verleihen.

Ich will meinen Einfluss auf andere nicht mehr unterschätzen und diese Verantwortung wahrnehmen. Ich will mehr ermutigen und gezielt nach Gelegenheiten suchen, wie ich anderen Wertschätzung entgegen bringen kann. Und ich will nicht vergessen, dass sich auch Menschen, die es in meinen Augen nicht mehr nötig haben, über positive Feedbacks freuen.

Das Geniale daran ist im Übrigen, dass diese Wertschätzung zurückkommt. Ich nenne das den „Kreislauf der Wertschätzung“ – im Gegensatz zum „Kreislauf des Anschreiens“ aus „How I Met Your Mother“, der leider auch funktioniert. Wenn ich andere aufbaue, färbt etwas von dieser Anerkennung auf mich ab – und sei es nur das Bewusstsein, jemandem eine Freude gemacht zu haben.

Es gibt zu diesem Phänomen einen alten, unglaublich kitschigen Spruch, der nach meinen Recherchen Goethe zugeschrieben wird. Meine Patentante hat ihn mir vor 21 Jahren ins Poesiealbum geschrieben – und heute passt er einfach. In diesem Sinne:

Willst Du glücklich sein im Leben
Trage bei zu andrer Glück
Denn die Freude, die wir geben
Kehrt ins eigne Herz zurück

Hast Du den Eindruck, dass es niemanden interessiert, was Du denkst? Glaubst Du, Dein Feedback kannst Du Dir sparen, oder weisst Du gar nicht, wen, wie und wo Du ermutigen könnest?

Unterschätze weder Deinen Einfluss noch Deine Möglichkeiten – der Alltag bietet dutzende von Gelegenheiten, andere aufzubauen. Sei es im Supermarkt, im Restaurant, in der Arbeit – sogar zu Hause am Computer (ja, genau jetzt!) kannst Du jemandem mit einem Kommentar, einem „like“ oder einer Mail eine Freude machen (zum Beispiel mir – also nichts wie ran :-)!).

Leg los, und tritt ein in den Kreislauf der Wertschätzung – Erfahrungsberichte erwünscht!

Popcorn-PerlenIch war noch nie auf einer „Star Trek“ Convention und habe keine Uniform von Captain Picard im Schrank, aber ich gestehe frank und frei: Ich bin seit über zwanzig Jahren ein Trekkie, und es gibt Folgen von „Star Trek – The Next Generation“, die ich fast Wort für Wort nachsprechen kann.

Diese Leidenschaft gründet auf dem Fernsehprogramm der Neunzigerjahre, dem geisteswissenschaftlichen Studium vor der Bologna-Reform und meiner angeborenen Faulheit. Ich hatte nur zehn Lektionen Präsenzzeit an der Uni, und wenn ich mich nicht für das Basteln an meinen Seminararbeiten aufraffen konnte, entschied ich mich für einen Trekkie-Marathon auf Pro Sieben. So habe ich im Lauf der Jahre fast alle Folgen von „The Next Generation“ gesehen und mir den Status einer TNG-Expertin er“arbeitet“ – die Auswirkungen auf das Studium werden im Rahmen dieses Posts nicht thematisiert.

Star TrekHeute missbrauche ich „Star Trek“ nicht mehr, um mich vor der Arbeit zu drücken, aber meine Liebe zum Picard‘schen Universum hat sich noch vertieft, weil mir die Schätze dieser unterhaltsamen, spannenden Serie erst mit der Zeit aufgegangen sind. Besonders reich an diesen Schätzen ist mein „all time favourite“ Film „Insurrection / Der Aufstand“.

„Insurrection“ erzählt – knapp zusammengefasst – die Geschichte des Volkes der Bakù, das sich vor Jahrhunderten auf einem kleinen Planeten niedergelassen hat. Obwohl die Bakù die Technologie für Reisen ins All haben, ziehen sie ein einfaches, abgeschiedenes Landleben vor. Doch ihr Planet birgt einen Schatz, der ihn und damit die Bakù ins Zentrum galaxienweiter Gelüste rückt: Die Planetenringe enthalten einen Stoff, der die Zellalterung verhindert und rückgängig macht – das Volk der Bakù hütet damit den Zugang zu ewiger Jugend und zu einem annähernd ewigen Leben.

Das in der Galaxie umherziehende Volk der Son’a hat eine Möglichkeit entwickelt, diesen Stoff aus den Planetenringen zu entfernen und nutzbar zu machen, und will diesen Plan mit Hilfe der Föderation der Planeten (eine Art Staatenbund auf Universumsebene) umsetzen. Doch dabei müsste der Planet zerstört und das Volk der Bakù umgesiedelt werden. Deshalb errichtet eine kleine Gruppe der Föderation eine holografische Kopie des Bakù-Dorfes in einem getarnten Raumschiff und plant, die Bakù bei Nacht und Nebel in das Raumschiff zu beamen und es auf einem anderen Planeten abzusetzen.

„You should read more history, Number One!”

Captain Picard deckt diese Pläne auf und stellt Admiral Dougherty zur Rede, der das Projekt im Auftrag der Föderation überwacht. Dabei lernen wir den leidenschaftlichen Historiker in Picard kennen, der sich tief bewusst war, dass die aktuellen Konflikte einer Gesellschaft auf Ereignisse und Entwicklungen von Jahrzehnten und Jahrhunderten zurückgehen.

Die „Star Trek“-Stories begeistern auch mich immer neu für mein ursprüngliches Studienfach. Mir wird aber auch bewusst, dass dieses Verständnis für die Bedeutung der Vergangenheit nicht auf der Ebene von Nationen und Regionen aufhört. Auch ich muss wissen, woher ich gekommen bin, um mein Leben und mich selbst zu verstehen. Das heisst nicht, dass ich ständig über der Vergangenheit grüble. Aber ich anerkenne meinen Ursprung und meine Geschichte mit allem, was damit zusammenhängt – ohne das Unangenehme auszublenden. Es hat mich zu dem Menschen gemacht, der ich heute bin, und nur von diesem Menschen aus kann ich das Leben vorwärts leben.

“Es gibt Zeiten, Sir, in denen Männer mit einem Gewissen
nicht blind Befehle befolgen können.“

In „Insurrection“ können Picards Argumente und sein Geschichtsverständnis den Admiral nicht überzeugen. Er fordert von Picard Gehorsam gegenüber ihm als Vorgesetzten, und dieser muss sich entscheiden: Soll er die Befehle der Föderation befolgen und seine ethischen Prinzipen umstossen – oder seinem Gewissen folgen und sich widersetzen? Picard zögert nicht lange – er legt die Insignien seiner Generalswürde ab und entscheidet sich für den Aufstand. Picard riskiert damit Kriegsgericht, Gefängnis, Ehrverlust, den Tod.

Solche Helden gibt es auch im realen Leben – ich denke an Dietrich Bonhoeffer, der sich als Christ und Mitglied der bekennenden Kirche am Attentat gegen Hitler beteiligt und das mit dem Leben bezahlt hat, aber auch an viele kleine Aktionen der Zivilcourage, die jeden Tag erbracht werden. Ich glaube nicht, dass mein Heimatland in nächster Zeit in eine Geisteshaltung abdriftet, die Bonhoeffersche Aktionen fordert, aber ich will im Alltag nicht einfach wegschauen und den Mund halten, wenn Zivilcourage gefragt ist. Nur wenn ich mir diesen Mut im Kleinen antrainiere, bin ich notfalls bereit für eine grosse Aktion.

„Zart wie ein Androidenpopo, oder, Data?“

Neben der Spannung, die diese Geschichte vorantreibt, und den wunderbaren Bildern und Stimmungen auf dem Planeten (ganz zu schweigen von der Romanze zwischen Captain Picard und einer Frau der Bakù) lebt dieser Film wie alle „Star Trek“-Geschichten von einem wunderbar hintergründigen Humor, der das „Star Trek“-Universum so einzigartig macht. Es ist fast unmöglich, diesen Humor schriftlich festzuhalten, aber ich muss es versuchen:

Der erste Offizier William Riker und Schiffspsychologin Deanna Troi haben unter dem Einfluss der verjüngenden Planetenringe ihre Liebe füreinander neu entdeckt. Deanna zuliebe rasiert Riker seinen Bart ab und präsentiert sich Data, der künstlichen Lebensform auf der Enterprise, mit der Bemerkung: „Zart wie ein Androidenpopo, oder Data?“ Data fragt verwirrt: „Wie bitte, Sir?“ Dann begreift er und fragt Riker: „Darf ich?“ Er legt prüfend die Hand auf Rikers Wange, lächelt überlegen, schüttelt den Kopf und geht weiter.

Der “Star Trek”-Humor erinnert mich mit jeder Folge und jedem Film daran, dass ich das Leben und mich selbst auch viel zu ernst nehmen kann. Dabei ist ein kleiner Scherz pro Tag gut für die Verdauung und hält das Hirn lebendig, wie ein grosser Humorist mal gesagt hat.

“Sometimes, Number One, you just have to bow to the absurd!”

Ich hoffe, ich habe einige bisherige Star Trek-Abstinenzler neugierig gemacht, sich auch einmal einen Film oder eine Folge anzusehen. Glaubt mir: man stösst dabei „in Welten vor, die nie ein Mensch zuvor gesehen hat!“

Ich schliesse mit obigem Zitat aus meiner Lieblingsfolge Star Trek – “Up the long ladder/Planet der Klone” und mit dem letzten, ultimativen Grund für meine „Star Trek“-Leidenschaft:

Jean-Luc Picard hat neben meinem Vater und Louis de Funès die mit Abstand schönste Glatze des Universums.

Bist Du ein Trekkie, oder kannst Du damit gar nichts anfangen? Und wenn Trekkie – welches ist Deine Lieblingsserie / Dein Lieblingsfilm? Ich freue mich auf Eure Antworten!

Collage SchaukelEinmal pro Quartal haben mein Mann, mein Vater und ich eine besondere Samstagsmission und fahren nach Olsberg im Aargau. Meine Schwester und ihr Mann besuchen eine Bibelschule und vertrauen uns für den Tag ihren vierköpfigen Nachwuchs an – was nebenbei von ihrem festen Vertrauen in einen treusorgenden Gott zeugt, der unsere Missgeschicke ausbügelt.

Für meinen Mann und mich, selbst kinderlos, ist der psychoklimatische Sprung aus unserer eigenbrötlerischen Zweisamkeit in das Müllersche Bienenhaus vergleichbar mit einem Transfer aus einem Waldteich ins Alpamare, und nach so einem Tag fahren wir jeweils ziemlich groggy in unser Nest zurück – aber auch voller neuer, schöner Erlebnisse. Eine der schönsten Erfahrungen des Elternseins, die ich mitnehmen darf, ist dieses Gefühl, selbst wieder Kind zu sein.

Wenn ich mit meiner Nichte und meinen Neffen spiele oder ihnen beim Plantschen und Toben zusehe, erwachen kleine Momentaufnahmen aus der Kindheit zu neuem Leben. Wie wir uns im hohen Gras Höhlen bauten, im Sandkasten Tunnel gruben, mit unseren Playmobil-Figuren spielten und mit unseren Barbies und ihren Pferden imaginäre Wettrennen veranstalteten, die immer damit endeten, dass die Barbies in weitem Bogen vom Pferd flogen. In diesen magischen Augenblicken war alles, was unser Universum sonst ausmachte – Abendessen, Hausaufgaben, Fernseher – weit weg. Wir lebten in unserer eigenen Welt, losgelöst von der Zeit und ihren Forderungen.

Ich vermisse dieses Gefühl, die Welt einfach ausblenden zu können. Obwohl ich mich in vielen Bereichen engagiere, bin ich ein sehr introvertierter Mensch, und mein Hirn produziert rund um die Uhr Monologe, macht Pläne und stellt irgendwelche Überlegungen an – ich fürchte ständig, dass ein Schaltkreis heissläuft oder eine Sicherung durchbrennt. Deshalb suche ich immer wieder Wege, wie ich diesen Schaltkreisen etwas Ruhe gönnen kann.

Dank unserer Quartalsmission habe ich letzten Samstag endlich einen solchen Weg gefunden – ein medizinisch unbedenkliches, kostenloses Mittel, das, mit der nötigen Vorsicht angewandt, keinerlei Nebenwirkungen hat. Das Wundermittel heisst ritigampfen – auf umständlich gut deutsch „schaukeln auf einer Hängeschaukel“. Ich empfehle es jedem, der mit ähnlichen Problemen kämpft – in seiner Einfachheit ist es beinahe revolutionär.

Die magische Wirkung des Ritigampfens beginnt mit einer leichten Entspannung, während Du langsam Fahrt aufnimmst. Auf einer mittleren Flugintensität beginnt Dein Hirn die begehrten Endorphine auszuschütten, und die Welt wird um ein paar Farbgrade heller. Auf Deinem Gesicht breitet sich langsam ein ziemlich grosses und ansatzweise idiotisches Grinsen aus. Dann schwingt das Ritigampfi über die Waagrechte hinaus, die Schwerkraft löst sich auf, und Du schwebst einfach in der Luft. Die Zeit steht still – bis Du mit einem Ruck in den Strom der Zeit zurückkehrst und der Erde entgegen schwingst.

Fünf Minuten Ritigampfen reichen aus, um den Entspannungsgrad einer kombinierten Therapie aus heissem Bad, kaltem Drink und einer Folge „How I Met Your Mother“ zu egalisieren. Inzwischen glaube ich, ritigampfen hat noch viel mehr zu bieten und wird in seiner Tiefenwirkung unterschätzt:

Ritigampfen wirkt deeskalierend.
Oder kannst Du Dir vorstellen, dass Du Dich mit Deinem Partner fetzt, während Ihr nebeneinander auf einem Ritigampfi sitzt und schwingt, was das Zeug hält?

Ritigampfen macht den Kopf frei.
Wenn ich fünf Minuten mit voller Kraft ritigampfe, lösen sich verklebte und verklemmte Hirnwindungen und machen Platz für neue Ideen.

Ritigampfen wirkt verjüngend.
Eine gute Dosis Ritigampfen versetzt mich in meine Jugend zurück und mildert die Fältchen der Seele, und was sich in unserem Inneren abspielt, wird früher oder später auch an der Oberfläche sichtbar.

Ich glaube, diese Erkenntnisse sollten zum Nutzen der Menschheit verbreitet werden. Deshalb setze ich mich ab sofort für Ritigampfräume bei Psychologen, in Firmen und in Schönheitsstudios ein. Vor allem aber gehe ich sofort in den Keller und hole das Ritigampfi, das wir vor zwei Jahren gekauft haben, hänge es an unsere Wäschestange und lege los. Wetten, dass ich in zwei Wochen entspannter und kreativer bin und viel besser aussehe?

Ich glaube, die Welt wäre ein besserer Ort,
wenn mehr geritigampft würde.

Oder frei nach Mani Matters „Hansjakobli und Babettli“:

„Jetz tüet doch aui nid so chrampfe,
Dir würdet gschider ritigampfe!“

P.S.: Das Copyright für die Ritigampf-Therapie ist angemeldet.

Popcorn-PerlenDer „Hero“, der gegen grösste Widerstände ankämpft und am Ende triumphiert, füllt zuverlässig die Kinosäle. Andy Dufresne, Protagonist in Stephen Kings Kurznovelle „Frühlingserwachen – Pin Up“, ist ein Held der stilleren, tiefer gehenden Art. Die Novelle wurde unter dem Titel „Shawshank Redemption – Die Verurteilten“ verfilmt, und das macht die Geschichte zu einer weiteren „Popcorn-Perle“.

Andys geordnetes Leben als Finanzfachmann wird in einer Herbstnacht ohne Vorwarnung zerstört – seine Frau und ihr Liebhaber werden von einem Unbekannten erschossen, und Andy wird des zweifachen Mordes angeklagt.

Andy bereitet sich auf das Schlimmste vor, solange er noch kann: Er bringt sein Geld in Sicherheit, und ein guter Freund verschafft ihm eine neue Identität. Kurz darauf ist dieses neue Leben Andys einzige Hoffnung, denn das Schlimmste trifft ein: er wird auf der Grundlage von Indizien zu zwei Mal lebenslänglich verurteilt.

Im Knast von Shawshank lernt er Red kennen – den „Mann, der alles besorgen kann“, der über die langen Jahre zu seinem einzigen engen Freund wird. Er lernt auch das grausame Knastuniversum kennen und wird von Vergewaltigungen, Prügel und Demütigung nicht verschont. Doch irgendwie schafft er es, sich seine Würde und seine Hoffnung auf ein anderes Leben zu erhalten.

„Trotz seiner Probleme lebte er sein Leben weiter.
Es gibt Tausende, die das nicht tun oder nicht wollen oder nicht können,
und viele von ihnen sind nicht einmal im Gefängnis.“
Red in „Shawshank Redemption“

Doch auch an Andy nagt der Knastalltag. Er bittet Red, ihm einen Gesteinshammer zu beschaffen, mit dem er kleine Steine aus dem Gefängnishof in Form schleift, um die langen Gefängnisnächte zu überstehen. In einer dieser Nächte kratzt er aus Langeweile in die Gefängniswand, und plötzlich löst sich ein Stück. Weil er sonst nichts zu tun hat, gräbt Andy weiter und beschafft sich von Red ein Pin-Up-Poster, um das Loch zu verbergen. An Ausbruch denkt er nicht – er rechnet sich aus, dass er in 100 Jahren höchstens die Hälfte der Wand schaffen könnte.

In den folgenden Jahren erarbeitet sich Andy im Knastuniversum eine Vertrauensposition. Er wird Leiter der Bibliothek, berät die Aufseher bei ihren Steuererklärungen, setzt Darlehensverträge auf und hilft dem Direktor dabei, Erträge aus zweifelhaften Geschäften vor dem Fiskus zu verstecken.

Ganz plötzlich öffnet sich für Andy ein Fenster der Hoffnung: Aufgrund der Aussage eines neuen Insassen könnte er den Prozess wieder aufrollen und seine Unschuld beweisen. Doch der Anstaltsleiter will Andy und seine nützlichen Fähigkeiten nicht verlieren und bringt den Insassen durch die Versetzung in ein besseres Gefängnis zum Schweigen.

Das bricht Andy fast das Rückgrat – zum ersten und einzigen Mal verlässt ihn seine Zuversicht, und er fällt in eine tiefe Depression. Nach langen und dunklen Monaten fasst er langsam wieder Mut und macht kurz darauf eine unglaubliche Entdeckung.

Während einer seiner nächtlichen Grabungen durchschlägt sein Hammer plötzlich die Wand, und er trifft auf einen offenen Schacht und ein altes Abflussrohr. Er findet heraus, dass sein Zellentrakt noch nicht an das neue Abwassersystem angeschlossen wurde und dass dieses alte Rohr sein Weg in die Freiheit sein könnte – und in sein neues Leben. Denn das Tor zu seiner neuen Identität – ein Schlüssel zu einem Bankschliessfach – schlummert sicher vergraben unter einer Steinmauer, keine dreissig Meilen von Shawshank entfernt.

Doch zwischen Andy und seinem neuen Leben stehen noch einige Kubikmeter Stein und die Gefahr, entdeckt zu werden. Über den Zeitraum von weiteren acht Jahren vergrössert Andy Nacht für Nacht das Loch in der Wand. Den Schutt bindet er in Säckchen in seine Hosenbeine und lässt ihn im Gefängnishof auf den Boden rieseln.

In der Nacht auf den 12. März 1975 gelingt Andy die Flucht – durch ein enges, stinkendes Rohr voller Exkremente kriecht er über die Länge von fünf Fussballfeldern in die Freiheit. Ein halbes Jahr später sendet er seinem Freund Red eine unsignierte Karte aus Texas, wo er die Grenze nach Mexiko überschreitet, um sich sein neues Leben aufzubauen.

Was mich an dieser Geschichte bewegt, ist Andys nicht zu tötende Hoffnung im Angesicht des Tornados, der sein Leben zertrümmert hat, aber auch seine Ruhe, Gelassenheit und Zuversicht inmitten dieses Spagats aus Hoffnung und Angst.

Wie hat dieser Mann das ausgehalten? Zu wissen, dass ein neues Leben auf ihn wartet, aber nicht zu wissen, ob das Stück Land, das diesen Schatz verbirgt, in der Zwischenzeit überbaut wird? In seiner Zelle einen Tunnel zu graben und zu fürchten, dass man ihn plötzlich in eine andere Zelle versetzt? Und was wäre gewesen, wenn man ihn wegen guter Führung entlassen – und bei der Zellenräumung das Loch in der Wand entdeckt hätte? Und was, wenn Andy nach endlosem Kriechen durch das Abflussrohr hätte feststellen müssen, dass das Ende mit einem Draht verschlossen ist?

Andys Umgang mit seinem Schicksal macht ihn zu einem anrührenden, fassbaren Helden. Er ist beinahe zerbrochen, aber er hat sich wieder aufgerappelt. Er hat all die „Was-Wenns“ ertragen und hat in diesem widerlich stinkenden Rohr sein Leben riskiert – um frei zu sein.

Diese Entschlossenheit und Andys unerschütterliche Hoffnung und Gelassenheit fordern mich heraus. Jeden Tag scheitere ich aufs Neue an kleinen und grösseren Alltagsfrüstchen und ärgere mich über Dinge, die nicht so sind, wie ich sie will, über volle Züge und laute Menschen, über Unzulänglichkeiten und Missgeschicke. Was würde ich erst tun, wenn ich eine Herausforderung dieser Kragenweite bewältigen müsste?

Eigentlich brauche ich nicht einmal auf das fiktive Schicksal von Andy zurückzugreifen – ich kenne genug Menschen, die mich in ihrem Umgang mit Schicksalsschlägen tief beeindrucken.

In meinem Freundes- und Bekanntenkreis haben mehrere Frauen eine Brustkrebsdiagnose erhalten. Eine von ihnen hat Operation und Chemotherapie schon länger hinter sich, eine andere ist dieses Jahr operiert worden, und die dritte wird den Eingriff in wenigen Wochen durchstehen müssen. Alle drei Frauen haben diesen Mut und die Entschlossenheit, nicht aufzugeben und an das Leben – ihr Leben – zu glauben. Ich ziehe meinen Hut vor ihnen, und ihr Vorbild beschämt mich.

Aber es ist eine gute Scham – eine, die mich motiviert und inspiriert, meine Haltung zu überdenken und mich neu zu entscheiden, wie ich mit den grossen und kleinen Unebenheiten auf meinem Lebensweg umgehen will:

Ich will mein Leben als Geschenk sehen und mich nicht mehr von Kleinigkeiten runterziehen lassen. Beim nächsten Frustmoment denke ich an die einzigartigen, wertvollen Dinge, die man sich nicht kaufen kann und die ich immer wieder geniessen darf. Gesund sein. Ein schöner Sommertag. Familie und Freunde, die einen inklusive aller Verrücktheiten lieben. Ein „Magnum“ nach dem Mittagessen und eine Tüte Popcorn zur DVD-Nacht. Lachen mit Freunden, auf dem Sofa ein Nickerchen machen. Schreiben und singen dürfen und anderen damit Freude machen – grosse und kleine Segenshappen, die alle Widrigkeiten des Alltags überstrahlen.

Ich will bereit sein, auch härtere Schläge zu ertragen und nie die Hoffnung verlieren. Ich wünsche mir keine Katastrophe, um meinen Durchhaltewillen beweisen zu können. Aber wenn etwas auf mich zukommt, das mich herausfordert, hoffe ich, dass ich es würdig tragen kann, den Kampf nicht aufgebe und meinen Glauben an das Schöne im Leben, an das Gute in der Welt und an einen allmächtigen, liebenden, Gott niemals verliere.

Ich will für das kämpfen, was mir am Herzen liegt. Unser Leben auf dieser Erde ist kurz. Ich bin 42 Jahre alt, und vielleicht habe ich noch einmal gleich viel Zeit. Vielleicht ist es auch morgen vorbei. Ich will mich auf die Dinge konzentrieren, die wirklich wichtig sind, auf das, wofür mein Herz brennt und zu dem ich mich berufen fühle, damit ich an diesem letzten meiner Tage auf dieser Welt nichts bereuen muss. Oder wie Henry David Thoreau in „Club der toten Dichter“ so schön zitiert wird: „damit ich nicht, wenn es zum Sterben ginge, einsehen müsste, dass ich niemals gelebt habe.“ (aber den Film sparen wir uns für ein anderes Mal).

„Hoffnung ist etwas Schönes, Red, vielleicht das Schönste, was es gibt,
und Schönes stirbt nie.“

Wer inspiriert Dich mit seinem Verhalten? Wofür schlägt Dein Herz? Ich freue mich über Deinen Kommentar!