Warum bloggenManchmal frage ich mich, warum ich überhaupt schreibe und warum das jemand lesen sollte. Und weil so eine Frage die Giftspritze jeglicher Kreativität ist, bin ich jeweils versucht, diese Zweifel beiseite zu wischen. Aber im Vertrauen darauf, dass sich hinter jedem Zweifel eine tiefere Erkenntnis verbirgt, lasse ich dieser Frage Raum und lade Euch ein in das Hinterzimmer eines Schreiberhirns.

So ein Schreiberhirn beschäftigt sich rund um die Uhr mit Wichtigem und Unwichtigem und immer mal wieder mit Fragen wie diesen:

  • Warum glaube ich, dass ich etwas zu sagen habe?
  • Will ich mich wichtig machen, oder halte ich mich für gescheiter als den Rest der Welt?
  • Und eben – warum schreibe ich überhaupt?

Wenn ich den Menschen in meinem nächsten Umfeld Glauben schenken kann, verfüge ich über einen ansehnlichen Klugschwätzer- und Besserwisseranteil. Ausserdem soll ich meiner Mutter nach der Schule jeweils einen minutiösen mündlichen Bericht über meine täglichen Aktivitäten abgegeben haben, was auf ein ausgeprägtes Mitteilungsbedürfnis hinweist.

Lange hat sich dieses Mitteilungsbedürfnis nicht schriftlich manifestiert, abgesehen von zahlreichen Tagebucheinträgen, in denen ich mein elendes Leben beweinte – aber diese jammervollen Elaborate würde ich niemandem zumuten. Dann habe ich meine Schreibkünste während Jahrzehnten in verschiedenen Formen einsetzt und dafür gute Feedbacks bekommen – aber ich hatte schlicht keinen Schimmer, was ich der Menschheit mitteilen könnte.

Nach meiner Hinwendung zum Glauben hatte ich plötzlich etwas in meinen Augen Mitteilungswürdiges – aber weder die Tatkraft noch das Selbstverständnis, um damit mein Kämmerlein zu verlassen. Nach Jahren, in denen ich blockierende Gedanken über mich selbst und ein paar schlechte Angewohnheiten loswerden konnte, wurde die schlummernde Schreiberei wieder zum Leben erweckt – und das hat schliesslich unter anderem zu diesem kleinen Blog geführt, mit dem ich Euch erheitern, herausfordern und inspirieren will.

So here we are again.

Ich weiss, warum ich blogge, warum es mir Spass macht und was ich damit erreichen will. Ich weiss immer noch nicht genau, warum jemand lesen sollte, was ich über schöne Filme und Lieder, das Leben an sich, Gott und die menschliche Gemeinschaft zu sagen habe. Aber das  macht nichts – ich setze mich einfach hin und lasse die Worte rollen. Und wenn – was immer mal vorkommen kann – jemand an meiner Themenwahl oder an meiner Art zu schreiben Anstoss nimmt, denke ich an dieses tolle Zitat, das ich kürzlich entdeckt habe und das sich auf das ganze Leben anwenden lässt:

If you can’t be criticized for it, it’s probably not remarkable.
Are you devoting yourself to something devoid of criticism? — Unknown

Wenn Du dafür nicht kritisiert werden kannst, ist es wahrscheinlich nicht bemerkenswert. Verschreibst Du Dich einer Sache, die „bar jeder Kritisisierbarkeit“ ist?

Die Übersetzung dieses schönen Zitates von unbekannt hat mich an der deutschen Sprache scheitern lassen, aber die Bedeutung ist klar:

Wenn Du Dich in Deinem Leben darauf beschränkst, Dinge zu tun und zu äussern, die niemanden stören, gegen die keiner etwas hat und für die Du  niemals Kritik oder ein schlechtes Wort einfängst, wirst Du nichts Bemerkenswertes auf die Beine stellen.

Die Angst vor den Reaktionen anderer und der Zwang, bei allem, was Du tust und sagst, von anderen Zustimmung oder Applaus zu bekommen, engt Deinen Handlungsspielraum ein, bis Du am Ende nur noch Spielball und Projektionsfläche für die Wünsche anderer bist.
Lass nicht zu, dass das passiert.

Wir kommen fast jeden Tag an eine Kreuzung: wir vertreten eine Meinung, die nicht mehrheits- oder zeitgeistfähig ist; wir widersetzen uns dem, was man von uns erwartet. Wir fällen schwere Entscheidungen, weil wir unsere Integrität erhalten und unsere Wertvorstellungen nicht billig verkaufen wollen.

Ich schreibe, was mich bewegt, ich benutze die Sprache, die mir entspricht. Ich akzeptiere, wenn mein Stil nicht jeden Geschmack trifft, und freue mich, wenn jemand auf seinem Weg durch Web vorbeikommt und etwas aus meinen Posts mitnimmt. Und Ihr, liebe Leser, habt schon viel dazu beigetragen, dass es mir jeden Tag aufs Neue Spass macht.

Dafür habt Dank. Und mit diesem Post wäre bewiesen, dass ich auch viel schreiben kann, ohne viel Neues herauszufinden (ich hätte Ghostwriter für gewisse Politiker werden können).

Alte Menschen kleinKürzlich hat mir ein Neurentner von seiner ersten Zehn-Uhr-Morgen-Zugfahrt erzählt: beim Eintritt in den Wagon stellte er entsetzt fest, dass er bei weitem der jüngste Passagier war – und beschloss, nur noch frühmorgens Zug zu fahren. Ich versuchte, ihn davon abzubringen, die Sitzplätze der armen Pendler zu belegen, aber im Grunde verstehe ich seine Reaktion: es war seine erste Begegnung mit dem unsichtbaren „Universum der Alten“.

Während wir zur Arbeit hasten oder unsere Besorgungen nach Hause spedieren, trifft sich die Generation der Pensionierten an ihren Plätzen und geht ihren diversen Unternehmungen nach. Die Betagteren unter ihnen sitzen an einer belebten Ecke und beobachten das geschäftige Treiben, zu dem sie früher beigetragen haben. Und das Treiben selbst? Es umspült sie, ohne sie wahrzunehmen, und je älter und betagter sie werden, desto mehr verschwinden sie aus dem Brennpunkt der Wahrnehmung.

Ausser natürlich, wenn sie den Betrieb aufhalten: wenn sie zu langsam über die Strasse gehen, ewig brauchen, um in den Bus einzusteigen oder an der Kasse im „Münz“ kramen, während die Schlange lang und länger wird. Ich gebe zu, dass ich mich auch schon geärgert habe – aber nie ärgere ich mich, ohne daran zu denken, dass ich – so Gott will – auch einmal alt und langsam sein werde.

Kürzlich sah ich auf dem Weg zum Zug einen alten Mann, der seine Einkäufe in einem Plastiktüte an seinen Stöcken nach Hause trug. Er schleppte sich in orthopädischen Schuhen die lange Baselstrasse entlang, und kurz überlegte ich, ob ich die Strassenseite wechseln und ihn nach Hause begleiten sollte. Aber ich tat es nicht – ich musste ja den Zug erwischen und hatte meinen Kopf voll mit Terminen und Plänen. Dabei würde es so wenig brauchen, um einem anderen Menschen zu zeigen, dass er nicht unsichtbar ist.

Vor einigen Wochen wurde in meinem Wohnort mit riesiger Anteilnahme eine langjährige Mitarbeiterin der Stadtverwaltung zu Grabe getragen. Der Anblick berührte mich, weil er zeigte, dass die Menschen in einer Kleinstadt Anteil aneinander nehmen. Er erinnerte mich aber auch daran, dass von manchen Menschen niemand Abschied nimmt. Vielleicht waren sie unleidliche, griesgrämige Zeitgenossen, vielleicht hatten sie auch nur das Pech, nicht so leicht Anschluss und daher nie richtige Freunde zu finden oder eine Familie zu gründen.

Ich gehe davon aus, dass ihnen die fehlende Menschenmenge am Grab nichts mehr ausmacht – aber ich will den Lebenden das Gefühl geben, noch sichtbare und geschätzte Mitglieder der Gesellschaft zu sein. Ich will künftig  betagten Menschen in meiner Nachbarschaft, auf der Strasse und im Geschäft wieder mehr Aufmerksamkeit und Geduld schenken. Sie haben viele Jahre auf dem Buckel, in denen sie geliebt und gelitten, aber auch hart gearbeitet und viel dazu beigetragen haben, dass ich heute in einem – auch eingedenk aller Schwächen und Probleme – gesunden Land mit guten Wurzeln leben darf. Das müssen wir „Jungen“ erst einmal nachmachen.

In diesem Sinne: „Old is beautiful!“

Popcorn-PerlenDie Joneses lassen sich in einem wohlhabenden amerikanischen Viertel nieder und werden innert Kürze zu Trendsettern. Alle Damen eifern dem Stil von Gattin Kate nach, die Männer sind beeindruckt von Steves technischem Klimbim, und die Teenager Mick und Jenn dominieren die Highschool mit ihren Outfits und Gadgets. Was niemand weiss: in Wahrheit sind alle Joneses Schauspieler, die von einer Marketingfirma angestellt wurden, um den Umsatz von Produkten anzukurbeln.

Nachdem er seinem Team erst hinterherhinkt, gewinnt Steve rasch Einfluss auf seine Nachbarn, indem er ihre Ängste und Zweifel nutzt, um sie zum Konsumieren anzuregen. Geschickt bringt er seinen direkten Nachbarn Larry dazu, immer exklusivere Produkte zu kaufen, um sich die Liebe seiner notorisch unzufriedenen Frau und die Anerkennung der Nachbarn zu sichern. Was Steve nicht weiss: Larry hat kein Geld für diese Eskapaden und schlittert immer tiefer in die Schuldenfalle. Doch es muss noch mehr passieren, bis Steve einsieht, wie sinnlos und zerstörerisch sein vermeintlicher Traumjob ist.

Quelle: Youtube

Im englischen Sprachgebrauch steht „Keeping up with the Joneses“ für unsere Bemühungen, mit Nachbarn, Freunden und Arbeitskollegen mitzuhalten und bestimmte Standards zu erfüllen, und damit für die vergiftende Haltung des Vergleichens, die ich im letzten Post kurz angeschnitten habe.

Ein gutes Beispiel für diese Haltung findet sich in der Geschichte des Weinbergbesitzers in der Bibel: Er stellt Arbeiter für seinen Weinberg ein und vereinbart mit ihnen einen Tageslohn von einem Denar, den sie bereitwillig akzeptieren. Den Tag über stellt er weitere Arbeiter ein, die letzten eine Stunde vor Feierabend.

Nach getaner Arbeit übergibt der Besitzer den zuletzt dazugekommenen Arbeitern einen Denar für ihre Mühen. Daraufhin nehmen alle anderen an, dass sie mehr bekommen werden. Als er auch ihnen nur den vereinbarten Denar gibt, protestieren sie heftig gegen diese vermeintliche Ungerechtigkeit – der Lohn, der bei der Vereinbarung am Morgen noch ein guter und gerechter Lohn war, ist urplötzlich mies geworden.

Genauso funktioniert  das Prinzip des Vergleichens, und in dieser Haltung ist jeder Versuch, Zufriedenheit zu erlangen, zum Scheitern verurteilt – weil unser Massstab davon abhängt, was andere haben. Und das betrifft nicht nur materiellen Besitz, sondern auch unsere Gaben und Fähigkeiten.

Ich bin mir bewusst, dass haufenweise Menschen besser singen, schreiben und performen als ich. Wenn mich das deprimiert und entmutigt, werde ich nie zu schätzen wissen, worin meine einzigartige Gabenkombination besteht. Und wenn grosses Talent und Exzellenz in mir nur Neid oder Frust auslösen, werde ich solche Begegnungen vermeiden und dadurch Anstösse und Ideen verpassen, die mich auf meinem Weg motivieren und inspirieren könnten.

Doch oft haben wir unser Problem nicht mit den grossen Stars, sondern mit denen, die in unserer Liga spielen – ich mache da keine Ausnahme. Und Grund dafür ist oft Unsicherheit. Das hört sich für Menschen mit einem gesunden und lange gewachsenen Selbstvertrauen wahrscheinlich neurotisch an, aber meine Zweifel an meinen Fähigkeiten führen manchmal dazu, dass mich Lob für andere verunsichert und ich meine Person, meine Leistung oder meine eigenen Gaben hinterfrage. Das hindert mich daran, das zu tun, wozu ich berufen bin, weil ich es mit dem vergleiche, was andere leisten und wofür sie Anerkennung erhalten.

Ich frage mich, woher diese Haltung kommt. Glauben wir, dass uns mehr zusteht als allen anderen, und sind daher unzufrieden mit dem, was wir haben? Oder glauben wir tief in unserem Innersten, dass wir weniger wert sind als andere und uns unseren Wert darum erarbeiten oder beweisen oder ihn vor anderen sichtbar demonstrieren müssen? Hängen die beiden vielleicht sogar zusammen?

Ich glaube, Gott schmerzt es, wenn wir uns selbst im Weg stehen, und ich höre Ihn Fragen wie diese stellen:

„Wie stellst Du Dir meine Grosszügigkeit vor –
darf ich nur Dich beschenken, und andere nicht?“

„Warum glaubst Du nicht, dass das, was ich Dir gegeben habe, genau richtig ist – egal, was und wie viel andere haben?“

Ich will noch freier werden, damit ich die Gaben anderer schätzen und durch sie inspiriert werden kann und damit ich dem, was Gott mit meinen Gaben in meinem Leben und dem von anderen Menschen tun will, nicht im Weg stehe. Ich will aufhören, mich zu vergleichen, und ich will Gott vertrauen und Ihn grosszügig sein lassen – nicht nur mit mir, sondern auch mit anderen.

Ich glaube, dass es nur eine Befreiung aus dem Gefängnis des Vergleichens gibt: Ich muss mit jeder Faser meines Seins verinnerlicht haben, dass ich wunderbar und einzigartig geschaffen wurde, bedingungslos geliebt bin und mir meinen Wert nicht verdienen muss. Und egal, welchen Ursprung die Haltung des Vergleichens hat– mein Fundament für dieses Bewusstsein der Annahme und Wertschätzung ist Gott.

What about you? Ist Dein Vertrauen in Deine  Fähigkeiten unerschütterlich? Oder kennst Du diese „warum muss der jetzt so gut ….“-Gefühle? Was sind Deine persönlichen Rezepte, um damit umgehen zu können? Ich freue mich auf Dein Feedback!

Minimalismus klein rechtsSeit ich meine Liebe fürs Schreiben entdeckt habe, wage ich mehr und  träume unverschämter. Gleichzeitig  strebe ich danach, ein Minimalist zu werden.
Das klingt nur scheinbar paradox. Heute wenden viele Menschen das Prinzip an, um in allen Aspekten des Lebens Unnötiges zu entsorgen und nur das Wichtige zu behalten – ganz nach dem knackigen Motto „Reduce to the max“.

Obwohl ich nie ein „Ich muss alles haben, und zwar sofort“-Typ war, bin ich mir in den letzten Jahren bewusst geworden, wie befreiend dieses Reduktionsprinzip ist. Unter anderem hat sich dadurch meine Einstellung zu einem Thema verändert, das für viele Frauen eine psychologisch-finanzielle Knacknuss darstellt und bei dem Gedanken wie „genug haben“ oder „sich beschränken“ eher Frust auslösen. Wer errät, worum es geht, gewinnt einen Gutschein für das Kleidergeschäft seiner Wahl.

Ich war nie eine exzessive Shopperin (vielleicht ein bisschen, wenn es um Schuhe geht), aber ich mag gut geschnittene Kleidung und kaufte oft im höheren Preissegment ein, ohne mir allzu viele Gedanken zu machen. Dann hatte ich vor knapp zwei Jahren eine  geniale, inspirierende Idee und begann intensiv mit dem Schreiben. Mein Projekt nahm schnell Formen an, und ich musste mir die Frage stellen, wer das alles bezahlen sollte – oder besser wie mein Mann und ich das im Budget unterbringen könnten. Neben verschiedenen anderen Massnahmen beschloss ich Anfang dieses Jahres, den grösseren Teil meines Kleiderbudgets in mein Projekt zu investieren – ein unfehlbareres Zeichen echter Hingabe, wie ich meine.

Diese Entscheidung wirkte sich rascher aus, als ich erwartet hätte. Innert Kürze kaufte ich überlegter ein und fragte mich plötzlich, ob ich dieses Teil wirklich brauchte und ob der Preis gerechtfertigt war. Da ich lieber einmal umfangreich einkaufe als jeden Monat ein T-Shirt shoppe, war der Betrag trotzdem nach ein paar Monaten aufgebraucht.  Das war der Moment, in dem ich zu einer überraschenden und revolutionären Offenbarung gelangte.

Ich muss keine Kleider kaufen – tatsächlich habe ich genug anzuziehen, um das Haus jeden Tag in ansprechender Aufmachung zu verlassen.

Natürlich gibt es ein paar Basics, die ich mir mal leisten möchte. Ich freue mich auch wieder auf das Schaufensterflanieren und darauf, mich von neuen Saisonschnäppchen inspirieren zu lassen. Aber die positiven Aspekte dieser selbstauferlegten Ausgabenbremse überwiegen deutlich:  Ich mache mir viel weniger Gedanken über meine Garderobe, und vor allem geniesse ich das befreiende Gefühl, nicht immer mehr haben zu müssen.

Dafür wird mir stärker bewusst, wie dreist wir rund um die Uhr mit unschlagbaren Angeboten bombardiert werden, die uns einen Kick geben, unser Leben besser oder uns unwiderstehlich machen sollen. Und wer hätte das gedacht- das Meiste davon braucht kein Mensch.

Aber wir kaufen es trotzdem –  sei es, um unsere Langeweile zu betäuben, sei es, um unseren Lebensstandard zu zelebrieren, oder einfach, weil es ein neues und verbessertes  „XY“ gibt und ich das einfach unbedingt haben muss. Sofort. Und vor allem vor dem Nachbarn oder Arbeitskollegen.

Ich bin dankbar, dass ich in diesem Punkt ein glückliches Erbe habe – meine Eltern haben nie Wert darauf gelegt, ein bestimmtes Bild abzugeben oder mit irgendwem mithalten zu können. Wir hatten kein Auto, fuhren nicht ans Meer, und wir Kinder verdienten uns das Geld für besondere Wünsche, indem wir in den Schulferien arbeiteten. Vor allem aber lernten wir, dass man sich mit niemandem vergleichen muss und keine bestimmten Dinge braucht, um „jemand“ zu sein.

Ich will diese befreiende Haltung in alle Bereiche meines Lebens einfliessen lassen und es nicht nur im Hinblick auf materielle Dinge entrümpeln. Wie viel Zeit verbringe ich vor der Flimmerkiste (zu viel) oder im Netz (zu viel)? Draussen an der frischen Luft (zu wenig)? Wofür setze ich meine Freizeit ein? Ich will prüfen und das Gute behalten – und danach handeln. Denn das nimmt mir keiner ab.

Gott ist Zentrum und Regisseur meines  Lebens – Er wird mich auch auf falsch gesetzte  Prioritäten hinweisen. Aber die Entscheidungen treffen und umsetzen muss ich selbst.

Seit ich weiss, was ich noch alles erreichen will, sind mir diese Fragen wichtiger geworden. Nur, wenn ich meine Energie konzentriere, kluge Entscheidungen treffe und auch mal nein sage, werde ich schaffen, was ich mir vorgenommen habe. Und die begrenzte Zeit auf dieser Erde will ich für genau das einsetzen, was wirklich zählt: Gott, Familie, Freunde, Gemeinde, Herzensprojekte.

Dass ich Prioritäten setze und mich in bestimmten Bereichen beschränke, bedeutet auch nicht, dass ich mich an dem, was ich mir noch zugestehe, festklammere. Wenn ich daran glaube, dass ich versorgt bin, werde ich grosszügiger und freier im Geben. Und was wir gern und bereitwillig geben, kommt hundertfach zu uns zurück.

Was hältst Du von Minimalismus im besten Sinn? Hast Du auch Bereiche, die Du entrümpeln willst? Ich freue mich auf Deinen Kommentar!

Creation Calls 1 kleinKreative Menschen besitzen eine ausgeprägte Beobachtungsgabe – so steht es in sämtlichen Büchern über das Schreiben und das künstlerische Schaffen allgemein. Dem stimme ich herzhaft zu – und trotzdem gehe ich oft stockblind durch die Welt.

Anstatt auf dem Weg zur Arbeit den zarten Nebel über der Aare oder den rosa-orangen Efeu an der Steinmauer zu bestaunen, grüble ich über meine Bürotasks nach oder bin in Gedanken schon bei einem Treffen. Das zieht sich durch den ganzen Tag, bis ich am Abend beim Kochen Ideen für mein nächstes Post suche, anstatt die kulinarischen Düfte aus der Pfanne zu geniessen. Viel zu oft laufe ich so Gefahr, ob der Welt in meinem Kopf das reale Leben zu vernachlässigen.

Glücklicherweise bin ich kürzlich über einen Blog gestolpert, der meinen Sinne wieder geweckt und geschärft hat. Auf der Seite „Barnstorming“ postet Emily Gibson, eine amerikanische Ärztin, Bäuerin und Familienfrau, atemberaubende Bilder aus ihrer Gegend, schreibt berührende Texte und zitiert Gedichte, die zum Nachdenken anregen.
Dabei wird das Etikett „Landschaftsbilder mit Texten“ Emilys Seite nicht gerecht. Der Untertitel des Blogs heisst „Finding Sanctuary in the Seasons of a Rural Life“ – wie man in den Jahreszeiten des Landlebens eine heilige Zuflucht findet.

In den aktuellen Oktober-Bildern schwingt eine leise Vergänglichkeit mit, etwas nicht Fassbares, Wundersames, und die farbgewaltigen Waldbilder erinnern mich daran, dass ich endlich mal wieder „vor die Tür“ gehen sollte. Denn kaum etwas tut mir so gut tut, erdet mich so sehr und bringt mich zu mir selbst wie ein simpler Spaziergang – und der kann noch viel mehr.

Ein Ausflug in die Natur hilft mir dabei, die Perspektive zu wahren. Das Panorama der Berner Alpen oder der sternenklare Nachhimmel erinnern mich daran, wie nichtig in die Dinge sind, über die ich mich gerade aufregen will. Gleichzeitig erlebe ich die Natur als Jungbrunnen und Wellnessoase ohne Nebenkosten – sie entspannt, fokussiert und richtig mich aus.

Creation Calls 2 klein linksVor allem aber komme ich bei jedem bewussten Aufenthalt in der Natur ins Staunen über all das Wunderbare und Einzigartige, das ich sehe, höre und rieche. Als Mensch, der an Gott glaubt, bin ich tief überzeugt, dass wir alle – ob gläubig oder nicht – in der Schöpfung den Schöpfer erleben. Dass dieses wunderbare Werk den Namen dessen ruft, der es mit Liebe geschaffen hat – und wir können nicht anders, als das zu hören und darauf zu reagieren.

Der kanadische Sänger und Songwriter Brian Doerksen hat 2004 ein Lied veröffentlicht, das dieses Wunder der Schöpfung in Worte und Musik umsetzt. Die funkelnden Sterne am Firmament, die glitzernden Wellen des Meeres, ein Vogel, der seine Kreise zieht, ein goldenes Weizenfeld – alles wird zum Ausdruck von Gottes kreativer Schaffenskraft. Brians Fazit, das ich voll und ganz unterschreibe, fasst er im Refrain zusammen:

„Wie könnte ich sagen, dass es keinen Gott gibt,
wenn überall um mich herum die Schöpfung ruft?“

Dieser Song ist ein wahres Juwel, weshalb ich ihn Euch nicht vorenthalten möchte. Ich habe ein sehr schönes Yotube-Video dazu gefunden, das der Autor aus Bildern der BBC-Planet Earth-Reihe zusammengestellt hat. Nehmt Euch die paar Minuten, wenn Ihr könnt. Und vielleicht fragt Ihr Euch dabei auch gleich, welche Naturschönheiten Euch besonders berühren und Euch Gott (falls ihr an Ihn glaubt) näher bringen.

Vielleicht ist es Euch ähnlich gegangen wie mir, und Ihr habt betroffen festgestellt, dass Ihr schon viel zu lange nicht mehr auf diese Schönheiten geachtet habt. Dann nehmt Euch doch heute einfach vor, die Welt wieder mit allen Sinnen aufzunehmen. Ich will das auf alle Fälle tun – und ich freue mich schon auf die verjüngenden, entspannenden und fokussierenden Effekte. Vor allem aber freue ich mich darauf, in der Natur Gott zu begegnen, das Gespräch mit Ihm zu suchen und vielleicht auch mal einfach zuzuhören – etwas, das mir in der Natur leichter fällt als zuhause.

Ich wünsche Euch eine wunderbare Begegnung mit der Natur und mit Gott, wie und wo die auch stattfindet. Vielleicht geht Ihr morgen am Flussufer spazieren, macht eine kleine Wanderung oder schaut Euch einen Afrikafilm an. Egal, was Ihr Euch aussucht – mit Sicherheit trifft ein Bonmot meines Vaters zu, das er mir an einem Sonntag mit einem wunderschönen Handybild geschickt hat. Er schlug meinem Mann und mir vor, bei dem schönen Wetter doch einen Waldspaziergang einzuplanen – denn:

„Dort ist ER nämlich auch.“

Was sind Eure Naturhighlights? Das Bekannte und Vertraute – Berge, Seen und Wiesen? Oder eher das Neue und Exotische – Steppe, Wüste, Dschungel? Wo könnt Ihr auftanken und/oder Gott begegnen? Ich freue mich auf Euer Feedback!

KM Riera kleinIn meiner Kindheit war „Fasnacht“ (Karneval) eine Kombination zwischen Maskenball und „Chilbi“ (Kirchweihfest). Am Schmutzigen Donnerstag warfen wir uns in die Kostüme und zogen aufgeregt ins Stadtzentrum, und schon vom Weitem hörten und rochen wir, worauf wir uns schon wochenlang freuten: den „Rummel“.

Anstelle von Autos regierten jetzt Zuckerwattestände, Schiessbuden und Karussells den Grenchner Marktplatz. Am Rand des „Auto-Scooter“ (gut schweizerisch: „Butschi-Bahn“) standen dicht gedrängt die kichernden weiblichen Teens und suchten die Scooter nach ihrem Schulschwarm ab, während die Jungs in den Fahrzeugen möglichst spektakuläre Fahr- und Aufprallmanöver veranstalteten. Und natürlich hatte jeder Rummel eine „GROSSE BAHN“, auf die sich nur die Mutigsten trauten. Für uns Kinder war es das Schlaraffenland, das Paradies und Disneyworld in einem, und wir wären sicher tagelang Karussell gefahren, wenn unsere grausamen Mütter uns nicht irgendwann nach Hause geschleift hätten.

Seit drei Jahren wohne ich wieder in meiner Heimatstadt, und dieses Jahr habe ich es endlich geschafft, einmal über den fasnächtlichen Marktplatz zu spazieren. Doch wie so oft wirkte, was mich als Kind begeistert hatte, irgendwie blass, fade und viel kleiner. Kindliche Begeisterung lässt sich offenbar nicht einfach aufwärmen.

Das hat mich ernüchtert, aber nicht zur Verzweiflung gebracht – denn vor sieben Jahren habe ich einen Ort entdeckt, an dem ich jedes Jahr wieder zum Kind werde: Ich marschiere mit leuchtenden Augen richtig Stadtzentrum, sauge die Gerüche und Geräusche in mich hinein, bestaune die bunten Lichter und spüre das einfältige Grinsen auf meinem Gesicht. Kindliche Freude verdrängt den Alltag, und die Jahre auf meinem Buckel fallen von mir ab. Diesen Freitag geht er wieder los – der „Kalte Markt“ von Ortenberg.

OLYMPUS DIGITAL CAMERA2007 waren mein Mann und ich das erste Mal mit dabei, damals auf Einladung unserer Freunde Kirsten und Dirk Raufeisen – und der „Kaale Märt“ hat uns einfach gepackt. Dabei ist dieser Anlass nichts für zerbrechliche Gemüter: er dauert fast eine Woche und fordert neben einer zähen Konstitution auch eine gewisse Toleranz gegenüber Schlagermusik und Menschenmassen sowie einen unverwüstlichen Magen.

Deshalb haben wir über die Jahre eine exzellente „Kalter Markt“-Strategie entwickelt. Sie funktioniert vielleicht nicht bei allen Leuten, aber uns bereitet sie optimal auf den täglichen Marktbesuch vor. Hier die wichtigsten Grundsätze:

  •  Nicht vor zehn Uhr aufstehen
  • Brunch mit viel Eiweiss, Kaffee und Kalorien
  • Individuelles Relaxen (lesen, surfen, schlafen, Star Trek gucken)
  • Ein Spaziergang, um die Partygeister zu wecken
  • Ready for „Take Off“!

„Take Off“ ist übrigens wörtlich zu verstehen: zum wiederholten Mal ist diese Bahn die Hauptattraktion des Markts, bei der sich schnell ein paar G entwickeln. Zu meinem Leidwesen bin ich trotz der minutiösen Vorbereitungen, die unsere Truppe auf sich nimmt, immer die einzige, die mutig (oder verrückt) genug für dieses Vergnügen ist. Trotzdem ist es ein Riesenspass, der nicht komplett ist ohne den legendären Satz des Fahrmeisters:

„Es geht los – Ihr schaut noch gut aus!“
 

Neben der Fahrt auf dem „Take Off“ enthält das Marktprogramm unzählige Highlights, die man nicht verpassen sollte. Ich habe mir lange überlegt, was auf diese Liste gehört, und wahrscheinlich ist sie nie komplett. Deshalb einfach mein persönlicher Blick:

 Ein Kalter Markt ist kein Kalter Markt ohne: 

  • Fassbieranstich in Roie’s Weindorf
  • Launige Begrüssungsrede der Bürgermeisterin Ulrike Pfeiffer-Pantring
  • Mindestens drei Fahrten im „Starlight“, mit der Bemerkung meines lieben Gatten: „Jetzt wird’s dann wieder schnelllll…!“
  • Einen Besuch im „Mobile-Irish-Pub“
  • Wahlweise eine Feuerzangenbowle oder einen Abstinenzlerpunsch
  • Einen gratis Bibelkalender und schönen Karten vom christlichen Stand
  • Eine Riesentüte Popcorn, eine Nürnberger Bratwurst, einen Hamburger, eine Crêpe, einen Flammkuchen, eine Tüte Magenbrot, einen chinesischen Nudeleintopf, einen Maiskolben am Stiel, …(weiterzuführen nach Gusto)
  • Sonntagnachmittag und Abend im Weindorf mit Big T, dem Meister an der Hammondorgel, inklusive Finnenfeuer und nachträglicher Rauchwurst-Note in den Kleidern
  • Frühschoppen am Montag im Festzelt mit trommelfelldröhnender Schlagermusik und den enthusiastischen Damen von der „Fankurve“
  • Das grandiose Abschlussfeuerwerk

KM Stimmung klein

Doch der Kalten Markt ist viel mehr als die Summe seiner Teile. Sein Zauber liegt in der fröhlichen Atmosphäre, im Kleinstadtcharakter und in der Zugänglichkeit der Menschen. Ein passendes Beispiel dafür ist, dass mir die tollen Bilder für dieses Post von der Stadt Ortenberg zur Verfügung gestellt wurden. Und natürlich besitzen die Hessen die unabdingbare Fähigkeit, offensiv und feucht-fröhlich zu feiern und trotzdem eine gewissen „Contenance“ zu wahren.

An diesem Punkt eine wichtige Randbemerkung: Der Kalte Markt macht auch ohne Alkohol Spass – ich bin der Beweis dafür. Allerdings beweise ich damit wohl auch, dass man noch einen Tick verrückter sein muss als der Durchschnitt, um so ein Event ohne Alkohol zu überstehen. Aber es lohnt sich: ich habe nach den paar Tagen „Kaaler Märt“ zwar mehr Kilos auf den Hüften, aber definitiv weniger Ballast auf der Seele. Und ich empfehle diese Kur mit gutem Gewissen allen, die über die erforderlichen körperlichen und seelischen Voraussetzungen verfügen.

Wer jetzt neugierig geworden ist, kann sich auf der Website oder auf der Facebook-Fanseite des Kalten Markts umsehen. Und sollte es dieses Jahr nicht klappen, möge Euch das Motto trösten, das alle Marktbesucher nach dem letzten Abend wieder für ein Jahr bei Laune hält:

 „Nach dem Markt ist vor dem Markt!“

Ihr lieben Hessen: Wer von Euch kennt den „Kalten Markt“, und was ist Euer Highlight?
Ihr lieben anderen: Kennt Ihr in Eurer Gegend auch solche Volksfeste, und geht Ihr hin – oder seid ihr auf solche Events eher allergisch? Ich freue mich über Euer Feedback!

Heute vor genau dreissig Jahren sass unsere Familie in der Küche beim Sonntagsfrühstück, als wir ein fernes Knattern hörten. Durchs Küchenfenster sahen wir einen Helikopter, der Richtung Grenchenberg flog. Das löste am Tisch einige Spekulationen aus, war aber bald darauf wieder vergessen – bis mein Vater etwa zwei Stunden später einen Anruf erhielt und man ihn um einen Kommentar zum Tod von Bundesrat Willi Ritschard bat.

Ritschard 2

Willi Ritschard war für unsere Familie nicht nur einer von sieben Bundesräten. Mein Vater sass damals seit zwei Jahren als Solothurner „Genosse“ im Kantonsrat uns schätzte den bodenständigen Ritschard sehr. Noch heute erinnert er sich an eine persönliche Begegnung, die für den einmaligen Schalk des Solothurners typisch war: Auf einem Fraktionsausflug der SP war mein Vater dem hohen Bundesrat vorgestellt worden. Der hatte einen Blick auf meines Vaters Glatze geworfen, seine Hand darauf gelegt und gemeint: „Mir zwöi chöi au nume no d Finanze frisiere!“ (Wir zwei können auch nur noch die Finanzen frisieren!)

Bei einer kleinen Recherche für dieses Post habe ich viel Liebenswertes und Berührendes über Ritschard entdeckt. Aus allen Quellen spricht die geerdete Persönlichkeit, aber auch die emotionale, tiefgründige Ader dieses Mannes. Ohne unsere heutigen Bundesräte abwerten zu wollen, frage ich mich, ob Persönlichkeiten seiner Art heute in der Politik überhaupt noch Platz hätten. Ich gedenke mit Achtung unseres fünften Solothurners im Bundesrat – seine Einfachheit, sein Humor und seine Nahbarkeit öffneten ihm in kürzester Zeit die Herzen aller Schweizer, und an diesem Tag vor 30 Jahren hat das ganze Land um ihn getrauert.

Vor neun Jahren wurde der 16. Oktober für meine Familie zum Sinnbild für einen viel grösseren Verlust. Am 16. Oktober 2004 musste mir mein Vater telefonisch mitteilen, dass meine Mutter – sie war 55 Jahre alt – in der Nacht an einer Hirnblutung gestorben war.

Ma und igIch hatte mir vorher schon oft die Frage gestellt, wie ich mit einem solchen Schicksalsschlag umgehen würde. Heute weiss ich, dass man es überlebt, aber auch, dass die Trauer Teil des Lebens bleibt – und dass sie sich im Lauf der Jahre verändert. Der Schmerz des Verlusts ist geblieben, aber er wurde angereichert mit einem kostbaren Korb voller Erinnerungen an die Frau, die mir das Leben geschenkt und mich geprägt hat.

Meine Mutter war keine Frau der Öffentlichkeit. Sie hasste es, im Mittelpunkt zu stehen, und bei Veranstaltungen sass sie am liebsten in der letzten Reihe am Rand. Sie arbeitete gern im Hintergrund und hatte grossen Anteil am politischen und kulturellen Engagement meines Vaters, indem sie ihm Zuhause während der Woche den Rücken frei hielt und seine Arbeit mit ihren herausragenden organisatorischen und administrativen Fähigkeiten unterstützte. Ein Erbe dieser gemeinsamen Arbeit ist der „Ferienpass Grenchen“, den sie zusammen aufgebaut und während vieler Jahre ehrenamtlich geführt haben. Noch heute erinnere ich mich an tolle Anlässe wie die Besichtigung des „Nidlelochs“, Schachkurse, Waldnachmittage und vieles mehr, was uns als Kinder begeistert hat.

Ma war auch eine wunderbare Köchin und Gastgeberin. Seit ich selber einen Haushalt habe und manchmal Gäste einlade, weiss ich, dass zum guten Gastgeber viel mehr gehört als ein feines Essen und genug Wein. Ma brachte es fertig, dass sich alle wohl fühlten, sich entspannten und die Zeit genossen. Das kann man nicht „machen“ – es fliesst aus einer Persönlichkeit, die sich wirklich um das Wohl jedes einzelnen sorgt und kümmert und darin aufgeht.

Bei einer oberflächlichen Lese dieser Zeilen könnte man meine Ma für eine sehr traditionelle Frau halten – nichts gegen Traditionen, aber dieses Etikett würde ihr nicht gerecht. Ich habe selbst erst im Nachhinein erkannt, wie sie wirklich war– eine stille Rebellin mit einer starken kreativen Ader, einem schrägen Sinn für Humor und unabhängigen Ansichten. Sie gab nichts auf Status und Konvention, mochte skurrile Geschichten und Menschen, die etwas anders waren. Am Apéro nach der Trauerfeier kam eine ihrer Arbeitskolleginnen auf mich zu und meinte mit einem strahlenden Lächeln: „Gerade haben wir uns daran erinnert, wie oft Monika mit ihrem schallenden, ungekünstelten Lachen eine ganze Tischgemeinschaft angesteckt hat – bis allen die Tränen herunterliefen und keiner mehr gerade auf dem Stuhl sitzen konnte.“ Ihre Augen waren auch nicht tränenlos, aber sie spiegelten die Ausgelassenheit und Freude, die Ma mit ihrer Art verbreiten konnte.

Daneben hatte meine Ma eine erbarmungslose Seite. Sie hasste Arroganz, Geltungsdrang, Unaufrichtigkeit und Verstellung, und sie hatte einen guten Sensor dafür. Wenn jemand auf ihrem Radar aufgetaucht und für „schuldig“ befunden worden war, blieb sie in der Regel bei ihrem Urteil – und scherte sich dabei nicht um Namen oder Position.

Ich komme in vielerlei Hinsicht und vor allem äusserlich eher nach meinem Vater, aber heute erkenne ich in vielen meiner Eigenheiten auch das Erbe meiner Ma. Ich freue mich daran und will dieses Erbe weitertragen. Und es schmerzt mich, dass ich mit ihr nicht mehr darüber sprechen kann, wie ähnlich wir uns sind und wie stolz ich auf das bin, was sie aus ihrem Leben gemacht hat.

Ma hat kein hohes Amt gehabt oder Karriere gemacht. Sie musste ihre Eltern überreden, damit sie eine kaufmännische Lehre absolvieren durfte. Im Gedächtnis der breiten Öffentlichkeit hat sie keine Abdrücke hinterlassen – wohl aber in den Herzen der Menschen, die sie kannten und liebten. Denn sie hat in ihrem Leben mit das Wichtigste getan: sie hat anderen Wertschätzung geschenkt. Und sie war die erste, die mir vermittelt hat, dass ich einzigartig und geliebt bin – genauso, wie ich bin. Damit hat sie ein Fundament gelegt, das auch Bestand hatte, als ich selbst das Liebenswerte in mir nicht sehen konnte.

In der Geschichte von Harry Potter gibt seine Mutter ihr Leben, um Harry zu beschützen. Dadurch erhält er eine Art Siegel, so dass das Böse ihm keinen Schaden zufügen kann. Ich glaube, dass diese einzigartige Liebe einer Mutter immer so ein Siegel hinterlässt – einen unsichtbaren Abdruck in unseren Herzen, ein Echo der bedingungslosen Liebe, mit der Gott uns zuerst geliebt hat.

Ich respektiere und ehre, was Mütter vollbringen, indem sie ihre Kinder erziehen, ihnen Werte mitgeben und ihnen diese Liebe schenken. Und ich will nicht vergessen, dass auch hinter einem grossen Mann wie Willi Ritschard eine Mutter stand, die ihn mit ihrer Fürsorge, Zuwendung und Liebe für seinen Weg ausgerüstet hat. Um es mit den etwas altertümlichen, aber immer noch wahren und schönen Worten von Jeremias Gotthelf zu sagen:

 „Im Hause muss beginnen, was leuchten soll im Vaterland.“

Hibiskus klein nach links

In achtender und liebender Erinnerung für

 Willi Ritschard (28.9.1918-16.10.1983)
 Monika Meier (-Vogt) (17.6.1949-16.10.2004)

Quelle: www.live-is-more.atWenn ich keine Verpflichtungen wie Chorkonzerte oder Familienanlässe habe, bin ich am Sonntag im Gottesdienst anzutreffen. Diesen Sonntag ist Familie angesagt, weshalb ich mir hier einen kleinen predigtartigen Abstecher erlaube. Um es etwas spannend zu machen: er ist inspiriert durch ein kürzliches Gespräch mit einer atheistischen Freundin.

Meine Verbindungskollegin aus Studienzeiten liest trotz ihrer kritischen Einstellung zum Glauben meine Posts und ist kürzlich einem Link auf der Facebook-Seite von „Seelen-Snack“ gefolgt. Der hat sie zu einem – wie sie sich ausdrückte – „unsäglich rosabrilligen“ Bericht geführt, demzufolge alle Gläubigen auf einer Insel der Seligen wandeln, nie ein Problem haben  und weder Krisen noch Katastrophen erleben.

Ich kenne solche Ansichten und Zeugnisse – sie lassen sich mit dem Satz „Werde Christ, und alles wird gut“ zusammenfassen. Im Grunde stimmt das auch: Ich beginne jeden Tag im Vertrauen auf Gottes Güte und Treue und im Bewusstsein, dass denen, die Gott lieben, alle Dinge zum Besten dienen. Ich glaube, dass bei Gott nichts unmöglich ist und dass er auch heute noch Wunder tut. Und ich bin tief überzeugt, dass am Ende der Zeit „alles gut“ wird.

Aber wenn wir das Christsein verkaufen, als ob es nur aus Highlights und Hallelujas bestehen würde, lassen wir einen wichtigen Teil der Realität aus. Vor allem lassen wir damit die Menschen allein und aussen vor, die gerade etwas anderes erleben.

Und wer kennt diese Zeiten nicht? Wenn wir ohne Ende mit Problemen, Krisen und Rückschlägen konfrontiert werden. Wenn es einfach nicht aufwärts geht. Kein Licht am Ende des Tunnels. Keine Erleichterung. Kein Ausweg.

Wenn wir dieses „rosabrillige“ Bild vor Augen haben und davon ausgehen, dass so etwas einem guten Christen nicht passiert, landen wir schnell bei der Frage, ob wir doch nicht so gut sind, wie wir dachten, und was um Gottes Willen wir bloss falsch gemacht haben.

Es ist durchaus möglich, dass wir für eine Krise mitverantwortlich sind. Vielleicht haben wir falsche Entscheidungen getroffen oder uns einer nötigen Veränderung verweigert und baden jetzt die Konsequenzen aus.

Aber oft geschehen Dinge einfach – auch traurige und schreckliche. Wir werden den Grund dafür vielleicht nie erfahren, und kein noch so grosser Aufwand wird uns einer Antwort näher bringen. Eine Lehre, die davon ausgeht, dass in jedem Fall eine unentdeckte oder unbereute Sünde für unser Elend verantwortlich sein muss, ist (meine bescheidene Meinung) zutiefst unmenschlich und lebensfeindlich.

Aber was tun, wenn wir in einer schwierigen Situation stecken?
Wie gehen wir damit um, wenn es einfach nicht besser wird?

Mich inspiriert, wie König David das bewältigt hat: Er hat Gott ohne falsche Zurückhaltung und „fadegrad“ die Meinung gesagt. Er hat seine Wut, seine Angst, seine Verzweiflung und seinen Frust bei Gott abgeladen – aber er ist an diesem Punkt nicht stehen geblieben. Trotz seiner wortreichen und auch bitteren Anklagen konnte er am Ende immer wieder sagen:

Mein Gott – ich verstehe nicht, warum das passiert.
Ich verstehe DICH nicht.
Ich fürchte mich – ich bin wütend – ich bin verletzt.
Aber ich vertraue Dir.

Wenn ich darüber nachdenke, muss ich das obige „Trotz“ in ein „Wegen“ verwandeln: Nur wenn ich mich Gott so nahe fühle und ihm so sehr vertraue, dass ich mein Herz öffne und auch meine Zweifel und meinen Schmerz nicht zurückhalte, wird mein Vertrauen in Gott neue Kraft bekommen.

Becky Freeman erzählt in ihrem Buch „Real Magnolias“*, wie ihre beste Freundin Gracie schwer erkrankte. Der Arzt stellte fest, dass sie am selben Phänomen litt wie der alttestamentliche Hiob: Ihre Hautzellen zerstörten sich selbst.

Um wieder gesund zu werden, musste Gracie über lange Zeit starke Medikamente einnehmen. Sie verlor fast alle Haare, war aufgeschwemmt und hatte so starke Schmerzen, dass sie sich jeweils erst nachmittags bewegen konnte.

Schliesslich liess auch ihre Sehkraft immer mehr nach. Trotzdem versuchte sie, mit dem Vergrösserungsglas in der Bibel zu lesen. Dabei stiess sie auf folgende Worte:

„Ich liebe Dich mit einer immerwährenden Liebe.“

Gracie flippte aus.

Sie schrie: „Das tust Du nicht!“ und versuchte, ein paar Seiten aus der Bibel herauszureissen – aber sie war zu schwach dazu. Sie knallte die Bibel auf den Nachttisch und weinte wie ein Baby.

In den kommenden Monaten ging es langsam aufwärts. Sobald sie wieder besser sehen konnte, las Gracie die Geschichte von Hiob und entdeckte, dass auch er mit Gott gerungen und schliesslich zu neuem Vertrauen gefunden hatte. Und sie entdeckte Gottes Liebe und Versorgung in vielen Dingen: In der Hilfe von Nachbarn und Freunden, die für ihre Familie kochten und im Haushalt halfen. In Briefen von Gemeindemitgliedern, die ihr Mut machten.

Gracie wurde wieder gesund, aber diese Zeit hat ihre Beziehung zu Gott für immer verändert. Sie hat gelernt, Gottes Liebe nicht daran zu messen, wie gut es ihr gerade geht, und aus schlechten Zeiten nicht abzuleiten, dass sie etwas falsch gemacht hat. Ihr Vertrauen in Gott hat tiefe Wurzeln erhalten.

Ich wünsche mir, dass mein Vertrauen in Gott gross genug ist, um ihm alles zu sagen, was mich bewegt, und nichts zurückzuhalten – und dass diese Offenheit mich wiederum zurückführt in die Gewissheit, dass er gut und treu ist und es auch bleibt – egal, wie es mir gerade geht. Und heute lasse ich mich dafür von Psalm 13 inspirieren, der Davids Herz und seine Beziehung zu Gott deutlich macht:

Wie lange, o Herr, willst du mich ganz vergessen?
Wie lange verbirgst du dein Angesicht vor mir?
Wie lange soll ich Sorgen hegen in meiner Seele,
Kummer in meinem Herzen tragen Tag für Tag?
Schau her und erhöre mich, o Herr, mein Gott!
Erleuchte meine Augen, dass ich nicht in den Todesschlaf versinke,
dass mein Feind nicht sagen kann, er habe mich überwältigt,
und meine Widersacher nicht frohlocken, weil ich wanke!
Ich aber vertraue auf Deine Gnade;
mein Herz soll frohlocken in deinem Heil.
Ich will dem Herrn singen, weil er mir wohlgetan hat!

Wie sieht es bei Dir aus – fällt es Dir leicht, Gott mit negativen Gefühlen zu belästigen? Ihm auch in schweren Zeiten zu vertrauen? Fragst Du Dich auch manchmal, ob Du etwas falsch gemacht hast – obwohl Du doch weisst, dass es nicht „so“ funktioniert? Ich bin gespannt auf Dein Feedback!

*Wer sich für das Buch interessiert, findet hier Informationen (leider nur in Englisch).

Schoko klein 3
Als Kinder durften wir uns nach jedem Mittag- und Abendessen einen Riegel Schokolade aus dem Kühlschrank nehmen. Seither bin ich konditioniert wie der pawlowsche Hund und brauche nach jeder warmen Mahlzeit eine Ration nationale Nachspeise.

Abgesehen von dieser kleinen Schwäche gehöre ich inzwischen zu diesen langweiligen Vierzigern, die beim Essen ihre Gesundheit im Hinterkopf haben und redlich versuchen, sich „vernünftig“ zu ernähren – was prinzipiell gut ist. Trotzdem werde ich leicht melancholisch, wenn ich mein Tagebuch aus Teenie-Jahren hervorkrame und dort lese, was ich während der Sommerferien so gegessen habe.

Dass es darüber schriftliche Aufzeichnungen gibt, beweist immerhin, dass ich schon in jungen Jahren den Wunsch hatte, mich gesünder zu ernähren. Doch solche Vorsätze haben die ersten Stunden eines Ferientages im Freibad meist nicht überlebt. Das las sich das so: „Habe heute wieder GAR nicht gesund gegessen. Ich hatte: ein Mocca-Joghurt, eine Tüte Pommes, eine Cola, ein Slurpee, ein Soft-Ice, einen Sprudelstick….“

Wenn ich das heute alles nacheinander essen würde, wäre mir spätestens nach dem Slurpee schlecht (eigentlich schon, wenn ich mir das „Slurpee“ vorstelle). Und bei aller Wehmut um diese vergangenen, seligen Zeiten bin ich doch dankbar, dass es mir nicht allzu schwer fällt, das meiste davon wegzulassen, und dass mein Körper irgendwie zu wissen scheint, was ihm nicht bekommt.

Leider bin ich nicht ganz so erfolgreich, wenn es um andere Inhalte geht – es fällt mir bedeutend leichter, meinen Körper vor negativen Einflüssen zu schützen, als mein Herz, meine Seele und meinen Verstand vernünftig zu ernähren.

Vielleicht liegt es unter anderem daran, dass wir in diesem Bestreben wenig Unterstützung von „aussen“ erhalten. Über Fitness und gesunde Ernährung kann man jeden Tag etwas Motivierendes lesen. Die Frage, was wir auf anderen Ebenen zu uns nehmen, interessiert niemanden.

Aber ich will die Verantwortung nicht abschieben – ich wüsste es eigentlich besser. Neben dem gesunden Menschenverstand, der mir schon gute Dienste leistet, bin froh, dass ich als Christ einen unersetzbaren inneren Ratgeber namens „Heiliger Geist“ besitze. Er macht mir – wenn ich es hören will – sanft und bestimmt klar, was mir gut tut, was nichts bringt und was mir eher schadet. Und leider gehört vieles, was ich mir unbedacht zu Gemüte führe, in die zweite oder dritte Kategorie.

Natürlich stellt sich die Frage, was „nicht gut tun“ und „schaden“ genau heisst. Die Grenze zwischen netter Unterhaltung, nutzloser Information, bescheuertem Unsinn und schlicht schädlichen Einflüssen sind fliessend und teilweise subjektiv.

Wer meine Posts kennt, weiss, dass ich nichts gegen nette Unterhaltung habe. Ich mag Serien wie „How I met your mother“ und „Big Bang Theory“, liebe „Star Trek“ und finde die „Harry Potter“-Geschichten faszinierend. Aber während ich mir früher gern Gruselfilme angesehen habe, ziehe ich heute bei den meisten eine Grenze, weil ich spüre, dass mir der Inhalt des Films nicht gut tun würde.

Ich bin auch nicht erpicht auf Sendungen, die an die niedrigsten menschlichen Instinkte wie Voyeurismus und freudiges Fremdschämen appellieren – wenn ich mir so etwas ansehen muss, kriege ich in Rekordzeit mentale Pickel.

Schwieriger sind die nutzlosen Informationen, die Online im Überfluss zu haben sind. Wider besseres Wissen klicke ich regelmässig solche unverzichtbaren Kostbarkeiten an und werde mit der Information belohnt, wer sich wo daneben benommen hat, wer beim Fremdgehen ertappt wurde oder warum die neue Frisur der First Lady so schrecklich ist.

Diese Nutzlosigkeiten sind einfach einzuordnen. Manchmal frage ich mich aber auch, wie viele „Bad News“ ich konsumieren will und soll. Natürlich will ich wissen, was auf der Welt passiert, und mir keineswegs die Realität schönreden. Aber was bringt mir das Wissen, dass bei einem Familiendrama wieder Tote zu beklagen sind oder eine Familie durch einen Unfall ausgelöscht wurde?

Es wäre erträglicher, wenn die Medien in gleicher Relation gute Nachrichten verbreiten würden – die gibt es ja auch. Aber da die Gier nach dem Grauslichen und Skandalösen offenbar unersättlich ist, wird sich daran kaum etwas ändern.

Daher werde ich wieder genauer prüfen, was ich zu mir nehme – ich will über den Zustand der Welt Bescheid wissen und mich trotzdem fragen, wie viele „Bad News“ unabdingbar sind. Und alles, was weder wichtige Informationen enthält noch gute Unterhaltung ist oder meinen Horizont erweitert, lasse ich künftig zumindest öfters weg und ersetze es mit nahrhafteren und wohltuenderen Inhalten.

Dabei will ich auch nicht vergessen, dass ich manchmal die gefährlichsten und giftigsten Gedanken selbst hervorbringe – Glaubenssätze über mich, über andere Menschen und über die Welt, die ich mir über Jahre aufgebaut habe oder die durch all die Einflüsse um mich herum in mich hineinsickert sind. Solche Aussagen will ich immer wieder hinterfragen, damit mich dieses Lügengebilde nicht daran hindert, ein Leben in Fülle zu leben.

Und ab und zu ist es auch gut, einfach „weniger“ aufzunehmen. Einfach zuzulassen, dass es aussen und innen still ist – keine Musik, kein Bildschirm oder Buch, in das ich meine Nase stecke.

Oder noch besser: ich mache einen Herbstspaziergang und geniesse die im letzten Post beschriebenen wunderbar gefärbten Bäume.

Und wenn ich wieder zurück bin, gönne ich mir einen Riegel Schokolade.

Was findest Du geistig besonders unverträglich? Aber noch viel wichtiger: welches ist Deine Lieblingsschokolade? Ich freue mich auf Deinen Kommentar!

Brunnen beim Bodmi GrindelwaldWenn ich an meine Primarschulzeit denke, fallen mir neben bunt eingefassten Heften und kleinen Klebern fürs Schönschreiben auch zahlreiche deutsche Volkslieder ein. Bis heute erinnere ich mich an die Melodien und die erste Strophe von Liedern wie „Die Gedanken sind frei“, „Wohlauf in Gottes schöne Welt“ oder „Wem Gott will rechte Gunst erweisen“.

Beim morgendlichen Blick aus dem Fenster in die neblige, regnerische Bergwelt von Grindelwald ist mir heute die erste Strophe des Herbst-Klassikers „Bunt sind schon die Wälder“ eingefallen.

Bunt sind schon die Wälder
Gelb die Stoppelfelder
Und der Herbst beginnt
Rote Blätter fallen
Graue Neben wallen
Kühler weht der Wind

Das Lied erzählt vom Ernten und vom Tanz, vom Flötespiel und von roten Trauben, aber in dieser ersten Strophe schwingen Wehmut und Traurigkeit mit – und an einem Tag wie heute hallen diese Zeilen nach.

Wir haben einen Rekordsommer mit wochenlanger Hitze und unentwegt blauem Himmel hinter uns. Trotzdem scheint der Herbst immer viel zu plötzlich über uns hereinzubrechen. Eben sassen wir noch im T-Shirt hinterm Haus und liessen uns bräunen – schon holen wir wieder den Übergangsmantel aus dem Schrank, packen den Schirm in die Tasche und rüsten uns für die kalte Jahreszeit.

Manche versuchen, dem Jahreslauf ein Schnippchen zu schlagen, und flüchten mit einem Flieger in die Karibik. Andere planen für Weihnachten einen Südseetrip und tanken so etwas Sonne und Wärme, die sie über die kalten Monate retten soll.

Wir können nicht alle diesen Sprung in den Süden machen, aber es gibt andere Möglichkeiten. Mein kostenloses Geheimrezept besteht darin, mich auf die schönen Momente zu konzentrieren, die diese Saison zu bieten hat. Ich geniesse die prächtig gefärbten Bäume im Herbst, freue mich auf den ersten Schnee und darauf, wieder mehr Kerzen anzuzünden. Vor allem aber geniesse ich es, mich ungestraft und ohne schlechtes Gewissen zuhause einzubuddeln und es mir gemütlich zu machen. Ich glaube, ich fange gleich damit an, schalte die Stereoanlage ein (wer ausser mir hat noch so was?), und höre mir etwas Schönes an.

Zum Beispiel „Come to the well“ von den „Casting Crowns”: der Song ist stilistisch nicht besonders ruhig oder besinnlich, aber er ermutigt mich immer wieder, meine grossen und kleinen Sorgen hinter mir zu lassen und mich auf den Ort zu konzentrieren, an dem ich wirklich auftanken kann. Vor allem erinnert er mich daran, dass ich immer noch oft Gefahr laufe, mir ein neues goldenes Kalb zu basteln und eifrig darum herumzurennen.

Ich bin nicht besonders anfällig für „mehr von allem“ im materialistischen Sinn, aber es gibt genug anderes, was unmerklich eine immer grössere Bedeutung bekommen kann, bis man schlicht nie genug hat. Anerkennung von anderen Menschen, Kontrolle über alles und jeden, Harmonie im täglichen Leben…die Liste ist individuell und endlos. Wenn ich mein Wohlbefinden von einem dieser Werte abhängig mache, stehe ich am Ende mit leeren Batterien da – weil ich versucht habe, meinen Durst an einem Brunnen zu löschen, der nichts hergibt.

Diese verschiedenen Brunnen erinnern mich an die Schale, aus der Harry Potter in “Heiligtümer des Todes 1” für Professor Dumbledore Wasser schöpfen will. Es sieht aus, als wäre Wasser in diesem Gefäss; aber man kann die Kelle hundert Mal eintauchen und zieht sie doch immer wieder leer heraus.

Ich muss mir selbst immer wieder vergegenwärtigen, dass ich nur in der Beziehung zu Gott wirklich satt werden, auftanken und meinen Durst löschen kann. Die Kraft, die ich in dieser Begegnung erhalte, kommt nicht aus mir selbst, und genau deshalb trägt sie mich auch, wenn ich es selbst nicht mehr kann.

Vielleicht habt Ihr ja auch gerade nichts zu tun. Dann schlage ich vor, dass wir uns jetzt alle auf dem Sofa auszustrecken, die Füsse in den warmen Socken unter der Decke vergraben und einfach mal alles hinter uns zu lassen. Ich wünsche Euch viel Freude am Song und für die kommenden Tage viel von dieser Energie, die Ihr nicht selbst fabrizieren müsst und die für mehr reicht als für den Kraftakt, am Montagmorgen aus dem Bett zu kommen. In diesem Sinne – geniesst, and be blessed!

(Quelle: Youtube)

Und zum Schluss noch dies: Was fällt Euch Schönes ein, wenn Ihr an die “kalten Monate” denkt? Worauf freut Ihr Euch? ICH freue mich auf Eure Kommentare!